Bundesministerium der Justiz
Z B 6 – zu: 145101#00002#0505
Sehr << Antragsteller:in >>
1. Zu Ihrem Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vom 21. März 2024 auf Übersendung von "sämtliche[n] Unterlagen, eMails und Dokumente[n] zur Umsetzung des Art. 9 EU VO 2016/680 in nationales Recht" des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) teile ich Ihnen Folgendes mit.
Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Begrenzt wird dieser Anspruch durch Ablehnungs- und Ausnahmetatbestände, die im öffentlichen Interesse oder privaten Interesse Dritter liegen können, §§ 3 bis 6 IFG.
1.1 Für die Umsetzung der Richtlinie 2016/680 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates ist primär das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) - wie auch insgesamt für den Datenschutz im Allgemeinen - innerhalb der Bundesregierung federführend zuständig. Die Umsetzung der genannten Richtlinie erfolgte in erster Linie im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG); daneben erfolgten bereichsspezifische Umsetzungen (u.a. durch das BMJ).
Soweit sich Ihr Antrag auf Unterlagen zum BDSG oder weiterer in der Zuständigkeit des BMI liegenden Vorschriften bezieht, wäre der Antrag beim BMI zu stellen. Darüber hinaus wurde die Richtlinie 2016/680 von den Ländern im Rahmen ihrer Gesetzgebungszuständigkeit umgesetzt.
1.2 Durch das BMJ erfolgte die Umsetzung der Richtlinie im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 insbesondere in Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) und des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).
Hierzu sind im BMJ 30 Aktenbände in Papierform vorhanden. Für eine eingehende Durchsuchung und Auswertung der vorhandenen Akten nach Dokumenten, die sich mit der Umsetzung des Artikel 9 Richtlinie 2016/680 befassen, ist schätzungsweise eine Arbeitszeit von ca. 25 Stunden durch eine Bedienstete oder einen Bediensteten des höheren Dienstes aufzubringen. Im Rahmen einer ersten überblickartigen Sichtung konnten keine Unterlagen identifiziert werden, die sich konkret mit der Umsetzung des Artikel 9 Richtlinie 2016/680 befassen. Hinzu kommt der zeitliche Aufwand für die Prüfung, ob einem Informationszugang Ablehnungs- und Ausnahmegründe nach dem IFG entgegenstehen.
Ihr Antrag verursacht damit einen sehr hohen Verwaltungsaufwand. Der tatsächliche Aufwand kann zwar erst bei der weiteren Bearbeitung Ihres Antrags erfasst und beziffert werden. Der für eine einfache und damit gebührenfreie Auskunft aufzubringende Verwaltungsaufwand wird jedoch in jedem Fall deutlich übertroffen.
Gemäß § 10 Absatz 1 IFG werden für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen nach dem IFG Gebühren erhoben. Diese bestimmen sich nach dem Gebühren- und Auslagenverzeichnis (Anlage zu § 1 Absatz 1 der Informationsgebührenverordnung – IFGGebV). Die Gebühren sind auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen, dass der Informationszugang nach § 1 wirksam in Anspruch genommen werden kann, § 10 Absatz 2 IFG.
Der pauschale Stundensatz zur Berechnung des Verwaltungsaufwands beträgt für Beschäftigte im höheren Dienst 60 EUR. Für die Herausgabe von Abschriften kann, wenn im Einzelfall ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand zur Zusammenstellung von Unterlagen entsteht, insbesondere wenn zum Schutz öffentlicher oder privater Belange Daten ausgesondert werden müssen, je nach Verwaltungsaufwand eine Gebühr zwischen 30 EUR und 500 EUR erhoben werden, Nummer 2.2 des Teils A der Anlage zu § 1 Absatz 1 IFGGebV.
Vor diesem Hintergrund bitte ich um eine Erklärung, dass Sie zur Übernahme der anfallenden Gebühr in Höhe von voraussichtlich 500 EUR bereit sind, bevor mit der Bearbeitung Ihres Antrags fortgefahren wird.
Alternativ besteht ggf. die Möglichkeit, dass Sie selbst im BMJ Einsicht in die 30 Aktenbände nehmen. Der entstehende Verwaltungsaufwand würde sich damit deutlich reduzieren, was sich auch auf die Höhe der Verwaltungsgebühr auswirken würde. Auf diese Weise bestünde zudem nicht die Gefahr, dass für Ihre Interessenlage möglicherweise relevante Dokumente vom BMJ übersehen werden.
Sollte ich ***bis zum 10. Mai 2024*** nichts von Ihnen hören, gehe ich davon aus, dass Sie Ihren Antrag vom 21. März 2024 nicht weiterverfolgen. Eine Gebühr wird in diesem Fall nicht erhoben.
2. Soweit Sie sich mit E-Mail vom 16. Januar 2024 mit folgender Frage an das BMJ gewandt haben: "Im BDSG Teil 3 und in der StPO findet sich keine Umsetzung des Art. 9 der RL EU 2016/680. In welcher Bundesnorm findet sich die Umsetzung?" liegt kein Antrag nach dem IFG vor, sondern eine Bürgeranfrage.
Diese beantworte ich wie folgt:
Für den Bereich des Datenschutzes im Strafverfahren regelt das BDSG grundsätzlich die allgemeinen Erwägungen, soweit die StPO keine besonderen Regelungen enthält (siehe auch § 1 Absatz 2 Satz 1, 2 BDSG, § 500 StPO). Soweit Sie nach der Umsetzung des Artikel 9 der Richtlinie 2016/680 im BDSG fragen, wäre Ihre Anfrage an das allgemein für den Datenschutz federführend zuständige BMI zu richten.
Artikel 9 der Richtlinie 2016/680 regelt in seinem Absatz 1 Satz 1 insbesondere den Grundsatz der Zweckbindung. Danach dürfen personenbezogene Daten nur für den Zweck verwendet werden, für den sie rechtmäßig erhoben wurden. Zweckänderungen sind daher nur bei entsprechender rechtlicher Rechtfertigung durch eine gesetzliche Grundlage möglich. Dieser Grundsatz wurde jedoch nicht erst mit der Artikel 9 der Richtlinie 2016/680 in das deutsche Recht wie in die StPO eingeführt, sondern geht auf das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 (BVerfGE 65, 1) zurück.
Dementsprechend finden sich in der StPO spezifische Verarbeitungsregelungen, die überwiegend bereits vor Umsetzung der Richtlinie 2016/680 in dieser enthalten waren. Beispielhaft können die folgenden Vorschriften genannt werden: § 100e Absatz 6, § 161 Absatz 3, § 163d Absatz 1, §§ 474, 475, 476, 477, 479 Absatz 2, §§ 483, 484, 485, 487 Absatz 1 StPO.
Artikel 9 Absatz 1, 3 und 4 der Richtlinie 2016/680 sind jedenfalls auch in § 77e Absatz 1 Nummer 3 und 5 sowie § 77h IRG umgesetzt.
Mit freundlichen Grüßen