Bundesministerium der Justiz
Z B 6 - zu: 145101#00002#0464
Sehr
<< Antragsteller:in >>
auf Ihre nachstehende E-Mail teile ich Ihnen Folgendes mit:
Wie von Ihnen vorgetragen, sieht der Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vor, dass Gerichtsentscheidungen grundsätzlich in anonymisierter Form maschinenlesbar zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen ist ein wichtiges rechtspolitisches Anliegen, dem sich die Bundesregierung angenommen hat.
Zum einen entwickelt das Bundesministerium der Justiz (BMJ) derzeit ein einheitliches, modernes und nutzerfreundliches Rechtsinformationsportal. Für ausführliche Informationen zu den Plänen der Bundesregierung für ein neues Rechtsinformationssystem verweisen wir auf die Mitteilung, die zu Ihrer vorherigen Anfrage vom 8. März 2023 am 15. März 2023 erfolgt ist. Zum aktuellen Umsetzungsstand des Projektes „NeuRIS“, auf das in der Mitteilung verwiesen wurde, können Sie sich aus folgenden öffentlich zugänglichen Quellen informieren:
• „Dritter Nationaler Aktionsplan 2021 – 2023 im Rahmen der Teilnahme an der Open Government Partnership“ (Gesamtdokument abrufbar unter
https://www.open-government-deutschland.de/resource/blob/1567548/1936828/e887b96e1bf8c85c48bcb1b24d0894cc/dritter-nap-data.pdf?download=1, Stand August 2021; Verpflichtung 6.1 abrufbar unter
https://www.open-government-deutschland.de/opengov-de/ogp/aktionsplaene-und-berichte/3-nap/grundstein-fuer-die-verbesserung-des-zugangs-zu-rechtsinformationen-1968768, zuletzt aktualisiert am 20.09.2023). Unter der Überschrift „Grundstein für die Verbesserung des Zugangs zu Rechtsinformationen“ als Verpflichtung 6.1 findet sich unter anderem ein ausführlicher Steckbrief zu den Zielen des Projekts sowie Daten zum aktuellen Umsetzungsstand.
• Informationen zum Stand der Entwicklung des neuen Rechtsinformationssystems unter:
https://digitalservice.bund.de/blog/neues-rechtsinformationssystem-der-fahrplan-fuer-das-mvp-steht
https://digitalservice.bund.de/blog/neues-rechtsinformationssystem-wo-wir-im-projekt-stehen-und-wie-sich-das-mvp-veraendert-hat
Das Projekt „NeuRIS“ hat zum Gegenstand, das Rechtsinformationssystem des Bundes weiterzuentwickeln und zu modernisieren. Im Vordergrund stehen daher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, der obersten Gerichtshöfe des Bundes sowie des Bundespatentgerichts. Instanzgerichtliche Entscheidungen sind nur betroffen, sofern die genannten Gerichte und ihre Dokumentationsstellen die Entscheidungen unterer Instanzen als dokumentationswürdig erachten und im Rechtsinformationssystem dokumentieren.
Bei der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen handelt es sich um eine verfassungsunmittelbare Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt und damit eines jeden Gerichts (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 26. Februar 1997 - 6 C 3.96). Zu erfüllen ist die Veröffentlichungspflicht von der jeweiligen Gerichtsverwaltung. Nach der genannten Entscheidung des BVerwG sind alle Entscheidungen zu veröffentlichen, an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann. Die Bundesregierung hat nur eingeschränkte Kenntnis davon, wie die Gerichte das Kriterium des öffentlichen Interesses konkret ausfüllen. Nach hiesiger Kenntnis wird es jedoch insbesondere bejaht, wenn die Entscheidung in Fachzeitschriften, der Presse oder in ähnlicher Weise behandelt oder wenn eine anonymisierte Abschrift der Entscheidung bei dem Gericht angefordert wird.
Die obersten Gerichte des Bundes veröffentlichen bereits jetzt sämtliche mit Gründen versehenen Entscheidungen. Nicht veröffentlicht werden lediglich – am Beispiel des BVerwG – Einstellungsbeschlüsse, Ruhensbeschlüsse, Entscheidungen über Prozesskostenhilfe, Beiordnungsbeschlüsse, Streitwertbeschlüsse, Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Beiladungen, Anhörungsrügen, Vergleiche, Verwerfungen von Beschwerden zum Bundesverwaltungsgericht nach § 152 Verwaltungsgerichtsordnung sowie Entscheidungen, die dem Geheimschutz unterliegen oder die durch die gesetzlich vorgeschriebene Anonymisierung unverständlich oder verfälscht werden.
Zum anderen prüft das BMJ aktuell die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten der weiteren Verbesserung des digitalen Zugangs zu Gerichtsentscheidungen. Hierunter können grundsätzlich auch Entscheidungen der Instanzgerichte fallen. Die Prüfung und die Meinungsbildung sind noch nicht abgeschlossen.
Zudem werden bereits jetzt viele Entscheidungen der Instanzgerichte über die Rechtsprechungsdatenbanken der Länder (
https://justiz.de/onlinedienste/rechtsprechung/index.php) veröffentlicht. Das Angebot wächst stetig.
Mit freundlichen Grüßen