Sehr geehrter Herr Reimers,
mit Ihrer Nachricht vom 3.5.2023 haben Sie bei der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein einen Antrag nach dem Informationszugangsgesetz SH gestellt. Diesen Antrag hat die Staatskanzlei an das Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport abgegeben (§ 4 Abs. 3 IZG SH). Mit Ihrem Antrag begehren Sie Zugang zu Informationen über Planungen im Bereich der Kritischen Infrastrukturen.
Auf Ihren Antrag stelle ich Ihnen folgende Informationen zur Verfügung:
Von der Alarmierung von Rettungskräften über die Stromversorgung bis zum Zahlungsverkehr – Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind für unser Gemeinwesen unverzichtbar. Die aktuellen Krisen wie die COVID-19-Pandemie oder die Auswirkungen des Ukraine-Krieges und Sabotageakte wie jüngst bei der Deutschen Bahn und den Gaspipelines Nord Stream haben die Bedeutung und die Verwundbarkeit der Kritischen Infrastrukturen sowie die damit einhergehenden gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen verdeutlicht. Die Resilienz von KRITIS ist für den Schutz und die Handlungsfähigkeit von Bevölkerung, Wirtschaft und Staat in Deutschland essentiell.
Im Bereich der Cybersicherheit Kritischer Infrastrukturen gibt es mit dem Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) sowie der Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV) bereits umfassende Regelungen. Jenseits dieser Regulierung im Bereich Cybersicherheit gibt es jedoch in Deutschland bislang kein sektoren- und gefahrenübergreifendes „Gesetz zum Schutz Kritischer Infrastrukturen“. Gesetzliche Regelungen mit explizitem Bezug zum physischen Schutz spezifischer Kritischer Infrastrukturen finden sich vereinzelt und in unterschiedlicher Regelungstiefe in Fachgesetzen. Teilweise werden dabei abstrakte Zielsetzungen formuliert, Befugnisse von Behörden festgeschrieben oder konkrete Vorgaben für Betreiber gemacht. Darüber hinaus fördert eine Vielzahl weiterer gesetzlicher Regelungen, Normen und Standards mittelbar auch den physischen Schutz Kritischer Infrastrukturen, wie etwa bautechnische Vorschriften. Aufgrund vielfältiger Verflechtungen ergeben sich aber Fragestellungen, die über Ressort- und Sektorengrenzen hinweg diskutiert und bearbeitet werden müssen. Die Abhängigkeiten der Sektoren untereinander stellen komplexe Herausforderungen dar. Gibt es Ausfälle in einem Sektor, etwa Energie, IT oder Logistik, kann dies schwere Auswirkungen auch auf andere Sektoren und damit auf die gesamte Wertschöpfungskette haben.
Vor dem Hintergrund uneinheitlicher bzw. fehlender Regelungen für den physischen Schutz Kritischer Infrastrukturen und angesichts sektoren- sowie länderübergreifender Abhängigkeiten wird mit dem sich derzeit in der Abstimmung befindenden KRITIS-Dachgesetz des Bundes zum ersten Mal das Gesamtsystem zum physischen Schutz Kritischer Infrastrukturen in Deutschland in den Blick genommen und gesetzlich geregelt. Das KRITIS-Dachgesetz ergänzt damit auch die bestehenden Regelungen zum Cyberschutz von Kritischen Infrastrukturen und trägt zu einem kohärenten und resilienten System bei.
Das sektoren- und gefahrenübergreifende KRITIS-Dachgesetz ordnet ein und ergänzt sektoren-spezifische gesetzliche und nicht-gesetzliche Regelungen. Auf Grundlage des KRITIS-Dachgesetzes sollen wertvolle Erkenntnisse zur Lage in den einzelnen KRITIS-Sektoren als Teil eines umfassenden Lagebildes gewonnen werden.
Zudem soll mit dem KRITIS-Dachgesetz die Zusammenarbeit der am Schutz Kritischer Infrastrukturen beteiligten Akteure auf staatlicher Seite und bei den Betreibern verbessert und klarer strukturiert werden.
Mit dem KRITIS-Dachgesetz wird ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag der staatstragenden Parteien der Bundesregierung realisiert. Außerdem soll das Gesetz die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen (Critical Entities Resi-lience / CER-Richtlinie) umsetzen, die voraussichtlich Ende 2022 verabschiedet wird. Der deutsche Rechtsrahmen für den Schutz Kritischer Infrastrukturen wird somit in ein europäisches Gesamtsystem eingebettet. Durch europaweit einheitliche Mindestvorgaben und verstärkte grenzüberschreitende Kooperation wird die Versorgungssicherheit in Deutschland und in Europa gestärkt.
Mit freundlichen Grüßen