Ordnungswidrigkeiten des ruhenden Verkehrs: Falschparken stärker sanktionieren
1. Welche Maßnahmen hat die Gemeinde Gingen an der Fils seit dem Erlass des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg „Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr“ vom 11. Mai 2020, Az. 4-38.51.1-00/1527, (https://www.gar-bw.de/wp-content/uploads/2021/06/Erlass-Falschparker-Erlass-VM.pdf) ergriffen?
2. Wie geht die Gemeinde Gingen an der Fils mit Behinderungen im Sinne der Nr. 52a 1 BKatV (Bußgeldkatalog) um?
3. Wann und unter welchen Umständen werden Abschleppmaßnahmen ergriffen?
Hintergrund:
Nach der Novellierung der Straßenverkehrsordnung im April 2020 hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg einen neuen Erlass (11.05.2020) aufgelegt, um die teils gravierenden und sich wiederholenden Verstöße beim Falschparken stärker zu sanktionieren.
Die Wirkzusammenhänge zwischen Kontrolldruck, Sanktionshöhe und Verhaltensänderung sind wissenschaftlich erwiesen. Aus diesem Grund hat sich Baden-Württemberg im Zusammenhang mit der StVO-Novelle 2020 neben einem grundsätzlich flächendeckenden Kontrolldruck für eine Erhöhung des Sanktionsniveaus eingesetzt.
Die örtlichen Behörden werden vom Verkehrsministerium im o.g. Erlass gebeten, diese neuen Handlungsspielräume mit dem Ziel der Steigerung der Verkehrssicherheit in vollem Umfang auszuschöpfen.
Steckbrief des Kompetenznetz Klima Mobil (Wissen, Argumente und Empfehlungen):
https://www.gar-bw.de/wp-content/uploads/2021/07/Steckbrief_01_05_Parkraumueberwachung_02_21-1.pdf
Ergebnis der Anfrage
1. An der von Ihnen angesprochenen Kampagne Vorsicht.Rücksicht.Umsicht. hat sich die Gemeinde Gingen bereits Ende 2019 beteiligt (damals gab es eine Aktion, bei der "Richtigparker" durch einen Flyer und Gummibärchen für ihr löbliches Verhalten gedankt wurde; die Aktion kam den uns vorliegenden Rückmeldungen zufolge sehr gut bei der Bürgerschaft an). In Gingen wird auf eine regelmäßige Überwachung des ruhenden Verkehrs ein hoher Wert gelegt. Hierzu ist jede Woche an zwei bis drei flexiblen Tagen unser Gemeindevollzugsdienst unterwegs (zwischen 2 bis 3 Stunden pro Tag in flexiblen Zeitfenstern), um straßenverkehrsrechtliche Verstöße zu sanktionieren und potentiellen Gefahrensituationen schnellstmöglich entgegenzuwirken. Die Ahndung von Falschparkern ist im Rahmen seiner Zuständigkeit eines der größten Tätigkeitsfelder unseres Vollzugsdienstes. Unser Kollege ist straßenverkehrsrechtlich geschult und kennt das Gemeindegebiet gut. Somit weiß er, wo sich in Gingen gewisse Schwerpunkte befinden, an denen entweder durch stärkere Frequentierung häufiger Verkehrsordnungswidrigkeiten vorkommen (z.B. Kurzzeitparkplätze mit Kundenverkehr von Geschäften) oder aber welche durch ihre Lage oder straßenbaulichen Voraussetzungen bei unzulässigem Parkverhalten eher Risikopotential bergen (z.B. vielbeparkte Bereiche vor Mehrfamilienhäusern; Bereiche um Kitas/ Schule etc.). Zur Ahndung der Verstöße gibt es die folgenden Möglichkeiten:
- mündliche Verwarnung (insbesondere bei "leichteren" Verstößen und wenn der oder die Fahrzeugführer*in direkt beim Fahrzeug anzutreffen ist)
- Ordentliche Verwarnung (mittels Dokumentation des Verstoßes mit Lichtbild; Verwarnungsgeld wird fällig; häufigstes Vorgehen bei Ahndungen)
- Erteilung eines Bußgeldes (sofern das Verwarnungsgeld nicht binnen einer gewissen Frist gezahlt wird, wird das Verfahren an die Bußgeldstelle des Landratsamtes GP weitergeleitet; dort wird der Fall nicht länger als Verwarnungsgeld, sondern als Bußgeldsachverhalt bearbeitet)
2. Bislang kam es in Gingen (während meiner Amtszeit) erfreulicherweise nie vor, dass ein Radweg unzulässig beparkt wurde. Dass auf Gehwegen unzulässig geparkt wird, kommt eher ab und an vor - allerdings selten mit Behinderung. Unser Vollzugsdienst wägt vor Ort ab, ob und in welchem Grad eine Behinderung für andere Verkehrsteilnehmer besteht (z.B. ist ein gefahrloses Passieren für Fußgänger/ Personen mit Kinderwägen oder Gehwägen noch möglich?). Auch der Ort des Verstoßes ist relevant. Wenn z.B. in einer selten frequentierten Sackgasse am Ortsrand auf dem Gehweg geparkt wird, müsste beispielsweise nicht direkt abgeschleppt werden. Parkt ein PKW an einer vielfrequentierten Route, beispielsweise auf dem Haupt-Schulweg, wäre die Bewertung unter Umständen wiederum anders. Für Verstöße mit dem Zusatz "mit Behinderung" wird grundsätzlich ein höheres Verwarnungsgeld/ Bußgeld erhoben.
3. Besteht eine massive Behinderung, die eine akute Gefahrensituation bedingen kann, können Fahrzeuge abgeschleppt werden. Hierbei muss abgewägt werden, ob es erforderlich, angemessen und geeignet ist, das betreffende Fahrzeug abschleppen zu lassen. Bis ein Abschleppdienst vor Ort ist, kann es je nach Auftragslage des Betriebes eine halbe Stunde bis über eine Stunde dauern. Ist der Abschlepper dann vor Ort, wird das betroffene Fahrzeug aufgeladen und mitgenommen. Die Kosten trägt zunächst derjenige, der den Dienst gerufen hat (in dem Fall die Gemeinde). Anschließend muss man versuchen, das Geld vom Verursacher (Fahrzeughalter / -Führer) wiederzubekommen. Ein Fall, in welchem in Gingen ein PKW in näherer Vergangenheit abgeschleppt wurde war, als ein Fahrzeug direkt vor einer gekennzeichneten Baustelleneinfahrt im absoluten Parkverbot abgestellt wurde. Es handelte sich um die einzige Zufahrt zur Baustelle. Zudem war das ein größeres Bauprojekt. Morgens kam eine größere Materiallieferung, die wegen des Falschparkers nicht abgeladen werden konnte. Auch andere Baustellenfahrzeuge hatten keine Möglichkeit, zuzufahren. Somit entstand ein zeitlicher Verzug im Projekt und es drohte dem Liefer-Unternehmen sogar ein finanzieller Schaden zu entstehen. Nachdem erfolglos versucht wurde, den Fahrzeugführer im Umkreis zu ermitteln (es wurde bei den Anwohnern geklingelt und nachgefragt), wurde die Abschleppmaßnahme eingeleitet, um weiteren Schaden abzuwenden.
Anfrage erfolgreich
-
Datum29. September 2021
-
2. November 2021
-
2 Follower:innen
Ein Zeichen für Informationsfreiheit setzen
FragDenStaat ist ein gemeinnütziges Projekt und durch Spenden finanziert. Nur mit Ihrer Unterstützung können wir die Plattform zur Verfügung stellen und für unsere Nutzer:innen weiterentwickeln. Setzen Sie sich mit uns für Informationsfreiheit ein!