Sehr
<< Anrede >>
Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt Schmitt,
gegen Ihren Bescheid vom 18. Juni 2021 lege ich hiermit Widerspruch ein.
Sie führen aus, § 475 Abs. 1 StPO enthalte eine abschließende Regelung, so dass das Bremer IFG vorliegend nicht anwendbar sei.
In Bezug auf Gnadenverfahren liegt jedoch kein Fall von § 475 Abs. 1 StPO vor. § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO bestimmt, dass für eine Privatperson und für sonstige Stellen unbeschadet des § 57 des Bundesdatenschutzgesetzes ein Rechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten kann, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. § 475 Abs. 1 StPO enthält damit Bestimmungen über die verfahrensübergreifende Informationsübermittlung zu laufenden oder bereits abgeschlossenen Strafverfahren (vgl. KK-StPO/Gieg StPO § 475 Rn. 1). Bei Gnadenverfahren handelt es sich jedoch nicht um Strafverfahren.
Die von mir erbetenen Informationen zu Gnadenverfahren liegen Gerichten auch nicht iSv § 475 Abs. 1 StPO vor und können diesen auch gar nicht vorgelegt werden, da (ablehnende) Entscheidungen in Gnadenverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerade nicht justiziabel sind und dementsprechend keiner gerichtlichen Überprüfung unterliegen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2006 – 2 BvR 1587/06 –, juris mwN; siehe auch Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 28. September 2020 – 204 VAs 286/20 –, juris Rn. 17: “Gnadenverfahren sind grundsätzlich nicht justiziabel”).
Dementsprechend ist kein Fall von § 475 StPO gegeben und die Staatsanwaltschaft ist als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 1 IFG Bremen informationspflichtig. Rein vorsorglich weise ich darauf hin, dass auch ein Ausschluss des Anspruchs auf Informationszugang nach § § Abs. 1 Ziff. 1 d) IFG Bremen nicht in Betracht kommt. Dieser schließt den Anspruch auf Informationszugang lediglich dann aus, wenn und solange das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf u.a. die Strafvollstreckung. Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit abgeschlossene Gnadenverfahren, auf die sich meine Anfrage ausschließlich bezog, negative Auswirkungen auf die Strafvollstreckung haben können. Ferner sind Gnadenverfahren nicht dem Bereich der Strafvollstreckung zuzuordnen, sondern es handelt sich hierbei um eigenständige, nicht verrechtliche Verfahren (vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 10. November 1995 – 2 VAs 11/95 –, juris).
Ich bitte dementsprechend nunmehr um antragsgemäße Informationsgewährung.
Diesen Widerspruch erhalten Sie noch einmal gesondert per Post in Schriftform.
Mit freundlichen Grüßen
Hannah Vos
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