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Aktenzeichen
7 C 24.15
Datum
29. Juni 2017
Gericht
Bundesverwaltungsgericht
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Bundesverwaltungsgericht am 29. Juni 2017

7 C 24.15

Einem Journalisten wird Einsicht in ein Gutachten über die politische Belastung ehemaliger Mitarbeiter eines Bundesministeriums in der NS-Zeit gewährt, soweit die Mitarbeiter bereits verstorben sind. Der postmortale Persönlichkeitsschutz gebietet es - anders als von der Vorinstanz entschieden - nicht, den Zugang zu diesen Unterlagen während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Tod zu sperren. Die Herausgabe von Angaben zu noch lebenden Mitarbeitern steht unter dem Vorbehalt der Einwilligung der Betroffenen. Ein entsprechendes Drittbeteiligungsverfahren ist immer dann durchzuführen, wenn ein Versagungsgrund durch eine solche Einwilligung überwunden werden kann. Das Urteil befasst sich ausführlich mit dem Personalaktenbegriff sowie mit dem Verhältnis zwischen Informationsfreiheitsgesetz und dem Bundesbeamtengesetz. Das Informationsfreiheitsgesetz erstreckt seinen Regelungswillen auch auf die hier relevanten Personalaktendaten, beide gesetzlichen Bestimmungen stehen also nebeneinander. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt auch presserechtliche Erwägungen vor. (Quelle: LDA Brandenburg)

Drittbetroffenheit Aussonderungen Interessenabwägung Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten

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Sachgebiet:                                                          BVerwGE: ja Fachpresse: ja Informationsfreiheitsrecht, Umweltinformationsrecht und Recht der Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen Rechtsquelle/n: GG                   Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 IFG                  § 1 Abs. 1 und 3, § 3 Nr. 4, § 5 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 1 BBG                  § 106 Abs. 1 Satz 2, § 111 Abs. 3 Satz 1 BDSG                 § 3 Abs. 1, § 12 Abs. 4, § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EMRK                 Art. 10 Titelzeile: Einsicht in Personalakten Stichworte: Journalist; Einsichtsanspruch; Bundesministerium; Gutachten; NS-Vergangenheit; ehemalige Bedienstete; Ehrung; Kranzspende; Nachruf; personenbezogene Daten; Dienstverhältnis; Personalakte; Vertraulichkeit; Auskunftsanspruch; Beschäftigtenda- tenschutz; Drittbeteiligungsverfahren; Einwilligung; Abwägung; journalistische Rele- vanzprüfung; postmortaler Persönlichkeitsschutz; allgemeines Persönlichkeitsrecht; Achtungsanspruch; Geltungswert; Presserecht; verfassungsunmittelbarer Auskunfts- anspruch. Leitsätze: 1. Auskunftsansprüche Dritter auf der Grundlage des Personalaktenrechts (§ 111 Abs. 3 Satz 1 BBG, § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a BDSG) gehen dem Zugangsan- spruch nach § 1 Abs. 1 IFG nicht gemäß § 1 Abs. 3 IFG vor. 2. Der absolute Schutz personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 2 IFG wird durch fachrechtliche Bestimmungen nicht eingeschränkt. 3. Ein Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 Abs. 1 IFG ist durchzuführen, wenn ein Versagungsgrund durch die Einwilligung des Betroffenen überwunden werden kann. 4. Die Versagungsgründe nach § 3 Nr. 4 IFG und nach § 5 Abs. 1 und 2 IFG sind nebeneinander anwendbar. Urteil des 7. Senats vom 29. Juni 2017 - BVerwG 7 C 24.15
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I.  VG Köln vom 26. September 2013 Az: VG 13 K 1541/11 II. OVG Münster vom 10. August 2015 Az: OVG 8 A 2410/13
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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL BVerwG 7 C 24.15 OVG 8 A 2410/13 Verkündet am 29. Juni 2017 … als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsstreitsache
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-2- hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Schemmer, Böhmann und Dr. Löffelbein für Recht erkannt: Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Ober- verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. August 2015 und das Urteil des Verwaltungsge- richts Köln vom 26. September 2013 geändert, soweit sie die Einsicht in Unterlagen zu bereits verstorbenen Be- diensteten betreffen. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die geschwärzten Stellen des Gutach- tens "Entwicklung und Kriterien der Bewertung der Ehr- würdigkeit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbei- tern des BML/BMVEL und der Dienststellen seines Ge- schäftsbereichs im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozia- lismus" (Schlussbericht) zu gewähren, soweit sie diesen Personenkreis betreffen. Der Bescheid des Bundesminis- teriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- schutz vom 3. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbe- scheids vom 1. August 2011 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht. Die weitergehende Revision des Klägers und die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen. Von den Kosten des Revisionsverfahrens und des Beru- fungsverfahrens tragen die Beklagte drei Viertel und der Kläger ein Viertel. Unter Einbeziehung des teilweise
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-3- rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung tragen von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens die Beklagte zwei Drittel und der Kläger ein Drittel. Gründe: I 1 Der Kläger, Journalist bei einer großen Tageszeitung, begehrt Einsicht in ein wissenschaftliches Gutachten zur Bewertung der Ehrwürdigkeit von ehemaligen Bediensteten eines Bundesministeriums. 2 Im Anschluss an ein 2005 vom Ministerium in Auftrag gegebenes wissenschaft- liches Sachverständigengutachten zu "Rolle und Inhalt der Agrarpolitik und Ag- rarforschung von Vorgängerinstitutionen des Bundesministeriums für Verbrau- cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft", wurde im November 2009 eine Folgestudie mit dem Titel "Entwicklung und Kriterien zur Bewertung der Ehr- würdigkeit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BML/BMVEL und der Dienststellen seines Geschäftsbereichs im Hinblick auf die Zeit des Na- tionalsozialismus" (im Folgenden: Schlussbericht) vorgelegt. Es soll der Prüfung dienen, ob ehemalige Mitarbeiter nach Maßgabe der Richtlinien der Bundesre- gierung "für Kranzspenden und Nachrufe beim Ableben von Bundesbedienste- ten" wegen erheblicher Verfehlungen von einer Ehrung ausgeschlossen werden sollen. Zu diesem Zweck behandelt dieser Bericht u.a. die Lebensläufe von 62 ehemaligen Bediensteten des Bundesministeriums, die zum Zeitpunkt der Ver- gabe des Gutachtenauftrags im Jahr 2005 noch lebten. Insbesondere im Hin- blick auf eine Verstrickung in das NS-Regime wurden die Betroffenen abschlie- ßend fünf Kategorien zugeordnet ("mit Respekt"; "nicht kritikwürdig"; "kritikwür- dig"; "deutlich kritikwürdig"; "nicht ehrwürdig"). Dem Kläger wurde auf Antrag unter dem 3. März 2011 zunächst eine Kopie des Gutachtens mit wenigen Schwärzungen übersandt, während die Einsicht in den Schlussbericht mit Ver- weis auf den Schutz personenbezogener Daten abgelehnt wurde. Mit Wider- spruchsbescheid vom 1. August 2011 gab das Ministerium dem Antrag bezüg-
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-4- lich des Schlussberichts mit Ausnahme von Schwärzungen auf im einzelnen bezeichneten Seiten - darunter die Abschnitte mit den Lebensläufen - statt. 3 Auf die hiergegen erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht die Be- klagte zur Neubescheidung des Einsichtsantrags und wies die Klage im Übrigen ab. 4 Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten hat das Oberverwaltungsge- richt mit Urteil vom 10. August 2015 das erstinstanzliche Urteil geändert und den Entscheidungsausspruch neu gefasst. Es hat der Klage - unter Abweisung im Übrigen - insoweit stattgegeben, als die Beklagte verpflichtet wird, dem Klä- ger Einsicht in die geschwärzten Stellen des Schlussberichts zu gewähren, so- weit sich diese Informationen auf Personen beziehen, die bereits verstorben sind und im Schlussbericht als "deutlich kritikwürdig" oder "nicht ehrwürdig" be- zeichnet werden, und soweit sich die Informationen auf bereits verstorbene sonstige Personen beziehen, deren Todeszeitpunkt mindestens 3 Jahre zurück- liegt. Soweit es um noch lebende Personen geht, hat das Oberverwaltungsge- richt die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet. Bei den noch lebenden Be- diensteten sei der Anspruch auf Informationszugang vorbehaltlich noch zu ertei- lender Einwilligungen dieser Personen nach § 5 Abs. 1 und 2 IFG ausgeschlos- sen. § 5 Abs. 2 IFG inkorporiere den beamtenrechtlich vorgegebenen Vertrau- lichkeitsschutz und erstrecke ihn auf privatrechtlich Beschäftigte, so dass er dort nicht eingreife, wo das Personalaktenrecht deren Vertraulichkeit etwa durch den Auskunftsanspruch Dritter nach § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG selbst durchbreche. Bei Abwägung nach Maßgabe dieser Vorschrift komme auch bei Würdigung des Grundrechts der Pressefreiheit eine Offenlegung nicht in Be- tracht. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten sei jedoch rechtswidrig, soweit die noch lebenden Betroffenen nicht gemäß § 8 Abs. 1 IFG nach ihrer Einwilligung befragt worden seien. Nach deren Beteiligung sei der Kläger neu zu bescheiden. Bei Beachtung des postmortalen Vertraulichkeitsschutzes der Personalakten erfasse der von § 5 Abs. 2 IFG gewährleistete erhöhte Schutz im Grundsatz auch die Daten Verstorbener. § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG sei auch hier zu berücksichtigen. Die Abwägung führe zum Ergebnis, dass der Ausschluss- grund des § 5 Abs. 2 IFG bei den als "besonders kritikwürdig" beurteilten sowie
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-5- der seit mindestens 3 Jahren verstorbenen ehemaligen Bediensteten nicht mehr eingreife. Bei Personen, die lediglich als "kritikwürdig" eingestuft worden seien, sei die Vertraulichkeit der Personalakten auch zur Wahrung der Pietäts- interessen etwaiger Angehöriger noch 3 Jahre nach dem Tod aufrecht zu hal- ten. Bei nicht belasteten Personen, die als "nicht kritikwürdig" oder "mit Res- pekt" eingestuft worden seien, sei eine Sperrfrist von 3 Jahren hinreichend und angemessen. Soweit ein Zugangsanspruch vor Ablauf der Sperrfrist zu vernei- nen sei, komme eine Überwindung des gesetzlichen Schutzes personenbezo- gener Daten durch Einwilligung seitens der nahen Angehörigen nicht in Be- tracht. Der Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht sei auch nicht nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen. Der herausgehobenen Bedeutung der Pressefreiheit sei bereits bei der Auslegung der Regelungen über den Zugang zur Personal- akte Rechnung getragen worden. 5 Der Kläger und die Beklagte haben die vom Oberverwaltungsgericht zugelas- sene Revision eingelegt. 6 Der Kläger trägt vor: § 5 Abs. 2 IFG sei nicht anwendbar. Die Informationen stammten nur teilweise aus den Personalakten. Im Übrigen bestehe kein Zu- sammenhang mit dem Dienstverhältnis, das mit dem Tod ende. Bei der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG gebotenen Abwägung müsse das hohe von der Presse- freiheit geprägte Aufklärungsinteresse in Rechnung gestellt werden; demgegen- über sei das Pietätsinteresse der Angehörigen irrelevant, so dass es keine Sperrfrist geben könne. Gehe man vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 IFG aus, sei die vom Oberverwaltungsgericht vertretene Parallelführung mit dem Personalaktenrecht im Grundsatz zutreffend. Dabei habe das Oberver- waltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass sich aus § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG auch ein Anspruch auf Akteneinsicht ergeben könne. Die Abwägung sei allerdings unzureichend. 7 Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen und unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. September 2013 und des Urteils des Ober-
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-6- verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. August 2015 die Beklagte zu verpflichten, ihm Einsicht in die geschwärzten Stellen des Gutachtens "Entwicklung und Kriterien der Bewertung der Ehrwürdig- keit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BML/BMVEL und der Dienststellen seines Geschäftsbe- reichs im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus" (Schlussbericht) zu gewähren, sowie den Bescheid des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 3. März 2011 in Gestalt des Wi- derspruchsbescheids vom 1. August 2011 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht, und die Re- vision der Beklagten zurückzuweisen. 8  Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen vom 10. August 2015 und das Urteil des Ver- waltungsgerichts Köln vom 26. September 2013 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen. 9  Sie wendet sich gegen eine Parallelführung des § 5 Abs. 2 IFG mit dem Perso- nalaktenrecht. Der Bescheidungsausspruch sei verfehlt, weil § 8 Abs. 1 IFG nicht anwendbar und eine Drittbeteiligung ermessensfehlerfrei unterblieben sei. Der Schutz des § 5 Abs. 2 IFG reiche über den Tod hinaus. Eine Akzessorietät zu § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG, der der Beklagten im Übrigen Ermessen einräu- me, sei nicht gegeben. Die gebotene Abwägung sei unzureichend, weil sie maßgebliche Kriterien nicht berücksichtige. Sie sei im Ergebnis nicht haltbar. Die Annahme einer Sperrfrist von nur 3 Jahren sei nicht vertretbar. Denn es gehe nicht nur um die Wahrung der Pietät, sondern um den postmortalen Ach- tungsanspruch. II 10 Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise begründet: Dem Kläger ist - über die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts hinaus - auch Einsicht in die Unterlagen zu gewähren, die alle bereits verstorbenen Bediensteten betref- fen. Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
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-7- 11 Zutreffend geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass die Vorschriften des Personalaktenrechts die Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes nicht verdrängen (1.). Bei der Prüfung des Informationszugangs zu Angaben über noch lebende ehemalige Bedienstete (2.) legt das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend ein bundesrechtswidriges Verständnis des § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Infor- mationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), geän- dert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), zugrunde. Die Entscheidung erweist sich jedoch insoweit aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Hinsichtlich des Informationszugangs zu An- gaben über bereits verstorbene ehemalige Bedienstete (3.) beruht das Urteil auf einem Verstoß gegen § 5 Abs. 2 IFG und gegen § 3 Nr. 4 IFG. Sie erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Schließlich folgen aus presserecht- lichen Vorschriften keine weitergehenden Ansprüche (4.). 12 1. Das Oberverwaltungsgericht prüft das vom Kläger geltend gemachte Zu- gangsbegehren zu Recht vorrangig am Maßstab des Informationsfreiheitsge- setzes. Denn die Vorschriften des Personalaktenrechts stehen der Anwendbar- keit des Informationsfreiheitsgesetzes nicht gemäß § 1 Abs. 3 IFG entgegen. Danach gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme von § 29 VwVfG und § 25 SGB X vor. Diese Vorschrift dient der Sicherung des Vorrangs des Fachrechts gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz. Um dies zu erreichen, wird das Informations- freiheitsgesetz (nur) durch Normen verdrängt, die einen mit § 1 Abs. 1 IFG - abstrakt - identischen sachlichen Regelungsgehalt aufweisen und sich als ab- schließende Regelung verstehen (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 46; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 294). Das ist bei den Vorschriften des Personalaktenrechts nicht der Fall. 13 a) Für die Ruhestandsbeamten ist § 111 Abs. 3 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) als Bestandteil des beamtenrechtlichen Personalaktenrechts (§§ 106 bis 115 BBG) einschlägig. Diese Regelungen gehen nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Bun- desdatenschutzgesetz (BDSG) den gemäß § 12 Abs. 4 i.V.m. §§ 28, 32 BDSG ausdrücklich für alle Beschäftigten (§ 3 Abs. 11 Nr. 8 BDSG) geltenden Rege-
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-8- lungen des Beschäftigtendatenschutzes vor (vgl. Körffler/Klug/Gola, in: Go- la/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 12 Rn. 7; Stender-Vorwachs, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 19. Edition, BDSG, § 12 Rn. 12). 14 Die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes wird von § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG nicht gesperrt. Danach dürfen Auskünfte aus Personalakten nur mit Einwilligung der Beamtin oder des Beamten erteilt werden, es sei denn, dass die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, vorrangiger Interessen der oder des Dritten die Aus- kunftserteilung zwingend erfordert. 15 aa) Der sachliche Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist hier eröffnet. 16 Zu den Personalakten gehören nach § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhält- nis in einem unmittelbaren inneren sachlichen Zusammenhang stehen. Dies betrifft alle Unterlagen, die für den Status der Beamtin oder des Beamten von Bedeutung sind. Folglich zählen zu den Personalakten alle Daten, die in der Lage sind, neben einem Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ein lückenloses Bild von der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischen Geschehensablauf zu vermitteln (BT-Drs. 12/544 S. 11). Ob ein Vorgang Personalakten enthält, richtet sich allein nach einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem konkreten Beamtenverhältnis; der Art der Aufbewahrung kommt rechtliche Bedeutung nicht zu (vgl. etwa Schwarz, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, BBG, Stand Juni 2017, § 106 Rn. 4 ff.). 17 Hiernach gehören die Darstellung und Bewertung des Verhaltens der ehemali- gen Bediensteten in der Zeit des Dritten Reiches, wie sie im Schlussbericht enthalten ist, zu den Personalakten im materiellen Sinne. Soweit dem Schluss- bericht Daten zum Lebenslauf des Betroffenen aus den beim Bundesministeri- um geführten formellen Personalakten zugrunde liegen, bedarf das keiner nä- heren Darlegung. Sie sind Teil der Einstellungsunterlagen, anhand derer das Beamtenverhältnis begründet worden ist. Der erforderliche sachliche Zusam-
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