Sehr geehrter Herr Flessau,
Ihre Anfrage vom 25. September beantworte ich wie folgt:
Seit dem Jahr 2013 sind bei der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) insgesamt 410 Anträge auf Zulassung als Anbieter von Verbraucher-Informationsdiensten eingegangen, davon 215 im Jahr 2013, 58 im Jahr 2014, 36 im Jahr 2015, 20 im Jahr 2016, 22 im Jahr 2017, 15 im Jahr 2018, 11 im Jahr 2019, 10 im Jahr 2020, 10 im Jahr 2021 und 13 im Jahr 2022.
205 dieser Anträge wurden positiv beschieden. Von den nicht verbeschiedenen Anträgen wird ein Teil von der jeweiligen Antragstellerin bzw. dem jeweiligen Antragsteller nicht weiter verfolgt; die übrigen sind Gegenstand laufender Zulassungsverfahren. Eine Ablehnung erfolgte bisher nicht.
Die Analyse der Beobachtung des Handels mit Kraftstoffen gemäß § 47k Abs. 1 GWB ist einer von verschiedenen möglichen Ausgangspunkten für die Identifizierung eines etwaigen wettbewerbswidrigen Verhaltens von Marktteilnehmern im Bereich des Handels mit Kraftstoffen. Es wird unter anderem geprüft, ob Preisentwicklungen und Preissetzungsschemata einen Anhaltspunkt für einen Kartellverstoß bieten. Hierfür findet ein Live-Monitoring mit automatischer Berechnung wichtiger Kennzahlen statt, das bei Auffälligkeiten durch ad-hoc-Analysen ergänzt wird.
Das Bundeskartellamt kann gegen die Höhe der von den Mineralölgesellschaften geforderten Preise nur dann vorgehen, wenn diese nachweislich missbräuchlich überhöht sind. Für die Höhe und einen Anstieg der Kraftstoffpreise können jedoch zahlreiche kartellrechtlich nicht zu beanstandende Gründe oder Faktoren ausschlaggebend sein. Neben der Entwicklung des Rohölpreises haben z.B. auch saisonale oder krisenbedingte Knappheiten sowie Schwankungen des Angebots und der Nachfrage nach Mineralölprodukten, temporäre Veränderungen der Transportkosten oder die verfügbaren Kapazitäten der Raffinerien Einfluss auf den Kraftstoffpreis. Ein Einschreiten des Bundeskartellamtes gegen das Preissetzungsverhalten der Kraftstoffanbieter wäre ferner möglich, wenn verbotene wettbewerbsbeschränkende Absprachen nachgewiesen werden. Allerdings reicht hierfür eine entsprechende Vermutung oder der Hinweis auf ein nahezu paralleles Preisverhalten nicht aus, da dieses auch auf andere Faktoren wie insbesondere für alle Anbieter gleichermaßen kostenrelevante Ursachen zurückzuführen sein kann. Allein auf der Grundlage von Erkenntnissen der MTS-K wurde daher bisher kein Kartellverwaltungs- oder Bußgeldverfahren gegen ein bestimmtes Unternehmen eingeleitet.
Aufgrund der Beobachtungen der MTS-K hinsichtlich der Preisentwicklung an den Tankstellen seit Beginn des Ukraine-Krieges hat das Bundeskartellamt im April eine Sektoruntersuchung eingeleitet, um den Ursachen für die Preisentwicklung auf der Raffinerie- und Großhandelsebene und ihren möglichen Einfluss auf die Höhe der Preise an den Tankstellen auf den Grund zu gehen. Ergäbe die Sektoruntersuchung einen hinreichenden, den rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Anfangsverdacht für einen Kartellverstoß durch eines oder mehrere Unternehmen, würde das Bundeskartellamt diesen aufgreifen und ein entsprechendes Verfahren einleiten.
Beim Bundeskartellamt, unter anderem bei der MTS-K, gehen seit vielen Jahren regelmäßig per Brief, Telefon und E-Mail Beschwerden von Bürgern zum Kraftstoffbereich ein. Die Anzahl dieser Beschwerden wurde und wird im Bundeskartellamt nicht nachgehalten, so dass eine Auskunft hierüber nicht erteilt werden kann. Auch ist für das Bundeskartellamt in vielen Fällen nicht nachvollziehbar, ob die Wahrnehmung des jeweiligen Bürgers auf Preisinformationen von Verbraucher-Informationsdiensten - also auf "MTS-K-Daten" - beruht, oder auf unmittelbar an der Tankstelle beobachteten Preisen und Preisentwicklungen. Auch auf diese Beschwerden hin wurde aufgrund der oben beschriebenen hohen Anforderungen an den Nachweis eines Verstoßes bisher kein Kartellverwaltungs- oder Bußgeldverfahren gegen bestimmte Kraftstoffanbieter eingeleitet. Aufgrund von Anzeichen eines eingeschränkten Wettbewerbs zwischen Tankstellenbetreibern hat das Bundeskartellamt jedoch von 2008 bis 2011 eine Sektoruntersuchung im Kraftstoffbereich durchgeführt, die zwar keinen konkreten Hinweis auf Absprachen ergab, in der aber eine Informationsasymmetrie hinsichtlich der Kraftstoffpreise zulasten der Tankkunden festgestellt wurde. In der Folge wurde die MTS-K eingerichtet, unter anderem, um die Preistransparenz für Verbraucher deutlich zu erhöhen und hierdurch den Wettbewerb zwischen den Tankstellenbetreibern zu fördern.
Bisher hat sich die MTS-K nicht veranlasst gesehen, Bußgeldverfahren wegen potentieller Meldepflichtverstöße einzuleiten, da Meldepflichtige in aller Regel gut mit der MTS-K kooperieren und etwaige Fehler bei der Meldung zeitnah abstellen. Die Übermittlung weitergehender Informationen zu dieser Frage ist aus Rechtsgründen nicht möglich. Personen oder Unternehmen, die potentiell gegen die Meldepflicht verstoßen haben, ohne dass gegen sie ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde, dürfen von der Ordnungsbehörde nicht namentlich genannt werden, da der Schutz ihres allgemeinen (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts ein etwaiges, insoweit ohnehin zweifelhaftes privates oder öffentliches Informationsinteresse überwiegt. Denn eine namentliche Nennung ist selbst dann rechtswidrig, wenn gegen die betreffenden Personen oder Unternehmen zwar ein Bußgeldverfahren eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurde, da zu diesem Zeitpunkt nicht feststeht, ob die in Rede stehende Ordnungswidrigkeit tatsächlich begangen wurde.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen zu haben.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen