Sehr geehrter Herr Semsrott,
mit E-Mail vom 10. Juni 2018 baten Sie "senden Sie mir
Folgendes zu: Den Vertrag des Bundestags mit
satzweiss.com, der
den Satz von kleinen Anfragen mit einschließt. Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse können geschwärzt werden". Dabei
kündigen Sie an, gegebenenfalls anfallende Gebühren zu
übernehmen und bitten um eine Antwort per E-Mail gemäߧ 1
Abs. 2 IFG. Des Weiteren widersprechen Sie ausdrücklich der
Weitergabe Ihrer Daten an Dritte.
Ihrem Antrag kann nur insoweit entsprochen werden, als die
Informationen tatsächlich vorliegen und keine Ausschlussgründe
nach dem IFG entgegenstehen.
Begründung:
Der Deutsche Bundestag ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG nur zur
Herausgabe von amtlichen Informationen verpflichtet, soweit er
öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt und keine
Ausschlussgründe nach§§ 3 ff. IFG vorliegen.
Die Satzleistungen für kleine Anfragen werden im Rahmen des
Vertrages über die Herstellung und Lieferung von
Parlamentsdrucksachen des Deutschen Bundestages von einer
Bietergemeinschaft erbracht, zu der das Unternehmen
Satweiss.com Print Web Software GmbH gehört.
Dieser Vertrag wurde im Rahmen eines EU-weiten Offenen
Verfahrens vergeben.
Dementsprechend kann Ihnen eine Abschrift der folgenden
Unterlagen übersandt werden:
Leistungsbeschreibung,
Bewerbungsbedingungen,
Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes,
Erläuterungen zur Ermittlung des wirtschaftlichsten
Angebots,
Angebotsvordruck
Ergänzung des Angebotsvordrucks (Tariftreueerklärung),
Hausordnung des Deutschen Bundestages (Anlage 20 zur
AD-BTV),
Brandschutzordnung (Anlage 21 zur AD-BTV),
zusätzliche Vertragsbedingungen,
Zeitpläne des Deutschen Bundestages (Anlage 1),
Hinweise für Schreibweisen in Bundestagsdrucksachen
(Anlage 2),
Liegenschaftsverzeichnis des Deutschen Bundestages
(Anlage 3),
Zufahrt zum UES des Deutschen Bundestages (Anlage 4),
Glossar (Anlage 5),
Umweltkriterien und Normen für den Papiereinsatz
(Anlage 6),
Barrierefreie PDF-Dokumente (Anlage 7),
Satz-/Druckauftragsmuster (Anlage 8),
Deckblatt - Muster für Satz- und Druckherstellung sowie
für Arbeitsproben nebst Korrekturausdruck zur
Angebotsauswertung (Anlage 9),
Formular für die Angabe von Referenzen - Satz (Anlage
10 A) und
Formular für die Angabe von Referenzen - Druck (Anlage
10 B).
Anlagen 1 bis 20
Ein Anspruch auf Herausgabe weiterer Unterlagen, wie
beispielsweise des konkreten Angebots der Bietergemeinschaft
besteht nicht, da der Zugang zu diesen Informationen gemäß
§ 3 Nr. 6 IFG und § 6 Satz 2 FG ausgeschlossen ist.
Nach § 3 Nr. 6 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang
nicht, wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre,
fiskalische Interessen des Bundes - hier des Deutschen Bundestages
- im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. Durch diese
Bestimmung soll unter anderem eine Ausforschung durch
Anbieter bei Beschaffungsmaßnahmen vermieden werden (vgl.
Roth in Berger/Partsch/Roth/Scheel, IFG-Komm. § 3 Rn. 139).
Das fiskalische Interesse im Wirtschaftsverkehr ist dadurch
gekennzeichnet, dass der Staat wie ein Dritter als
Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und dem
Wirtschaftsleben teilnimmt und seine wirtschaftlichen
Informationen ebenso schutzwürdig wie diejenigen Privater sind
(vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 11, Urteil VG Berlin, VG 2 A 14.07).
Hier handelt es sich um Angaben aus zivilrechtliehen Verträgen.
Der Bundestag hat hier keine öffentlich-rechtlichen Aufgaben
wahrgenommen, sondern privatrechtlich gehandelt. Eine Pflicht
zur Offenbarung besteht nicht. Die Regelung schützt so auch vor
der Ausforschung durch Anbieter bei Beschaffungsmaßnahrnen
(BT-Drs. 15/5606, 5 und 11).
Aus dem im Vergaberecht verankerten Gebot des
Geheimwettbewerbes folgt, dass die Inhalte von Angeboten
vertraulich bleiben und dementsprechend jede Angebotsabgabe
in Unkenntnis von Angeboten von Mitbewerben erfolgt (vgl. statt
vieler OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4. Februar 2013, VII-Verg
31/12).
Der Grundsatz der Vertraulichkeit des Vergabeverfahrens ist
auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens durch die
öffentliche Hand zu gewähren. Dies folgt unter anderem aus der
Bestimmung des§ 17 EG Abs. 3 VOLIA, wonach die Angebote,
ihre Anlagen sowie die Dokumentation über die
Angebotseröffnung auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens
sorgfältig zu verwahren und vertraulich zu behandeln sind.
Die Angebote, die Dokumentation und die Wertung der Angebote
sowie etwaige Vertragsunterlagen unterliegen daher dem
Vertraulichkeitsschutz nach dem Vergaberecht Durch eine
Herausgabe dieser Unterlagen, insbesondere einer Einsichtnahme
in den Vertrag mit dem Ausschreibungsgewinner, wäre eine
Ausforschung durch andere Anbieter zu besorgen. Ein Anspruch
auf diese Informationen ist daher gemäß § 3 Nr. 6 IFG
ausgeschlossen. (vgl. auch VG Stuttgart, NJOZ 2011, 1907, 1911).
Aus den gleichen Gründen ist auch der Anspruch nach
§ 6 Satz 2 IFG ausgeschlossen, da Zugang zu Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden darf, soweit der
Betroffene eingewilligt hat, die im vorliegenden Fall gerade nicht
erteilt wurde.
Zwar enthält das IFG keine Legaldefinition des Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisses im Sinne des § 6 S. 2 IFG. Darunter werden
allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen,
Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern
nur einem begrenztem Personenkreis zugänglich sind und
an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse
hat (vgl. BVerfGE 115, 205, Rn. 87; so auch BVerwG, Urteil
vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08). Geschäftsgeheimnisse beziehen
sich hierbei vornehmlich auf solche Tatsachen, die den kaufmännischen
Bereich eines Unternehmens betreffen, z. B. Geschäftsbücher,
Kundenlisten, Ertragslagen, Umsätze, Konditionen,
Kalkulationsunterlagen, Marktstrategien, Lieferanten- und
Kundenlisten, Forschungsprojekte, Vertriebssysteme oder
Kreditdaten (vgl. u. a. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C
18.08; Bank/ Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar
zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., § 30 Rn. 13 m. w. N.;
Berger/Roth/Scheel, IFG-Kommentar, § 6 Rn. 13;
Jastrow/Schlatmann, IFG-Kommentar, § 6 Rn. 38).
Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches
Wissen. Darunter fallen u. a. Produktionsmethoden,
Verfahrensabläufe oder Daten über verwendete Stoffe.
An den Geheimhaltungswillen sind keine hohen Anforderungen
gestellt. Für das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung der
Informationen ist das verobjektivierte Interesse des Rechtsträgers
maßgeblich. Es obliegt der für das Auskunftsbegehren zuständigen
Behörde festzustellen, ob ein berechtigtes und schutzwürdiges
Interesse des Geschäftsinhabers an der Geheimhaltung anzuerkennen
ist (vgl. Berger/ Roth/Scheel a. a. 0, § 6 Rn. 14).
Maßgeblich sind z. B. wirtschaftliche Interessen. Dabei ist zu
prüfen, ob die Informationen Rückschlüsse auf die Betriebsführung,
Wirtschafts- und Marktstrategie, Kostenkalkulationen oder
sonstige Verfahrensabläufe zulassen (vgl. OVG Münster MMR
1999, 553 f.).
Die von Ihnen begehrten Informationen- insbesondere
hinsichtlich des Angebotes - sind nach den oben genannten
Gründen als Betriebs-/Geschäftsgeheimnisse zu werten (vgl. auch
Glahs in NZBau 2014, 75, 77), sodass der Anspruch auf
Informationszugang mangels Einwilligung auch nach § 6 Satz 2
IFG ausgeschlossen ist.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe
Widerspruch beim Deutschen Bundestag erhoben werden.
Dafür stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Der Widerspruch kann schriftlich oder zur Niederschrift
erhoben werden. Die Anschrift lautet: Deutscher Bundestag,
Behördlicher Datenschutzbeauftragter, Platz der Republik 1,
11011 Berlin. Wird der Widerspruch schriftlich erhoben, so
gilt die Frist nur als gewahrt, wenn der Widerspruch vor Ablauf
der Frist bei der Verwaltung des Deutschen Bundestages
eingegangen ist.
2. Der Widerspruch kann auch auf elektronischem Weg durch
De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung
nach dem De-Mail-Gesetz erhoben werden. Die De-MailAdresse
lautet:
<<E-Mail-Adresse>>
Mit freundlichen Grüßen