Sehr geehrter Herr Semsrott,
Ihr Widerspruch vom 26.09.2018 gegen den Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen vom 29.08.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Widerspruchsverfahrens sind vom Antragsteller zu tragen. Gemäß § 16 IFG Berlin i.V.m. der Verwaltungsgebührenordnung Berlin i.V.m. der Anlage Tarifstelle 1004 c wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 20,00 € festgesetzt
Gründe:
I.
Sie hatten am 01.08.2018 per E-Mail einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt in den "Ietter of intent", "den der Senat mit einer privaten Firma zur Planung von Neubauten am Checkpoint Charlie unterzeichnet hat". Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 29.08.2018 abgelehnt und dies wurde begründet mit§§ 6, 7, 10 IFG, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse in den beantragten Unterlagen sowie Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses wegen laufender Verhandlungen. Hiergegen hatten Sie mit E-Mail vom 25.09.2018 und nochmals schriftlich am 26.09.2018 Widerspruch eingelegt und diesen zugleich begründet.
Zur Begründung führten Sie aus, dass Sie bestreiten, dass der Vertrag ausnahmslos ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstelle. Es sei lediglich das berechtigte Interesse des privaten Vertragspartners ausschlaggebend, nicht das Interesse der Senatsverwaltung.
Die im Ablehnungsbescheid genannten Vertragsteile, Finanzierung und Realisierung des Projektes, Rechte, Ansprüche und Angaben zur laufenden Insolvenzverwaltung würden als solche keine Geschäftsgeheimnisse darstellen. Jedenfalls dürfte das Informationsinteresse überwiegen. ln den Medien und im Abgeordnetenhaus sei die lntransparenz der Senatsverwaltung in den vergangenen Wochen thematisiert und kritisiert worden. Die Initiative "Checkpoint Charlie erhalten!" setze sich zudem für ein transparentes Planungsvorhaben ein. Unstreitig habe die Gestaltung des Checkpoint Charlie als einer der bekanntesten historischen Orte der Stadt eine zentrale Funktion des Stadtgedächtnisses. Die Gestaltung des Ortes sei demnach mit einem besonderen öffentlichen Interesse verbunden.
II.
Der Widerspruch ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der verfahrensgegenständliche Letter of lntent ist für die Parteien ausdrücklich nicht verbindlich, sondern er ist ein Element auf dem Weg des Entscheidungsprozesses und auf dem Weg zu einer Einigung und zu einer Entscheidung.
Das Recht auf Akteneinsicht nach §§ 2, 3 IFG Berlin besteht nach§ 6 IFG Bin nicht, soweit Grundbuchinhalte des privaten Eigentümers erörtert werden. Solche Angaben sind im Letter of lntent enthalten.
Das Recht auf Akteneinsicht nach §§ 2, 3 IFG Berlin besteht nach § 7 IFG Bin nicht, weil Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart werden würden, ohne dass das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse überwiegen würde.
Es geht auf beiden Seiten (Land Berlin wie die potentielle lnvestorin) um Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger, sowohl die potentielle lnvestorin als auch das Land Berlin, ein berechtigtes Interesse haben. Dabei geht es um bautechnisches Wissen sowie um kaufmännisches Wissen.
Hier geht es insbesondere um Kalkulationen, Kostenelemente und Entscheidungskriterien, die auch für andere Geschäfte von Bedeutung sind und deren Bekanntwerden die Interessen des Landes Berlin nachteilig beeinflussen können.
Der Letter of lntent selbst enthält Angaben zum Grundbuchinhalt des Privaten Eigentümers. Ebenso werden schuldrechtliche Ansprüche des Landes Berlin gegen Dritte erörtert. Es werden Investitionspläne eines privaten Dritten erörtert, an denen wegen des Wettbewerbs bezüglich deren geplanter Grundstücksnutzungen ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. Der Letter of lntent enthält im Verhandlungswege zu vereinbarende Ziele der Interessen des Landes Berlin; diese würden erst in einem rechtsverbindlichen Vertrag verbindlich werden.
Die Verhandlungsposition des Landes Berlin würde entscheidend geschwächt, wenn dessen Ziele und dessen Verhandlungsspielraum vor einer verbindlichen Vereinbarung öffentlich debattiert werden würden. Jeder zukünftige Vertragspartner wäre gewiss, dass es auch in der Verhandlungsphase keine Vertraulichkeit gäbe, sondern auch die Verhandlungsphase uneingeschränkt der öffentlichen Erörterung unterliegt.
Es wäre zu befürchten, dass deshalb weniger Interessenten zu finden wären und dass deshalb nur ungünstigere Angebote eingehen würden, weil kein klassischer Verhandlungsprozess möglich wäre. Die Verhandlungsspielräume des Landes Berlin würden durch die begleitenden Dokumente transparent gemacht, so dass kein Vertrag ausgehandelt werden könnte, der nicht an die abschließende Grenze des Möglichen zu Lasten des Landes Berlin gehen würde.
Die Vorhaben des Investors stehen im allgemeinen Wettbewerb zu anderen Betrieben, denen gegenüber er sich im Wettbewerb behaupten muss. Die Vorhaben des privaten Vertragspartners würden ebenso vorzeitig transparent wie wichtige Parameter seiner Kalkulation und Kostenstruktur. Dadurch könnte sich der Wettbewerb vorzeitig auf dessen Pläne einstellen und diese erheblich erschweren bis undurchführbar machen.
Bei der Abwägung überwiegt das Informationsinteresse nicht das Geheimhaltungsinteresse.
Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist für die gesetzlich normierte Bauleitplanung
bereits im geforderten Umfang gegeben. Die Investitionspläne des privaten Investors sind nicht zuletzt durch Artikel 12 GG über den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb grundrechtlich geschützt und dieser Schutz wiegt in der Abwägung schwer. Das Informationsinteresse überwiegt demgegenüber nicht, weil der rechtliche Rahmen der Betätigung des Investors bereits durch das geltende Recht einschließlich der Bauleitplanung im angemessenen Maß transparent ist. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, weshalb selbst bei überdurchschnittlichem öffentlichem Informationsinteresse dieses unter Gefährdung der Interessen des Investors dessen Geheimhaltungsinteresse überwiegen sollte.
Zu§ 10 IFG Bin: Bei den gegenständlichen Unterlagen handelt es sich um Unterlagen, die relevant sind für konkret (noch) anstehende Entscheidungen im Verwaltungsverfahren, nämlich um Entwürfe und um unmittelbar vorbereitende Arbeiten. Das Recht auf Akteneinsicht nach §§ 2, 3 IFG Berlin besteht nach § 10 Absatz 3 Nr.1 IFG Bln nicht, weil die Vertraulichkeit des Kernbereiches der Exekutive, die Vertraulichkeit der Entscheidungstindung und der nicht abgeschlossenen Beratung verletzt werden würde.
Es geht hier um einen Austausch über Handlungsoptionen und über die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, um das Überlegen, Beraten und Besprechen, welche Option gewählt werden soll. Es handelt sich um Elemente der laufenden Entscheidungsfindung.
Gleiches für die diesbezüglichen behördeninternen vorbereitenden Unterlagen. Es handelt sich bei den Akteninhalten auch nicht um Tatsachengrundlagen wie reine Sachverhalts- und Problemdarstellungen oder um das bloße Aufzeigen von Handlungsoptionen.
Es bleiben keine Teile des Letter of lntent, in die nach den genannten Vorschriften die gewährte Akteneinsicht gewährt werden könnte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 16 IFG. Die Gebührenentscheidung basiert auf§ 6 Abs. 1 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge in Verbindung mit der Anlage zur Verwaltungsgebührenordnung - Tarifstelle 1004 c- in der Fassung vom 24. November 2009 (GVBI. S.707) Die Gebühr ist fällig und zahlbar auf das Konto der Landeshauptkasse Berlin.
Gegen den Bescheid der Senatsverwaltung für Finanzen Berlin vom 16.08.2018 in Gestalt dieses Widerspruchsbescheides als auch gegen die in diesem Widerspruchsbescheid enthaltene Kostenentscheidung ist die Klage vor dem Verwaltungsgericht zulässig.
Die Klage ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen; der Klageschrift sollen zwei Abschriften beigelegt werden. Sie kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur i.S.d. Signaturgesetzes versehen, eingelegt werden. Die Klage ist zu richten gegen das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Finanzen.
Es wird darauf hingewiesen, dass bei schriftlicher Klageerhebung die Klagefrist nur dann gewahrt ist, wenn die Klage innerhalb dieser Frist bei dem Verwaltungsgericht eingangen ist.