Sehr
geehrteAntragsteller/in
mit hier heute eingegangenem Schreiben informieren Sie mich über die Ablehnung meines Antrags nach § 4 Nr. 1 lit. g und § 4 IFG. Sie führen aus, eine Veröffentlichung könnte ein bei der Staatsanwaltschaft Berlin laufendes Verfahren beeinträchtigen, und weiter: "Bei den beantragten Informationen handelt es sich um ein rechtliches Gutachten, in dem eine rechtliche Würdigung der TAZ-Kolumne (...) vorgenommen wird." In der Folge "bestünde die Besorgnis, dass die unabhängige Entscheidungsfindung der Staatsanwaltschaft vereitelt wird", zumal das Gutachten "im Verfassungsministerium bearbeitet" worden sei.
Gegen diese Entscheidung lege ich hiermit
- WIDERSPRUCH -
ein, denn die Begründung überzeugt aus nachfolgenden Gründen nicht:
1. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die hervorragend ausgebildeten Beamten der Staatsanwaltschaft Berlin bei Vorliegen eines rechtsunverbindlichen Gutachtens nicht mehr imstande sein sollten, die tatsächlichen rechtlich bindenden Vorschriften adäquat zu würden.
2. Es ist weiterhin nicht ersichtlich, weshalb eine breitere Literaturgrundlage einer juristischen Würdigung des Sachverhalts abträglich sein sollte. Dieses Argument würde nur dann greifen, wenn für das Gutachten aus Ihrem Hause anzunehmen wäre, es sei nicht ergebnisoffen und mit qualitativen Mängeln erstellt worden und das in einem Ausmaß, das einen manipulativen Einfluss auf erfahrene Volljuristen einer Staatsanwaltschaft entwickeln könnte.
3. Zudem ist die Staatsanwaltschaft in ihrer Entscheidungsfindung gerade nicht unabhängig, wie Sie ausführen, sondern weisungsgebunden. Das BMI ist hier allerdings nicht weisungsbefugt, sondern der landesrechtliche Dienstherr, insofern ist auch ein Gutachten aus dem BMI für die Staatsanwaltschaft Berlin nicht bindend. Für eine/n eventuell im Nachgang über den Vorgang urteilende/n Richter/in gilt hingegen die richterliche Unabhängigkeit. Auch hier ist vielmehr davon auszugehen, dass die Ausbildung und Berufserfahrung sicherstellt, dass ein solches Gutachten die entsprechende rechtliche Würdigung erfährt.
4. Es ist geradezu widersprüchlich, dass durch Beamte aus Steuermitteln ein juristisches Gutachten erstellt wurde (dass, wie in 1.-3. dargelegt, gerade keinen Einfluss auf die zuständige/n Staatsanwaltschaft und Gerichte entfalten kann) und dieses nun den Organen der Rechtspflege vorenthalten werden sollte.
Sie führen weiterhin aus, eine Veröffentlichung würde ein beabsichtigtes Gespräch mit der Chefredaktion der "taz" beeinträchtigen. Auch dieses Argument vermag nicht zu überzeugen, aus nachfolgenden Gründen:
5. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es für das Gespräch von Nachteil sein soll, wenn sich die Chefredaktion der "taz" umfassender auf ein beabsichtigtes Gespräch mit dem Bundesminister vorbereiten kann. Eine solche Argumentation ergäbe an dieser Stelle wiederum nur Sinn, wenn für das in Rede stehende Gutachten anzunehmen wäre, es wäre in einer solch manipulativen oder voreingenommenen Weise erstellt worden, dass diese geeignet sein könnte, die Gesprächsqualität erheblich zu senken. Ich gehe für die ebenfalls hervorragend ausgebildeten Beamten des BMI vielmehr vom Gegenteil aus.
6. Unabhängig davon ist die durch Bundesminister subjektiv empfundene Qualität von Gesprächen mit Dritten kein Schutzbereich nach dem IFG. Mein Rechtsanspruch auf Herausgabe von Dokumenten und Informationen besteht gegenüber dem BMI. Die Chefredaktion der "taz" oder Hengameh Yaghoobifarah wäre hier bestenfalls im Rahmen eines evtl. Drittbeteiligungsverfahrens zu beachten. Hier weise ich bereits vorsorglich auf zahlreiche öffentliche Äußerungen hin, deren Wesensgehalt nur dahingehend zusammengefasst werden kann, dass man dort einer Veröffentlichung der beantragten Dokumente und Informationen positiv gegenübersteht.
7. Der Bundesminister gab am 25.06.2020 bekannt, die Chefredaktion der "taz" zu einem Gespräch einladen zu wollen. Angesichts der Priorität, die der Vorgang in Ihrem Haus sowie im öffentlichen Auftreten des Bundesministers einnahm verwundert, dass dies bisher nicht geschehen ist. In jedem Fall aber kann die Tatsache, dass die Realisierung eines solches Gespräches in annähernd 2 Monaten nicht erfolgt ist, nicht als Hinderungsgrund für Anträge Dritter nach dem IFG dienen.
Zuletzt darf ich noch daran erinnern, dass mit meinem Antrag weit mehr Informationen umfasst sind, als Ihrer Antwort zu entnehmen ist. Zu den nach IFG bereitzustellenden Informatinen und Dokumenten zählen insbesondere auch:
- Interner E-Mail-Verkehr und interne Kommunikation
- Kommunikation mit anderen Behörden
- Kalendereinträge
- Gesprächsprotokolle und -notizen
- Vermerke, Leitungsvorgaben und Sprechzettel
- Ausschreibungen, Beauftragungen, Abrechnungen und Budgetfreigaben ggü. evtl. bei Dritten eingeholten Zuarbeiten
- Ausdrucke des Aufrufverlaufs von Dienstgeräten des Ministers
- handschriftliche Anmerkungen an Pressespiegeln oder Entwürfen
Angesichts der Bearbeitungszeit meiner Anfrage - die den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen, dem sich gerade das Verfassungsministerium besonders verbunden fühlen dürfte, mittlerweile ganz erheblich überschritten hat - verwundert es, dass diese dem IFG unterfallenden Informationen offenbar noch keine Beachtung fanden. Weshalb diese hingegen den von Ihnen angeführten Hinderungsgründen (die wie in 1.-7. ausgeführt in rechtlicher Hinsicht nicht bestehen) unterworfen sein sollten, ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird in Ihrem Antwortschreiben auch nicht ausgeführt.
Ich kann in der Folge zu keinem anderen Ergebnis kommen, als dass rechtliche Hinderungsgründe für die Herausgabe der angeforderten Dokumente und Informationen nicht bestehen. Ich bitte daher nun unverzüglich, spätestens jedoch bis 22. September 2020, um Übersendung der beantragten Informationen und Dokumente.
Aufgrund des engen Rahmens, sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht, gehe ich von einer einfachen Auskunft aus, für die Gebühren nach § 10 IFG bzw. den anderen Vorschriften nicht anfallen und Auslagen nach BVerwG 7 C 6.15 nicht berechnet werden dürfen.
Sollte der Informationszugang Ihres Erachtens dennoch gebührenpflichtig sein, bitte ich im vorherige Mitteilung und detaillierte Aufschlüsselung der beabsichtigten Kostenerhebung.
Mit Dank für Ihre Bemühungen und freundlichen Grüßen,
Antragsteller/in Antragsteller/in.
Anfragenr: 189517
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Antragsteller/in Antragsteller/in
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