Sehr geehrter Herr Bartz,
hinsichtlich Ihrer u. a. IFG-Anfrage kann ich Ihnen folgende Informationen an die Hand geben:
Einleitend möchte ich zunächst herauszustellen, dass bei den Anzeigen ohne amtliche Feststellung, stets unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet werden. In der Regel ist hier von Privatanzeigen, Drittanzeigen oder Fremdanzeigen die Rede. Da alle Bezeichnungen das Gleiche beschreiben, wird nachfolgend immer der Begriff „Fremdanzeige“ verwandt.
Aus der Rechtsnorm des Ordnungswidrigkeitengesetzes lässt sich ableiten, dass grundsätzlich jede Person eine Anzeige erstatten kann und es dabei sogar nicht notwendig ist, dass diese anzeigende Person in ihren Interessen beeinträchtigt wird. Trotzdem soll es sich bei den Fremdanzeigen eher um ein Instrument für „Ausnahmefälle“ handeln, da die Überwachung des ruhenden Verkehrs grundsätzlich dem städtischen Verkehrsdienst sowie der Polizei obliegt und nicht einzelnen Privatpersonen.
Dennoch ist bereits seit Jahren feststellbar, dass die Anzahl der Fremdanzeigen bei deutlich über 30.000 Eingängen pro Jahr liegt. So können für die letzten Jahre folgende Fallzahlen genannt werden:
- im Jahr 2016 = 20.359 Anzeigen
- im Jahr 2017 = 28.549 Anzeigen
- im Jahr 2018 = 33.051 Anzeigen
- im Jahr 2019 = 36.430 Anzeigen
- im Jahr 2020 = 42.247 Anzeigen
- im Jahr 2021 = 33.758 Anzeigen
- im Jahr 2022 = 32.662 Anzeigen
- im Jahr 2023 = 35.667 Anzeigen
Auf Grund der seinerzeit rasant angestiegenen Fallzahlen, wurde bereits vor einigen Jahren eine eigenständige Gruppe im Bereich des „Ruhenden Verkehrs“ geschaffen. Dieser Aufgabenbereich kümmert sich ausschließlich um die Bearbeitung solcher Fremdanzeigen, so dass dadurch auch das notwendige Fachwissen gebündelt wurde.
Hinsichtlich des Anzeigeneingangs und der Anzeigenbearbeitung ist Folgendes auszuführen:
Die Anzeigen gelangen auf unterschiedlichsten Wegen zur Bußgeldstelle. Diese können sein
+ per Post
+ per einfacher E-Mail (z. B. private Mails oder generierte Mails über Apps wie
beispielsweise „
weg.li“)
+ per Fax oder
+ per Online-Anzeige (siehe hierzu auch die Anmerkung weiter unten),
wobei die letztgenannte Variante mit geschätzten 80 % die häufigste gewählte ist (Statistiken werden hierzu nicht geführt).
Grundsätzlich werden alle Anzeigeneingänge einer Sachbearbeitung zugewiesen, damit dort eine entsprechende Prüfung vorgenommen werden kann. Hierbei muss allerdings hervorgehoben werden, dass bei diesen Fremdanzeigen der Prüfungsaufwand deutlich höher ist, da es hier immer an einer amtlichen Feststellung fehlt.
Aber dennoch gelten auch für diese Art von Anzeigen die gleichen Rechtsnormen sowie Maßstäbe und Priorisierungen, wie bei den Anzeigen des eigenen Ordnungs- bzw. Verkehrsdienstes bzw. der Polizei.
Als Ergebnis der entsprechenden Verfahren kommen lediglich zwei Konstellationen in Betracht. Entweder kommt es zu dem Erlass eines Verwarnungs- und/oder Bußgeldbescheides oder zu einer Einstellung des Verfahrens. Ursächlich dafür sind die unterschiedlichsten Gründe. So kann dies beispielsweise daran liegen, dass
- das angezeigte Verhalten gar keine Ordnungswidrigkeit war,
- die angezeigte Ordnungswidrigkeit derart geringfügig war, dass eine Ahndung nicht
geboten erschien,
- es sich um ein im Ausland zugelassenes Fahrzeug handelte,
- der Verstoß bereits durch den städtischen Verkehrsdienst erfasst wurde,
- der angezeigte Verstoß bereits verjährt war,
- der Tatbeweis nicht zweifelsfrei erbracht werden konnte oder
- die gemachten Angaben in der Anzeige nicht für eine Ahndung ausreichen (z. B.
fehlende "von - bis" Zeiten).
Da weitergehende Statistiken zu dem Thema „Fremdanzeigen“ hier nicht geführt werden, liegt nach einer qualifizierten Schätzung der Anteil der eingestellten Verfahren bei etwa 30 %.
Abschließend kann lediglich noch ausgeführt werden, dass sich bei der Häufigkeit von angezeigten Verstöße und der sich daraus ergebenden Tatbestände, folgendes Ranking ergibt (Top 5):
1. Platz = Tatbestand-Nr.: 112402/112050, Sie hielten verbotswidrig auf einem Gehweg.
2. Platz = Tatbestand-Nr.: 141312, Sie parkten im absoluten Haltverbot.
3. Platz = Tatbestand-Nr.: 141310, Sie hielten im absoluten Haltverbot.
4. Platz = Tatbestand-Nr.: 112292, Sie parkten im Bereich einer Grundstücks-ein- bzw. –ausfahrt.
5. Platz = Tatbestand-Nr.: 112454, Sie parkten verbotswidrig auf einem Gehweg.
Hinsichtlich der Geldbußen bzw. der Punkteregelung verweise ich auf den bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog. Dort sind alle Verstöße bzw. Tatbestände aufgeführt und die entsprechenden Beträge/Punkte hinterlegt. Dieser Katalog ist auf der Seite des Kraftfahrt Bundesamtes unter folgendem Link einsehbar:
bkat_owi_01_09_2023.pdf;jsessionid=8EF3A674BFF903B211B2C8C667880ED9.live11292 (
kba.de)<
https://www.kba.de/DE/Themen/ZentraleRegister/FAER/BT_KAT_OWI/bkat_owi_01_09_2023.pdf;jsessionid=8EF3A674BFF903B211B2C8C667880ED9.live11292?__blob=publicationFile&v=2>
Ergänzender Hinweis:
Auch wenn die Gesamtzahl der Fremdanzeigen relativ hoch ist, so liegt deren Anteil im hiesigen Bereich des „Ruhenden Verkehrs“ dennoch nur im mittleren einstelligen Prozentbereich.
Ich hoffe, ich konnte Sie mit meinen Ausführungen ausreichend informieren und verbleibe
mit freundlichen Grüßen