> Mails vom 31.07.2023 > JC Brandenburg an der Havel
Betreff:
Für welche Einkommensarten gilt die Freigrenze von 100 Euro? [#285166]
Wovon hängt eine Einsicht der Kontoauszüge im Rahmen des Weiterbewilligungsantrages für Bürgergeldbezieher ab? [#285168]
Unter welchen Umständen darf sich ein ALG2 Bezieher unangemeldet von seinem Wohnort entfernen? [#285169]
Was können ALG2 Empfänger bei Stromschulden tun? [#285170]
Welche Voraussetzungen muss ein ALG2 Empfänger erfüllen, damit das Jobcenter den Zöliakie Mehrbedarfsantrag anerkennt? [#285171]
Sehr geehrte Frau, sehr geehrter Herr Nadan Nada,
entsprechend Ihres Antrages auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz - IFG erhalten Sie hiermit die gewünschten Auskünfte auf elektronischem Weg.
Die als Antrag nach dem IFG bezeichneten Mails wurde per einfacher E-Mail zugestellt.
Der angefragte Leistungsträger - Grundsicherungsträger - ist an geltendes Recht und Gesetz gebunden.
Sie fragten mit ihren E-Mails an,
[#285166]
Für welche Einkommensarten gilt die Freigrenze von 100 Euro?
Diesbezüglich kann nachfolgende Antwort gegeben werden:
Im Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende - werden in § 11 SGB II "Zu berücksichtigendes Einkommen", in § 11a SGB II "Nicht zu berücksichtigendes Einkommen" und in § 11b SGB II "Absetzbeträge" definiert.
Eine "Freigrenze von 100 Euro", wie Sie jene bezeichnen, findet sich terminologisch nicht im Gesetz.
Sofern die Freibeträge nach § 11b SGB II gemeint seien, wäre mit Verweis auf Abs. 2 bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit solch ein Betrag von 100 Euro abzusetzen.
Für weitere Erläuterungen wird empfohlen, die entsprechenden Kommentierungen zu den rechtlichen Normen zu nutzen oder sich direkt bei seinem zuständigen Leistungsträger im Einzelfall beraten zu lassen.
[#285168]
Wovon hängt eine Einsicht der Kontoauszüge im Rahmen des Weiterbewilligungsantrages für Bürgergeldbezieher ab?
Diesbezüglich kann nachfolgende Antwort gegeben werden:
Immer, wenn die Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe nach dem Gesetzbuch SGB II erforderlich sei, sind Jobcenter grds. befugt, den Bezug existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II zur Prüfung der Leistungsvoraussetzungen von der Vorlage u.a. von Kontoauszügen abhängig zu machen (jedenfalls soweit die Einnahmeseite betroffen sei, Angaben zu Empfängern nicht leistungserheblicher Zahlungsausgänge auf den Kontoauszügen könnten geschwärzt werden).
Im Einzelfall und sofern hier weiterer Beratungsbedarf bestünde, empfiehlt es sich, direkt bei seinem zuständigen Leistungsträger vorzusprechen und einen Termin zu buchen.
[#285169]
Unter welchen Umständen darf sich ein ALG2 Bezieher unangemeldet von seinem Wohnort entfernen?
Diesbezüglich kann nachfolgende Antwort gegeben werden:
Der Gesetzgeber hat in § 7b SGB II mit Geltung ab 01.07.2023 deutlich formuliert, welche Anforderungen für eine Leistungsberechtigung in Bezug auf eine "Erreichbarkeit" erfüllt sein sollten.
Ihre Frage wird mit Verweis darauf umfassend beantwortend.
Weiterer Beratungsbedarf und Einzelfallgestaltungen wären ggf. in einem Gesprächstermin beim zuständigen Leistungsträger zu behandeln. Buchen Sie hierfür ggf. einen Termin.
[#285170]
Was können ALG2 Empfänger bei Stromschulden tun?
Diesbezüglich kann nachfolgende Antwort gegeben werden:
Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden (bei Stromschulden z.B. Ratenzahlungsvereinbarung, Anbieterwechsel, zumutbare Einmalzahlung), erbringt der zuständige Träger gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II (auf Antrag und) bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen.
Ein Bedarf i. S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist dann unabweisbar, wenn er nicht aufschiebbar ist, daher zur Vermeidung einer akuten Notsituation unvermeidlich ist und nicht erwartet werden kann, dass der Leistungsberechtigte diesen Bedarf mit dem nächsten Regelbedarf ausgleichen kann. Eine Notsituation besteht ab Androhung einer Versorgungseinstellung.
Der Leistungsberechtigte sollte jedoch zunächst gegenüber seinem Stromversorger eine Unverhältnismäßigkeit der vmtl. Unterbrechung geltend machen und sich zugleich um Ratenzahlungen bemühen.
Stromschulden aus der Vergangenheit, die bereits vor der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, also vor Beginn der Bedarfszeit, fällig waren, können über § 24 Absatz 1 SGB II grundsätzlich nicht übernommen werden.
Weiterer Beratungsbedarf wäre ggf. im Einzelfall in einem Gesprächstermin beim zuständigen Leistungsträger zu behandeln.
[#285171]
Welche Voraussetzungen muss ein ALG2 Empfänger erfüllen, damit das Jobcenter den Zöliakie Mehrbedarfsantrag anerkennt?
Diesbezüglich kann nachfolgende Antwort gegeben werden:
(bei Zöliakie führt Glutenunverträglichkeit zu u.U. chronischen Entzündungen im Dünndarm)
§ 21 Abs. 5 SGB II: Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder drohenden Erkrankung und der Notwendigkeit einer besonders kostenaufwändigen Ernährung bestehen. Dieser und ggf. die entsprechende Kostform für einen bestimmten Zeitraum werden vom behandelnden, Hausarzt des leistungsberechtigten Bürgers oder dem medizinischen Dienst attestiert, welches einem Antrag des Bürgers auf entsprechende Mehrbedarfe folgte / diesem beizufügen wäre.
Als Orientierungshilfe bei Prüfung der Gewährung eines Mehrbedarfes gelten die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen. Über das Kriterium der medizinischen Notwendigkeit hinaus hat der Gesetzgeber in § 21 Abs. 5 SGB II nämlich selbst keine Maßstäbe dazu aufgenommen, in welchen Fällen eine kostenaufwändige Ernährung durch die Bewilligung eines Mehrbedarfs auszugleichen ist bzw. welches Verfahren bei der Festlegung von Entscheidungskriterien einzuhalten ist, weshalb im Einzelfall ggf. der ärztliche Dienst bzw. eine medizinische Begutachtung einzuschalten bliebe.
In medizinisch indizierten Fällen kann in Einzelfällen (vorrangig) auch ein Anspruch auf ernährungsbezogene Leistungen durch die Krankenversicherung (SGB V) bestehen.
Nutzen Sie bitte im Einzelfall immer gern die Beratungsangebote beim zuständigen Leistungsträger.
Mit freundlichen Grüßen