Sehr Antragsteller/in
mit Ihrer Mail vom 26. Februar 2022 beantragen Sie auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Informationen zu den nachfolgenden Fragen.
1. Wie wird der Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub während eines Beschäftigungsverbotes (hier: aufgrund von Schwangerschaft, Beschäftigungsverbot mit sofortiger Wirkung aufgrund Arbeit im potentiell infektiösen Bereich, Zahnarztpraxis) begründet?
2. Wovon muss sich die Arbeitnehmerin erholen?
Nach Kriterien des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) stellt Ihr Anliegen keinen IFG-Antrag dar, sondern es wird vielmehr eine Sachanfrage an die fachlich zuständige Stelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestellt. Das IFG eröffnet grundsätzlich einen voraussetzungslosen - wenn auch nicht ausnahmslosen - Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Behörden des Bundes. Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG besteht ein Anspruch auf Zugang zu vorhandenen amtlichen Aufzeichnungen. Das IFG gewährt kein Recht auf Beantwortung von allgemeinen Fragen und Auskünfte, die über die Einsichtnahme in amtliche Informationen hinausgehen. Bei Ihrem Anliegen handelt es sich um Letzteres.
Daher ergeht in diesem Fall kein Bescheid nach dem IFG.
Unter Einbeziehen der Rückmeldung des Fachreferates können wir Ihre Anfrage nur allgemein wie nachfolgend beantworten, da das BMFSFJ nicht befugt ist, im Einzelfall Rechtsberatung zu geben.
Ein moderner Mutterschutz vereinigt zwei Zielsetzungen: Er schützt die Gesundheit der schwangeren und stillenden Frau und die ihres Kindes und ermöglicht ihr gleichzeitig, weiter erwerbstätig zu sein, soweit es verantwortbar ist. Die Regelungen des Mutterschutzes sorgen dafür, dass Mutter und Kind vor gesundheitlichen Gefährdungen am Arbeitsplatz und vor einer unberechtigten Kündigung geschützt werden. Außerdem sichern sie das Einkommen in der Zeit, in der eine Beschäftigung verboten ist. Mutterschutz ist ein wichtiger Beitrag zu einer familienfreundlichen Arbeitswelt und zur Teilhabe von Müttern an der Erwerbsarbeit.
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) selbst enthält keine allgemeine Regelung, wonach Ausfallzeiten wegen Beschäftigungsverboten stets als Beschäftigungszeiten zu werten sind. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Normen, die für spezielle Bereiche entsprechende Regelungen treffen. Hierzu zählt auch § 24 MuSchG.
Nach der Regelung des § 24 MuSchG gelten Ausfallzeiten wegen Beschäftigungsverboten für die Berechnung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub als Beschäftigungszeiten.
Absatz 5 Satz 2 der Empfehlung Nr. 191 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) betreffend den Mutterschutz, die von der Internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer 88. Tagung am 15. Juni 2000 gemeinsam mit dem Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz angenommen wurde, enthält die ergänzende Empfehlung, den Mutterschaftsurlaub für die Ansprüche der Frau als Dienstzeit zu berücksichtigen. Danach sollte der Zeitraum des in den Artikeln 4 und 5 des Übereinkommens vorgesehenen Urlaubs (Mutterschaftsurlaub und Urlaub im Fall einer Krankheit oder von Komplikationen) für die Zwecke der Festsetzung ihrer Ansprüche als Dienstzeit angesehen werden.
Hat eine Frau ihren Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht oder nicht vollständig erhalten, kann sie nach dem Ende des Beschäftigungsverbots den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.
Sinnerklärend kann auch das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) in § 9 als allgemeine Regelung hinzugezogen werden. Danach werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet, wenn eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer während des Urlaubs erkrankt.
Für bestimmte Berufsgruppen selbständig tätiger Personen bestehen außerhalb des MuSchG berufsgruppenspezifische Regelungen, die in angemessener Form auch schwangere und stillende Selbständige und ihre Kinder schützen beziehungsweise auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Regelungen bestehen beispielsweise für Notarinnen und weibliche Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften.
Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass (Erholungs-)Urlaub dazu dient, sich von den Belastungen der Erwerbstätigkeit zu erholen und die Resilienz gegenüber beruflichen Belastungen zu stärken. Demgegenüber dienen mutterschutzbedingte Arbeitsunterbrechungen der Vermeidung bzw. Verringerung von mutterschutzbedingten Gefährdungen für Mutter und Kind und können damit den anerkannten Erholungsbedarf nicht abdecken. Vor diesem Hintergrund wird es für erforderlich gehalten, insoweit mutterschutzbedingte Ausfallszeiten als Beschäftigungszeiten zu werten.
Mit freundlichen Grüßen