Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit Ihrem Schreiben vom 29. September 2021 legen Sie Widerspruch gegen meinen Bescheid vom 22. September 2021 - GZ: VB5 -O 1319/21/10348, DOK. 2021/0947730 - ein.
Nach nochmaliger Prüfung ergeht folgender WIDERSPRUCHSBESCHEID:
I. Ihren Widerspruch weise ich zurück.
I. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens trägt der Widerspruchsführer.
Il. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 30,00 Euro festgesetzt. Der
Begründung:
Zu l.
Mit IFG-Antrag vom 21. August 2021 stellten Sie folgenden Antrag nach dem IFG:
"bitte senden Sie mir Folgendes zu:
Sämtliche Informationen aus den Jahren 2014 bis heute, die im Zusammenhang stehen mit physischen Treffen zwischen dem BMF und der Stiftung Familienunternehmen, in denen das Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz thematisiert wurde: dazu zählen beispielhaft interne wie externe Kommunikation zur Vor- und Nachbereitung der Gespräche sowie zum weiteren Austausch zu angesprochenen Themen, Vermerke, Gesprächsvorbereitungsunterlagen, Leitungsvorlagen und Protokolle. "
Mit Bescheid vom 22. September 2021 - GZ: VB 5-0 1319/21/10348, DOK 2021/0947730 wurde Ihr Antrag abgelehnt. Mit Schreiben vom 29. September 2021 legen Sie Widerspruch gegen diesen Bescheid ein.
Sie begründen Ihren Widerspruch damit, dass nach Ihrer Auffassung der gestellte Antrag jedenfalls hinreichend bestimmt sei, weil es sich nicht um einen Globalantrag handeln würde. Zudem sehen Sie den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung nicht als betroffen an, weil die Familienunternehmer nicht Teil der Exekutive seien.
Ihr Widerspruch ist frist- und formgerecht im BMF eingegangen und somit zulässig.
Ihr Widerspruch ist jedoch unbegründet.
Wie ich Ihnen bereits im Rahmen des Ausgangsbescheids mitgeteilt habe, ist Ihr Antrag zu unbestimmt, weil im Antrag keine inhaltlich und thematische Eingrenzung des Informationsbegehrens auf einen konkreten Verfahrensgegenstand, z. B. auf einen konkreten Lebenssachverhalt vorgenommen wurde. Eine pauschale Abfrage auf Treffen zwischen der Stiftung Familienunternehmen und dem BMF auf dem Rechtsgebiet der Erbschafts-und Schenkungssteuer genügt den Anforderungen für einen bestimmten Antrag nicht.
Ein weiterer Aspekt ist, dass es sich bei dem hier gestellten Antrag um einen sog. Globalantrag handelt. Im gestellten Antrag erfolgt keine Eingrenzung des Informationsbegehrens auf einen konkreten Lebenssachverhalt hin, in Bezug auf die Stiftung Familienunternehmen. Ein Antrag, welcher kein konkretes Informationsinteresse verfolgt, sondern lediglich darauf gerichtet ist, sich über den vorhandenen Aktenbestand Kenntnis zu verschaffen, ist als Globalantrag zu erkennen. Ein derartiger Globalantrag, dessen alleiniger Zweck in der Sichtung des vorhandenen Aktenbestands zur Geltendmachung etwaiger weiterer Zugangs- bzw. Nutzungsansprüche liegt, ist von dem Informationszugangsanspruch aus §1 Absatz 1 Satz 1 IFG nicht mehr gedeckt (VG Berlin, Urteil vom 26. Mai 2020 - VG2K 218.17 - AfP 2020, S. 546).
Der aus dem Gewaltenteilungsprinzip folgende Schutz eines nicht ausforschbaren exekutiven Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereichs dient der Wahrung der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Regierung und ist im Bereich des Regierungshandelns als Ausschlussgrund vonseiten des Gesetzgebers als ungeschriebener verfassungsrechtlicher Ausschlussgrund anerkannt (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 12). Zu diesem Bereich gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht. Dieser funktionsbezogene Schutz bezieht sich in erster Linie auf laufende Verfahren, bei denen im Falle der Kenntnisnahme Dritter ein Einfluss auf die anstehende Entscheidung im Sinne eines "Mitregierens Dritter" möglich wäre. Er ist hierauf jedoch nicht beschränkt. Nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles kann es Konstellationen geben, in denen auch der Zugang zu Unterlagen über abgeschlossene Vorgänge zu versagen ist. Bei abgeschlossenen Vorgängen fällt als funktioneller Belang nicht mehr die Entscheidungsautonomie der Regierung ins Gewicht, sondern vor allem die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung, die durch "einengende Vorwirkungen" einer nachträglichen Publizität beeinträchtigt werden kann. Unter diesem Aspekt sind Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen, die Aufschluss über den Prozess der Willensbildung geben, umso schutzwürdiger, je näher sie der gubernativen Entscheidung stehen (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 7 C 19/17 -, BVerwGE 164, 112-127 Rn. 18 m.w.N).
Durch den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung wird der Kontakt zu und der regelmäßige Austausch mit Externen aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft und Wirtschaft auf der einen Seite und der Exekutive auf der anderen Seite geschützt. Die Exekutive soll hier im Wege eines unbefangenen und konstruktiven Meinungsaustausches, der frei von äußerer Einflussnahme stattfinden kann, die erfolgreiche Arbeit und Aufgabenerfüllung des BMF unterstützen. Durch die umfassende Fragestellung wird hier der durch die exekutive Eigenverantwortung geschützte Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich beeinträchtigt. Es ist davon auszugehen, dass das Bekanntwerden etwaiger geführte Gespräche den Dialogprozess beeinträchtigt mit denen in meinem Bescheid vom 22. September 2021 ausgeführten einengenden Vorwirkungen für die exekutive Arbeit des BMF.
Insofern wird Ihr Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Zu II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §73 Absatz 3 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Widerspruch hat keinen Erfolg, sodass die Kosten von Ihnen zu tragen sind.
Zu III.
Die Festsetzung der Gebühren beruht auf §10 Absatz 3 IFG, § 1 Absatz 1 Informationsgebührenverordnung (IFGGebV) i. V.m. Nr. 5 der Anlage zur IFGGebV. Nach Nr. 5 der Anlage zur IFGGebV ist für die vollständige oder teilweise Zurückweisung des Widerspruches eine Gebühr bis zur Höhe der für den angefochtenen Verwaltungsakt festgesetzten Gebühr, mindestens jedoch 30,00 € zu erheben. Im Rahmen des Ermessens war insbesondere unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gebührengerechtigkeit keine andere Gebühr festzusetzen. Gründe für eine Gebührenermäßigung oder Gebührenbefreiung gemäß § 2 IFGGebV aus Billigkeit oder aus Gründen des öffentlichen Interesses sind nicht ersichtlich und wurden von Ihnen auch nicht dargelegt.
Erhoben wird danach die gesetzlich vorgesehene Mindestgebühr für die Zurückweisung eines Widerspruches i. H. v. 30,00 €.
Die Gebühr ist innerhalb der angegebenen Frist auch dann zu entrichten, wenn Sie gegen diesen Bescheid Klage erheben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Festsetzung der Gebühr bzw. sonstiger Kosten haben nach §80 Abs. 2 Satz I Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Widerspruchsbescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben werden.
Die Anschrift lautet: Kirchstraße 7, 10557 Berlin.
Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, dieser Bescheid soll im Original oder in Kopie beigefügt werden. Der Klage nebst Anlagen sollen so viele Kopien beigefügt werden, dass alle Beteiligten eine Ausfertigung erhalten können.
Mit freundlichen Grüßen