Sehr geehrte Frau Lutz,
auf Ihren am 25. Juni 2023 auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes gestellten Antrag, mit dem Sie Informationen über die deutsche Verhandlungsgrundlage im Rat bei der Beratung des Europäischen Medienfreiheitsgesetz (EMFA) und hier speziell bei der Verhandlung des Artikel 4 Abs.4 EMFA verlangen, können wir Ihnen folgende Informationen übermitteln:
Das Europäische Medienfreiheitsgesetz (EMFA) soll in der jüngst vom Rat angenommenen Fassung erstmals wichtige verpflichtende Standards zum Schutz der Medienvielfalt und Medienfreiheit in der EU etablieren, so etwa zum für die journalistische Arbeit unerlässlichen Quellenschutz einschließlich des Schutzes von Journalisten vor Ausspähung. Gleichzeitig lässt die dortige Regelung zum Quellenschutz weitergehende Regelungen in den Mitgliedstaaten zu, sodass die bewährten deutschen Schutzstandards unangetastet bleiben.
Zutreffend ist, dass der fragliche Artikel 4 des EMFA in der Fassung des Rates in Abs. 4 einen pauschalen Hinweis enthält, dass die Kompetenzen der Mitgliedstaaten für die nationale Sicherheit nach dem EU-Vertrag von Lissabon unberührt bleiben. Dort wird die Kompetenz im Bereich der nationalen Sicherheit allein bei den Mitgliedstaaten verortet. Eine Ermächtigungsgrundlage für Überwachungsmaßnahmen o.Ä. stellt dies nicht dar. Vielmehr soll diese Regelung die Kollision mit der Regelung zur Kompetenzverteilung im EU-Vertrag als höherrangigem Primärrecht verhindern und so die Rechtmäßigkeit des EMFA insgesamt absichern. Sie wurde als Kompromiss in das Verhandlungsmandat des Rates für den Trilog aufgenommen. Diesem Kompromiss haben Bund und Länder gemeinsam zugestimmt, um der schwedischen Ratspräsidentschaft zu ermöglichen, einen noch viel weiterreichenden Vorschlag zur nationalen Sicherheit – nämlich mit Blick auf die gesamte Verordnung – zu verhindern.
Darüber hinaus gelten die Kompetenzen der Mitgliedstaaten im Bereich der nationalen Sicherheit auch nach dem EU-Vertrag von Lissabon nicht uneingeschränkt. Grenzen ergeben sich in Deutschland etwa aus Art. 5 des Grundgesetzes sowie auf EU-Ebene aus den Rechten, Freiheiten und Grundsätzen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, etwa der in dieser garantierten Medien- und Meinungsfreiheit.
Ungeachtet all dessen handelt es sich bei der nun vom Rat angenommenen Fassung nicht um die endgültige Fassung des Europäischen Medienfreiheitsgesetzes. Vielmehr schließen sich nun Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission an. Hier wird es um eine weitere Verbesserung gehen. Insbesondere wird sich die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern im Trilog dafür einsetzen, dass der Schutz des EMFA durch Vorschriften zur nationalen Sicherheit nicht ausgehöhlt wird und hier kein Einfallstor für ungerechtfertigte Beschränkungen der Medienvielfalt geschaffen werden. Es ist in keiner Weise Ziel von Bund oder Ländern, die Ausspähung von Journalisten zu legalisieren.
Die Auskunft ergeht gebührenfrei.
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides Widerspruch erhoben werden (§ 9 Abs. 4 IFG, § 68 VwGO).
Der Widerspruch ist zu erheben bei der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien,
Postanschrift: Postfach 17 02 90, 53108 Bonn,
Hausanschrift: Graurheindorfer Straße 198, 53117 Bonn
Im Auftrag
Christel Franz
Mit freundlichen Grüßen