RWE-Räumungsantrag für den Hambacher Forst

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Unterlagen zum Räumungsersuchen von RWE im Hambacher Forst

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RWE Seite 10 https://www.ende-gelaende.org/de/ (Abruf am 22.06.2018) „Die Bezirksregierung Arnsberg hat die weitere Rodung des Hambacher Forstes ab 1. Oktober 2018 genehmigt. Doch wir werden da sein, um das zu verhindern!“ In der kommenden Rodungsperiode ist demnach mit ganz massivem Widerstand gegen die Rodungsarbeiten und die vorlaufende Räumung zu rechnen. Damit die Rodungsarbeiten überhaupt begonnenwerden können, ist es unabdingbar, die Wald- und Baumbesetzungenin den zu rodenden Bereichen unmittelbar vor Be- ginn der Rodung durchdie Polizei/Ordnungsbehörden zu räumen. IV. Zivilrechtliche Ansprüche von RWEgegen die „Klima-Aktivisten“ RWE Power stehen aufgrund Verletzung ihres Eigentums, berechtigten Besitzes sowie eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs, zivilrechtliche Ansprüche auf Räumung gegen die „Klima-Aktivisten“/Besetzer zu. Das Bestehen dieser Ansprüche wird im Folgenden glaubhaft gemacht. 1. Eigentums- und Besitzsituation Die zu räumendenBereiche im Hambacher Forst, nämlich - - - - die eigentliche Rodungszone 2018/2019 zuzüglich eines Sicherheitsstreifens (doppelte Baumlänge, d.h. ca. 70 m) über die Grenzen der Rodungszone hinaus die ehemalige L276 (heute Betriebsstraße), notwendig für Abfuhr des Holzes und sonstige Logistik zuzüglich eines Schutzstreifens links und rechts der ehem. L276 in einer Breite von jeweils 50 m stehen zum weit überwiegenden Teil im Eigentum der RWE Power. Die übrigen Flächen (im Wesentlichenkleinere Teilflächen imBereich der vormaligen öffentli- chen Straßen) stehen aufgrund entsprechender Überlassungsvereinbarungen im berechtigten Besitz, und somit im bergbaulichen Nutzungszugriff der RWE Power AG. Der gesamte in dem als Anlage 2 beigefügten Plan (schraffiert) markierte Bereich steht im bergbaulichen Nutzungszugriff der RWE Power AG. Alle zur Räumung beantragten Flächen befinden sich innerhalb dieses Bereichs. Zwi- schen Eigentum und Besitz infolge bestehender bergbaulicher Überlassungsver- träge, wird dort nicht unterschieden, da das eine wie das andere zur uneinge- schränkten Inanspruchnahme für bergbauliche Zwecke berechtigt. Bezüglich der konkreten Rodungszone wird auf die bereits der Polizei überlasse- nen Pläne sowie die im Zuge der weiteren Vorbereitung der Rodung ggf. noch zu erstellenden und zu übergebenden Pläne Bezug genommen. Diese Pläne kön- nen den Ordnungsbehörden natürlich weitergegeben oder bei der Antragstellerin angefragt werden. Um nach Möglichkeit zu verhindern, dass Details über die vor- gesehene Rodungbereits frühzeitig an die Offentlichkeit bzw. zur Kenntnis der Besetzer gelangen, sehen wir von einer Beifügung genauerer Pläne zu diesem Antrag derzeit ab. Weitere Pläne und Informationen könnenden Polizei- und Ordnungsbehörden bei Bedarf selbstverständlich jederzeit vertraulich zur Verfü- gung gestellt werden. Zukunft. Sicher. Machen.
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RWE Seite 11 Die Antragstellerin ist Inhaberin - teilweise als juristische Person, teilweise infol- ge entsprechender Vereinbarungen mit verbundenen Unternehmen - von Berg- bauberechtigungen für den Abbau von Braunkohle auf den gegenständlichen Flächen. 2. _Genehmigungssituation Der Braunkohlenabbau im betroffenen Tagebau Hambachsowie die vorgesehe- nen Rodungenerfolgen auf der Grundlage erteilter und bestandskräftiger bzw. vollziehbarer landesplanerischer und bergrechtlicher Genehmigungen. Der Braunkohlenabbau im Tagebau Hambacherfolgt auf der Grundlage des Braunkohlenplans HambachTeilplan 12/1, aufgestellt vom Braunkohlenaus- schuss als zuständigem Gremium für die Braunkohlenplanung in Nordrhein- Westfalen am 16./17. Dezember 1976 und mit Erlass vom 11. Mai 1977 vom Mi- nisterpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigt. Erist verbindli- ches Ziel der Raumordnung und Landesplanung undals solches zu beachten. Der Braunkohlenabbau im Tagebau Hambach unddie Rekultivierung des abge- bauten Bereichs als Gesamtvorhabenerfolgen auf der Grundlage vier aufeinan- der aufbauender, jeweils in sich nicht abgeschlossener Rahmenbetriebspläne. Gegenwärtig und bis 2020 bewegtsich der Tagebau in den räumlichen Grenzen des bestandskräftigen zweiten Rahmenbetriebsplansfür die Fortführung des Tagebaus Hambach von 1996-2020, der mit Bescheid vom 17. August 1995 zugelassen und mit Zulassung vom 21.02.2011 aktualisiert wurde. Die Zulassung desdritten Rahmenbetriebsplans für die Fortführung des Ta- gebaus Hambach von 2020-2030 erfolgte am 12. Dezember 2014. Auch dieser Rahmenbetriebsplan und seine Zulassung sind vollziehbar. Rahmenbetriebs- planzulassungenhaben It. höchstrichterlicher Rechtsprechung die feststellende Wirkung, dass dem Vorhaben Gründe des Gemeinwohls nicht entgegenstehen. Die in der Rodungssaison 2018/2019 zur Rodung vorgesehenen Flächen befin- den sich im räumlichen Geltungsbereich sowohl des zweiten, als auch teilweise (soweit der der Vorfeldfreimachung nachfolgende Tagebaubetrieb ab dem 01.01.2020 erfolgt) des dritten Rahmenbetriebsplans. Genehmigungsgrundlage für den Abbaubetrieb einschließlich der vorlaufend notwendigen Vorfeldfreimachung (hierzu gehören auch die beabsichtigten Ro- dungsarbeiten) ist der jeweils geltende Hauptbetriebsplan. Dies ist gegenwärtig der Hauptbetriebsplan 2018-2020 für den Tagebau Hambach, der von der Bezirksregierung Arnsberg mit Bescheid vom 29. März 2018 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zugelassen wurde. Die vorgesehenen Rodungsmaß- nahmen sind Gegenstand dieses genehmigten und sofort vollziehbaren Hauptbe- triebsplans 2018-2020. Im Hauptbetriebsplan wird festgelegt, dass die vorgese- henen Rodungen - aus Naturschutzgründen allerdings erst ab dem 1. Oktober 2018 - zulässig sind. Für die Rodungeines Sicherheitsstreifens entlang der ehemaligen L276 (heute Betriebsstraße) wurde ein Sonderbetriebsplan beantragt, dessen Zulassung un- ter Anordnungdersofortigen Vollziehbarkeit in Kürze erwartetwird. Zukunft. Sicher. Machen.
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RWE Seite 12 3. Gerichtsverfahren Am Vorliegen und der Vollziehbarkeit sämtlicher für die Fortführung des Tagebau Hambacheinschließlich der Rodung erforderlichen Genehmigungen ändern die derzeit anhängigen Gerichtsverfahren nichts. Die seitens des BUND vor dem Verwaltungsgericht Köln (VG Köln) erhobene Klage gegen den Hauptbetriebsplan 2018-2020 hat aufgrund der angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit keine aufschiebende Wirkung. Entsprechendesgilt für die Zulassung des 3. Rahmenbetriebsplans. Dessen Sofortvollzug wurde ange- ordnet, nachdem das VG Köln mit Urteil vom 24.11.2017 erstinstanzlich die Rechtmäßigkeit der Zulassung bestätigt hatte. 4. Politik Am 5. Juli 2016 hat die NRW-Landesregierungdie aktualisierte Leitentscheidung „Eine nachhaltige Perspektive für das Rheinische Revier“ verabschiedet. Danach ist die Verstromung der regionalen Braunkohle nach wie vor ein zentraler Eck- pfeiler der Energiepolitik des Landes. Der Abbau der Braunkohleist zur Energie- gewinnungerforderlich, insbesondere weil es sich um einen sicheren, kosten- günstigen und verfügbaren Rohstoff handelt. Der Entscheidungssatz 1 der Lei- tentscheidung aus dem Jahr 2016 bekennt sich unverändert zur Erforderlichkeit des Braunkohlenabbaus im Rheinischen Revier undstellt u.a. fest, dass die für den Tagebau Hambachfestgelegten Abbaugrenzenunverändert bleiben. Auch die neue Landesregierung hält an den bisherigen Einschätzungen fest und be- kräftigt im Koalitionsvertrag 2017-2022 die Bedeutung der Braunkohle für die Energieversorgung. Am 6. Juni 2018 hat die Bundesregierung die Kommission „Wachstum, Struktur- wandel und Regionalentwicklung“ eingesetzt, welche Vorschläge für einen proak- tiven und sozialverträglichen Strukturwandelin den Braunkohleregionender Bundesrepublik Deutschland erarbeiten soll. Die Ergebnisse der Kommission, die frühestens Ende 2018 vorliegen werden, und anschließend in ein Gesetzge- bungsverfahren mündensollen, haben ersichtlich auf die ab 1. Oktober 2018 geplante Rodungzeitlich und inhaltlich keinen Einfluss. Im Ergebnis liegen damit sämtliche für die Rodung erforderliche Genehmigungen in vollziehbarer Form vor. Die vorgesehenen Rodungen sind damit rechtmä- Big und ab dem 01.10.2018 durchführbar. Falls und soweit die obigen Darlegungen als nicht ausreichend angesehen wer- den und etwa die Vorlage der vorstehend aufgeführten Genehmigungsunterla- gen, weiterer Eigentums- und Besitznachweise und/oder sonstiger Belege und Nachweise für erforderlich gehalten wird, wird um entsprechende Mitteilung ge- beten. Die genannten Unterlagen sind teilweise öffentlich, jedenfalls bei Behör- den verfügbar und können auch und andernfalls bei Bedarf (ggf. auszugsweise) vorgelegt und/oder bestimmte Umstände ggf. anderweitig, wie etwa im Wege eidesstattlicher Versicherungen, glaubhaft gemacht werden. Zukunft. Sicher. Machen.
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RWE Seite 13 5. Räumungs- und Herausgabeansprüche im Einzelnen a) Ansprüche aus Eigentum Die Besetzung von Bäumenund des Waldes auf den im Eigentum undBesitz von RWEstehenden Grundstückenführt dazu, dass RWEdie konkret besetzten Flächen nicht mehr nutzen kann undihr der Besitz hieran vollständig vorenthal- ten wird. Im Verhältnis zum Gesamtgrundstück führt diese Vorenthaltung zu ei- ner Beeinträchtigung des Eigentums. Herrler in Palandt, 76. Auflage 2017, 8 858 BGB, Rz. 3 Dieses Zusammentreffen aus Besitzvorenthaltung hinsichtlich einzelner Grund- stücksteile und Beeinträchtigung hinsichtlich des Gesamtgrundstücksführt dazu, dass Herausgabe- und Beseitigungsansprüche nebeneinander zur Anwendung gelangen. Baldus in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, $ 1004, Rz. 59; Herrler in Palandt, 76. Auflage 2017, $ 1004 BGB, Rz. 5. In Bezug auf das Eigentum sind daher Ansprüche sowohl aus $ 985 BGB, als auch aus $ 1004 Abs. 1 BGB gegeben. (1) Anspruch auf Herausgabe der konkret besetzten Flächen nach $ 985 BGB Gemäß 8 985 BGB kann der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe der Sa- che verlangen. Erforderlich hierzu ist eine so genannte Vindikationslage, welche dann vorliegt, wenn ein Dritter eine Sache des Eigentümersbesitzt, ohne hierzu berechtigt zu sein. Sachen im Sinne dieser Vorschrift sind auch Grundstücke, mithin unbewegliche Sachen. Dörnerin Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 9. Aufl. 2017, $ 90, Rz. 5. Die von der Besetzung betroffenen Grundstücksflächen stehen zum ganz über- wiegendenTeil im Eigentum der RWE Power AG. Die „Aktivisten“ befinden sich im Besitz der jeweils besetzten Flächen. Unabhän- gig von der Frage der Rechtmäßigkeit wird der Besitz einer Sache gemäß $ 854 Abs. 1 BGB durch die Erlangung dertatsächlichen Gewalt über diese Sache er- worben. In wessentatsächlicher Gewalt sich eine Sache befindet, hängt maß- geblich von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände desjeweiligen Falls entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens. BGH, Urteil vom 30.01.2015, Az. V ZR 63/13, Rz. 24 - Juris Hierbei sind insbesondere die tatsächliche Herrschaftsbeziehung, deren Dauer und Erkennbarkeit, die räumliche Beziehung, sowie das äußere Erscheinungsbild zu betrachten. Aufzählung bei Götz in Beck-online Kommentar, Stand 01.06.2017, 8 854 BGB, Rz. 59. Zukunft. Sicher. Machen.
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ee RW E Seite 14 Im vorliegenden Fall haben die „Aktivisten“ eine unmittelbare physische Einwir- kungsmöglichkeit auf die besetzten Grundstücksflächen, welche ihnen den unmit- telbaren Zugriff auf diese Flächen ermöglicht. Diese Einwirkungsmöglichkeit ist von Dauer und wird durch die „Aktivisten“ selbst nach außen offensiv kenntlich gemacht. Bei zusammenfassender Bewertung der Umstände, gepaart mit der massiven, teilweise gewaltsamenVerteidigung der Baumhäuser, sowie des äu- Reren Erscheinungsbildes kann an einem Besitz seitens der „Aktivisten“ kein Zweifel bestehen. a Eine Berechtigung zum Besitz seitens der „Aktivisten“ besteht nicht. Eine solche ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus Vertrag. Auf das Waldgesetz können sich die „Aktivisten“spätestens zum Zeitpunkt des Rodungsbeginns nicht (mehr) berufen, da es sich nunmehr um Betriebsgelände und nicht mehr um „Wald“ handelt. Aus der Tatsache, dass gegen die Personenbishernicht rechtlich vor- gegangen worden ist, lässt sich ein Besitzrecht nicht ableiten. Der Besitz der „Ak- tivisten“ beruht einzig und allein auf der praktischen und rechtlichen Unmöglich- keit eines gerichtlichen Vorgehens gegen die unbekannten und nach Zahl und Zusammensetzung ständig wechselnden Personen. Hierzu wird nachfolgend unter V. noch näher ausgeführt. Ein Wille von RWE, den „Aktivisten“ ein - auch nur vorübergehendes - Besitzrecht einzuräumen, kann hieraus nicht geschlossen werden und besteht naturgemäß nicht. Als Ergebnis hat RWE damit einen Anspruch gegen die jeweiligen „Aktivisten“ auf Herausgabeder von ihnenin Besitz genommenen Grundstücksflächen, mithin einen Anspruch darauf, dass diese die Vorenthaltung des Besitzes beenden und das Grundstück verlassen. (2) ® Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung nach $ 1004 Abs. 1 BGB Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer nach $ 1004 Abs. 1 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung vom jeweiligen Störer verlangen. Notwendige Voraussetzung dieses Anspruchs ist folglich eine Beeinträchtigung des Eigen- tums, die wederin dessen Entziehung, noch in einer Vorenthaltung des Besitzes besteht. Zwar führt die Besetzung einzelner Grundstücksteile zu einer Vorenthaltung des Besitzes eben dieserTeilstücke, gleichwohl stellt sie in Bezug auf das Gesamt- grundstück "lediglich" eine Beeinträchtigung des Eigentums dar, da der Besitz am Gesamtgrundstück nicht entzogen, sondern "lediglich" gestört wird. so auch Herrler in Palandt, 76. Aufl. 2017, 8 858 BGB, Rz. 3 m.w.N. Die Vorenthaltung des Besitzeslediglich einzelner Grundstücksteile steht damit einem Anspruch nach $ 1004 Abs. 1 BGB in Bezug auf das Gesamtgrundstück nicht entgegen. Zukunft. Sicher. Machen.
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RW E Seite 15 Eine Beeinträchtigung des Eigentums liegt in jedem dem Inhalt des Eigentums widersprechenden Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers. Herrler in Palandt, 76. Aufl. 2017, & 1004 BGB, Rz. 6. MaßgeblicherInhalt dieser Herrschaftsmachtist die in $ 903 BGB geregelte Be- fugnis des Eigentümers, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren und Ande- re von jeder Einwirkung auszuschließen. Den Eigentümer eines Grundstücks berechtigt dies darüber zu entscheiden, wer das Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungendies ermöglicht werden soll. ® BGH, Urteil vom 01.03.2013, Az. V ZR 14/12 - juris Die Besetzung von Grundstücksteilen greift in diese der RWE zustehende Be- fugnis ein. Zugleich wird hierdurch die für einen Rohstoffabbau zwingende Ro- dung der betreffenden Bäume verhindert, da eine solche aufgrund der damit im Zusammenhangstehendenerheblichen Gefahren für Leib und Lebender „Akti- visten“ nicht möglich ist. Auch das Recht, eine solche Rodung vorzunehmen, fällt - vorbehaltlich notwendiger behördlicher Zustimmungen - unter die in $ 903 BGB geregelte Befugnis des Eigentümers. Demnachliegt eine Beeinträchtigung des Gesamtgrundstücks vor, welche auch gegenwärtig andauert. Schließlich muss der in die Herrschaftsmacht des Eigentümerseingreifende Zu- stand, vorliegend also das Betreten des Grundstücks und die Verhinderung der Rodung durch die „Aktivisten“, rechtswidrig sein. Rechtswidrigkeit liegt vor, so- weit der Eigentümer diesen Zustand nicht zu dulden verpflichtet ist und wird im Übrigen bereits durch Vorliegen einer Beeinträchtigung indiziert. BGH, Urteil vom 04.12.1970, Az. V ZR 79/68, Rz. 13 - juris Gründe, welche RWE zur Duldung der Besetzung verpflichten, sind wederer- sichtlich noch von den „Aktivisten“ dargelegt oder bewiesen. Ein Bewusstsein der „Aktivisten“, dass deren Handeln rechtswidrig ist, ist nicht erforderlich, Herrler in Palandt, 76. Aufl. 2017, 8 1004 BGB, Rz. 13, liegt aber unabhängig davon vor, wovon die vielen Einträge im Internet zeugen. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungendes Art. 8 GG vorliegen (hierzu VI. 1. a) (1), kann sich auch hieraus keine Duldungspflicht von RWE ergeben, da die Versammlungsfreiheit nicht dazu berechtigt, Grundstücke gegen den Willen des Eigentümers zu betreten. Auch aus $ 2 Abs. 1 des Landesforstgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LFoG) ergibt sich eine solche Duldungspflicht nicht, da die „Aktivisten“ mit ihrer Besetzungoffensichtlich keine Erholungszwecke verfolgen. Sonstige Rechtfertigungsgründe, welche eine Duldungspflicht für die Antragstel- lerin begründen könnten, bestehen nicht. Insbesondere bestehen gegen die ge- nehmigte und erlaubte Betriebstätigkeit der Antragstellerin keine Notwehr- oder Zukunft. Sicher. Machen.
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RW E Zukunft. Sicher. Machen. Seite 16 Selbsthilferechte gem. 88 227, 229 BGB. Dies wurdebereits in zahlreichen Ge- richtsurteilen festgestellt. LG Köln 26 O 151/15, Urteil vom 09.01.2017 (Abseilaktion Hambach- bahn): „Insbesondere kann der Beklagte sich entgegen seiner Auffassung auch nicht auf einen Rechtfertigungsgrund i.S.d. $$ 227, 228 BGB; $ 34 StGB oder Art. 2 Abs. GG berufen, da die Voraussetzungenevi- dentnicht vorliegen. Die Beendigung derstaatlich genehmigten Koh- leförderung und Verbrennung durch die Klägerin kann der Beklagte angesichts des Gewaltmonopols des Staates nur durch eine gerichtli- che Geltendmachungseines Anliegens bzw. politisches Engagement erreichen. Die eigenmächtige Verletzung der genannten Rechtsposi- ® tionen der Klägerin ist dagegen von sämtlichen in Frage kommenden Rechtfertigungsgründennichterfasst.“ Rechtsfolge des $ 1004 Abs. 1 BGB ist der Anspruch des Grundstückseigentü- mers auf Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung gegen den oder die Störer. BGH, Urteil vom 01.12.2006, Az. V ZR 112/06, Rz. 6 juris Da die das Grundstück besetzenden Personen die Eigentumsbeeinträchtigung durch ihr Verhalten adäquat verursacht haben, sind sie Handlungsstörer und können nach 8 1004 BGB in Anspruch genommen werden. BGH, a.a.0., Rz. 9 - juris “ Wie auch bei dem Anspruch aus $ 985 BGB kann die Beseitigung der Eigen- tumsbeeinträchtigung nach 8 1004 Abs. 1 BGB nur im Verlassen des Grund- stücksliegen. Ein solcher Anspruch steht RWE materiell gegenüber den „Aktivis- ten“ zu. b) Ansprüche aus Besitz Soweit die besetzten Grundstücke nicht im Eigentum der RWEstehen, bestehen Besitzschutzansprüche nach den 88 861, 862 BGB. Für die im Eigentum von RWE stehenden Grundstücketreten diese Besitzschutzansprüche neben die vorstehend dargestellten Ansprüche aus den 88 985, 1004 BGB. (1) Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes der konkret besetzten Flächen nach $ 861 Abs. 1 BGB Da RWEdurch die „Aktivisten“ der Besitz an den konkret besetzten Flächen voll- ständig entzogen ist, besteht diesbezüglich ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gemäß $ 861 Abs. 1 BGB, da die Besitzentziehung durch die „Akti- visten“ im Wege der verbotenen Eigenmachterfolgte. Eine solche liegt gemäß & 858 Abs. 1 BGB dann vor, wenn dem Besitzer der Besitz ohne seinen Willen entzogen wird bzw. er ohne seinen Willen im Besitz gestört wird und das Gesetz diese Entziehung oder Störung nicht gestattet. Durch die Besetzung einzelner Teilflächen wird RWE der Besitz an eben diesen Flächen entzogen, ohne dass dies ihrem Willen entspricht. Auch eine gesetzliche Gestattung dieses Besitzent- N
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RW E Zukunft. Sicher. Machen. Seite 17 zugesliegt nicht vor. Folglich stellt die Besetzung verbotene Eigenmacht dar, durch welche RWE der Besitz an den konkret besetzten Flächen entzogenwird. Da die „Aktivisten“ demnach gegenüber der RWEfehlerhaft i.S.d. 8$ 861 Abs. 1 BGB besitzen, hat RWE einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gegenüber den „Aktivisten“. (2) Anspruchauf Beseitigung der Besitzstörung nach $ 862 Abs. 1 BGB Da die Besitzentziehung hinsichtlich einzelner Grundstücksteile auch eine Be- sitzstörung hinsichtlich des im Besitz von RWE befindlichen Gesamtgrundstücks durch verbotene Eigenmachtder „Aktivisten“ darstellt, besteht darüber hinaus auch ein Anspruch auf Beseitigung der Störung gemäß $ 862 Abs. 1 BGB. c) Anspruch aus eingerichtetem und ausgeübtem Gewerbebetrieb Ein Anspruch von RWE auf Beseitigung und Unterlassung der Grundstücksbe- setzung besteht zudem aus ihren Rechten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, verbunden mit den an den betreffenden Grundstücken beste- henden Bergbauberechtigungen. Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es hier- bei nicht an. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt ein von der Rechtsprechungentwickeltes und anerkanntes sonstiges Recht im Sinne des 8 823 Abs. 1 BGB dar. Vergleiche nur BGH, Urteil vom 26.10.1951, Az. | ZR 8/51 = NJW, 1952,660 Die Grundstücksbesetzung der „Aktivisten“ ist als rechtswidriger Eingriff in dieses Recht zu werten. ® Unter den Begriff des Gewerbebetriebesfällt all das, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, insbesondere Betriebsräume und -grundstücke, Maschinen, Gerätschaften sowie Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte. BGH, Urteil vom 09.12.1958, Az. VI ZR 199/57 = NJW 1959, 479 Damit gehören die besetzten Grundstücke, welche zukünftig zum Zwecke des Rohstoffabbaus in Anspruch genommen werdensollen, unstreitig zum Gewerbe- betrieb von RWE. Durch den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt werden. Um eine uferlose Haftung zu ver- meiden, muss der Gewerbebetrieb jedoch "in qualifizierter Form" betroffensein, weshalb ein sogenannter "betriebsbezogenerEingriff" gefordert wird. Ein solcher liegt vor, wenn sich der Eingriff gegen den Betrieb als solchen richtet und nicht lediglich vom Gewerbebetrieb ablösbare Rechtspositionen betrifft. BGH, Urteil vom 06.02.2014, Az. | ZR 75/13 = NJW-RR 2014, 1508 | |
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RW E Seite 18 Die Betriebsbezogenheit eines Eingriffs kann sich auch aus dessen Tendenz ergeben, insbesondere wenn esin der Willensrichtung des Verletzersliegt, durch bestimmte Maßnahmen den Betrieb zu beeinträchtigen. BGH, Urteil vom 16.06.1972, Az. Ill ZR 179/75 = NJW 1977,1875 Da durch die Besetzung der Grundstücke der Abbau der darunter lagernden Koh- le verhindert wird und der Rohstoffabbau gerade den Kern des Gewerbebetriebs der Antragstellerin ausmacht, liegt unzweifelhaft ein betriebsbezogenerEingriff vor. Belegt wird dies zudem durch die von den „Aktivisten“ zum Ausdruck ge- brachte Willensrichtung, mit ihrer Grundstücksbesetzung gerade den Kohleabbau verhindern zu wollen. Obein solcher betriebsbezogenerEingriff rechtswidrig ist, bestimmt sich anhand einer Interessens- und Güterabwägungim Einzelfall. Rechtswidrig ist der Eingriff dann, wenn das Schutzinteresse des Geschädigten die schutzwürdigen Belange des Schädigers überwiegt. Zwar mögen die von den Besetzern als maßgeblicher Beweggrund benannten Interessen des Klimaschutzes grundsätzlich anerken- nenswert sein. Die Entscheidung darüber, ob und inwieweit diesen Interessen Rechnung getragen wird, ist jedoch eine politische und obliegt der jeweiligen Staatsregierung. Hat diese ihre Entscheidung in Gesetzesform gegossen und entspricht eine behördlich zugelassene Tätigkeit - wie vorliegend der Rohstoffab- bau - diesen gesetzlichen Anforderungen, sind gezielte Eingriffe in diese Tätigkeit nicht schutzwürdig. Darüber hinaus ist die überragende Bedeutung der Sicherung der Energieversorgung für das Gemeinwohl zu berücksichtigen. Dieseist als öf- fentliche Aufgabe von größter Bedeutung und zur Sicherung einer menschen- würdigen Existenz unumgänglich. Vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17.12.2013, Az. 1 BvR 3139/08,1 BvR 3386/08, Rz. 286 An der Rechtswidrigkeit des Eingriffs kann demnachkein Zweifel bestehen. Soweit ein rechtswidriger und schuldhafter Eingriff in ein sonstiges Recht im Sin- ne des $ 823 Abs. 1 BGB vorliegt, ist über die Anwendung des & 1004 BGB ein diesbezüglicher Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchdurch die Rechtspre- chung anerkannt (sogenannter quasi-negatorischer Beseitigungs- und Unterlas- sungsanspruch). Vgl. Spohnheimerin Beck-online Großkommentar, Stand 01.08.2017, & 1004 BGB, Rz. 13 unter Verweis auf die Grundsatzentscheidungen RGZ 60, 6 sowie RGZ 148, 114) Da die „Aktivisten“ vorliegend den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebe- trieb von RWEin rechtswidriger und schuldhafter Weise beeinträchtigen, ist ein diesbezüglicher quasi-negatorischer Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegeben. d) Keine Verwirkung der Ansprüche Die Ansprüche sind schließlich auch nicht verwirkt. Verwirkung kann eintreten, wenn der Anspruch vom Berechtigten über längereZeit nicht geltend gemacht worden ist und der andere Teil sich nach dem gesamten Verhalten des Berech- Zukunft. Sicher. Machen.
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RW E Seite 19 tigten darauf einstellen durfte und sich auchtatsächlich darauf eingestellt hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Sutschetin Beck OK,43. Edition, Stand 15.06.2007, $ 242 BGB, Rz. 131 Zwar hat RWE die ihr zustehenden Ansprüche gegen einzelne „Aktivisten“ bisher nicht konkret geltend gemacht. Eine Geltendmachungerfolgte allerdings in der Presse und ebenfalls in den Gesprächen „Hambacher Dialog“, die im Juni 2018 von der Gegenseite einseitig beendet wurden. Die Vorgehensweisebei der Gel- tendmachung der Ansprüche beruht einzig auf den unterZiffer V. dargestellten praktischen und prozessualen Schwierigkeiten, deren Ursache im Verhalten der „Aktivisten“ begründetliegt sowie dem Umstand, dass eine unterjährige Räu- mung — auch nach Auffassung der Polizei — sinnlos wäre, da es unverzüglich zu einer Neubesetzung kommen würde. Vor diesem Hintergrund durften sich die „Aktivisten“ auch nicht darauf einstellen, dass diese Ansprüche nicht mehr gel- tend gemacht werden. Im Gegenteil lässt sich aus dem Verhalten der Personen und entsprechenden Äußerungenklar entnehmen, dassdiese sich einer Gel- tendmachung voll bewusst sind. Es darf auch unterstellt werden, dass sich „her- umgesprochen‘ hat, dass die Antragstellerin die Besetzung von Bäumenin Ro- dungsstreifen in den Vorjahren soweit erforderlich mittels einstweiliger Verfügun- gen durchgesetzt hat, zumal die Verfügungenteilweise den Besetzern durch per- sönliche Übergabe auch zugestellt worden sind. Hinsichtlich des unverjährbaren Herausgabeanspruchs aus $ 985 BGB kann eine Verwirkung zudem nur dann angenommen werden, wenn sich die Verpflichtung zur Herausgabefür den Be- sitzer als schlechthin unerträglich darstellt. BGH, Urteil vom 16.03.2007, Az. V ZR 190/06, Rz. 10-, juris Mangels Vorliegen dieser Voraussetzungen ist eine Verwirkung ausgeschlossen. e) Zwischenergebnis Als Zwischenergebnis ist damit festzustellen, dass RWE gegendie Besetzer An- sprüche auf Räumung derbetroffenen Grundstücke zustehen. Belegt wird dies auch dadurch, dass in der Vergangenheit Räumungstitel gegen Baumbesetzer im jeweiligen Rodungsstreifen des Hambacher Forsts von verschiedenen Gerichten erlassen und entsprechende Ansprüche somit gerichtlich anerkannt worden sind (zum Beleg vorstehender Ausführungen, vgl. Beschluss des LG Aachen, beige- fügt als Anlage 1). V. Keine Durchsetzbarkeit der bestehenden Ansprüche Abgesehen von dengesetzlich geregelten Selbsthilferechten des Besitzers, wel- che aufgrund der Umstände im vorliegenden Fall praktisch und tatsächlich nicht durchsetzbar sind, ist RWE zur Durchsetzungderihr zustehenden Ansprüche grundsätzlich auf eine gerichtliche Geltendmachung unddie anschließende Voll- streckung angewiesen. Sowohl die Geltendmachung als auch die Vollstreckung der jeweiligen Ansprüche hat unter Einhaltung der dafür vorgesehenen gesetzli- chen Bestimmungen zuerfolgen. Nur soweit diese eingehalten werden, ist eine erfolgreiche gerichtliche Durchsetzung möglich. Zukunft. Sicher. Machen.
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