Gesetze im Internet – aber bitte richtig!

Mit dem neuen Rechtsinformationsportal könnten Gesetze als öffentliche Daten in einem öffentlichen Portal landen. Bisher verdienen private Verlage daran.

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Es ist ein großer Bruch mit deutschen Internet-Traditionen, der sich anbahnt: Das neue Rechtsinformationsportal der Bundesregierung, das die Portale gesetze-im-internet.de, verwaltungsvorschriften-im-internet.de und rechtsprechung-im-internet.de zusammenführen soll, wird wahrscheinlich nicht unter der Domain rechtsinformationportal-im-internet.de zu finden sein. Findige Bürgerinnen und Bürger werden wohl von sich aus darauf kommen müssen, dass das Online-Portal, das sie ansurfen, im Internet ist.

Die Bundesregierung plant schon seit einigen Jahren, ihre angestaubten Online-Portale für Rechtsinfos zu erneuern. In den kommenden Jahren – wer weiß das schon so genau – soll es endlich so weit sein: Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung sollen in einem zentralen Bundesportal durchsuchbar und als Open Data abrufbar sein. Geld dafür ist zumindest vorhanden: Für Aufbau und Betrieb des Rechtsinformationsportals sind 2021 1,6 Millionen Euro vorgesehen, in den darauffolgenden Jahren jeweils rund 800.000 Euro.

Ein erstes offizielles Mockup, wie das neue Portal aussehen konnte, lieferten vor einigen Wochen Fellows von Tech4Germany, auf deren Entwurf ein offizielles Konzept und dann ein fertiges Portal folgen soll. Das soll dann gleich auch in den neuen Kreislauf von eGesetzgebung und eVerkündung integriert werden, mit dem die Bundesregierung – ebenfalls seit Jahren angekündigt – eine elektronische Ausfertigung von Gesetzgebungsprozessen ermöglichen will.

Ob das neue Portal aber tatsächlich sein volles Potential ausschöpft, bleibt abzuwarten. Denn zunächst einmal stehen einem guten Portal die legendären Kompetenzstreitigkeiten zwischen Justiz- und Innenministerium im Wege. Die einen sind für Gesetze zuständig, die anderen für Verwaltungsvorschriften. Und die Rechtsprechung ist nochmal etwas anderes.

Danach wird eine entscheidende Frage sein, ob das Portal tatsächlich Open Source wird oder ob doch wieder eine der üblichen Berateragenturen einen Millionenauftrag der Bundesregierung erhält. Gerade beim Rechtsinformationsportal des Bundes dürfte der Open-Source-Gedanke zentral sein. Schon 2011 machte das Projekt "Bundesgit" vor, das bei einer richtigen Darstellung von Gesetzen und Gesetzentwürfen eine Versionierung und Verknüpfung von Gesetzgebungsprozessen möglich ist. Bisher müssen selbst Beamte des Bundesjustizministeriums mühsam in Gesetzesblättern kramen, wenn sie wissen wollen, welches Gesetz wann wie geändert wurde und welche Rechtsprechung es dazu gab.

Wenn diese Fragen gelöst sind, bleibt allerdings immer noch das zentrale Problem: Die Datenquellen der Bundesregierung sind ziemlich dürftig. Den Vertrieb des Bundesgesetzblatts und das Gemeinsame Ministerialblatt hat die Bundesregierung an private Verlage ausgelagert, das Rechtsinformationssystem wird von der juris GmbH betrieben. Die Verlage machen Reibach mit dem amtlichen Werken und erdreisten sich zudem, die Gesetzesdatenbanken mit Verweis aufs Urheberrecht zu verschließen. An den Dokumenten selbst können sie natürlich keinen urheberrechtlichen Schutz anmelden, sie sind ja staatlich. Aber an den Datenbanken der Dokumente schon – auch wenn ungeklärt ist, ob dieser Schutz umgangen werden kann oder nicht.

Mit dem Launch des Rechtsinformationsportals sollte die Bundesregierung diesem Trauerspiel ein Ende machen und die Verlage rauswerfen. Gesetze und Rechtsvorschriften gehören in Bürgerhand, als offene Daten und in einem offenen Portal.

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