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Aktenzeichen
8 A 2410/13
Datum
10. August 2015
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 10. August 2015

8 A 2410/13

Während die Vorinstanz die personenbezogenen Teile eines Gutachtens zur Bewertung der Ehrwürdigkeit ehemaliger Mitarbeiter eines Bundesministeriums im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus für weitgehend schutzbedürftig hielt, unterscheidet das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen zwischen den - vorbehaltlich einer Einwilligung schutzwürdigen - Daten noch lebender, früherer Bediensteter einerseits und solchen, die sich auf bereits Verstorbene beziehen, andererseits. Grundsätzlich greift der Datenschutz für Informationen über Verstorbene nicht durch, soweit der Zeitpunkt des Todes mindestens drei Jahre zurückliegt. Informationen über Verstorbene, die im Schlussbericht als "deutlich kritikwürdig" oder "nicht ehrwürdig" bezeichnet werden, sind herauszugeben. Das Urteil enthält ausführliche Erläuterungen zum Umgang mit dem Ausnahmetatbestand des Informationsfreiheitsgesetzes bezüglich personenbezogener Daten, die mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis in Zusammenhang stehen (materielle Personalakten). Auch werden presserechtliche Aspekte erörtert. (Quelle: LDA Brandenburg)

Drittbetroffenheit (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Interessenabwägung Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten

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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                            Seite 1 von 27 Datum:                  10.08.2015 Gericht:                Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:           8. Senat Entscheidungsart:       Urteil Aktenzeichen:           8 A 2410/13 Vorinstanz:             Verwaltungsgericht Köln, 13 K 1541/11 Tenor:                  Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. September 2013 geändert. Der Tenor wird wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 3. März 2011 und des Widerspruchbescheids vom 1. August 2011 verpflichtet, 1.         dem Kläger Einsicht in die geschwärzten Stellen des Gutachtens „Entwicklung und Kriterien der Bewertung der Ehrwürdigkeit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BML/ BMVEL und der Dienststellen seines Geschäftsbereichs im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus“ (Schlussbericht) - Projektnummer/ Geschäftszeichen 514-33.70/05HS040 - zu gewähren, soweit a)         sich die im Schlussbericht enthaltenen Informationen auf Personen beziehen, die bereits verstorben sind und im Schlussbericht als „deutlich kritikwürdig“ oder „nicht ehrwürdig“ bezeichnet werden; b)         sich die im Schlussbericht enthaltenen Informationen auf bereits verstorbene sonstige Personen beziehen, deren Todeszeitpunkt mindestens drei Jahre zurückliegt; 2.         über den Antrag des Klägers, ihm Einsicht in den Schlussbericht zu gewähren, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, soweit sich die im Schlussbericht enthaltenen Informationen auf noch lebende Personen beziehen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                           Seite 2 von 27 Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen unter Einbeziehung der teilweise rechtskräftig gewordenen Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils der Kläger zu 5/12 und die Beklagte zu 7/12. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand                                                                                   1 Im Jahr 2005 beauftragte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und             2 Verbraucherschutz (BMELV) Herrn Priv.-Doz. Dr. B.            E.     , der das privatwirtschaftliche Institut für Kultur-, Unternehmens- und Sozialgeschichte in Bamberg betreibt, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zu „Rolle und Inhalt der Agrarpolitik und Agrarforschung von Vorgängerinstitutionen des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft“ (im Folgenden: Gutachten), das die politische Arbeit der Vorgängerorganisationen in der Zeit des Nationalsozialismus aufarbeiten sollte. Das Gutachten wurde im Februar 2006 vorgelegt. Darin wird über das seinerzeitige Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft ohne konkreten Bezug zu den ehemaligen Bediensteten des Bundesministeriums berichtet. Im Anschluss an das Gutachten wurde eine Folgestudie erstellt und im November                3 2009 vorgelegt: „Entwicklung und Kriterien zur Bewertung der Ehrwürdigkeit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BML/BMVEL und der Dienststellen seines Geschäftsbereichs im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus“ (im Folgenden: Schlussbericht). Der Schlussbericht ist über 270 Seiten lang, enthält ein Abkürzungsverzeichnis, ein umfassendes Quellen- sowie Literaturverzeichnis und behandelt die Lebensläufe von 62 ehemaligen Bediensteten des Bundesministeriums, die zum Zeitpunkt der Vergabe des Gutachtenauftrags im Jahr 2005 noch lebten. Darunter waren sowohl Beamte als auch Angestellte und Arbeiter. Der Schlussbericht sollte auftragsgemäß dazu dienen, die „Ehrwürdigkeit“ der ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu überprüfen. Nach Maßgabe der regierungsinternen „Richtlinien für Kranzspenden und Nachrufe beim Ableben von Bundesbediensteten“ (Rundschreiben des BMI in der Fassung vom 30. November 1993 - D I 4 - 213 461/4 -, GMBl 1993, S. 873; geändert durch Rundschreiben des vom 18. Dezember 2001 - D I 3 - 213 461/4 -, GMBl 2002, S. 250, vom 15. März 2007 - D I 5 - 213 461/4 -, GMBl 2007, S. 519) und vom 15. Mai 2013 - D 6 - 213 461/4 -, GMBl S. 494) (im Folgenden: „Richtlinien“) wird im Todesfall von (früheren) Beschäftigten grundsätzlich ein Kranz gestiftet und ggf. ein Nachruf verfasst, sofern der oder die Verstorbene nicht wegen erheblicher Verfehlungen „einer Ehrung nicht würdig ist“ (Ziffer 8 der Richtlinien). Biografien bereits Verstorbener wurden aus http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                             Seite 3 von 27 diesem Grund in dem Schlussbericht nicht erstellt. Die untersuchten Personen werden im Schlussbericht nach folgenden Kategorien bewertet: „mit Respekt“, „nicht kritikwürdig“, kritikwürdig“, „deutlich kritikwürdig“ und „nicht ehrwürdig“. Untersucht wurde hierzu eine etwaige organisatorische oder berufspraktische Verstrickung in den Nationalsozialismus, insbesondere Mitgliedschaften in NS- Massenorganisationen. Der Kläger ist Journalist. Er beantragte mit Schreiben vom 10. Februar 2011 unter              4 Hinweis auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das Umweltinformationsgesetz (UIG) und Art. 5 Grundgesetz (GG) den Zugang zu der „Studie des Ministeriums zur NS-Vergangenheit des Ministeriums“. Am 16. Februar 2011 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ein Artikel, in dem bereits über das unveröffentlichte Gutachten berichtet wurde, bevor der Kläger eine Antwort auf seinen Antrag auf Einsichtnahme erhalten hatte. Hierüber beschwerte sich der Kläger mit Schreiben vom 17. Februar 2011, adressiert an den zuständigen Staatssekretär des BMELV, und forderte erneut zur Übersendung des Gutachtens bis zum 21. Februar 2011 auf. Zunächst beschied die Beklagte den Kläger abschlägig. In einem Schreiben vom 17. Februar 2011 wurde die Einsichtnahme in das Gutachten in Aussicht gestellt. Mit Bescheid vom 3. März 2011 übersandte das BMELV eine Kopie des Gutachtens,                  5 in der auf 11 Seiten Schwärzungen vorgenommen worden waren. Eine Einsichtnahme in den Schlussbericht wurde hingegen abgelehnt. Zur Begründung führte das Ministerium aus, dass die in dem Schlussbericht enthaltenen Biografien im Wesentlichen auf Angaben beruhten, die aus den Personalakten des Ministeriums entnommen seien und daher dem Datenschutz unterlägen. In einer Zusammenfassung wird Sinn und Zweck des Schlussberichts erläutert und klargestellt, dass die Biografien alle 62 ehemaligen Bediensteten ohne Ansehung ihrer Person, ihres Status oder etwaiger Verdachtsmomente analysierten. Die bereits verstorbenen Ehemaligen seien nicht überprüft worden. Zudem wurde mitgeteilt, dass von den 62 Personen insgesamt 5 als „nicht ehrwürdig“ qualifiziert worden seien. Die beigefügte Rechtsmittelbelehrung verwies auf die Möglichkeit der Klageerhebung zum Verwaltungsgericht. Am 14. März 2011 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er die Verpflichtung zur                6 vollständigen Einsicht in das Gutachten und den Schlussbericht sowie die Feststellung einer rechtswidrigen Diskriminierung durch Bevorzugung der FAZ begehrt hat. Am 18. März 2011 hat der Kläger zudem Widerspruch gegen den Bescheid des                       7 BMELV vom 3. März 2011 eingelegt und dabei auf die Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung hingewiesen. Zur Begründung von Widerspruch und Klage hat der Kläger jeweils                                8 zusammenfassend geltend gemacht, dass sich ein Informationsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz, aus dem Umweltinformationsgesetz, aus dem Pressegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PresseG NRW), aus Art. 5 GG und aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ergebe. Die Anwendbarkeit des Umweltinformationsgesetzes hat der Kläger damit begründet, dass die Gesinnung von NS-belasteten früheren Mitarbeitern auf der Blut-und- Boden-Ideologie beruhe, die ihrerseits einen unmittelbaren Einfluss auf die Umwelt gehabt habe. Das öffentliche Informationsinteresse überwiege das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen ehemaligen Bediensteten, zumal die Mitgliedschaft in einer NS-Massenorganisation nicht Dienst- oder Amtsverhältnisse http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                         Seite 4 von 27 bei der Beklagten betreffe, sondern frühere Tätigkeiten, die derjenigen im Ministerium vorausgegangen seien. Indem die Beklagte die relevanten Gutachten der FAZ trotz rechtzeitigen Antrags wesentlich früher zur Verfügung gestellt habe als dem Kläger, habe die Beklagte zudem das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot, Presseangehörige gleich zu behandeln, verletzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 2011 entsprach das BMELV – nach                     9 Konsultation des Bundesbeauftragen für Datenschutz – nunmehr auch dem Antrag auf Informationszugang betreffend den Schlussbericht, soweit nicht wegen des Schutzes personenbezogener Daten auf den Seiten 6-8, 12-15, 90, 92, 93-96, 97- 253, 254-262, 264-268 sowie 275-278 Schwärzungen vorzunehmen seien. Im Übrigen wies es den Widerspruch zurück. Nach Erhalt des Widerspruchsbescheids hat der Kläger im verwaltungsgerichtlichen         10 Klageverfahren weiter geltend gemacht, dass die geschwärzten Stellen keine personenbezogenen Daten enthielten, jedenfalls keine Abwägung vorgenommen worden sei, die der Pressefreiheit gerecht werde. Ein Geheimhaltungsinteresse sei für jede einzelne Person gesondert zu begründen, was nicht geschehen sei. Der Kläger hat beantragt,                                                                11 1.          die Beklagte unter Abänderung des Bescheids des Bundesministeriums           12 für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 3. März 2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 1. August 2011 zu verpflichten, ihm Einsicht in die geschwärzten Stellen des Gutachtens „Projektnummer/Geschäftszeichen 514-33.70/05HS040“ zum Thema „Entwicklung und Kriterien der Bewertung der Ehrwürdigkeit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BML/BMVEL und der Dienststellen seines Geschäftsbereichs im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus“, Schlussbericht, insbesondere Seiten a) 6-8,                                                                                  13 b) 12-15,                                                                                14 c) 90,                                                                                   15 d) 92,                                                                                   16 e) 93-96,                                                                                17 f) 97-253,                                                                               18 g) 254-262,                                                                              19 h) 264-268,                                                                              20 i) 275-278                                                                               21 zu gewähren,                                                                             22 2.          festzustellen, dass die Beklagte das Gebot der Gleichbehandlung der          23 Presse nach Art. 3 GG verletzt hat, indem sie Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor dem 16. Februar 2011 Zugang zu Informationen zu der NS- Vergangenheit von Mitarbeitern der Beklagten gewährte, dem Kläger trotz Anfrage vom 10. Februar 2011 jedoch erst am 3. März 2011, http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                           Seite 5 von 27 3.          die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für               24 notwendig zu erklären. Im Übrigen hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.         25 Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und im Übrigen                26 beantragt, die Klage abzuweisen.                                                                      27 Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass die geschwärzten Stellen entweder            28 personenbezogene Daten enthielten, die dem Informationszugang Dritter entzogen bleiben müssten, oder solche Angaben, die – ggf. unter Zuhilfenahme weiterer Informationen – eine Identifikation einzelner Personen ermöglichten. Auf den komplett geschwärzten Seiten 97-253 seien die Lebensläufe der 62 Personen dargestellt und bewertet. Eine Bekanntgabe dieser Personen würde Persönlichkeitsrechte verletzen. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts habe Vorrang gegenüber dem Informationsinteresse des Klägers. Eine Differenzierung zwischen lebenden und verstorbenen Personen sei unpraktikabel. Im Übrigen seien die Personen auch bei Anonymisierung unter Verwendung von zugänglichem Zusatzwissen identifizierbar. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben Vertreter des               29 BMELV erklärt, dass von den ursprünglich 62 ehemaligen Bediensteten gegenwärtig noch etwa 10 Personen lebten. Diese und die Erben oder Angehörigen der Verstorbenen seien aus Fürsorgegründen nicht nach ihrer Einwilligung in die Gewährung von Zugang zu ihren personenbezogenen Daten gefragt worden, um die damit verbundenen Belastungen zu vermeiden. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt,         30 soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Es hat die Beklagte des Weiteren verpflichtet, den Antrag des Klägers, ihm Einsicht in die geschwärzten Stellen des Schlussberichts zu geben, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen damit begründet, dass der           31 Kläger keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Offenlegung der geschwärzten Stellen in dem Schlussbericht habe. Denn der Schutz personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 IFG stehe dem entgegen. Die geschwärzten Textstellen, insbesondere die komplett unkenntlich gemachten Seiten 97-253, beträfen personenbezogene Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Insbesondere Mitgliedschaften in NS- Massenorganisationen – wie in der NSDAP, der SS, der SA, dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund, dem Reichsbund Deutscher Beamter, der Hitlerjugend oder dem Bund Deutscher Mädel – enthielten sämtlich Einzelangaben zu persönlichen Verhältnissen. Auch soweit die Personen im Text des Schlussberichts durch Nummernkennung anonymisiert worden seien, seien sie jedenfalls anhand weiterer Informationen bestimmbar. Personenbezogene Daten, die sich auf ein Dienst- oder Amtsverhältnis bezögen, dürften jedoch nach § 5 Abs. 2 IFG Dritten generell nicht zugänglich gemacht werden. Dies gelte namentlich für Personalakten. Ein Abwägungsspielraum bestehe nicht. Soweit in den Schlussbericht auch Informationen eingeflossen seien, die nicht aus den Personalakten stammten, stünden diese jedenfalls aus anderen Gründen mit einem http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                        Seite 6 von 27 Dienst- oder Amtsverhältnis im Zusammenhang: Auch diese Informationen dienten dazu, im Auftrag der Beklagten die Ehrwürdigkeit der zum Zeitpunkt des Gutachtenauftrags noch lebenden 62 ehemaligen Bediensteten des Ministeriums und der Dienststellen seines Geschäftsbereichs bei ihrem Ableben zu untersuchen. Nach den „Richtlinien“ erhalten frühere Bundesbedienstete bei ihrem Ableben eine Kranzspende und ggf. einen Nachruf. Insoweit stünden kraft Funktionsbezugs sämtliche Inhalte des Schlussberichts in einem Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis. Der absolute Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG greife auch für diejenigen ehemaligen Bediensteten, die zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits verstorben waren. Für diese sei der Schutz personenbezogener Daten mit Blick auf ihren postmortalen Achtungsanspruch anzuerkennen. Wie lange der postmortale Schutz personenbezogener Daten andauert, lässt das Verwaltungsgericht offen, jedenfalls sei in Anlehnung an die vergleichbare gesetzliche Wertung des § 22 Abs. 1 Satz 3 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) von einem Ende des Persönlichkeitsschutzes nicht vor Ablauf von zehn Jahren nach dem Tod auszugehen. Insoweit könnten die begehrten Informationen nur zur Verfügung gestellt werden, wenn die Betroffenen einwilligten. Die Beklagte sei nach § 8 Abs. 1 IFG dazu verpflichtet, die Betroffenen um              32 Einwilligung zu bitten. Diese Vorschrift sei auch im vorliegenden Fall anwendbar. Zwar gehe es hier nicht um den Ausschluss eines begehrten Informationszugangs. Die Interessenlage sei jedoch vergleichbar und gebiete eine entsprechende Anwendung auf den gegebenen Fall. Denn es mache keinen rechtlich relevanten Unterschied, ob ein Dritter einen Informationszugang durch seine Stellungnahme ausschließe oder einen solchen durch seine Einwilligung erst ermögliche. Soweit sich die Beklagte demgegenüber auf ihre Fürsorgepflicht gegenüber den ehemaligen Bediensteten berufe, sei dies unbehelflich. Das Gesetz kenne eine entsprechende Ausnahme nicht. Im Übrigen sei schon nicht erkennbar, warum den im Gutachten ausdrücklich entlasteten Personen die Bitte um eine Einwilligung in die Informationsfreigabe nicht zugemutet werden könne. Soweit die Betroffenen zwischenzeitlich verstorben seien, sei entsprechend § 22 KunstUrhG die Einwilligung der Angehörigen einzuholen. Da sich die Beklagte bislang nicht um eine Einwilligung der Betroffenen oder ihrer Angehörigen bemüht habe, sei sie mangels Spruchreife nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, den Kläger nach erfolgter Anhörung der Betroffenen oder ihrer Angehörigen neu zu bescheiden. Das Umweltinformationsgesetz sei hingegen vorliegend nicht anwendbar. Auf das           33 Pressegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen könne sich der Kläger gegenüber einer Bundesbehörde nicht berufen. Aus Art. 5 Abs. 1 GG oder Art. 10 EMRK ergäben sich keine abweichenden Bewertungen. Der gemäß § 44 VwGO im Wege der objektiven Klagehäufung zudem gestellte Feststellungsantrag sei bereits unzulässig. Insoweit fehle es an einem berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung. Gegen das Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte die vom                  34 Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 4. Dezember 2013 das Verfahren               35 abgetrennt, soweit der Kläger die Feststellung beantragt hat, dass die Beklagte das Gebot der Gleichbehandlung der Presse verletzt habe, indem sie Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor dem 16. Februar 2011 Zugang zu Informationen zu der NS-Vergangenheit von Mitarbeitern der Beklagten gewährte, dem Kläger trotz Anfrage vom 10. Februar 2011 jedoch erst am 3. März 2011. Das Verfahren ist vom http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                        Seite 7 von 27 5. Senat des erkennenden Gerichts unter dem Aktenzeichen 5 A 2708/13 fortgeführt und durch Prozessvergleich beendet worden. Der Kläger beantragt,                                                                   36 37 • 1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. September 2013 insoweit         38 aufzuheben, als es die Klage des Klägers abweist, und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 3. März 2011 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 1. August 2011 Einsicht in die geschwärzten Stellen des Gutachtens Projektnummer/Geschäftszeichen 514-33.70/05HS040 zum Thema „Entwicklung und Kriterien der Bewertung der Ehrwürdigkeit von ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BML/BMVEL und der Dienststellen seines Geschäftsbereichs im Hinblick auf die Zeit des Nationalsozialismus“ (Schlussbericht) zu gewähren, • 2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.                                    39 40 Der Kläger ergänzt und vertieft sein Vorbringen aus der ersten Instanz. Er bestreitet, 41 dass sich die begehrten Informationen im Wesentlichen aus den Personalakten der betroffenen vormaligen Beschäftigten ergäben, weil nämlich – wie aus einem anderen Verfahren bekannt – Informationen über eine Mitgliedschaft in NS- Massenorganisationen in der Nachkriegszeit gar nicht systematisch abgefragt worden seien. Im Übrigen beziehe sich § 5 Abs. 2 IFG nur auf solche Daten, die materiell zur Ausübung des jeweiligen Dienstverhältnisses erforderlich seien, was aber auf eine Mitgliedschaft in NS-Organisationen nicht zutreffe. Das Verwaltungsgericht verkenne im Übrigen die Reichweite und Bedeutung der Pressefreiheit für die Anwendung und Auslegung des Informationsfreiheitsgesetzes. Die Verweigerung des Informationszugangs verletze zudem verbindliches Völkerrecht, namentlich eine Verpflichtung, Archivgut aus der NS-Zeit aufzubewahren und in- sowie ausländischen Gutachtern zugänglich zu machen. Im Übrigen sei auch ein Informationsanspruch nach dem Umweltinformationsgesetz zu bejahen, da die „ideologische Gesinnung von Mitarbeitern der Beklagten, die der ‚Blut und Boden‘-Ideologie verhaftet waren, […] einen unmittelbaren Einfluss auf die Umwelt“ habe. Unbeschadet dessen ergebe sich ein Anspruch auf Presseinformation unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) jedenfalls unmittelbar aus dem Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 EMRK). Die Beklagte beantragt,                                                                 42 1.           die Berufung des Klägers zurückzuweisen und                                43 2.           unter Abänderung des Urteils vom Verwaltungsgericht Köln vom 26.           44 September 2013 die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Beklagte ist der Berufung des Klägers unter Vertiefung ihrer bisherigen             45 Argumente entgegengetreten. § 5 Abs. 2 IFG enthalte eine abschließende Regelung, die eine darüber hinausgehende, grundrechtlich begründete Abwägung ausschließe. Dies sei auch mit dem Grundrecht der Pressefreiheit sowie mit Art. 10 Abs. 2 EMRK http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                           Seite 8 von 27 vereinbar, weil § 5 Abs. 2 IFG dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung diene. Ihre Berufung begründet die Beklagte wie folgt: Entgegen der Auffassung des                46 Verwaltungsgerichts sei sie nicht verpflichtet, sich um eine Einwilligung der Betroffenen oder der Angehörigen verstorbener Betroffener zu bemühen. § 8 Abs. 1 IFG enthalte eine abschließende, hier aber nicht anwendbare Regelung. Für eine analoge Anwendung belasse das Gesetz mangels planwidriger Regelungslücke keinen Raum. Denn § 8 Abs. 1 IFG wolle Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme gewähren, sofern über ihre Interessen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG im Rahmen einer Abwägung zu entscheiden sei. Soweit indes ohnehin der absolute Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG greife und damit keine Abwägung mehr stattfinde, sei eine Einwilligung funktionslos. Ob die Verwaltung sich um eine Einwilligung bemühe, falle in ihr allgemeines Verfahrensermessen (§ 10 VwVfG), in dessen Rahmen sie auch den Verwaltungsaufwand berücksichtigen könnte. Dies sei hier fehlerfrei geschehen, wobei die Beklagte keinen Anhaltspunkt dafür gehabt habe, dass die Betroffenen auf eine entsprechende Nachfrage hin ihre Einwilligung erteilen würden. Eine Befragung der Angehörigen verstorbener früherer Bediensteter komme entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Den Angehörigen seien in der Regel die personenbezogenen Daten (zumal solche in Bezug auf die NS-Zeit), die aus einem Dienstverhältnis resultieren, nicht bekannt, sodass diese nicht wüssten, über was sie disponieren sollten. Im Übrigen sei die Bestimmung des § 22 KunstUrhG mangels vergleichbarer Interessenlage nicht analogiefähig. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte am 22. Juli 2015 mitgeteilt, dass von          47 den 62 Bediensteten, deren Lebensläufe der Gutachter untersucht habe, noch sieben oder acht Personen lebten. Von den fünf Personen, die als „nicht ehrwürdig“ qualifiziert worden seien, lebe noch eine Person. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die                    48 Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Entscheidungsgründe                                                                        49 Die zulässigen Berufungen des Klägers und der Beklagten haben jeweils teilweise            50 Erfolg. Die Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger hat teilweise einen Anspruch auf           51 Einsicht in die ihm bisher unbekannten Textstellen des Schlussberichts (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), teilweise einen Anspruch auf Neubescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Zu einem begrenzten Teil wurde der Informationszugang zu Recht abgelehnt. Im Einzelnen: Soweit sich die geschwärzten Textstellen des Schlussberichts auf             52 noch lebende (frühere) Bedienstete bzw. Beschäftigte beziehen, ist die Verpflichtungsklage auf Einsichtnahme unbegründet. Der Kläger hat insoweit jedoch einen Anspruch auf erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats. In Bezug auf die bereits verstorbenen früheren Bediensteten bzw. Beschäftigten, die in dem Schlussbericht als „deutlich kritikwürdig“ oder als „nicht ehrwürdig“ qualifiziert werden, kann der Kläger die Offenlegung der geschwärzten Textstellen beanspruchen. Er hat ferner einen Anspruch auf Einsicht in diejenigen Textstellen des Schlussberichts, die Personen betreffen, die vom Gutachter als http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                            Seite 9 von 27 (einfach) „kritikwürdig“, als „nicht kritikwürdig“ oder „mit Respekt“ bewertet wurden, soweit der Zeitpunkt ihres Todes mindestens drei Jahre zurück liegt. Die weitergehende Klage ist unbegründet. A. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Einsicht in den                   53 streitbefangenen Schlussbericht ist in erster Linie § 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), das durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist (IFG). I. Der Kläger ist nach § 1 Abs. 1 IFG dem Grunde nach anspruchsberechtigt; das              54 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) ist als Bundesbehörde informationspflichtige Stelle. Bei dem Schlussbericht handelt es sich um eine amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung und damit um eine amtliche Information (vgl. § 2 Nr. 1 IFG). II. Dem geltend gemachten Anspruch steht teilweise der Ausschlussgrund des                  55 Schutzes personenbezogener Daten nach § 5 Abs. 1 und 2 IFG entgegen. Soweit die Bediensteten, auf die sich die geschwärzten Textstellen beziehen, noch           56 leben, ist der Anspruch auf Informationszugang vorbehaltlich noch zu erteilender Einwilligungen dieser Personen nach § 5 Abs. 1 und 2 IFG ausgeschlossen (unten 1.). Hinsichtlich bereits Verstorbener greift der Versagungsgrund des Schutzes personenbezogener Daten nicht ein, soweit diese in dem Schlussbericht als „deutlich kritikwürdig“ oder „nicht ehrwürdig“ bezeichnet werden. Soweit zwischenzeitlich verstorbene Bedienstete in dem Schlussbericht in die übrigen, weniger kritikwürdigen Bewertungskategorien eingeordnet worden sind, schließt § 5 IFG den Informationszugang aus, solange nicht mindestens drei Jahre seit dem Tod des jeweiligen Betroffenen vergangen sind (unten 2.). 1. Soweit die Bediensteten, auf die sich die geschwärzten Textstellen beziehen, noch 57 leben, ist der Anspruch auf Informationszugang vorbehaltlich noch zu erteilender Einwilligungen dieser Personen nach § 5 Abs. 1 und 2 IFG ausgeschlossen. Das gilt gleichermaßen für die Beamten wie für die privatrechtlich Beschäftigten (dazu a)). Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist allerdings rechtswidrig, weil die Beklagte die Betroffenen noch nicht nach ihrer Einwilligung befragt hat (dazu b)). a) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG nur                    58 gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Derartige Einwilligungen liegen bisher nicht vor. Neben diese allgemeine Bestimmung tritt ergänzend die Vorschrift des § 5 Abs. 2 IFG. Danach überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen, und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen. Hiernach ist bei personenbezogenen Daten, die durch die in der Vorschrift bezeichneten besonderen Umstände gekennzeichnet sind, für eine einzelfallbezogene Abwägung kein Raum mehr. Vielmehr hat das Gesetz selbst eine abschließende Entscheidung getroffen und im Ergebnis einen abwägungsresistenten Ausschlussgrund für einen beantragten Informationszugang normiert, der nur im Wege der Einwilligung überwunden werden kann. 59 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2410/13                                        Seite 10 von 27 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 -, NVwZ 2015, 669 = juris, Rn. 19. Dieser Ausschlussgrund greift hier ein.                                                  60 aa) Personenbezogene Daten sind nach der auch hier anwendbaren                           61 Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814), Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die geschwärzten Textstellen enthalten nach den plausiblen Angaben der Beklagten sämtlich Daten, die sich auf bestimmte - zum Teil allerdings inzwischen verstorbene - Personen beziehen. Soweit es - wie an dieser Stelle - um die noch lebenden Personen geht, bestehen an der Einordnung der begehrten Informationen als personenbezogene Daten von vornherein keine Zweifel. Wie das Verwaltungsgericht näher dargelegt hat (Urteilsabdruck S. 8 f.), enthält der Schlussbericht eine Vielzahl von Angaben zu persönlichen Verhältnissen der zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe im Jahr 2005 noch lebenden 62 ehemaligen Bediensteten des Ministeriums. Das gilt insbesondere für die nach Angaben des BMELV auf den unkenntlich gemachten Seiten 97 bis 253 wiedergegebenen Lebensläufe, aber auch für die sonstigen geschwärzten Passagen. bb) Diese personenbezogenen Informationen werden vorliegend von der                      62 Sonderregelung des § 5 Abs. 2 IFG erfasst. Sie stehen - wie dort vorausgesetzt - mit dem Dienstverhältnis eines Dritten in Zusammenhang. (1) § 5 Abs. 2 IFG fordert seinem Wortlaut nach durch das Abstellen auf einen            63 „Zusammenhang“ lediglich, dass zwischen dem Dienstverhältnis und der Information eine - im Gesetz nicht näher spezifizierte - Verbindung besteht. Diese Voraussetzung sieht der Gesetzgeber insbesondere bei Informationen aus Personalakten als gegeben an. Nach der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs, der diese Umschreibung noch ausdrücklich enthalten hat, sollten mit der Vorschrift in erster Linie Personalakten im materiellen Sinn dem Informationszugang entzogen werden. Dazu zählen alle Unterlagen einschließlich der in Dateien gespeicherten, die den Beschäftigten betreffen und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen. Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 13.                                                             64 Mit dieser Überlegung hat sich der Gesetzgeber erkennbar an die Definition des           65 beamtenrechtlichen Personalaktenrechts in § 106 Abs. 1 Satz 4 Bundesbeamtengesetz in der heutigen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. März 2015 (BGBl. I S. 250) geändert worden ist (BBG), angelehnt. Darin wird ebenfalls auf den materiellen Personalaktenbegriff abgestellt, der unter anderem für das Vertraulichkeitsgebot des § 106 Abs. 1 Satz 2 BBG maßgeblich ist. Vgl. Battis, Bundesbeamtengesetz, 4. Aufl. 2009, § 106 Rn. 6.                            66 Wie auch an der gegenüber § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG weitergehenden Fassung des             67 § 5 Abs. 2 IFG deutlich wird, sollten darüber hinaus vergleichbare Daten geschützt werden, nämlich diejenigen Unterlagen, die den Beschäftigten betreffen, aber nur http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/8_A_2410_13_Urteil_20150810.... 11.02.2016
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