Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 7. Oktober 2020, die ich gerne beantworte.
1988 ist in Deutschland die "Richtlinien für touristische Hinweise an Straßen" in Kraft getreten,. Damals durfte alle 20 Kilometer ein Hinweistafel an Autobahnen platziert werden. Nach diversen Überarbeitungen der Richtlinie veröffentlichte die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) im Jahr 2008 die nach wie vor geltenden, neuen „Richtlinien für die touristische Beschilderung“ (RtB). So können nun die braunen touristischen Hinweisschilder in die wegweisende gelbe Beschilderung an Straßen außerhalb der Autobahn integriert werden. Zudem entfällt die bisherige Entfernungsgrenze für das Aufstellen von touristischen Unterrichtungstafeln an Autobahnen. Ausgeschilderte Sehenswürdigkeiten müssen auch nicht mehr von der Autobahn aus sichtbar sein, sondern dürfen bis zu zehn Kilometer Luftlinie entfernt liegen. In Ausnahmefällen kann auch auf Ziele mit herausragender touristischer Bedeutung in einer größeren Entfernung hingewiesen werden.
Eine offizielle Übersicht über alle touristischen Hinweisschilder an Deutschlands Autobahnen liegt nicht vor. Ihre Aufstellung wird nicht bundesweit gesteuert. In der Regel legt vielmehr eine Kommune einen Entwurf für ein neues touristisches Hinweisschild vor und muss sich diesen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde genehmigen lassen. Auch Verbände und Organisationen sowie in Ausnahmefällen auch kommerzielle Anbieter können Antragsteller sein. Gelegentlich werden Vorschläge auch abgelehnt. Der Antragsteller, beispielsweise die Kommune, trägt die gesamten Kosten für Beschaffung und Aufstellung der Unterrichtungstafeln.
Der touristische Mehrwert der Schilder liegt auf der Hand: Es geht darum, auf touristische Destinationen aufmerksam zu machen. Die Autobahnschilder sollen eine Anregung für zukünftige Urlaube sein, zu einem spontanen Abstecher einladen und Lust auf mehr machen. Konkrete staatlich erhobene Daten, die Aufschluss darüber geben, ob diese Maßnahmen auch wirtschaftlich erfolgreich sind, liegen nicht vor. Es ist schlicht nicht möglich, flächendeckend repräsentativ zu messen, wie viele Touristen aufgrund der Hinweistafeln eine Stadt besuchen oder zu einer Sehenswürdigkeit kommen.
Aber abgesehen von einzelnen Gemeinden, die angeben, konkret von den Hinweisschildern zu profitieren, etwa weil die Zahl der Gäste seit der Aufstellung des Schildes gestiegen ist, gibt es auch wissenschaftliche Studien, die die grundsätzliche Wirksamkeit der Hinweisschilder belegen. So hat sich die Hochschule Harz mit der Frage der touristischen Wirksamkeit der beschäftigt und im Juni 2019 eine Umfrage unter Autofahrern gestartet. Zentrales Ergebnis: Die Schilder wirken. Jeder Sechste folgt spontan mindestens einmal dem Hinweis auf ein besonderes Reiseziel auf den braun-weißen Tafeln. Zwei Drittel der Befragten erklären, dass sie sich an konkrete Schilder sowie die darauf abgebildeten Sehenswürdigkeiten, Städte oder Landschaften erinnern können. Rund 40 Prozent der Befragten stimmen für noch mehr Schilder.
Darüber hinaus haben die Hinweisschilder noch einen gesamtgesellschaftlichen Mehrwert: Sie dienen, um es etwas altmodisch auszudrücken, der Heimatkunde. Vielleicht schlägt man dann zu Hause das eine oder andere nach und informiert sich näher über eine bestimmte Sehenswürdigkeit. Die Hinweisschilder können zudem Autofahrten auflockern und die Konversation der Reisenden anregen. Nicht zuletzt sind vielerorts auch die Bürgerinnen und Bürgern auf die Ausschilderung "ihrer Wahrzeichen" stolz. Auch das sicher ein Mehrwert dieser Hinweisschilder, auch wenn er sich nicht in barer Münze aufwiegen lässt.
Mit freundlichen Grüßen