Sehr
geehrtAntragsteller/in
Sie haben sich über
FragdenStaat.de an den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gewandt. Sie haben bei der SAGA GWG am 17.4.2018 einen Antrag auf Informationszugang gestellt. Konkret ging es Ihnen dabei um die Beantwortung folgender Fragen durch die SAGA GWG:
„Wie viele Wohnungen baut und baute die SAGA in den Jahren 2016 / 2017 / 2018 insgesamt?
Was ist die durchschnittliche qm-Zahl?
Wie viele Zimmer haben die Wohnungen durchschnittlich?
Wie viele 4-Zimmer oder Mehrzimmerwohnungen aus dem Neubauprogramm stehen Familien mit mittlerem Einkommen (ohne §5-Schein) zur Verfügung?
Wie ist die prozentuale Aufteilungen von 2-, 3-, und 4 Zimmerwohnungen im Bestand der SAGA GWG?
Wie teilen sich diese auf die Stadtteile auf?
Wie viele 4-Zimmer oder Mehrzimmerwohnungen aus Wohnungsbestand stehen Familien mit mittlerem Einkommen (ohne §5-Schein) zur Verfügung?
Alle Fragen beziehen sich auf das Stadtgebiet innerhalb des Ring 2. Eine Gesamtbetrachtung inkl. Gebiete außerhalb des Ring darf gerne zusätzlich erfolgen ist jedoch zweitrangig.
Abschließend eine organisatorische Frage:
Welche Entscheidungsbefugnis haben Geschäftsstellen um z.B. über räumliche Veränderungen zu entscheiden?
Welche Abteilung prüft und beurteilt Wünsche seitens der Mieter für räumliche Anpassungen?“
Die SAGA GWG hat Ihren Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die von Ihnen angeforderten Daten nicht dem Anwendungsbereich des Hamburgischen Transparenzgesetzes unterlägen. Die SAGA GWG unterfalle als juristische Person des Privatrechts nur insoweit dem HmbTG, als sie eine öffentliche Aufgabe, insbesondere eine solche der Daseinsvorsorge, wahrnehme. Als Aufgabe der Daseinsvorsorge seien im Bereich der Wohnungswirtschaft nur die Bereiche der Wohnraumförderung und Wohnungsfürsorge einzustufen. Zur weiteren Begründung der Ablehnung hat die SAGA GWG auf ein Urteil des VG Hamburg verwiesen (Urt. v. 10.12.2014 – Az. 17 K 1679/14).
Nach § 1 Abs. 2 HmbTG hat jede Person nach Maßgabe des HmbTG Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen sowie auf Veröffentlichung der in § 3 Abs. 1 HmbTG genannten Informationen.
Die SAGA GWG müsste für einen solchen Anspruch eine auskunftspflichtige Stelle im Sinne des HmbTG sein. Da die SAGA GWG eine juristische Person des Privatrechts ist, wäre hierfür nach § 2 Abs. 5, Abs. 2 HmbTG erforderlich, dass die SAGA GWG eine öffentliche Aufgabe, insbesondere eine solche der Daseinsvorsorge wahrnimmt und dabei der Kontrolle der Freien und Hansestadt Hamburg unterliegt.
Zweifel können einzig daran bestehen, ob die SAGA GWG eine öffentliche Aufgabe, insbesondere eine solche der Daseinsvorsorge wahrnimmt. Unter den Begriff der Daseinsvorsorge fällt nach § 2 Abs. 10 HmbTG unter anderem die Wohnungswirtschaft. „Dieser Begriff beinhaltet bei weitestem Verständnis alle in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht für die Schaffung, Einräumung oder Entziehung der Nutzung sowie (Um)Widmung von (sozialgebundenem) Wohnraum erheblichen Umstände“ (VG Hamburg, Urt. v. 10.12.2014 – Az. 17 K 1679/14). Erfasst werden vor allem die Bereiche der Wohnraumförderung und Wohnungsfürsorge. Unter die Wohnraumförderung fällt die Förderung von Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit angemessenem Wohnraum (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HmbWoFG), was durch den Einsatz von Fördermitteln nach § 3 HmbWoFG geschieht. Bei der Wohnungsfürsorge geht es vor allem um die Zurverfügungstellung von Unterkünften für benachteiligte und schwache Bürger.
Nach Auffassung des VG Hamburg ist es für die Annahme einer öffentlichen Aufgabe zudem nicht ausreichend, dass eine Aufgabe der Daseinsvorsorge durch eine private Person erledigt wird. Vielmehr sei aufgrund der in § 1 Abs. 1 HmbTG als Gesetzeszweck definierten Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie der Kontrolle staatlichen Handelns erforderlich, dass das private Handeln mit staatlichem Handeln vergleichbar ist (Urt. v. 10.12.2014 – 17 K 1679/14). Es hat deshalb für den Fall eines Antrags auf Informationszugang zu einem Vertrag über die Vermietung von Grundstücksflächen für die Aufstellung von Alttextilcontainern einen Anspruch auf Informationszugang abgelehnt. Zwar handele es sich bei der Abfallentsorgung grundsätzlich um einen Fall der Daseinsvorsorge. Es bestünde jedoch keine Vergleichbarkeit mit staatlichem Handeln. Die Entsorgung von Alttextilcontainern habe gesetzlich nicht durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu erfolgen, sondern könne durch gemeinnützige oder gewerbliche Sammlungen erfolgen. Die Entsorgung von Alttextilien falle daher nicht unter den Begriff der Daseinsvorsorge und stelle keine öffentliche Aufgabe dar.
Unter Zugrundlegung dieser Rechtsprechung müssten die von Ihnen beantragten Informationen also Unterlagen betreffen, die sich spezifisch auf die Wohnungswirtschaft, insbesondere die Wohnraumförderung oder Wohnungsfürsorge, beziehen und das private Handeln der SAGA GWG müsste in diesen Bereichen staatlichem Handeln vergleichbar sein. Insofern ließe sich argumentieren, dass Sie einen Anspruch auf Informationszugang zumindest hinsichtlich solcher Unterlagen über Wohnungen haben, bei denen eine entsprechende Wohnraumförderung oder Wohnungsfürsorge stattgefunden hat, da die SAGA GWG hinsichtlich solcher Wohnungen eine öffentliche Aufgabe im Sinne des HmbTG wahrnimmt. Dem ließe sich jedoch entgegenhalten, dass insbesondere eine Wohnraumförderung auch rein privaten Stellen zu Gute kommt, die nicht der Kontrolle der Freien und Hansestadt Hamburg unterliegen. Da auch private Stellen von der Wohnraumförderung profitieren, ließe sich daran zweifeln, dass das Handeln der SAGA GWG in diesen Bereichen staatlichem Handeln vergleichbar ist. Bei Zugrundelegung eines solch engen Verständnisses wären jedoch gerade im Bereich der Wohnraumförderung keine Bereiche mehr denkbar, innerhalb derer die SAGA GWG einer Auskunftspflicht unterläge. Die Wohnraumförderung als solches erfolgt nämlich durch die Freie und Hansestadt Hamburg durch den Einsatz von Fördermitteln. Gleiches gilt für den Bereich der Wohnungsfürsorge, die etwa durch Ausstellung von Wohnberechtigungsscheinen durch die Freie und Hansestadt Hamburg betrieben wird.
Ich habe Zweifel daran, dass dem Begriff der öffentlichen Aufgabe ein derart enges Verständnis zugrunde zu legen ist. Die Entscheidung des VG Hamburg dürfte sich auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unmittelbar übertragen lassen. Denn in dieser Entscheidung ging es um die Vermietung von Stellflächen für Altkleidercontainer, also gerade nicht um eine Vermietung von Wohnraum. Ihr lag also nicht spezifisch die Wohnraumförderung oder Wohnungsfürsorge zugrunde. Zwar steht die SAGA GWG in Konkurrenz zu anderen rein privaten Unternehmen, die ebenfalls eine Wohnraumförderung betreiben. Anders als diese steht die SAGA GWG jedoch im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg und unterliegt hierbei anderen Bindungen als rein private Unternehmen, insbesondere einer unmittelbaren Grundrechtsbindung (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, 1. Leitsatz). Ebenso lässt sich § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO entnehmen, dass sich die Freie und Hansestadt Hamburg nur an der Gründung von privatrechtlichen Unternehmen beteiligen soll, wenn ein wichtiges staatliches Interesse vorliegt. Ein solches Interesse muss also auch bei der Gründung der SAGA GWG vorgelegen haben. Zudem war es ein wesentliches Anliegen des HmbTG gerade auch für Transparenz im Bereich solcher Unternehmen zu sorgen, die der Kontrolle der Freien und Hansestadt Hamburg unterliegen.
Sie haben die Möglichkeit, gegen die Ablehnung des Informationszugangs durch die SAGA GWG Widerspruch einzulegen und gegebenenfalls zu klagen. Ich halte einen Erfolg einer solchen Klage aus den oben genannten Gründen zumindest nicht für ausgeschlossen. Es ist allerdings auch möglich, dass das VG Hamburg an seiner engen Auslegung des Begriffs der öffentlichen Aufgabe festhält. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der grundsätzlich voraussetzungslose Anspruch auf Informationszugang über den Gesetzeszweck derart beschränkend ausgelegt werden kann. So setzt der Informationsanspruch nach § 1 Abs. 1 Alt. 1 HmbTG etwa nicht voraus, dass die begehrte Information der Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung oder der Kontrolle staatlichen Handelns dient (Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 13.9.2017 – 3 Bs 178/17 , 1. Leitsatz, juris). Der Informationsanspruch ist nicht auf den Gesetzgebungszweck beschränkt (Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 13.9.2017 – 3 Bs 178/17 , Rn. 11, juris).
Die SAGA GWG erhält eine Kopie dieses Schreibens.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen