Sehr geehrter Herr Meister,
mit E-Mail vom 26. Mai 2015 beantragten Sie auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) die Zusendung des "Vermerks über den Stand der Dinge vom 7. August 2013, wie berichtet in
http://www.sueddeutsche.de/politik/ke...".
Auf Ihren Antrag ergeht folgende Entscheidung:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Bescheid ergeht gebühren- und auslagenfrei.
Gründe
§ 1 Abs. 1 IFG eröffnet jedermann gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, wenn und soweit kein gesetzlich normierter Versagungsgrund vorliegt.
Für Ihren Antrag wurden die nachstehend aufgeführten Dokumente als einschlägig ermittelt. Ein Anspruch auf Zugang besteht jedoch nicht, da Versagungsgründe im Sinne des IFG vorliegen:
Lfd. Nr. | Aktenzeichen | Band | Datum des Dokuments | Bezeichnung/Beschreibung | Versagungsgrund
1 | 601 – 152 03 - Zu 10/13 Na 1 | 3 | 07.08.2013 | Vorlage Abteilungsleiter 6 an BK'in | § 3 Nr. 1a IFG, § 3 Nr. 1g IFG, § 3 Nr. 3a IFG, § 3 Nr. 4 IFG
2 | 601 - 152 03 - Zu 10/13 Na 1 | 3 | 07.08.2013 | Vorab Fax des Dokuments lfd-Nr. 1 | § 3 Nr. 1a IFG, § 3 Nr. 19 IFG, § 3 Nr. 3a IFG, § 3 Nr. 4 IFG
Im Einzelnen:
1. § 3 Nr. 1a IFG
Gemäß § 3 Nr. 1a IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen haben kann. Dies ist für die o.g. Dokumente der Fall. Für die Regelung der auswärtigen Beziehungen räumt das Grundgesetz der Bundesregierung einen grundsätzlich weit bemessenen eigenen Gestaltungsspielraum ein. In diesem Rahmen bestimmt die Bundesregierung die außenpolitischen Ziele und die zu ihrer Erreichung verfolgte Strategie.
Die Dokumente betreffen den vertraulichen Austausch zwischen der deutschen und der US-Regierung. Die oben aufgeführte Vorlage des Abteilungsleiters 6 an Frau Bundeskanzlerin und das Vorab-Fax stehen inhaltlich im Zusammenhang mit den Verhandlungen zu einem sog. "No-Spy-Abkommen". Eine einseitige Offenlegung dieser Dokumente durch die Bundesregierung und eine ggf. damit einhergehende öffentliche Bestätigung der Authentizität in entsprechenden Medienberichten erwähnter Dokumente würde die Vertraulichkeit dieses Austauschs schädigen und dadurch die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit massiv beeinträchtigen. Dies würde die Beziehungen zur US-Regierun9 gefährden.
2. § 3 Nr. 1g IFG
Die Dokumente sind nach § 3 Nr. 1g IFG zu versagen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf ein laufendes gerichtliches, straf-, ordnungswidrigkeits- oder disziplinarrechtlichen Verfahrens haben kann.
Der Begriff des Verfahrens ist umfassend (BT-Drs. 15/4493‚ S. 10) und denkbar weit zu verstehen. Schutzgut des § 3 Nr. 1g IFG ist die Rechtspflege sowie die mit Sanktionsziel durchgeführten Verwaltungsverfahren und quasigerichtlichen Verfahren. Hierzu gehört auch die Beweiserhebung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Beweiserhebung und Ablauf eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses folgen grundsätzlich dem Verfahren nach der Strafprozessordnung (StPO). Die Vorschriften der StPO finden aufgrund der verfassungsrechtlichen (Art. 44 Abs. 2 GG) sowie der einfachgesetzlichen Vorgaben (vgl. insb. §§ 20 ff. PUAG) im Verfahren des Untersuchungsausschusses unmittelbar Anwendung. Insoweit sind im Hinblick auf § 3 Nr. 1g IFG Verfahren im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses einem Gerichtsverfahren nach StPO gleichzusetzen. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der IFG-Ausschlussklausel (vgl. Schirmer in: Gersdorf/Paal (Hrsg.), BeckOK IFG, § 3 Rn. 105 f.).
Die Dokumente wurden dem 1. Untersuchungsausschuss der 18. Wahlperiode im Rahmen von Beweisanträgen vorgelegt. Das vorzeitige Bekanntwerden der beantragten Dokumente und eine ggf. damit einhergehende öffentliche Bestätigung der Authentizität in entsprechenden Medienberichten erwähnter Dokumente durch staatliche Stellen könnte auf die Durchführung des laufenden Verfahrens nachteilige Auswirkungen haben. Der 1. Untersuchungsausschuss, in dessen Rahmen die Dokumente als Beweismittel vorgelegt wurden, ist noch nicht abgeschlossen. § 3 Nr. 1g IFG soll sicherstellen, dass das laufende Verfahren unter Einhaltung der jeweils einschlägigen Prozessordnungen und unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verfahrensrechte der Parteien geführt werden kann. Dies beinhaltet das Recht der Verfahrensbeteiligten - einschließlich der öffentlichen Stellen -, ihre prozessualen Rechte gleichberechtigt wahrnehmen zu können. Es schließt auch die Befugnis der Beteiligten ein, im Rahmen der jeweiligen Verfahrensordnungen darüber verfügen zu können, ob und in welchem Umfang sie Dritten Informationen über Gegenstand und Inhalt des von ihnen geführten Verfahrens zugänglich machen (so zutreffend Schirmer, BeckOK IFG, § 3 Nr. 106 m.w.N.). Würde der Inhalt der Dokumente bekannt, bestünde die Gefahr, dass nach einer öffentlichen Diskussion über das Schreiben noch zu ladende Zeugen nicht mehr unbefangen aussagen und die Neutralität der Sachverhaltsaufklärung durch den Ausschuss beeinträchtigt werden könnte. Bis zum Abschluss des Verfahrens ist der Zugang zu dem Dokument daher nach § 3 Nr. 1g IFG zu versagen.
3. § 3 Nr. 3a IFG
Gemäß § 3 Nr. 3a IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt wird. Der Begriff der "internationalen Verhandlungen" umfasst dabei jeden mündlichen, schriftlichen, elektronischen u.ä. Gedankenaustausch des Bundes (bzw. seiner Organe) mit anderen Rechtssubjekten (Schoch, IFG, 2009, § 3 Rn. 118).
Die Dokumente stehen im Zusammenhang mit den Gesprächen mit der US-Regierung über die Kooperation der Nachrichtendienste. Die Verhandlungen zwischen
den Nachrichtendiensten über ein Kooperationsabkommen dauern an. Die Verhandlungsposition Deutschlands würde aufgrund des Sachzusammenhangs erheblich geschwächt, wenn zugehörige Informationen bzw. ggf. eine öffentliche Authentifizierung entsprechender Medienberichte publik gemacht würden. Gleiches gilt für den Fall, dass die Einschätzung Deutschlands im Hinblick auf die jeweiligen nationalen Positionen der Verhandlungspartner öffentlich gemacht würde.
4. § 3 Nr. 4 IFG
Die Dokumente sind als Verschlusssache gem. § 2 Abs. 1 Verschlusssachenanweisung (VSA) i. V. m. § 4 Abs. 1 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) mit dem Einstufungsgrad VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestuft.
Die Dokumente wurden im Hinblick auf eine mögliche Aufhebung der VS-Einstufung durch das Bundeskanzleramt unter dem Gesichtspunkt der materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit geprüft. Eine Aufhebung wurde im Ergebnis abgelehnt, weil die Gründe für die Einstufung weiter fortbestehen:
Dokumente sind nach § 3 Nr. 3 VSA einzustufen, wenn "die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann". Die Vorlage betrifft den vertraulichen Austausch zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA. Würde das Dokument Unbefugten bekannt bzw. ggf. durch staatliche Stellen die Authentizität von in entsprechenden Medienberichte erwähnter Dokumente bestätigt, so könnte dies
negative Auswirkungen auf die Beziehungen beider Länder haben.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 10 Abs. 1 und 3 i.V.m. der IFGGebV.
Mit freundlichen Grüßen