Sehr << Antragsteller:in >>
vielen Dank für Ihr Ihre E-Mail vom 3. März 2023 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in der Sie Fragen zur Anrechnung von in Elektrofahrzeugen genutztem Strom auf die Treibhausgasminderungs-Quote äußern. Das BMWK hat Ihre Nachricht an mich weitergeleitet. Gerne antworte ich Ihnen hierzu.
Mit der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II) im Verkehr haben sich die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, den Einsatz fossiler Kraftstoffe kontinuierlich zu verringern und gleichzeitig klimafreundlichere Optionen zu fördern. Deutschland setzt diese Richtlinie über die gesetzliche THG-Quote des BImSchG um. Mit der THG-Quote werden Kraftstoffanbieter verpflichtet, die Treibhausgasemissionen ihrer Kraftstoffe zu senken. Laut der vom Bundestag im Mai 2021 beschlossenen Gesetzesnovelle steigt die Minderung von zuletzt 6 Prozent im Jahr 2021 schrittweise auf 25 Prozent im Jahr 2030. Neben Biokraftstoffen und strombasierten Kraftstoffen auf Basis von grünem Wasserstoff kann auch - wie von den EU-Regelungen vorgesehen - der direkte Einsatz von Strom in Elektrofahrzeugen von Kraftstoffanbietern auf die Erfüllung der THG-Quote angerechnet werden.
So ist es im Rahmen des sog. Quotenhandels möglich, dass quotenverpflichtete Kraftstoffanbieter diese Minderungen dadurch erfüllen, dass die Verpflichtung vertraglich durch einen Dritten erbracht wird, welcher die geleistete Minderung nachweist. Im Fall von Biokraftstoffen ist das der Inverkehrbringer des nachhaltigen, erneuerbaren Kraftstoffs. Im Fall der Elektromobilität sind das Betreiber von Ladepunkten. Da durch die nachweisliche Bereitstellung von Strom im Verkehr weniger fossile Kraftstoffe genutzt werden, wird so der CO2-Austoß im Verkehr gemindert.
Der Betrieb öffentlicher Ladeinfrastruktur ist derzeit in der Regel noch unwirtschaftlich, was den Ausbau hemmt. Durch den Quotenhandel mit der Mineralölwirtschaft kann diese Wirtschaftlichkeitslücke signifikant verringert werden. Auf diese Weise wird die Mineralölwirtschaft am notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur beteiligt, was für den Erfolg und die Akzeptanz der Elektromobilität von entscheidender Bedeutung ist. Neben den öffentlichen Ladepunkten ist auch Strom anrechenbar, der anderweitig zum Betrieb von Elektrofahrzeugen aus dem Stromnetz entnommen wurde. Dadurch wird auch die private Ladeinfrastruktur gefördert, was dem Betrieb von elektrischen Busflotten im ÖPNV, Nutzfahrzeugen in Unternehmen und auch von E-Pkw im privaten Bereich zu Gute kommt.
Sinn und Zweck der THG-Quote ist es, mittels der sich aus dem Quotenhandel ergebenden Finanzflüsse, Anreize zur Anwendung klimafreundlicher Energieträger im landgebundenen Verkehr zu schaffen. Die Treibhausgaseinsparungen aus dem Einsatz von Biokraftstoffen, grünem Wasserstoff oder dem Einsatz von Strom in Elektrofahrzeugen, die im Rahmen der THG-Quote ermittelt und verpflichtend vorzuweisen sind, können aber nicht zur Erfüllung anderer Vorgaben eingesetzt werden. Die THG-Quote des BImSchG ist eines von mehreren Instrumenten, mit denen Deutschland das Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehr unterstützt. Zu beachten ist dabei, dass es sich bei der THG-Quote um ein in sich geschlossenes System zur Förderung erneuerbarer Energien im Verkehr handelt. Es ist nicht möglich, CO2-Minderungen, die nach der Methodik des BImSchG bzw. der 38. BImSchV ermittelt werden, mit anderen Systemen zu verrechnen oder zu übertragen. Die THG-Quote ist rechtlich und methodisch von anderen CO2-Bilanzierungen zu trennen. Die Veräußerung bzw. Übertragung von CO2-Minderung im Rahmen des Quotenhandels hat also keine Auswirkungen auf andere Bilanzierungssysteme. Insbesondere sind die Nachweise aus dem THG-Quotenhandel beispielsweise nicht mit CO2-Zertifikaten aus dem EU-ETS, dem potenziell zukünftigen EU-ETS II oder den dem BEHG zugrundeliegenden Emissionen verrechenbar.
Die Wirklogik bei der THG-Quote wirkt dabei komplementär zur Förderung der Beschaffung von E-Autos: der Verkauf von THG-Emissionsminderungen aus Fahrstrom generiert Einnahmen, die von Ladesäulen- und Fahrzeugbetreiber genutzt werden können, um ihre Infrastrukturen und elektrischen Flotten weiter auszubauen oder zu geringeren Stromkosten an der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur führen. Der aus dem Quotenhandel resultierende Finanztransfer (von der Mineralölwirtschaft zu den Ladesäulen- und E-Flottenbetreibern) treibt also den Wandel hin zu effizienten elektrischen Antrieben aktiv voran. Im Falle von öffentlichen Verkehrsunternehmen, die Elektrobusse betreiben, ist auch denkbar, dass die Erlöse der Quote aus dem Handel mit der Mineralölwirtschaft allgemein zur Herstellung eines besseren Angebots genutzt werden (bspw. bessere Verbindungen, günstigere Ticketpreise). Auch über diesen Weg wird dem Ziel der THG-Quote entsprochen, „mehr Kilometer klimafreundliche Mobilität“ herbeizuführen.
Nachfolgend beantworte ich Ihre Fragen im Einzelnen:
„Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht dieses Verfahren?“
Die Verpflichtung zur Treibhausgasminderung bei Kraftstoff (THG-Quote) durch Inverkehrbringer fossiler Otto- und Dieselkraftstoffe ist in § 37a Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) festgelegt. Die Anrechnung von in Straßenfahrzeugen mit Elektroantrieb genutztem elektrischem Strom wird in den §§ 5 bis 9 der 38. BImSchV geregelt. Die gesetzlichen Regelungen dienen der Umsetzung der Vorgaben der Artikel 25 bis 27 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II).
„Welche Regierung hat das entsprechende Gesetz beschlossen?“
Die Treibhausgasminderungs-Quote wurde im Jahr 2015 durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 20.11.2014 eingeführt und hat die bis dahin geltende Biokraftstoffquote ersetzt. Die Anrechnung von Strom in Elektrofahrzeugen ist seit dem Jahr 2018 mit Inkrafttreten der 38. BImSchV vom 8.12.2017 möglich. Die Regelungen wurden im Jahr 2021 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote vom 24.9.2021 sowie durch Verordnung zur Festlegung weiterer Bestimmungen zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote vom 12.11.2021 novelliert. Die genannten Gesetze wurden vom Deutschen Bundestag beschlossen, die Verordnungen von der Bundesregierung erlassen.
„Haben Sie Vorschläge entwickelt, wie die CO2-Abgaben verursachergerecht erhoben und allein für den Staatshaushalt vereinnahmt werden können?“
Die Bundesregierung hat mit dem zum 1. Januar 2021 gestarteten nationalen Brennstoffemissionshandel ein Klimaschutzinstrument geschaffen, durch welches jede Tonne CO2, die durch Verbrennung fossiler Brennstoffe wie beispielsweise Benzin, Diesel oder Erdgas freigesetzt wird, mit einem schrittweise ansteigenden CO2-Preis belegt wird. Bei höherem Verbrauch fossiler Brennstoffe fallen entsprechend bei dem jeweiligen Verursacher der CO2-Emissionen auch höhere CO2-Preis-bedingte Mehrkosten an. Die Erlöse aus dieser CO2-Bepreisung fließen dem Bundeshaushalt zu und stehen dort über den Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung zur Förderung einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung und zum Klimaschutz bereit. Ab dem Jahr 2027 wird ein vergleichbares Brennstoffemissionshandelssystem auch auf europäischer Ebene starten. Hierfür hatte sich die Bundesregierung in den Verhandlungen zur Weiterentwicklung des europäischen Emissionshandelssystems im Zuge des „Europäischen Grünen Deals“ erfolgreich eingesetzt.
„Wann endlich werden die fossil arbeitenden Unternehmen über einen angemessenen CO2-Preis zur Verantwortung gezogen und ihr Interesse konsequent auf erneuerbare Energien gelenkt?“
Unternehmen, die dem europäischen Emissionshandel unterliegen, sind bereits heute für die in ihren Anlagen erzeugten Treibhausgasemissionen berichtspflichtig und müssen entsprechende Mengen an Emissionsberechtigungen erwerben und abgeben. Der Preis für Treibhausgasemissionsberechtigungen ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen und liegt im europäischen Emissionshandel derzeit bei etwa 90 EUR je Tonne Kohlendioxidäquivalent. Unternehmen außerhalb des europäischen Emissionshandels unterliegen seit dem Jahr 2021 der CO2-Bepreisung unter dem nationalen Brennstoffemissionshandel nach dem BEHG, soweit sie fossile Brennstoffe einsetzen. Der Emissionshandel setzt auf diese Weise einen zunehmend stärkeren Anreiz für einen klimafreundlichen Umbau von Unternehmen, der neben Effizienzmaßnahmen auch die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien einschließen kann.
Sollten Sie weitere Auskünfte benötigen oder weitere Fragen haben, stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen