Die Landeshauptstadt München - Kreisverwaltungsreferat - erlässt folgenden
Bescheid:
Ihr Antrag vom 05.11.2017 auf Übersendung der Bauartzulassung nach
Bundeswahlgeräteverordnung für den sog. Münchner Wahlkoffer sowie Ihr Antrag auf
Übersendung der Konzepte und Planungen der Entwicklungsphase, der
Bedienungsanleitungen und technischen Dokumentation zum konkreten Einsatz sowie des Quellcodes der eigens entwickelten Software des Münchner Wahlkoffers wird abgelehnt.
Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.
Gründe:
1. Sachverhalt
Mit Schreiben vom 05.11.2017, hier eingegangen am 07.11.2017, beantragten Sie die Übersendung der Bauartzulassung nach Bundeswahlgeräteverordnung (BWahlGV) für den sog. Münchner Wahlkoffer sowie die Übersendung der Konzepte und Planungen der Entwicklungsphase, der Bedienungsanleitungen und technische Dokumentation zum konkreten Einsatz sowie des Quellcodes der eigens entwickelten Software des Münchner Wahlkoffers.
Zur Begründung nahmen Sie ausschließlich Bezug auf § 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG), § 3 Umweltinformationsgesetz (UIG), und § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG).
Ferner trugen Sie vor, dass keine Ausschlussgründe für die Verweigerung der begehrten Informationen vorlägen.
2. Rechtliche Würdigung
Ihr Antrag auf Informationszugang war abzulehnen. Nach keiner der von Ihnen genannten Anspruchsgrundlagen besteht ein Anspruch auf Übersendung der von Ihnen gewünschten Informationen.
a) Ein Anspruch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Verbraucherinformations-gesetz (VIG) ist nicht gegeben, da die Landeshauptstadt München nicht informationspflichtige Stelle i.S.d. § 1 Abs. 1 VIG ist. Die Landeshauptstadt München nimmt bei der Organisation und Durchführung der Bundestagswahl nicht aufgrund bundesrechtlicher oder landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr, die bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften der
Produktsicherheitsgesetzes dienen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 VIG).
b) Gem. § 1 Abs. 2 Umweltinformationsgesetz (UIG) ist der Anwendungsbereich des
Gesetzes nicht eröffnet, da sich nach der vorbenannten Vorschrift Ihr Informationsbegehren gegen eine informationspflichtige Stelle des Bundes oder bundesunmittelbarer juristischer Personen des öffentlichen Rechts richten muss. Die Landeshauptstadt München ist keine Bundesbehörde oder sonstige Stelle der öffentlichen Verwaltung des Bundes. Sie stellt auch im Rahmen der Organisation und Durchführung der Bundestagswahlen keine Verwaltungsbehörde in diesem Sinne dar (vgl. Schreiber, BWahlG, 9. Auflage, 2013, Einführung Rdnr. 41) und ist somit keine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 UIG.
Die gewünschten Informationen betreffen den sog. Wahlkoffer, der im Rahmen der
Organisation und Durchführung der Bundestagswahl zur Unterstützung des Wahlvorstands eingesetzt wurde. Bei den gewünschten Informationen handelt es sich daher nicht um Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 UIG auswirken oder den Schutz von Umweltbestandteilen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG bezwecken.
c) Ein Anspruch auf Information nach § 1 Informationsfreitheitsgesetz (IFG) bestehtebenfalls nicht, da die Landeshauptstadt München keine Bundesbehörde oder sonstiges Bundesorgan oder Bundeseinrichtung ist. Die Landeshauptstadt München wird zwar im Wege der Organleihe bei der Organisation und Durchführung der Bundestagswahl für den Bund tätig. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln im Sinne des § 1 IFG, sondern um ein „vorgelagertes Verfahren" zur Kreation der Volksvertretung auf Bundesebene (vgl. Schreiber, BWahIG, 9. Auflage, 2013, Einführung Rdnr. 41).
d) Der Antrag auf Übersendung der Bauartzulassung nach der
Bundeswahlgeräteverordnung ist auch dem Grunde nach abzulehnen, weil diese
Information der Landeshauptstadt München nicht vorliegt. Ein Anspruch auf Information setzt bei allen genannten Anspruchsgrundlagen das Vorhandensein dieser Information bei der in Anspruch genommenen Stelle voraus. Eine Pflicht zur Beschaffung von Informationen besteht nicht.
Eine Zulassung des Wahlkoffers nach der Bundeswahlgeräteverordnung ist nicht
erforderlich. Wahlgeräte dienen der Abgabe und Zählung der Wählerstimmen und ersetzen damit Stimmzettel und Wahlurnen. Mit dem Wahlkoffer wurde lediglich die Niederschrift der Wahlvorstände erstellt. Die Wahl erfolgte in allen Fällen per Stimmzettel. Diese wurden vom Wahlvorstand „per Hand" ausgezählt.
e) Ein Anspruch auf Auskunft besteht auch nach dem Einsatz des Wahlkoffers bei derOrganisation und Durchführung des Bürgerentscheids „Raus aus der Steinkohle!" am 05.11.2017 nach § 1 Abs. 2 der Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen, des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt München (Informationsfreiheitssatzung) nicht.
Der Einsatz erfolgte zwar im Rahmen des eigenen Wirkungskreises der Landeshauptstadt München, jedoch steht der beantragten Übersendung der Informationen folgender Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 der Informationsfreiheitssatzung entgegen. Nach dieser Norm besteht der Anspruch nicht, wenn durch die Auskunft Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Hierunter werden alle Tatsachen, Umstände und
Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung ein berechtigtes Interesse besteht. So liegt es hier. Die von Ihnen begehrten Informationen sind keine für die Allgemeinheit bestimmten Informationen. Vielmehr handelt es sich um Informationen, bei deren Offenlegung, aufgrund des dann nicht auszuschließenden Manipulationsrisikos, die Sicherheit der Wahl unterstützenden Vorgänge nicht mehr gewährleistet werden könnte. Um etwaige Risiken
dieser Art zu minimieren, müssen die, den Wahlkoffer betreffenden Daten, nur dem
berechtigten Personenkreis vorbehalten bleiben. Darüber hinaus würde die Übersendung der begehrten Informationen dem urheberrechtlich geschützten Verwertungs- und Veröffentlichungsrecht der Landeshauptstadt München zuwiderlaufen und ggf. zu einem wirtschaftlichen Nachteil führen.
Der Anspruch auf Auskunft ist ferner auch nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 der
Informationsfreiheitssatzung ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch insbesondere nicht, wenn der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zum Begriff des geistigen Eigentums im Sinne der Informationsfreiheitssatzung gehört unter anderem das Urheberrecht. Die geforderten Unterlagen listen die technischen Leistungsmerkmale und Leistungsabläufe des Wahlkoffers (Laptop und Drucker) und der Software auf und stellenSeite 4 von 5 dabei persönliche geistige Schöpfungen gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 7 UrhG dar (vgl. VG
Braunschweig, Urt. v. 17.10.2007 - 5 A 188/06). Gemäß § 12 Abs. 1 UrhG hat die
Landeshauptstadt München ein Veröffentlichungsrecht an den angefragten Informationen.
Danach hat sie als Urheberin das Recht zu bestimmen, ob und wie ihr Werk zu
veröffentlichen ist. Gemäß § 12 Abs. 2 UrhG ist es der Urheberin vorbehalten, den Inhalt des Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben, solange weder das Werk noch sein wesentlicher Inhalt oder eine Beschreibung des Werkes mit ihrer Zustimmung veröffentlicht ist (vgl. VG Braunschweig a.a.O.).
f) Im Übrigen können Sie sich auch nicht auf das Recht auf Auskunft nach Art. 36 Abs. 1 S. 1 BayDSG berufen. Danach hat jeder das Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien und Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird und Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden (Art. 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayDSG).
Vorliegend haben Sie jedoch ein berechtigtes Interesse im Sinne der Vorschrift weder behauptet oder gar dargelegt. Ferner könnte Ihnen wegen des Versagungsgrundes nach Art. 36 Abs. 1 S.1 Nr. 2 BayDSG ohnehin keine Auskunft erteilt werden, denn dadurch würde die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt.
Der Begriff der öffentliche Sicherheit umfasst u. a. den Schutz und Unversehrtheit der Rechtsordnung. Wie oben dargelegt, wäre jedoch eine Bekanntgabe der von Ihnen begehrten Informationen weder mit der Informationsfreiheitssatzung noch mit dem Urheberrecht in Einklang zu bringen.
Zur öffentlichen Sicherheit zählt aber auch der Schutz des Staates und
seiner Einrichtungen. Die von Ihnen begehrten Informationen betreffen einen
sicherheitstechnisch sensiblen Bereich. Eine störungsfreie, frei von Manipulationen durchgeführte Wahl ist für eine Demokratie essenziell. Die Offenlegung und Veröffentlichung der begehrten Informationen würde dazu beitragen, dass der hohe Schutz vor Zugriffen Dritter und damit die Integrität der Wahl beeinträchtigt werden könnte. Insofern kann auch nach
dieser Vorschrift keine Offenlegung der von Ihnen begehrten Informationen erfolgen.
g) Abschließend weisen wir darauf hin, dass die Beschreibung der Anwendung des
Wahlkoffers für den engeren Wahlvorstand bei der Bundestagswahl 2017 in den im internet veröffentlichten Schulungsunterlagen unter
https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtve… zu
finden ist.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe
Widerspruch eingelegt werden bei der Landeshauptstadt München, Kreisverwaltungsreferat. Dafür stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
a) Schriftlich an oder zur Niederschrift bei Landeshauptstadt München,
Kreisverwaltungsreferat, Wahlamt Ruppertstr. 19 80466 München
b) Elektronisch, und zwar
• per De-Mail an
<<E-Mail-Adresse>> oder
• durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments mit qualifizierter
elektronischer Signatur an
<<E-Mail-Adresse>>
Hinweis: Die Einlegung eines Widerspruchs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen!
Lorch
Verwaltungsamtsrätin