Herrn
[geschwärzt]
[geschwärzt]
[geschwärzt]
09.07.20
Sehr
[geschwärzt],
1. Ihren Antrag lehne ich ab.
2. Verwaltungsgebühren werden nicht erhoben.
Begründung:
I.
Sie hatten mit email vom 18.06.2020 Zugang zu Informationen gemäß § 5 Absatz 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz für das Land NRW (IFG NRW) beantragt. Sie erbitten Informationen zu "Rechnungen über die Gestaltungs- und Herstellungskosten der neuen Website des Welttheaters der Straße sowie Rechnungen für das Jahr 2019 über die Gestaltungsleistung und den Druck von Flyern, Programmheften etc."
II.
Gemäß § 8 Sätze 1, 2 IFG NRW war Ihr Antrag auf Informationszugang abzulehnen, weil durch die Übermittlung der Information ein Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde. Ein überwiegendes Interesse an der Gewährung des Informationszugangs ist nicht gegeben und der eintretende Schaden wäre auch nicht nur geringfügig.
Dazu im Einzelnen wie folgt:
Als schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, für die es im Informationsfreiheitsgesetz Nordhein-Westfalen an einer eigenständigen Definition fehlt, werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.
Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen.
Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Geschäftsverbindungen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 1041; OVG Münster, NVwZ 2009, 475, 794 und 1510; vgl. auch NWVerfGH, NVwZ-RR 2009, 41).
Als ein solches Geschäftsgeheimnis sind die sich aus den Rechnungen ergebenden Rechnungssummen anzusehen. Zudem gehen aus einzelnen Rechnungen auch die berechneten Stundensätze der von mir beauftragten Unternehmen hervor.
Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt nach den oben genannten Kriterien neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zu Grunde liegenden Information ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus.
Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 1041, BVerwG, NVwZ 2009, 1113 und 1114).
Dies ist vorliegend der Fall, wie sich aus Folgendem ergibt:
Ich habe nach § 8 Satz 4 IFG NRW Stellungnahmen der vorbezeichneten Unternehmen eingeholt.
Beide haben sich gegen eine Weitergabe der beantragten Informationen ausgesprochen und darauf aufmerksam gemacht, dass eine Offenlegung einen wirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen würde, da der Konkurrenz bei einer erneuten Ausschreibung Kalkulationsgrundlagen vorliegen würden.
Sie kommen grundsätzlich als Konkurrent der von mir beauftragten Unternehmen in Betracht.
Aus Ihrer für jedermann frei zugänglichen öffentlichen Homepage ergibt sich, dass Sie Inhaber einer Medienagentur (vgl.
[geschwärzt]) sind.
Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, muss ich davon ausgehen, dass die Rechnungen veröffentlicht werden und potenziellen anderen Mitbewerbern zugänglich wären.
Dies schließe ich daraus, dass Ihr Antrag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IFG NRW über das Portal
www.fragdenstaat.de gestellt worden ist. Es ist üblich, dass die durch die Behörden im Rahmen der Antragsgewährung erfolgten Informationen dort publiziert werden. Mir liegen keine Anhaltspunkte vor, dass dies bei Ihrem Antrag nach Bescheidung nicht der Fall sein wird.
Auch ohne die ablehnende Stellungnahme der beiden betroffenen Unternehmen vertrete ich die Auffassung, dass das Bekanntwerden der Rechnungen geeignet ist, deren Wettbewerbsposition zu schwächen. Mit den gesamten vorliegenden Informationen könnte ein Konkurrent der von mir beauftragten Unternehmen seinen eigenen möglicherweise anfallenden Arbeitsaufwand für die Bearbeitung eines Auftrags hinreichend genau einschätzen und diesen in Relation zu den mit den nachgefragten Rechnungen berechneten Kosten setzen.
Unabhängig davon, ob den Rechnungen ein Pauschal- oder ein Stundenhonorar zugrunde lag und dieses dort ausgewiesen ist oder nicht, vermitteln mögliche Schlussfolgerungen einem Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil bei der Anbahnung von künftigen Aufträgen.
Entscheidend kommt hinzu, dass ich als Anstalt des öffentlichen Rechts gemäß § 114a GO NRW nach § 75 Gemeindeordnung NRW dem Grundsatz der sparsamen Mittelverwendung unterliege und der günstige Bieter grundsätzlich in Vergabeverfahren mit einer Beauftragung zu berücksichtigen wäre. Vor diesem Hintergrund kommt der Preisgestaltung eine entscheidende Bedeutung bei der Beauftragung von Unternehmen zu.
Zwar habe ich als juristische Person des öffentlichen Rechts über meine Ausgaben öffentlich Rechenschaft abzulegen. Dies bedeutet aber nicht, dass ich zwangsläufig öffentlich für jede einzelne Ausgabe die Höhe der Kosten bekanntgeben muss.
Insbesondere deswegen scheidet auch eine Schwärzung bestimmter Passagen der Rechnungen, mit welcher Sie ausweislich Ihres Antrags einverstanden wären, aus.
Eine solche war von mir insbesondere auch im Rahmen des sich in ständiger Rechtsprechung aus Art. 20 Absatz 1 GG ergebenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als "milderes Mittel", um Ihrem Informationsanspruch nachzukommen, in Betracht zu ziehen.
Es kann zunächst dahinstehen, ob überhaupt auch eine Schwärzung bei Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses nach § 8 IFG NRW rechtlich möglich ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut soll eine Schwärzung gemäß § 10 Absatz 1 Satz 1 IFG NRW nur dann in Betracht kommen, wenn es um personenbezogene Daten nach § 9 Absatz 1 lit. a) IFG NRW geht.
Eine Schwärzung scheidet bereits schon deswegen aus, weil die Übersendung der Rechnungen in Bezug auf den geltend gemachten Informationsanspruch mit Schwärzungen von Rechnungssummen wie auch Namen der Unternehmen sinnentleert wäre.
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut Ihres Antrags kommt es Ihnen auf Informationen zu "Gestaltungs- und Herstellungskosten" an. Genau diese sind nach hiesiger Rechtsauffassung, wie oben dargelegt, als Geschäftsgeheimnis anzusehen und demzufolge nicht an Sie heraus zu geben. Demzufolge käme eine Schwärzung der betreffenden Rechnungspassagen inhaltlich einer Versagung Ihres Informationsanspruchs gleich.
Insofern scheidet die Schwärzung bestimmter Passagen als milderes Mittel, um Ihnen den Informationszugang zu gewähren, aus.
Ich habe weiter geprüft, ob das vorstehende Ergebnis auch angesichts der kollidierenden Grundrechte verfassungsrechtlich hinnehmbar ist.
Dazu habe ich die hier widerstreitenden Grundrechte abgewogen und komme zu dem Ergebnis, dass dem Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Absatz 1 GG der von mir beauftragten Unternehmer der Vorrang gegenüber Ihrem Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Absatz 1 GG gebührt.
Die Kenntnis von Kalkulationsgrundlagen, etc. auf Ihrer Seite würde nicht nur die betroffenen, von mir beauftragten Unternehmen tangieren. Bei künftigen Vergaben von Aufträgen, wäre auch die Gesamtheit der übrigen potenziellen Bieter betroffen gegenüber denen Sie einen Wettbewerbsvorteil wegen der Kenntnis der o.g. Informationen hätten. Demzufolge überwiegt der grundrechtliche Schutz der Berufsausübungsfreiheit vor Ihrem Grundrecht auf Informationsfreiheit.
Aus den vorstehenden Erwägungen in Bezug auf einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil durch Kenntnis der Informationen auf Ihrer Seite durch die Bekanntgabe der Informationen ergibt sich übrigens auch, dass nach § 8 Satz 3 IFG die Allgemeinheit gerade kein überwiegendes Interesse an der Gewährung des Informationszugangs hat und der Schaden auch nicht nur gering wäre.
Ein Schaden würde nicht nur auf Seiten der von mir beauftragten Unternehmen eintreten, sondern im Bereich des Marktes der Medienagenturen, die potentiell für von mir vertretene Aufträge in Betracht kommen könnten. Darüber hinaus ist das Interesse des Staates an Auftragsvergaben, bei denen kein Bieter einen Vorteil genießt, höher zu gewichten als das Informationsinteresse eines Mitbewerbers.
Zudem kann zu Ihren Gunsten auch nicht erwogen werden, dass es sich auf bereits beendete Beauftragungen handelte. Zwar kann ein erforderlicher Wettbewerbsbezug fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen. Davon ist hier aber nicht auszugehen. das Jahr 2019 liegt noch nicht so weit zurück, dass keine Auswirkungen zulasten der beauftragten Unternehmen zu erwarten sind.
Insofern scheidet Ihr Informationsanspruch wegen § 8 IFG NRW aus.
III.
Gemäß Ziffer 1.1. der Anlage zur Verwaltungsgebührenordnung zum Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (VerwGebO IFG NRW) ergeht eine schriftliche Auskunft gebührenfrei, wie auch die Ablehnung eines Antrags gemäß § 11 Absatz 1 Satz 1 IFG NRW.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.
Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55 a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpost-fach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) vom 24. November 2017 (BGBl. I S. 3803).
Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.
Der Klage nebst Anlagen sollen so viele Abschriften beigefügt werden, dass alle Beteiligten eine Ausfertigung erhalten können.
Falls die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, so würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet werden.
Hinweis:
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite
www.justiz.de.
Hinweis gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 IFG NRW:
Jeder hat das Recht, die Landesbeauftragte für den Datenschutz als Beauftragte für das Recht auf Information anzurufen. Das Datenschutzgesetz des Landes NRW gilt entsprechend. Die Anschrift lautet: Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW, Postfach 20 04 44, 40102 Düsseldorf.
Matthias Hein
Kultur- und Weiterbildungsbetrieb - KuWeBe -
Stellv. Vorstand
Kötterbachstr. 2
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Tel. 02304/ 104-852
Fax: 02304/ 104-877
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