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Aktenzeichen
17 K 2974/14
Datum
12. August 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 12. August 2015

17 K 2974/14

Das Verwaltungsgericht Hamburg hebt einen Gebührenbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung auf. Bei der Festsetzung der Kostenhöhe wurde das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip, nach der die Höhe der Gebühr nicht in einem Missverhältnis zur Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzung der Amtshandlung für den Gebührenpflichtigen stehen darf, nicht ausreichend beachtet. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid die Vorschriften des Gebührengesetzes, aus denen sich die Grenzen ihres Ermessens ergeben, weder ausdrücklich benannt oder konkludent angewendet. Das Gericht rechnet aus, dass die tatsächlichen Personalkosten, deren Geltendmachung eine Kostendeckung ergeben würden, bereits geringer sind als die im Bescheid veranschlagten Kosten. Zudem zweifelt es daran, dass die angefallene Arbeitszeit in voller Höhe angesetzt werden darf. (Quelle: LDA Brandenburg)

Kosten

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17 K 2974/14 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes In der Verwaltungsrechtssache XXX, - Klägerin - Prozessbevollmächtigte: XXX, gegen Kassenärztliche Vereinigung Hamburg, Heidenkampsweg 99, - Beklagte - hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 17, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. August 2015 durch den Richter am Verwaltungsgericht                  XXX              als Berichterstatter für Recht erkannt: Der Gebührenbescheid vom 24. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2013 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandener Kosten, die die Klägerin zu tragen hat. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich oder durch ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes und elektronisch übermitteltes Dokument (§ 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in
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-2- Hamburg vom 28. Januar 2008 in der jeweils geltenden Fassung) die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.) einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, -    wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, -    wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, -    wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, -    wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder -    wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Auf die Möglichkeit der Sprungrevision nach § 134 VwGO wird hingewiesen. Tatbestand: Die Klägerin, eine in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft organisierte Berufsausübungsgemeinschaft auf dem Gebiet der Pathologie tätiger Ärzte, wendet sich gegen      einen      Gebührenbescheid          für  die     Erteilung    einer   Auskunft     nach     dem Hamburgischen Transparenzgesetz. Die Klägerin bat die Beklagte in Widerspruchsverfahren gegen von der Beklagten erlassene Quartalshonorarbescheide mit anwaltlichem Schreiben vom 29. September 2011 um Mitteilung von Informationen zur Kalkulation des Budgets der Pathologen in den Quartalen 3/2010 und 1/2011. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 15. Mai 2012 stützte sie ihren Antrag auf Offenlegung der „begehrten Kalkulationsgrundlagen zur Ermittlung des ‚Pathologenbudgets‘ sowie zur Ermittlung der konkreten Quote“, auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz. Mit Bescheid vom 13. Juli 2012 übermittelte -3-
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-3- die Beklagte der Klägerin Informationen und setzte sie eine Gebühr in Höhe von 390,00 Euro fest. Diese Gebühr überwiesen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 20. Juli 2012 auf ein Konto der Beklagten. Die Klägerin monierte mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Januar 2013, die Informationen zur Ermittlung des Pathologenbudgets seien nicht aussagekräftig. Nach den anzuwendenden Vorgaben sei unter Berücksichtigung der Entwicklung der Versorgung eine Schätzung vorzunehmen. Zur Beurteilung, ob die mitgeteilten Berechnungen eine adäquate Schätzung darstellten, forderte sie die Beklagte auf, mitzuteilen, in welchem Umfang in den Quartalen des Jahres 2009 Auftragsleistungen des Kapitels 19 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) angefordert und in welcher Höhe Rückstellungen zum Ausgleich von Fehlschätzungen gebildet worden seien. Hierzu teilte die Beklagte mit Schreiben vom 15. Januar 2013 mit, dass sie das mit Antrag vom 15. Mai 2012 eingeleitete Verfahren als erledigt ansehe und die nunmehr gewünschten Auskünfte lediglich im Rahmen eines selbständigen Verfahrens nach neuer Rechtslage erteilt werden könnten. Hierfür sei ein entsprechender Antrag erforderlich. Nach weiterem Schriftwechsel forderte die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Februar 2013 unter Verweis auf das Hamburgische Transparenzgesetz dazu auf, Zugang zu den im Schreiben vom 11. Januar 2013 konkretisierten Informationen zu gewähren. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 6. Februar 2013 den Eingang des Antrags, verlängerte die Bearbeitungsdauer wegen der Komplexität der begehrten Informationen auf zwei Monate bis zum 4. April 2013 und wies auf die Gebührenpflicht hin. Mit Schreiben vom 19. April 2013 teilte die Beklagte der Klägerin den Umfang der angeforderten Auftragsleistungen des Kapitels 19 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) in den Quartalen des Jahres 2009 mit. Es seien keine Rückstellungen erfolgt, da die in Rede stehenden pathologischen Vergütungsvolumen nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses nicht auf einer Schätzung basierten. Mit Gebührenbescheid vom 24. April 2013 setzte die Beklagte eine Gebühr von insgesamt 400,00 Euro für die Auskunftserteilung fest und verwies hierfür auf § 13 Abs. 4 HmbTG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, Anlage Nr. 5b GebG. -4-
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-4- Die Klägerin legte mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Mai 2013 Widerspruch gegen den Gebührenbescheid ein. Es habe keine zweite Gebühr festgesetzt werden dürfen, weil die am 19. April 2013 erteilten Informationen bereits auf den Antrag vom 15. Mai 2012 hin hätten erteilt werden müssen und die Informationserteilung am 13. Juli 2012 insoweit nicht vollständig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2013, mit einfachem Brief zur Post gegeben am selben Tage, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei eine gesonderte Gebühr festzusetzen, weil die Auskunft gesondert und unabhängig von der am 13. Juli 2012 erfolgten Auskunft ergangen sei. Die zur Berechnung des Budgets für die   Vergütung      pathologischer     Leistungen     des    Kapitels  19   des   Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) bei Probeneinsendungen seien mit Schreiben vom 13. Juli 2012     vollumfänglich     mitgeteilt  worden.      Die    Zahlen   zum   Anforderungsumfang pathologischer Auftragsleistungen in den Quartalen des Jahres 2009 seien bei der Ermittlung des Budgets nicht verwendet worden. In der Rechtsbehelfsbelehrung wies die Beklagte      darauf    hin,   dass    gegen      den     Widerspruchsbescheid    Klage     beim Verwaltungsgericht Hamburg erhoben werden könne. Am 23. Oktober 2013 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Das Sozialgericht Hamburg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18. Februar 2014 an das Verwaltungsgericht Hamburg verwiesen. Die Akte ist am 17. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht Hamburg eingegangen. Zur    Begründung      ihrer   Klage    vertieft   die   Klägerin  ihr  Vorbringen   aus    dem Widerspruchsverfahren.         Ergänzend       trägt     sie   im    Wesentlichen    vor,     die Gebührenfestsetzung sei jedenfalls der Höhe nach unverhältnismäßig. Zu berücksichtigen sei, dass die begehrten Informationen der Beklagten vorlägen bzw. vorliegen müssten. Zudem habe es sich lediglich um ergänzende Informationen zur bereits erfolgten Informationsgewährung gehandelt. Jedenfalls habe die Beklagte ihre Beratungspflicht verletzt, da sie vor der Bescheidung nicht darauf hingewiesen habe, dass die angeforderten Informationen in die Berechnung nicht einbezogen worden seien. Im Übrigen liege ein Ermessensausfall vor. Die Klägerin beantragt, -5-
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-5- den    Gebührenbescheid      vom     24.   April    2013    in   der    Gestalt  des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2013 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, es komme nicht darauf an, ob die Klägerin auf ihren ursprünglichen Antrag hin alle begehrten Informationen erhalten habe, weil   das   seinerzeit  maßgebliche     Hamburgische      Informationsfreiheitsgesetz  eine Nachbesserungspflicht nicht vorgesehen habe. Die Gebührenhöhe sei verhältnismäßig, weil die Zusammenstellung der mit dem erneuten Antrag begehrten Informationen einen hohen Zeit- und Personalaufwand erfordert habe. In der mündlichen Verhandlung am 25. März 2015 hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin X – wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen – und der Beklagten aufgegeben, konkrete Angaben zum Aufwand für die Beantwortung der klägerischen Anfrage zu machen. Hierzu trägt die Beklagte vor, der Leiter des Bereichs Honorarabrechnung habe die Daten aus von der IT zur Verfügung gestellten Papierlisten händisch erfasst und je Quartal addiert. Diese Daten habe er an eine Mitarbeiterin seines Bereichs übermittelt, die nach Rücksprache mit dem Bereich Recht das Schreiben vom 19. April 2013 erstellt habe. Die Ermittlung   der   Daten   und   die   Beantwortung      der   Anfrage   habe    im  Bereich Honorarabrechnung gute 1,5 Arbeitsstunden in Anspruch genommen. Für im Vorwege zu klärende Fragen zur Antragstellung und getätigte Recherchen seien im Bereich Recht weitere 1,5 Arbeitsstunden angefallen. Nach Inkrafttreten des Hamburgischen Transparenzgesetzes seien Recherchen zur gültigen Rechtslage angestellt worden. Das Ergebnis sei der Klägerin mitgeteilt worden. Nachdem die Klägerin einen erneuten Antrag gestellt habe, sei sie u. a. auf die Gebührenpflicht hingewiesen worden. Nach Übermittlung der Informationen sei der Gebührenbescheid erstellt worden, wobei durch weitere Recherchen habe ermittelt werden müssen, woraus sich die Gebühren ergäben und in welcher Höhe diese festzusetzen gewesen seien. Der Leiter des Bereichs Honorarabrechnung erhalte ein monatliches außertarifliches Entgelt in Höhe von 8.955,49 Euro, die weitere beteiligte Mitarbeiterin aus der -6-
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-6- Honorarabrechnung sowie die Mitarbeiter aus dem Bereich Recht erhielten ein monatliches Entgelt nach E 13 Ü TV-L, Entgeltstufe 5, in Höhe von 5.287,81 Euro. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beschäftigten betrage 39 Stunden. Die Klägerin repliziert hierzu im Wesentlichen, es sei nicht nachvollziehbar, dass im Bereich Recht 1,5 Arbeitsstunden angefallen seien. Dies werde bestritten. Die Sachakten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Entscheidungsgründe: I. Die Entscheidung, die im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer ergeht (§ 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO), kann trotz Ausbleibens der Beklagten bei Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 12. August 2015 ergehen, weil sie hierzu am 21. Juli 2015 (Empfangsbekenntnis Bl. 268 d. A.) ordnungsgemäß mit Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden ist. II. Die Klage hat Erfolg, sie ist zulässig (1.) und begründet (2.). 1. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, insbesondere war die Klagefrist bei Eingang der Klage beim Sozialgericht Hamburg am 23. Oktober 2013 noch nicht abgelaufen. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Der Fristbeginn setzt jedoch die ordnungsgemäße Zustellung nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes voraus (Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 28. EL 2015, § 74, Rn. 25). Daran fehlt es hier, weil die Beklagte den Widerspruchsbescheid entgegen § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht zugestellt, sondern am 18. September 2013 mit einfachem Brief zur Post gegeben hat. 2. Die Klage ist auch begründet. Der Gebührenbescheid vom 24. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). a) Rechtsgrundlage des Gebührenbescheides ist § 13 Abs. 4 des Hamburgischen Transparenzgesetzes vom 19. Juni 2012 (HmbGVBl. S. 271; im Folgenden: HmbTG) in -7-
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-7- Verbindung mit den §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 3, 6 des Gebührengesetzes vom 5. März 1986 (HmbGVBl. S. 37; im Folgenden: GebG), zuletzt geändert am 14. Dezember 2010 (HmbGVBl. S. 667), und Nummer 5 lit. b der Anlage zum GebG. Für Amtshandlungen nach den §§ 11, 12 und 13 Abs. 1 bis 3 HmbTG werden Gebühren nach dem Gebührengesetz in der jeweils geltenden Fassung erhoben (§ 13 Abs. 4 HmbTG). Soweit – wie im hier maßgeblichen Zeitpunkt vor Inkrafttreten der Gebührenordnung für Amtshandlungen nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz vom 5. November 2013 (HmbGVBl. S. 456) – keine Gebühren nach besonderen Gebührenordnungen erhoben werden, gilt die dem Gebührengesetz beigefügt Anlage (§ 2 Abs. 2 Satz 1 GebG). Danach besteht bei sonstigen Amtshandlungen ein Gebührenrahmen zwischen 5,00 Euro und 1.000 Euro (Nummer 5 lit. b der Anlage zum GebG). § 7 Abs. 3 GebG eröffnet der Behörde bei der Bemessung einer Rahmengebühr Ermessen, das unter Beachtung der in § 6 Abs. 1 und 2 GebG festgelegten Grundsätze auszuüben ist (VG Hamburg, Urt. v. 29.8.2014, 7 K 3693/13, nicht rechtskräftig, n. v.; VG Hamburg, Urt. v. 20.6.2005, 3 K 4480/03, rechtskräftig, n. v.; s. auch zu vergleichbaren Vorschriften OVG Schleswig, Urt. v. 27.10.2011, 2 LB 10/11, juris, Rn. 39 unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 21.10.1970, IV C 137/68, DÖV 1971, 102; VGH Mannheim, Urt. v. 15.3.1991, A 14 S 2616/90, juris, Rn. 18). Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 GebG, wonach bei der Festlegung der Gebühr die Kosten nicht unterschritten werden sollen, ergibt sich der – den Regelfall abbildende – Gebührenzweck der Kostendeckung. Die Regelungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 2 GebG bestimmen, welche Kosten ansatzfähig sind. Hierzu gehören neben Sachkosten auch Personalkosten. § 6 Abs. 1 Satz 3 GebG enthält das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip, bei dem es sich um die gebührenrechtliche Ausprägung des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit handelt (OVG Hamburg, Urt. v. 9.12.2009, 5 Bf 269/04, juris, Rn. 50; VG Hamburg, Urt. v. 16.5.2014, 17 K 2237/13, rechtskräftig, n. v.). Danach darf die Höhe der Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen einer Amtshandlung für den Gebührenpflichtigen stehen. b) Die Beklagte hat diese Rechtgrundlage nicht ordnungsgemäß angewendet. -8-
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-8- aa) Die mit Schreiben vom 19. April 2013 erfolgte Auskunftserteilung hat zwar dem Grunde nach die Gebührenpflicht der Klägerin ausgelöst. Es handelte sich dabei um eine Amtshandlung im Sinne von § 12 Abs. 1 HmbTG. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellen die Auskünfte vom 13. Juli 2012 und 19. April 2013 auch keine einheitliche Amtshandlung dar, die bereits von dem am 13. Juli 2012 ergangenen bestandskräftigen Gebührenbescheid erfasst war. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass den Auskünften vom 13. Juli 2012 und 19. April 2013 unterschiedliche Auskunftsbegehren der Klägerin zu Grunde lagen. Während die Klägerin mit Schreiben 15. Mai 2012 allgemein die Offenlegung der „begehrten Kalkulationsgrundlagen zur Ermittlung des ‚Pathologenbudgets‘ sowie zur Ermittlung der konkreten Quote“ begehrte, forderte sie mit Schreiben vom 11. Januar 2013 und 4. Februar 2013 konkrete Informationen dazu, in welchem Umfang in den Quartalen des Jahres 2009 Auftragsleistungen des Kapitels 19 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) angefordert und in welcher Höhe Rückstellungen zum Ausgleich von Fehlschätzungen gebildet worden seien. Dem Verständnis der beiden Auskünfte als einheitliche Amtshandlung steht zudem entgegen, dass die Auskunft vom 13. Juli 2012 nach dem bis zum 5. Oktober 2012 gültigen Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29; im Folgenden: HmbIFG), die Auskunft vom 19. April 2013 hingegen nach dem ab dem 6. Oktober 2012 gültigen Hamburgischen Transparenzgesetz erfolgt ist und diese beiden Gesetze jeweils eigenständige die Gebührenpflicht auslösende Begriffe der Amtshandlung verwenden. Während gemäß § 7 Abs. 5 HmbIFG Gebühren für Amtshandlungen nach dem HmbIFG zu erheben waren, sind gemäß § 13 Abs. 4 HmbTG Gebühren nur für Amtshandlungen nach den §§ 11, 12 und 13 Abs. 1 bis 3 HmbTG zu erheben. Im Übrigen konnte der bestandskräftige Gebührenbescheid vom 13. Juli 2012 die am 19. April 2013 erfolgte Auskunftserteilung auch deshalb nicht erfassen, weil er dieser zeitlich vorausgegangen war. Maßgeblich für die Festsetzung einer Gebühr im Einzelfall ist bei Rahmensätzen nach den §§ 7 Abs. 3, 6 Abs. 1 und Abs. 2 GebG insbesondere der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand. Damit einhergehend entsteht die -9-
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-9- Gebührenpflicht bei Verwaltungsgebühren erst mit der Beendigung der Amtshandlung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GebG). bb) Die Beklagte hat die Gebühr jedoch der Höhe nach ermessensfehlerhaft auf 400,00 Euro festgesetzt. (1) Es kann offen bleiben, ob ein Ermessensausfall vorliegt, weil die Beklagte im Verwaltungsverfahren Ermessen nicht ausgeübt hat, oder ob aufgrund der Nennung des Gebührentatbestands in Nummer 5 lit. b der Anlage zum GebG, aus dem sich der Gebührenrahmen von 5,00 Euro bis 1.000,00 Euro ergibt, von einer konkludenten Ermessensausübung auszugehen ist und die Beklagte ihre Ermessenserwägungen im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzen durfte. (2) Jedenfalls hat die Beklagte die sich aus § 7 Abs. 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 und 2 GebG ergebenden gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht beachtet. (a) Weder im Gebührenbescheid vom 24. April 2013 noch im Widerspruchsbescheid vom 18. September 2013 oder im vorliegenden Gerichtsverfahren hat die Beklagte diese Vorschriften ausdrücklich benannt oder auch nur konkludent angewendet. (b) Soweit die Beklagte auf die Bitte des Gerichts, näher zum Aufwand für die Bearbeitung des Antrags der Klägerin vorzutragen, mitgeteilt hat, dass die Erteilung der seitens der Klägerin begehrte Auskunft in den Bereichen Honorarabrechnung und Recht jeweils etwa 1,5 Arbeitsstunden in Anspruch genommen habe und die mit der Sache befassten Mitarbeiter 8.955,49 Euro (Leiter der Honorarabrechnung) bzw. 5.287,81 Euro (weitere Mitarbeiter) verdienten, vermag dies die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 400,00 Euro hinsichtlich des Gebührenzwecks der Kostendeckung nicht zu rechtfertigen. (aa) Selbst wenn man für die 1,5 Arbeitsstunden im Bereich Honorarabrechnung nur den Verdienst des Abteilungsleiters heranzöge, der nach Angaben der Beklagten dort in erster Linie tätig war, und den geringeren Verdienst der weiteren Mitarbeiterin, die nach Angaben der Beklagten nur in geringem Umfang tätig war, außer Acht ließe, ergäben sich bei Division durch das 4,348-fache der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 24 Abs. 3 Satz 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 7 vom 9. März 2013; im Folgenden: TV-L),, - 10 -
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- 10 - die nach Angaben der Beklagten 39 Stunden beträgt, Werte von 52,81 Euro je Arbeitsstunde und 79,22 Euro für 1,5 Arbeitsstunden. Selbst wenn weiter auch die im Bereich Recht angegebenen 1,5 Arbeitsstunden angefallen – was von der Klägerin ausdrücklich bestritten wurde – und ansetzungsfähig sein sollten – was ebenfalls zweifelhaft ist, s. hierzu unten – , wäre der den Mitarbeitern im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 zustehende Tariflohn E 13 Ü TVL in Höhe von 5.030,65 Euro und nicht der vom 1. März 2015 bis zum 29. Februar 2016 gültige Tariflohn E 13 Ü TVL in Höhe von 5.287,81 Euro heranzuziehen. Bei Division durch das 4,348-fache der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (§ 24 Abs. 3 Satz 3 TV-L) von 39 Wochenstunden ergäben sich Beträge von 29,67 Euro je Arbeitsstunde und 44,50 Euro für 1,5 Arbeitsstunden. In der Summe folgten daraus Personalkosten in Höhe von lediglich 123,72 Euro. Diese vermögen eine Gebühr in Höhe von 400,00 Euro im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung nicht zu rechtfertigen. (bb) Im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel daran, ob die nach Angaben der Beklagten im Bereich Recht angefallenen 1,5 Arbeitsstunden in voller Höhe ansetzungsfähig sind. Abgesehen davon, dass die Zeugin Frau X , die im Bereich Recht der Beklagten tätig ist und nicht nur den Gebührenbescheid vom 24. April 2013, sondern auch die vorangegangenen Schreiben vom 15. Januar 2013, 30. Januar 2013 und 6. Februar 2013 gefertigt hat, in der mündlichen Verhandlung am 25. März 2015 ausgesagt hat, nichts dazu sagen zu können, wie große der Aufwand zur Beantwortung der Anfrage gewesen sei, dürfte der Ansetzungsfähigkeit der Personalkosten, soweit sie sich auf im Vorwege zu klärende Fragen zur Antragstellung und getätigte Recherchen zur gültigen Rechtslage nach dem hamburgischen Transparenzgesetz beziehen, deren Ergebnisse der Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2013 mitgeteilt wurden, entgegenstehen, dass sie vor Eingang des ausdrücklich auf das Hamburgische Transparenzgesetz gestützten Antrags der Klägerin vom 4. Februar 2013, den die Beklagte vor einem Tätigwerden für erforderlich hielt und den sie für die Berechnung der Frist nach § 13 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 HmbTG heranzog, entstanden sind. Hätte die Klägerin den ausdrücklich auf das Hamburgische Transparenzgesetz gestützten Antrag nicht mit Schreiben vom 4. Februar 2013 gestellt, hätte die Beklagte mangels nach ihrer Auffassung vorzunehmender - 11 -
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