Sehr geehrter Herr De Masi,
auf Ihren Antrag auf Informationszugang zum Thema Wirecard und Liberalisierung von Online Glücksspiel ergeht folgender
Bescheid:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei.
Begründung:
I.
In Ihrer E-Mail vom 12. November 2022 baten Sie über das Portal
www.fragdenstaat.de um Zugang zu folgenden Informationen:
"[...] alle Kontakte (Treffen, Telefonate, elektronische Kommunikation) sowie Herausgabe etwaiger schriftlicher und elektronischer Kommunikation zwischen aktuellen und früheren Vertreter/innen des Innenministeriums Baden-Württemberg (einschliesslich Ministern und Beamten) und dem früheren Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, dem ehemaligen Ersten Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust, dem früheren Ministerpräsidenten von Hessen, Volker Bouffier, dem früheren Wirecard Manager Burkhard Ley und/oder Vertreter/innen der Kanzlei Hambach & Hambach mit Bezug zu Wirecard und/oder der Liberalisierung von Online Glücksspiel seit 2014 Quelle:
https://www.ndr.de/nachrichten/investigation/Nord-Politiker-lobbyierten-fuer-Skandalbank,gluecksspiel340.html".
Mit E-Mail vom 22. Dezember 2022 unterrichteten wir Sie darüber, dass infolge des Umfangs der erforderlichen Recherchen die Frist zur Bearbeitung Ihres Antrags auf drei Monate § 7 Abs. 7 Satz 2 Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) verlängert wird.
II.
Der Antrag ist abzulehnen.
1. Ein Anspruch auf Informationszugang nach dem LIFG besteht nicht.
Die von Ihnen begehrten Informationen mit Bezug zu "Wirecard" sind beim Innenministerium nicht vorhanden, vgl. § 3 Nr. 3 LIFG.
Im Übrigen ist bereits der Anwendungsbereich nach § 2 Abs. 1 LIFG nicht eröffnet.
Die dort genannten Stellen sind nur informationspflichtig, soweit sie "öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben" wahrnehmen. Voraussetzung ist also, dass die Tätigkeit sich als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe darstellt. Handelt es sich um eine Tätigkeit, die dem Bereich des Regierungshandelns zuzurechnen ist, d.h. um eine Tätigkeit politischer Art, ist diese nach dem Willen des Gesetzgebers vom Anwendungsbereich des LIFG ausgenommen (vgl. LT-Drs. 15/7720, S. 59; Debus Informationszugangsrecht Baden-Württemberg § 2 LIFG, Rn. 20). Die von Ihnen begehrten Informationen sind dem Bereich des Regierungshandelns zuzuordnen, da die Entscheidung, ob und inwieweit eine Liberalisierung von Online Glücksspiel stattfinden soll, durch die jeweiligen politischen Entscheidungsträger erfolgt. Hierzu zählt beispielsweise der Austausch des Ministers mit Abgeordneten oder Interessenvertretern, welcher politische Fragestellungen rund um die Ausgestaltung des Glücksspielstaatsvertrags als länderübergreifende Rechtssetzung betrifft. Dieser ermöglicht, die Vor- bzw. Nachteile einer weiteren Öffnung des legalen Glücksspielmarktes für Private, insbesondere im Vorfeld einer sich abzeichnenden Gesetzesänderung, sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Darüber hinaus besteht nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 LIFG kein Anspruch auf Informationen, sofern ihr Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit von Beratungen und Entscheidungsprozessen haben kann. Dies ist der Fall, wenn ein unbefangener und freier Meinungsaustausch bei zwischen- und innerbehördlichen Vorgängen, zwischen Exekutive und Legislative sowie zwischen Behörden und externen Akteuren erschwert wird bzw. die jeweilige Entscheidung bei Offenbarung der Information voraussichtlich überhaupt nicht, mit anderem Inhalt oder wesentlich später zustande käme (vgl. Debus § 4 LIFG Rn. 67 ff.; Schirmer in BeckOK § 3 IFG Rn. 132 ff.; LReg LT-Drs. 15/7720, S. 66). Ein solches Schutzinteresse kann ausweislich der Gesetzesbegründung zum LIFG auch nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens fortbestehen (vgl. LReg LT-Drs. 15/7720, S. 66).
Der Fall des § 4 Abs. 1 Nr. 6 LIFG gilt vorliegend insbesondere für Schriftverkehr, welcher den Meinungsaustausch sowie die Meinungsbildung im Hinblick auf die Ausarbeitung und Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages betrifft.
Interne Notizen und Entwürfe, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, sind gemäß § 3 Nr. 3 LIFG bereits nicht vom Begriff der amtlichen Information umfasst und unterliegen damit nicht dem Anspruch auf Informationszugang. Hierunter fallen insbesondere eine Entscheidung vorbereitende interne Notizen.
Im Übrigen wird gemäß § 9 Abs. 2 LIFG mitgeteilt, dass der gewünschte Informationszugang aufgrund der obenstehend genannten Gründe auch zu einem späteren Zeitpunkt weder ganz noch teilweise möglich sein wird.
2. Die Gebührenentscheidung beruht auf § 10 Absatz 3 Satz 1 LIFG i. V. m. § 4 Absatz 2 Landesgebührengesetz i. V. m. Ziffer 20.2.1 Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 1 der Gebührenverordnung des Innenministeriums.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben werden.
Mit freundlichen Grüßen