Sehr geehrter Herr Semsrott,
Ihre Anfrage zum Thema Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepte kann ich Ihnen seitens der Stadt Essen wie folgt beantworten:
Das übergeordnete Klimaschutzziel der Stadt Essen liegt in der Minimierung der CO2-Emmissionen. Um der hohen Priorität für das Thema Klimaschutz gerecht zu werden, hat der Rat der Stadt Essen die Stadtverwaltung beauftragt, einen Aktionsplan für Klima und Energie vorzulegen, der als Weiterentwicklung des Integrierten Energie- und Klimakonzepts (IEKK) fungieren soll. Im Rahmen des IEKK, welches im Jahr 2009 entwickelt wurde, wurden und werden zahlreiche Projekte umgesetzt.
Aktuell erarbeitet die Stadtverwaltung im Auftrag des Rates der Stadt Essen den "Aktionsplan für nachhaltige Energie und Klima (Sustainable Energy and Climate Action Plan, SECAP)". Neben der Festlegung eines Zielkorridors bis zur Klimaneutralität unter Erfüllung der Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens wurde die Verwaltung beauftragt, Maßnahmenvorschläge und Projekte zur Zielerreichung für den SECAP zu entwickeln. Zentraler Inhalt des Aktionsplans ist die schrittweise Entwicklung und anschließende Umsetzung eines Maßnahmenportfolios im direkten und indirekten Einflussbereich des Konzerns Stadt Essen, unter Angabe von Klimawirksamkeit, Kosten, erforderlichen Personalressourcen und Verantwortlichkeiten für die nächsten Jahre bis zur Klimaneutralität.
Weitere Informationen finden Sie unter anderem hier:
* Sustainable Energy and Climate Action Plan/SECAP – Essen (Zwischenbericht):
https://ris.essen.de/sdnetrim/UGhVM0h...
* Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept Bilanzbericht 2019:
https://ris.essen.de/sdnetrim/UGhVM0h...
Seit dem Jahr veröffentlicht die Stadt Essen unter
www.essen.de/starkregen<
http://www.essen.de/starkregen> eine Starkregenkarte sowie weiterführende Informationen. Die Karte zeigt, welche Straßen, Gebäude und Grundstücke im Essener Stadtgebiet in besonderem Maße von Überflutungen bei Starkregen betroffen sein können und bildet Orte ab, an denen eine besondere Gefährdung durch Starkregen auftreten kann.
Die Stadt Essen beteiligt sich seit 2005 mit Beitritt zur “ Zukunftsvereinbarung Regenwasser“ - ein Förderprogramm der Emschergenossenschaft- an der Regenwasserabkopplung im Bestand. Seitdem sind im Essener Norden von ursprünglich 4.100 Hektar befestigter Flächen ca. 370 Hektar vom Kanalnetz abgekoppelt worden. Auch im Essener Süden wurden seitdem abflusswirksame Flächen abgekoppelt, allerdings ohne eine finanzielle Förderung. Für Neubauten besteht ohnehin seit 2004 die gesetzliche Pflicht zur Versickerung des Regenwassers auf dem Grundstück, wenn es technisch und wirtschaftlich möglich ist. Seit 2014 arbeitet die Stadt Essen auch an der „Zukunftsinitiative - Wasser in der Stadt von morgen“, die seit dem 22.11.2021 einen neuen Namen hat und fortan Zukunftsinitiative Klima.Werk heißt - ein gemeinsames Förderprogramm des Landes NRW mit der Emschergenossenschaft- mit. Inhalte und Ziele sind nicht nur Regenwasserabkopplungen, sondern auch im Rahmen einer “Integralen Wasserwirtschaft“
• Auswirkungen von Starkregenereignissen minimieren (Überflutungsschutz)
• Naherholungs- und Aufenthaltsqualität verbessern (Stadtgestaltung)
• Frei- und Grünräume sowie Wasserachsen vernetzen (Stadt- und Quartiersentwicklung)
• Verdunstungs- und Speicherpotenziale schaffen (Klimaanpassung) im Emschergebiet zu forcieren.
In 2019 beschloss der Rat der Stadt Essen, als Erweiterung und Konkretisierung hierzu, der regionalen Klimaanpassungsstrategie unter der gemeinsamen Leitlinie „klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ beizutreten. Die auch mit erster Priorität und damit zum Leitprojekt des Landes NRW im Cluster „Grüne Infrastruktur“ als Auftrag für nachhaltiges Handeln in der Region im Rahmen der Ruhrkonferenz am 08. April 2019 beschlossen wurde. Das Projekt wird insgesamt mit mehr als 300 Mio. € von Land und Wasserverbänden gefördert, betrifft das gesamte Ruhrgebiet zwischen Hamm und Duisburg und richtet sich an Kommunen, Wirtschaft und Private. Die Förderrichtlinie befindet sich derzeit in Abstimmung mit dem Land NRW.
Angestrebte Inhalte und Ziele des Projektes bis 2040:
• Die Reduzierung des Abflusses von Regenwasser in Mischsystemen um 25 Prozent
• Die Erhöhung der Verdunstungsrate um 10 Prozent
• Die Reaktivierung bzw. Entflechtung verrohrter Gewässer
• Die Reduzierung und Vermeidung von Hitzeinseln
• Die Stärkung des Vorbildcharakters der Kommunen durch die Umsetzung eigener Projekte
Erreicht werden soll das unter anderem durch:
• Abkopplung von versiegelten Flächen,
• Dach- und Fassadenbegrünung,
• Schaffung von Verdunstungsflächen (z.B. durch Gestaltung mit Wasser und Grün),
• Flächenentsiegelung,
• Anlage und attraktive Gestaltung von Regenwasserversickerungsanlagen,
• Notwasserwege und Retentionsflächen zur Vermeidung und Reduzierung von Schäden,
• Multifunktionale Freiflächengestaltung als Element urbaner Freiräume z.B. für Starkregenereignisse.
Seit über 20 Jahren arbeitet die Stadt Essen aktiv an einem Regenwassermanagement. Dazu gehören die Projekte „Wasser in der Stadt von Morgen“ mit dem Niederfeldsee als Beispiel, als auch mehrere Förderprojekte für die Abkoppelung von Regenwasser. Auch die wassersensible Planung von Bebauungsplänen wurde als Standard etabliert. Es gibt in der Stadt Essen über 1000 Anlagen zur Versickerung von Regenwasser, sowohl städtisch als auch privat.
Wo und in welcher Größe möchte Ihre Gebietskörperschaft Rückhaltebecken schaffen?
Regenrückhaltebecken werden nicht von der Stadt Essen geplant, sondern sind in der Trägerschaft der Stadtwerke Essen, der Emschergenossenschaft und des Ruhrverbandes. Sie dienen der Vergleichmäßigung des Abwasserabflusses (Regenwasserabfluss ist Abwasserabfluss im rechtlichen Sinne) und ermöglichen so auch eine gedrosselte Einleitung in Oberflächengewässer oder das Kanalnetz.
Da die wassersensible Planung bei der Stadt Essen mittlerweile Standard ist, werden sog. „multifunktionale Flächen“, potentielle Rückhalte- (Retentions-)räume direkt mitgeplant, um sensitive Infrastrukturen im Katastrophenfall besser schützen zu können.
Die teilweise enge Bebauung und die Bodenverhältnisse limitieren in manchen Bereichen der Stadt die Art der umsetzbaren Maßnahmen. Grundsätzlich sind aber auch in diesen Bereichen Maßnahmen zur Regenwasserspeicherung - wie zum Beispiel Gründächer – umsetzbar. Diese tragen gerade innerhalb der dichten Bebauung zu einer maßgeblichen Verbesserung des Mikroklimas bei, indem sie Hitzeinseln reduzieren und Niederschlag zurückhalten.
Aktueller Klimaschutzplan/Klimaschutzkonzept
Die Dateien der Klimaanalyse Stadt Essen (2002) sind abrufbar unter:
https://www.essen.de/leben/umwelt/kli...
Als Grundlage der Stadtentwicklungs- und Bauleitplanung, für Beteiligungsprozesse sowie Umweltprüfungen wird aktuell die Klimaanalyse der Stadt Essen aus dem Jahr 2002 fortgeschrieben. Die städtische Datenlage zum Stadtklima wird aktualisiert und optimiert. Zu diesem Zwecke wurde zwischen der Stadt Essen und dem Regionalverband Ruhr (RVR) mit Datum vom 27.10.2020 eine Kooperation vereinbart. Die Bearbeitung der Kooperationsleistungen begann unmittelbar nach Abschluss der Kooperationsvereinbarung im Oktober 2020 und wird im 2. Quartal 2022 abgeschlossen. Zur Erfassung der Klimaelemente Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit wurden 11 temporäre Messstationen im Stadtgebiet aufgebaut. Der Betrieb der Messstationen erfolgt seit 01.03.2021 über den Zeitraum von einem Jahr, um die städtischen Einflüsse auf das Klima von Essen erfassen zu können.
Die Fortschreibung der städtischen Klimaanalyse umfasst folgende Analysen und Darstellungen:
* Einordnung der stadtklimatischen Verhältnisse in den großräumigen Zusammenhang anhand gesamträumlicher Modellierung (FITNAH-Modelldaten)
* Aufbau und Betrieb von 11 Klimamessstationen (Messreihen über ein Jahr)
* Entwurf einer Klimaanalysekarte anhand der aktuellen Flächennutzungskartierung des RVR, der Ergebnisse der 3D-Modellierung sowie aktueller Luftbilder
* Entwurf einer Planungshinweiskarte
* Auswirkungen des Klimawandels auf das Stadtgebiet von Essen und Betroffenheitsanalyse
* kleinräumige Modellierung von Lupenräumen
* Ausarbeitung eines Stadtklimamanagementsystems zur Bewertung stadtklimatischer Betroffenheiten in der verbindlichen Bauleitplanung
Die Klimaanalyse dient als Basis für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels in der Umweltplanung und als Arbeitsgrundlage für vielfältige Prozesse der Stadtentwicklung.
Aktueller Plan zur Anpassung Ihrer Gebietskörperschaft an die Klimakrise (Klimaanpassungskonzept)
Auf der Basis der aktualisierter Datengrundlagen ist die Konkretisierung städtischer Klimaanpassungsmaßnahmen geplant. Anfang des kommenden Jahres wird die Stadt hierzu ein räumliches Klimaanpassungskonzept ausschreiben. Das Konzept wird in Zukunft als Leitbild für den Klimaanpassungsprozess in Essen dienen und konkrete Maßnahmen vorschlagen.
Die Stadt Essen beteiligt sich zudem seit 2020 am European Climate Adaptation Award (eca), einem Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren zur Klimaanpassung. Mit dem Projekt strukturiert die Stadt ihre Konzepte im Bereich der Klimaanpassung und baut diese aus. Im Projekt wird dazu eine allgemeine Einschätzung der Betroffenheit gegenüber den Folgen des Klimawandels für verschiedene Handlungsfelder durchgeführt. Außerdem werden alle umgesetzten und laufenden Klimaanpassungsprojekte dargestellt. Darauf basierend wird ein Maßnahmenprogramm mit Klimaanpassungsmaßnahmen verabschiedet, das in den nächsten Jahren umgesetzt wird.
Pflanzung von neuen Bäumen:
Kürzlich hat der Rat das „1.000 Bäume-Programm“ beschlossen (2383/2021/CDU/GRÜNE):
https://ris.essen.de/sdnetrim/UGhVM0h...
Dazu sollen in den nächsten 5 Jahren 1.000 Bäume überwiegend im Straßenraum gepflanzt werden.
Grün und Gruga wird im kommenden Jahr außerdem aus bewilligten Fördermitteln noch 210 Bäume auf Friedhofsflächen und in der Grünanlage Hörster Feld pflanzen.
Mit freundlichen Grüßen