Sehr geehrter Herr Lohmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP‐RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die wir wie folgt beantworten möchten:
Der G-BA folgt mit der PPP-RL seinem gesetzlichen Auftrag nach § 136a Absatz 2 SGB V, geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung festzulegen. Dazu hat er insbesondere verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal zu bestimmen. Die Mindestvorgaben zur Personalausstattung sollen möglichst evidenzbasiert sein und zu einer leitliniengerechten Behandlung beitragen sowie mit notwendigen Ausnahmetatbeständen und Übergangsregelungen versehen sein.
Zu den „Vorteilen der Einführung und Umsetzung der PPP-RL (unter Berücksichtigung eines zunehmenden Fachkräftemangels in den Berufsgruppen Pflege, Ärzte und Verwaltung)“:
Die Regelungen für Mindestvorgaben zur Personalausstattung wurden erforderlich, da ab dem 1. Januar 2020 die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung außer Kraft getreten sind. Damit wird die Qualität in der stationären psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen weiterhin gesichert. Darüber hinaus hat sich der G-BA zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Richtlinie verpflichtet, um die Versorgung fortwährend zu verbessern. Ausführliche Erläuterungen zu den vom Gesetzgeber für die PPP-RL gesetzten Rahmenbedingungen finden Sie in denTragenden Gründen zur Erstfassung der Richtlinie unter folgendem Link:
https://www.g-ba.de/downloads/40-268-6078/2019-09-19_PPP-RL_Erstfassung_TrG.pdf
Der G-BA hat die Hinweise auf einen Fachkräftemangel in den Regelungen der PPP-RL berücksichtigt: So hat er beispielsweise bei der tatsächlichen Personalausstattung von Anfang an – unter Berücksichtigung der jeweiligen Regelaufgaben – die vollständige Anrechnung definierter Berufsgrupen auf ärztliches und pflegerisches Personal (§ 8 Abs. 3 PPP-RL) und mit Beschluss vom 15. Oktober 2020<
https://www.g-ba.de/beschluesse/4537/> auch die anteilige Anrechnung von Hilfskräften (§ 8 Abs. 5 PPP-RL) ermöglicht. Ebenfalls können gemäß § 8 Abs. 2 PPP-RL Personen angerechnet werden, die sich in Ausbildung befinden und nach § 8 Abs. 4 PPP-RL sogar Personen ohne direktes Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus. Mindestanforderungen an das Verwaltungspersonal in den Einrichtungen werden vom G-BA nicht geregelt.
Zudem sieht die Übergangsregelung nach § 16 Abs. 1 PPP-RL eine stufenweise Erfüllung der Mindestvorgaben vor. Die Mindestvorgaben sind demnach seit 2020 zu 85 Prozent, ab 2022 zu 90 Prozent, ab 2024 zu 95 Prozent und letztlich erst ab 2026 zu 100 Prozent zu erfüllen. Die stufenweise Erfüllung der Mindestvorgaben entlastet die Krankenhäuser unmittelbar und gibt ihnen die erforderliche Zeit zum Personalaufbau. In der Übergangszeit wird der G-BA die konkrete Entwicklung des Personalaufbaus in den Krankenhäusern beobachten und im Rahmen der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Richtline zeitnah berücksichtigen.
Der G-BA hat zudem in § 10 Abs. 1 PPP-RL unterschiedliche Ausnahmetatbestände festgelegt, bei deren Vorliegen von den verbindlichen Mindestvorgaben für die Personalausstattung abgewichen werden kann. So ist nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 PPP-RL bei kurzfristigen krankheitsbedingten Personalausfällen, die in ihrem Ausmaß über das übliche Maß (mehr als 15 Prozent des vorzuhaltenden Personals) hinausgehen, ein Abweichen von den Mindestvorgaben möglich. § 10 Abs. 1 Nr. 2 PPP-RL ermöglicht ein Abweichen von den verbindlichen Mindestvorgaben, wenn eine kurzfristig stark erhöhte Anzahl von Behandlungstagen bei Patientinnen und Patienten mit gesetzlicher Unterbringung oder landesrechtlicher Verpflichtung im Sinne einer regionalen Pflichtversorgung zur Aufnahme, die in ihrem Ausmaß über das übliche Maß (mehr als 110 Prozent des Umfangs des Vorjahres) hinausgehen, gegeben ist.
Nach § 2 Abs. 5 Satz 3 PPP-RL sind die Mindestanforderungen lediglich quartalsdurchschnittlich einzuhalten. Danach kann zwischen den Wochen und Monaten des jeweiligen Quartals ein Ausgleich vorgenommen werden. Damit können nicht nur Belegungsspitzen, sondern auch Personalausfälle über das gesamte Quartal ausgeglichen werden. Im Ergebnis müssen dann lediglich am Ende des Quartals die Mindestanforderungen rechnerisch im Durchschnitt erfüllt sein. Für die Krankenhäuser ist damit eine hohe Flexibilität in der Personalplanung und im Personaleinsatz gegeben.
Zu den „Vorteilen der Anwendung von finanziellen Sanktionen bei Nichteinhaltung (unter Berücksichtigung der schwierigen finanziellen und personellen Lage in oft kleineren Kliniken)“:
Nach § 16 Abs. 2 PPP-RL finden die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben nicht vor dem 1. Januar 2024 Anwendung.
Die Sicherstellung der Versorgung der Patientinnen und Patienten erfordern es jedoch, dass vom G-BA festgelegte verpflichtende Qualitätsanforderungen konsequent eingehalten werden. Es bedarf insofern im Zusammenhang mit der Erfüllung von Strukturvorgaben klarer Regelungen zur Durchsetzung für die Fälle, in denen Leistungserbringer die verbindlichen Qualitätsanforderungen nicht einhalten.
Der als Rechtsfolge bei Nichteinhaltung der Mindestanforderungen in § 13 PPP-RL geregelte Wegfall des Vergütungsanspruchs entspricht den Vorgaben des Bundesgesetzgebers in § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB V und § 136 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V i.V.m. § 136a Abs. 2 SGB V. Auch bei der konkreten Ausgestaltung der Rechtsfolgen für die Nichteinhaltung der Mindestanforderungen wurde eine im Ergebnis äußerst moderate rechnerische Ermittlung der Höhe des Wegfalls des Vergütungsanspruchs festgelegt. Danach entfällt lediglich der Anteil der Vergütung, der rechnerisch dem Anteil des fehlenden Personals entspricht.
Wir hoffen, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können. Bitte beachten Sie, dass der G-BA kein Vorrecht auf die Auslegung seiner eigenen Beschlüsse und Richtlinien hat und wir Ihnen daher keine rechtsverbindlichen Auskünfte erteilen können.
Mit freundlichen Grüßen