Sehr << Antragsteller:in >>
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 24. Januar 2024.
Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass ich Ihre E-Mail als Bürgeranfrage auffasse, denn Sie bitten darin um Beantwortung von Fragen bzw. um Stellungnahme. Das Informationsfreiheitsgesetz hingegen gewährt einen Anspruch auf Zugang zu in den Akten vorhandenen amtlichen Informationen.
Ihre Anfrage vom 24. Januar 2024 bezieht sich auf das Verhältnis von Straf- und Bußgeldverfahren und mögliche Folgen für die Verfolgungsverjährung von Ordnungswidrigkeiten.
Die Rechtslage unterscheidet sich, je nachdem in welchem Verhältnis Straftat und Ordnungswidrigkeit zueinanderstehen.
1. Sofern eine Person durch eine Handlung eine Ordnungswidrigkeit und eine Straftat begeht, ist gemäß § 40 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) allein die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung der Tat zuständig – auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit. Bestimmte Ermittlungsmaßnahmen (z. B. erste Vernehmung der beschuldigten Person, Eröffnung des Hauptverfahrens) wirken sich auf die Verfolgungsverjährung auch hinsichtlich der Ordnungswidrigkeit aus und führen zu einer Unterbrechung ebendieser (vgl. § 33 Absatz 1, Absatz 4 Satz 2 OWiG). Die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung führt grundsätzlich dazu, dass die Verjährung von neuem beginnt (vgl. § 33 Absatz 3 Satz 1 OWiG). Es tritt aber auch bei einer oder mehreren Unterbrechungen der Verjährung endgültige Verfolgungsverjährung ein (sog. absolute Verjährung), wenn die reguläre Verjährungsfrist um das Doppelte überstiegen ist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind.
2. Sofern eine Person durch mehrere, unterschiedliche Handlungen eine Ordnungswidrigkeit und eine Straftat begeht, kann die Staatsanwaltschaft die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit übernehmen. Sie soll die Verfolgung jedoch nur übernehmen, sofern es zur Beschleunigung des Verfahrens oder wegen des Sachzusammenhangs oder aus anderen Gründen für die Ermittlungen oder die Entscheidung sachdienlich erscheint (vgl. § 42 Absatz 1, Absatz 2 OWiG). Die Staatsanwaltschaft ist zur Übernahme aber nicht verpflichtet. Eine Übernahme kann etwa geboten sein, wenn ein enger zeitlich, räumlicher Zusammenhang zwischen der Straftat und Ordnungswidrigkeit besteht, oder um Doppelvernehmungen zu vermeiden.
Sofern die Staatsanwaltschaft die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nicht übernimmt, ist die Verwaltungsbehörde (nicht: die Polizei) für die Verfolgung zuständig. Die Verwaltungsbehörde kann davon absehen, ein Bußgeldverfahren einzuleiten (vgl. § 47 Absatz 1 OWiG). Ebenso kann sie ein Bußgeldverfahren einstellen. Die Entscheidung, ob die Verwaltungsbehörde ein Verfahren einleitet oder einstellt, liegt in ihrem Ermessen und ist abhängig von den Umständen des Einzelfalles. Dementsprechend ist es möglich, dass die Verwaltungsbehörde von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit absieht, wenn und weil die Ordnungswidrigkeit neben einer zu erwartenden Strafe nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Sie ist aber nicht verpflichtet, so zu verfahren. Auf die Verfolgungsverjährung wirkt sich die Einstellung des Bußgeldverfahrens nicht aus. Sie führt nicht dazu, dass die Verfolgungsverjährung ruht oder unterbrochen ist.
Ich hoffe, mit diesen Ausführungen zu Ihrem Verständnis der Rechtslage beigetragen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen