Sehr geehrter Herr Diekmann,
Ihre Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz wird wie folgt beantwortet:
Eine Vereinbarung einer institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen der Polizei Bremen (Fachreferat K 54) und dem Standesamt Bremen gibt es nicht und hat es zu keiner Zeit gegeben. Seit der Entscheidung des LG Bremen im November 2019, wonach eine rechtsmissbräuchliche Vaterschaftsanerkennung gemäß § 1597a BGB nicht den Vergehenstatbestand des § 95 Abs. 2 Ziff. 2 AufenthG erfüllt, werden seitens des Referates K 54 derartige Ermittlungsverfahren, die auch, aber nicht nur auf Erkenntnismitteilungen der Standesämter basierten und dem Legalitätsprinzip folgend von Amts wegen eingeleitet wurden, nicht mehr geführt. Die bis dahin anhängig gewesenen Ermittlungsverfahren sind allesamt von der StA Bremen eingestellt worden.
Von hier werden lediglich Erkenntnisanfragen des Standesamtes Bremen im Zuge der dortigen Ausübung der Amtsermittlungs- Prüfungspflicht gemäß § 5 PStV bei der Anlage und Führung des Geburtsregisters im nachfolgend beschriebenen Zusammenhang beantwortet.
Das Phänomen "rechtsmissbräuchliche Vaterschaftsanerkennung" ist untrennbar verbunden mit dem Phänomenbereich "unerlaubte Einreise schwangerer Frauen afrikanischer Herkunft". Die schwangeren Frauen, überwiegend ghanaischer und nigerianischer Herkunft, reisen unerlaubt aus europäischen Nachbarländern, in denen sie sich zum Teil über Jahre erlaubt aufgehalten haben, nach Deutschland ein und melden sich in Bremen bei der ZASt. Ein Schutzbegehren wird ausdrücklich nicht vorgebracht. Vielmehr geben die Frauen, die ihren Familienstand stets mit "ledig" bezeichnen, als Grund ihrer unerlaubten Einreise in stereotypischer Weise an, den Vater ihres noch ungeborenen Kindes zu suchen. Noch vor der Geburt des Kindes bzw. unmittelbar danach wird die gesetzliche Vaterschaft durch einen Deutschen oder einen Ausländer mit mindestens 8jährigem legalen Aufenthalt in Deutschland für das Kind anerkannt und zumeist durch die Urkundsbeamten des Jugendamtes beurkundet. Eine gesetzliche Vaterschaftsanerkennung und deren Beurkundung erlangt nur dann Rechtskraft, wenn die Mutter des Kindes unverheiratet ist. Das Kind erlangt dadurch nach § 4 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit und die Kindesmutter Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zur Ausübung der elterlichen Sorge für einen minderjährigen Deutschen gemäß § 28 Abs. 1 Ziff. 3 AufenthG.
Die unerlaubte Einreise der Frauen wird dem Referat K 54 vom Migrationsamt gemeldet und nach § 95 Abs. 1 Ziff. 1 - 3 AufenthG zur Anzeige gebracht. Im Zuge der Ermittlungen werden die Frauen gemäß § 81b StPO sowie gemäß § 49 Abs. 8,9 AufenthG i.V.m. Art. 17 Eurodac-VO erkennungsdienstlich behandelt und rechtliches Gehör gewährt. Eine Aussage zur Sache erfolgt generell nicht. Zudem erfolgt ein Abgleich im Visainformationssystem. Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Ermittlungsakte der StA Bremen zugeleitet. Abhängig vom Ergebnis der ED-Behandlung nach § 49 Abs. 8,9 AufenthG wird den Frauen, die aufgrund der unerlaubten Einreise kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig sind, in der Folge vom Migrationsamt zunächst eine Duldung erteilt.
Nach der Geburt des Kindes obliegt es dem Standesamt des Geburtsortes nach den Bestimmungen des PStG für das Kind das Geburtsregister anzulegen und zu führen. In diesem Zusammenhang ist auch der die Vaterschaft anerkennende Mann als Vater in das Geburtsregister des Kindes einzutragen. Neben der generell bestehenden behördlichen Amtsermittlungspflicht unterliegt das Standesamt hier einer besonderen gesetzlich verankerten Prüfpflicht nach § 5 PStV. In der Wahrnehmung dieser Aufgabe fragt das Standesamt Bremen in Einzelfällen beim Fachreferat K 54 an, ob im Rahmen des hier gegen die Kindesmutter geführten Ermittlungsverfahrens wegen unerlaubter Einreise Erkenntnisse (Voraufenthalt, Aufenthaltsstatus, Familienstand, Ehepartner) erlangt wurden, die für die Führung des Geburtsregisters und Eintragung der Vaterschaft von maßgeblicher Bedeutung sein können. Ist dies der Fall, werden die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Erkenntnisse dem Standesamt übermittelt, das sofern erforderlich weitere eigenständige Ermittlungen vornimmt. Die Übermittlung dieser Erkenntnisse ist einer Anfang des Jahres vom Unterzeichner initiierten rechtlichen Prüfung durch Z 131 nach rechtmäßig.
Die Anfragen der Standesämter erfolgen in der Regel Wochen, teils Monate nach Abschluss der hier geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Die StA Bremen wird von der Erkenntnisanfrage der Standesämter nicht unterrichtet, da diese für die jeweiligen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, welche in der Regel bereits abgeschlossen sind (Einstellung, Strafbefehl), nicht von Bedeutung sind.
Uwe Schwenke
Zentrale Polizeidirektion
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