Tätigkeitsbericht zur InformationsfreiheitMehr Anfragen, mehr Probleme

Die Bundesbeauftragte Andrea Voßhoff hat in dieser Woche ihren neuen Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit vorgestellt. Die zentralen Probleme bleiben bestehen. Ihr Nachfolger steht vor großen Herausforderungen.

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Vorgestern hat die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff ihren neuen Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit veröffentlicht. Darin berichtet sie gewohnt zurückhaltend über Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, beispielsweise zu Gerichtsverfahren in Bezug auf Akten zum Naziterroristen Uwe Mundlos und zu unserer Klage auf Offenlegung von Kabinettsprotokollen. Außerdem berichtet sie, dass die Anzahl der Anfragen an Bundesbehörden weiter ansteigen.

Die meisten Forderungen der Beauftragten sind nicht neu: So kritisiert Voßhoff, dass sie neben dem Informationsfreiheitsgesetz nicht auch für das Umwelt- und Verbraucherinformationsgesetz zuständig ist. Tatsächlich bedeutet dies, dass Personen, die bei Anfragen im Umweltbereich Unterstützung von der Beauftragten wünschen, diese nicht erhalten können.

Die größten Probleme beim Stand der Informationsfreiheit erwähnt Voßhoff allerdings nur am Rande: So führt die Erhebung von Gebühren für Anfragen weiterhin dazu, dass Bürgerinnen ihr Recht auf Zugang zu Informationen nicht wahrnehmen können. Auch die langen Fristen zur Beantwortung von Anfragen sind ein anhaltendes Problem.

Wir brauchen einen Untätigkeitsbericht für die Bundesregierung

Zum Datenschutz im Zusammenhang mit Anfragen an Behörden äußert sich Voßhoff im Bericht mehrfach. So stellt sie fest, dass Anträge von Antragstellern bei Jobcentern nicht in Sach- oder Leistungsakten gespeichert werden dürfen. Dies soll verhindern, dass Personen theoretisch durch Anträge negative Auswirkungen wie Sanktionen befürchten müssen. Bei einfachen Anfragen sei auch eine pseudonyme Antragstellung möglich. Außerdem ist sie der Ansicht, dass Daten von Antragstellern in Drittbeteiligungsverfahren an Dritte auch ohne ihre Einwilligung weitergegeben werden dürfen. Ein Argument dagegen dürfte der Mord am slowakischen Journalisten Ján Kuciak im März diesen Jahres sein, dessen Daten mutmaßlich durch ein Drittbeteiligungsverfahren an seine Mörder gelangte.

Dass die politischen Forderungen von Voßhoff das politische Berlin aufrütteln, ist nicht zu erwarten. Denn eigentlich bräuchte es einen Untätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit auf Bundesebene. Die offizielle Evaluation des Informationsfreiheitsgesetzes mit seinen umfangreichen Reformvorschlägen liegt seit 2012 ungenutzt in den Archiven, progressive Veränderungen des Gesetzes hat die große Koalition nicht vor. Dabei gibt es auch mit dem Hamburger Transparenzgesetz, einem Berliner Entwurf und der Tromsø-Konvention weitere Vorschläge, wie die Informationsfreiheit von der Digitalisierung profitieren könnte.

Herausforderungen für Ulrich Kelber

Eine staatliche Plattform zum Stellen von Anfragen, wie Voßhoff sie fordert, hilft dabei sicherlich nicht. Da jetzt schon die Hälfte aller IFG-Anfragen in Deutschland über die gemeinnützige Plattform FragDenStaat.de gestellt werden, ist nicht klar, welches Problem die Bundesbeauftragte überhaupt lösen will. Würde das Innenministerium zu diesem Zeitpunkt eine solche Plattform entwickeln, wäre sie erstens begrenzt auf wenige (Bundes-)Behörden, da sich Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden bekanntlich nicht auf gemeinsame Softwareprojekte verständigen können. Zweitens ginge sie einher mit einer Pflicht zur Identifizierung von Antragstellern etwa durch einen elektronischen Personalausweis, wie dies etwa in Spanien geschehen ist. Und drittens wäre die Software, wie alle derartigen Entwicklungen des Bundes, nicht Open Source, was ein Sicherheitsproblem darstellen könnte.

Ulrich Kelber, der voraussichtlich im Januar das Amt der Bundesbeauftragten übernehmen wird, steht im Bereich der Informationsfreiheit vor großen Herausforderungen: Er muss das Thema sichtbarer im politischen Diskurs verankern, Reformen anmahnen und den Anschluss ans Parlament finden. Es bleibt zu hoffen, dass er im Gegensatz zur jetzigen Beauftragten auch bei wichtigen gesellschaftlichen Debatten wie der Geheimniskrämerei des Innenministeriums im Zusammenhang mit dem sogenannten Masterplan oder der Geheimhaltung um NSU-Akten nicht sprach- und tatenlos zuschauen wird.

zum Tätigkeitsbericht →

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