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Aktenzeichen
17 K 3203/13
Datum
5. August 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 5. August 2015

17 K 3203/13

Das Verwaltungsgericht verpflichtet die beklagte Körperschaft des öffentlichen Rechts, ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zum Einsatz eines EDV-Programms herauszugeben. Der Ausnahmetatbestand des Hamburgischen Transparenzgesetzes für Unterlagen im Zusammenhang mit der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen setzt voraus, dass parallel zum Informationsbegehren überhaupt eine entsprechende Auseinandersetzung geführt wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Weder stehen personalvertretungsrechtliche Regelungen zur Mitbestimmung der Herausgabe entgegen noch stellt die spezialgesetzlich geregelte Verschwiegenheitspflicht für die Mitglieder eines Organs der beklagten Körperschaft ein Verbot der Informationsweitergabe dar. Das Gericht geht nicht von dem Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses aus und stellt fest, dass zudem die nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz vorzunehmende Abwägung zugunsten des Informationsinteresses ausgehen würde. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Interessenabwägung Konkurrierende Rechtsvorschriften Schutz besonderer Verfahren

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17 K 3203/13 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes In der Verwaltungsrechtssache XXX, - Kläger - gegen Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Körperschaft des öffentlichen Rechts -Zentrale Dienste-, Martinistraße 52, 20246 Hamburg, - Beklagte - Prozessbevollmächtigte: XXX, hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 17, am 5. August 2015 im schriftlichen Verfahren durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht                 XXX für Recht erkannt: Bü Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2013 verpflichtet, dem Kläger das von ihr zu Rechtsfragen beim Einsatz eines neuen EDV-Programmes (SAP HCM) in Auftrag gegebene Gutachten vom 23.7.2012 ungekürzt zugänglich zu machen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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-2- Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich oder durch ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes und elektronisch übermitteltes Dokument (§ 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Hamburg vom 28. Januar 2008 in der jeweils geltenden Fassung) die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.) einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, -    wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, -    wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, -    wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, -    wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder -    wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Auf die Möglichkeit der Sprungrevision nach § 134 VwGO wird hingewiesen. Tatbestand: Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Beklagten, dem Kläger Einsicht in ein auf ihren Auftrag durch eine Rechtsanwaltskanzlei erstelltes Gutachten zu gewähren. -3-
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-3- Der    Kläger    ist  Angestellter  und   Mitglied   des   Personalrats des   beklagten Universitätskrankenhauses Eppendorf. Dessen Leitung hatte bei der Anwaltskanzlei X ein Gutachten zum Einsatz eines neuen EDV-Programmes, welches eine effektivere Steuerung sämtlicher personalwirtschaftlicher Abläufe gewähren sollte, in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten wurde der Beklagten unter dem Datum vom 23.7.2012 vorgelegt. Mit Schreiben vom 29.1.2013 wandte sich der Kläger an den Ärztlichen Direktor der Beklagten. Er habe in der Vergangenheit als Personalrat vergeblich versucht, das genannte Gutachten zu erhalten. Zur Vermeidung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens beantrage er nunmehr nach den Vorschriften des Hamburgischen Transparenzgesetzes die Überlassung einer Kopie des vollständigen Gutachtens. Mit Bescheid vom 28.2.2013 lehnte die Beklagte dieses Begehren ab. Hier sei der Ausnahmetatbestand des § 5 Nr. 5 Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG) erfüllt. Das fragliche Gutachten sei gefertigt worden, um Ablauf und Erfolgsaussichten möglicher sich aus Dienstvereinbarungen ergebender Rechtsstreitigkeiten mit dem Personalrat zu bewerten. Hiergegen legte der Kläger unter dem 24.3.2013 Widerspruch ein, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Mit Bescheid vom 28.6.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Gutachten betreffe    die   mit  der    Einführung   des    fraglichen  Programms    verbundenen datenschutzrechtlichen und arbeitsrechtlichen Auswirkungen. Es gehe somit um Lebenssachverhalte, die Gegenstand personalvertretungsrechtlicher Fragestellungen sein könnten. In dem Gutachten würden konkrete Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Einführung des Programms und zum Umgang mit dem Personalrat getroffen und festgestellt, dass es sich um einen nicht mitbestimmungspflichtigen Vorgang handele. Somit sei der Schutzbereich des § 5 Nr. 5 HmbTG berührt. Im Hinblick darauf, dass die Einführung des Vorgängerprogramms Gegenstand einer Dienstvereinbarung gewesen sei, würde eine Überlassung des Gutachtens die Verhandlungsposition des UKE gegenüber      dem    Betriebsrat  möglicherweise    schwächen.    Der  Grundsatz   der -4-
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-4- Waffengleichheit gebiete es, auch einer auskunftspflichtigen Stelle einen Bereich zu belassen, in dem sie aufgrund objektiver und geheimer Informationen Entscheidungen treffen könne, ohne dass die von dieser Entscheidung möglicherweise betroffene andere Partei einer späteren Auseinandersetzung Gebrauch von dieser Information machen könne. Der Kläger wolle das Gutachten offensichtlich einsehen, um Abweichungen von der bisherigen Dienstvereinbarung zu prüfen. Sollten solche Abweichungen vorliegen, könne dies Gegenstand einer Auseinandersetzung, eventuell auch eines Rechtsstreits sein. Dem Anspruch stehe zudem § 7 Abs. 2 HmbTG entgegen, weil das Gutachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalte. Es habe unmittelbaren Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des UKE und erlaube Rückschlüsse auf die Mitarbeiterführung und die Personalplanungskosten. Dem Anspruch stehe zudem die Subsidiaritätsklausel in § 9 Abs. 2 HmbTG entgegen. Im Hamburgischen Personalvertretungsgesetz sei festgelegt, welche Mitbestimmungsrechte und Befugnisse dem Personalrat zukämen und zu welchen Informationen Zugang zu gewähren sei. Dies lasse den Umkehrschluss zu, dass Bereiche, die von der Information und Mitbestimmung ausgenommen seien, als nicht informationsfähig zu bewerten seien. Gegen den am 23.7.2013 per Einschreiben in die Post gegebenen Bescheid erhob der Kläger am 18.8.2013 Klage. Ihm stehe ein Rechtsanspruch auf Zugang zu der begehrten Information zu. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2013 zu verpflichten, ihm das von dieser zu Rechtsfragen beim Einsatz eines neuen EDV-Programms (SAP HCM) in Auftrag gegebene Gutachten vom 23.7.2012 ungekürzt zugänglich zu machen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie rügt die Verfristung der Klage. -5-
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-5- Zudem      sei    die    Klage   unbegründet.      Das   Gutachten      betreffe  von     der Informationsverschaffung gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG ausgenommene Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten überwiege das vom Kläger     geltend     gemachte     Informationsinteresse.    Das     Gutachten    beinhalte Geschäftsgeheimnisse, weil Mitbewerber am Markt der stationären Krankenversorgung aus den Einsatzmöglichkeiten des Programms u.a. die personalwirtschaftliche Aufstellung der Beklagten herleiten könnten. Hierbei handele es sich um einen erheblichen Kostenfaktor im Wettbewerb. Die vollständige Offenlegung der im Gutachten enthaltenen Informationen würde Rückschlüsse auf strategische Erwägungen im Bereich der Personalkostenplanung und ihrer technischen Abwicklung erlauben. Dies seien Faktoren mit erheblicher Wettbewerbsrelevanz. Das Bekanntwerden dieser Informationen würde die Umsetzung der Maßnahme selbst in Frage stellen. Demgegenüber seien die hinter dem      Begehren     des   Klägers    stehenden    Belange    nicht   schutzwürdig.   Nach personalvertretungsrechtlichen Vorschriften stehe ihm kein Anspruch auf Offenlegung zu. Er beschreite den Weg über das Hamburgische Transparenzgesetz nur, um ihm ansonsten nicht zugängliche Informationen zu erhalten. Der Anspruch des Klägers sei zudem nach § 9 HmbTG ausgeschlossen. Der Weitergabe stehe die in § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG geregelte Verschwiegenheitspflicht der Organe der Beklagten entgegen. Am 20.5.2015 hat die Kammer über den Rechtsstreit mündlich verhandelt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Im Hinblick auf eine etwaige vergleichsweise Regelung und auf die vertiefte rechtliche Prüfung einer etwaigen Einschränkung der Informationspflicht nach Maßgabe von § 9 HmbTG haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Mit Schriftsatz vom 29.7.2015 hat die Beklagte ihre Rechtsauffassung, das ihr zustehende Geheimhaltungsinteresse überwiege das Informationsinteresse des Klägers, nochmals vertieft dargelegt. Müsse sie dem Kläger Zugang zu dem Gutachten gewähren, wäre nicht mehr gewährleistet, dass dessen Inhalt geheim bliebe. Es stünde dem Kläger frei, das Gutachten     beispielsweise    an    die   Betriebsräte   konkurrierender    Krankenhäuser weiterzuleiten. Sie, die Beklagte, habe keine rechtliche Möglichkeit, dies zu verhindern. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen. -6-
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-6- Der bei der Beklagten entstandene Sachvorgang ist vom Gericht beigezogen worden. Entscheidungsgründe: I. Infolge des Einverständnisses der Beteiligten ist die Kammer berechtigt, über den Rechtsstreit ohne (erneute) mündliche Verhandlung zu entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO. II. Die Verpflichtungsklage ist zulässig. 1.) Die Verpflichtungsklage ist statthaft. Das Begehren des Klägers ist auf den Erlass eines zuvor abgelehnten Verwaltungsaktes gerichtet, § 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO. Zwar ist das Zugänglichmachen der Information, § 13 Abs. 1 HmbTG, als solches ein Realakt. Doch ist die ablehnende Entscheidung eines entsprechenden Begehrens nach der gesetzlichen Regelung in § 13 Abs. 2 HmbTG als Verwaltungsakt ausgestaltet. Deshalb ist auch der actus contrarius, das Zugänglichmachen der Information, als – regelmäßig konkludent ergehende – Entscheidung über einen Einzelfall i.S. von § 35 HmbVwVfG zu bewerten. 2.) Ferner ist die      Klagfrist, § 74 VwGO, gewahrt. Danach muss (auch) die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Der Kläger hat diese Frist nach seinem schlüssigen Vorbringen, welches durch die in der Sachakte enthaltenen Zustellungsvermerke bestätigt wird, eingehalten. Vertiefender Ausführungen hierzu bedarf es nicht mehr, weil die Beklagte ihre diesbezüglichen Einwendungen ausdrücklich nicht mehr aufrechterhält. III. Die zulässige Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat das Begehren des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Dem Kläger steht nach § 1 Abs. 2 i.V.m. §§ 2 Abs. 7, 12 Abs. 1 HmbTG gegenüber der Beklagten ein gesetzlicher Anspruch darauf zu, ihm die begehrte Information zugänglich zu machen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. -7-
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-7- 1.) Gemäß § 1 Abs. 2 HmbTG hat jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen. a) Fraglos und unstreitig handelt es sich bei dem Gutachten um Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 HmbTG. b) Die Beklagte ist als der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts auch eine auskunftspflichtige Stelle im Sinne des Hamburgischen Transparenzgesetzes, § 2 Abs. 5 Satz 1 HmbTG. 2.) Zur Überzeugung der Kammer ist vorliegend auch keine der in § 5 HmbTG geregelten Ausnahmen von der grundsätzlichen Informationspflicht gegeben. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf den Ausnahmetatbestand des § 5 Nr. 5 HmbTG. Danach      besteht   eine   Informationspflicht   nicht  für  Prognosen,     Bewertungen, Empfehlungen oder Anweisungen im Zusammenhang mit der gerichtlichen oder außergerichtlichen Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen. Diese Bestimmung ist nicht    einschlägig.   Sie    dient   dazu,     Verlauf  und     Ausgang    rechtsförmiger Auseinandersetzungen, welche zwischen dem Informationsanspruchsteller und der informationsverpflichteten Stelle geführt werden, nicht durch Preisgabe auf eben diese Auseinandersetzung          bezogener        Informationen      zum       Nachteil      der informationsverpflichteten Stelle zu beeinflussen. Das Transparenzgesetz soll nicht als prozesstaktisches Instrument eingesetzt werden können und so den Grundsatz der Waffengleichheit, welcher in den unterstellten parallel geführten gerichtlichen oder außergerichtlichen Auseinandersetzungen gilt, gefährden. Eine solche Konstellation liegt nicht vor. Das würde voraussetzen, dass zwischen den Beteiligten parallel zum Informationsbegehren eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung geführt wird. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut. Das    Gesetz stellt    ausdrücklich   auf   den   Zusammenhang      mit  einer  konkreten Auseinandersetzung ab. Daran fehlt es jedoch offenkundig. Wollte man, wie es die Beklagte tut, die bloße Möglichkeit eines künftigen Konflikts ausreichen lassen, würde der Anwendungsbereich       dieses    Ausnahmetatbestandes       über   den  Wortlaut    hinaus ausgeweitet werden. Das wäre mit dem Grundanliegen des Gesetzes, Transparenz als -8-
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-8- Strukturmerkmal staatlichen Verwaltungshandelns einzuführen (näher hierzu unten 4.) b) aa)), nicht zu vereinbaren. 3.)    Das Gericht erkennt ferner keine Einschränkung der die Beklagte treffenden Informationspflicht nach § 9 Abs. 1 HmbTG. Danach       besteht      eine   lediglich   auf    die    Darstellung  des     jeweiligen Informationsgegenstandes und ihres Titels beschränkte Informationspflicht, soweit eine Weitergabe von Informationen durch höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen verboten ist. Der von der Beklagten vertretenen Auffassung, aus den Bestimmungen des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes sowie aus der in § 6 UKEG geregelten Verschwiegenheitspflicht ergebe sich ein Informationsweitergabeverbot, vermag die Kammer nicht zu folgen. Durch die Regelung wird eine bereichsspezifische Informationspflicht geschaffen, welche, dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung Rechnung tragend, verhindern soll, dass       spezialgesetzlich,    d.h.    für   spezifische    Lebensbereiche     geregelte Informationsweitergabeverbote durch die allgemeine Regelung des Transparenzgesetzes unterlaufen werden. Vorausgesetzt wird somit ein konkreter Wertungswiderspruch zwischen     dem     allgemeinen   Informationsanspruch    und   dessen  spezialgesetzlich geregelter Beschränkung. Ein solcher Widerspruch ist keiner der von der Beklagten angeführten gesetzlichen Regelungen zu entnehmen. a)       Ein     Informationsweitergabeverbot     ist     hinsichtlich  der     geltenden personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen nicht gegeben. Der in § 78 Abs. 2 Hamburgisches Personalvertretungsgesetz (HmbPersVG) geregelte Unterrichtungs- und Informationsanspruch des Personalrats wird durch das verfahrensgegenständliche Informationsbegehren des Klägers nicht im vorstehend dargelegten Sinne ausgeweitet. Er betrifft gemäß § 88 Abs. 1 Nr. 32 HmbPersVG auch die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die das Überwachen des Verhaltens oder der Leistung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes ermöglichen. Dieser Mitbestimmungstatbestand würde auch die von dem streitgegenständlichen Gutachten behandelten Sachverhalte erfassen. Das ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, zwischen den Beteiligten nunmehr unstreitig und muss daher nicht weiter ausgeführt werden. Somit kann aus der -9-
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-9- gesetzlichen Ausgestaltung der Mitwirkung des Personalrates schon im Ansatz keine Einschränkung der die Beklagte grundsätzlich treffenden Informationspflicht hergeleitet werden. b) Die Beklagte leitet ein spezialgesetzliches Informationsweitergabeverbot zudem aus der in § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG geregelten Verschwiegenheitspflicht her. Dem vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG haben die Mitglieder der Organe der Beklagten über alle zu    ihrer  Kenntnis   gelangenden     vertraulichen   Angaben   über    Geschäfts-     und Betriebsgeheimnisse des UKE Verschwiegenheit zu bewahren. Zwar ist ein grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht unterliegendes Organ der Beklagten gemäß § 6 Abs. 1 UKEG auch deren Vorstand. Doch statuiert die Vorschrift kein spezialgesetzliches, mit dem allgemeinen Informationsanspruch kollidierendes Informationsweitergabeverbot der Beklagten. aa)     Der  Normwortlaut     gibt  für   ein   solches   Verständnis   nichts   her.    Die Verschwiegenheitspflicht ist an die Mitglieder des Vorstandes der Beklagten adressiert, nicht jedoch an die Beklagte als grundsätzlich zur Information verpflichtete Stelle. Bereits deshalb wird sich aus § 6 Abs. 2 Satz 1 UKEG keine Einschränkung der Informationspflicht herleiten lassen (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 24.5.2011 – 7 C 6/10 – juris Rn 15; a.A. wohl OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 28.1.15 – OVG 12 B 21.13 – juris Rn. 19). bb) Dies Normverständnis wird durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Die fragliche Bestimmung soll die Funktionsfähigkeit der Führung und der Verwaltung der Beklagten dadurch gewährleisten, dass die arbeitsvertragliche Loyalitätspflicht ihrer leitenden Funktionäre durch eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht bekräftigt wird. Erfasst wird damit eine spezifische Form illoyalen Verhaltens der von der Regelung betroffenen Funktionsträger gegenüber der Beklagten, nämlich die unbefugte Preisgabe ihrem Wesen nach geheimer Informationen, die sie infolge ihrer Organzugehörigkeit erlangt haben. Die Vorschrift bezweckt jedoch nicht, es der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts generell zu verbieten, Informationsansprüche nach Maßgabe des - 10 -
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- 10 - allgemeinen Transparenzgesetzes und der in ihm geregelten Beschränkungen für den Geheimnisschutz zu erfüllen. Die im o.g. Sinne funktionsbezogene Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder der Organe der Beklagten kann mithin weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Norm als spezialgesetzliche Anordnung eines umfassenden Geheimnisschutzes bewertet werden. Es verbleibt daher bei der Ausgestaltung des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch das Hamburgische Transparenzgesetz selbst. 4.) Doch auch die Ausgestaltung des Geheimnisschutzes in § 7 HmbTG steht dem Informationsanspruch des Klägers nicht entgegen. Das Gericht vermag bereits nicht zu erkennen, dass das streitgegenständliche Gutachten überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen für ein schutzwürdiges Geheimnis, § 7 Abs. 1 HmbTG, erfüllt. Jedenfalls aber geht die gemäß § 7 Abs. 2 HmbTG vorzunehmende Abwägung zugunsten des vom Kläger geltend gemachten Informationsinteresses aus. a) Aus Sicht der Kammer enthält das streitgegenständliche Gutachten keine schutzwürdigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beklagten. Dies sind gemäß § 7 Abs. Satz 1 HmbTG alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. aa) Allerdings wird nicht zu bezweifeln sein, dass das Gutachten jedenfalls Bewertungen, Einschätzungen und Empfehlungen der Gutachtenerstatter enthält, die nicht offenkundig, sondern nur einem Organ der Beklagten, dem Vorstand, und damit einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind. Solche Bewertungen, Einschätzungen und Empfehlungen werden unter die Tatbestandsmerkmale „Umstände und Vorgänge“ zu fassen sein, die dazu dienen, den Geheimnisschutz auf über dem Beweis zugängliche Tatsachen hinaus zu erweitern. bb) Für nicht erwiesen hält es die Kammer indes, ob die Beklagte, wie von § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 HmbTG weiterhin gefordert, ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung dieser Bewertungen und Einschätzungen hat. - 11 -
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