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Aktenzeichen
9 L 1013/15
Datum
23. Juli 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Potsdam
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Potsdam am 23. Juli 2015

9 L 1013/15

Das Verwaltungsgericht verpflichtet eine Bundesbehörde in einem Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, der Antragstellerin ein Schreiben in Kopie zu überlassen. Es muss substantiiert und nachvollziehbar für jede einzelne Information dargelegt werden, warum gerade diese vom Informationszugang ausgeschlossen werden soll. Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen der Behörde in dem Ablehnungsbescheid nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Sicherheitsaspekte Prozessuales Ablehnungsbegründung

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Abschrift VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM BESCHLUSS VG 9 L 1013/15 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren Antragstellerin, Verfahrensbevollmächtigter: gegen das Bundespolizeipräsidium, vertreten durch den Präsidenten, Heinrich-Mann-Allee 103, 14473 Potsdam, Antragsgegner, wegen          Informationsfreiheitsgesetz; hier: Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam am 23. Juli 2015 durch die Richterin am Verwaltungsgericht Stüker-Fenski als stellvertretende Vorsitzende, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Achenbach, die Richterin am Verwaltungsgericht Fischer, beschlossen: 1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin umgehend positiv zu bescheiden, ihr ab sofort Einsicht in das im Spiegel N_____“ zitierte Schreiben der G_____an das Bundes- ministerium zu geben und ihr eine Kopie zu überlassen.
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-2- Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. 2. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe: Da sich der Anspruch auf Akteneinsicht bzw. Informationszugang nach ständiger Rechtsprechung der Kammer auf den Erlass eines dem Akteneinsichtsantrag statt- gebenden Verwaltungsaktes richtet, ist der Antrag gemäß § 86 Abs. 3, § 88 VwGO von Amts wegen gemäß § 78 Abs. Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 1 BbgVwGG gegen das Bundespolizeipräsidium als Behörde zu richten, § 61 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 8 Abs. 1 BbgVwGG, und sinngemäß dahingehend auszulegen, dass beantragt wird, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin zu bescheiden, dass ihr Auskunft gegeben wird, ob das im S_____“ zitierte Schreiben der GSG 9 an das Bundesministerium existiert, und gegebenenfalls Einsicht in das Dokument zu gewähren und eine Kopie des- selben zu überlassen. Nachdem mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 21. Juli 2015 und mit Bescheid vom 21. Juli 2015 Auskunft darüber erteilt wurde, dass das vom Antragsteller er- wähnte Schreiben der G_____ 9_____ existiert, ist der Antrag im Hinblick auf die begehrte Auskunft, ob es ein solches Schreiben gibt, teilweise erledigt, d.h. der An- trag ist insoweit nunmehr unzulässig geworden, da ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr besteht. Offen ist somit nur noch der sinngemäße Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin zu bescheiden, ihr Einsicht in das im S_____zitierte Schreiben der G_____an das Bundesministerium zu geben und ihr eine Kopie zu über- lassen. -3-
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-3- Dieser zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg. Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zu- standes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig er- scheint, wobei Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft zu machen sind, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. ZPO. Ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Sache ist glaubhaft gemacht. Insbesondere spätestens seit der Veröffentlichung in „a_____ ist der wirtschaftliche Ruf der Antragstellerin ge- fährdet, vgl. § 824 BGB, die sich ohne umgehende Kenntnis des Schreibens der GSG 9 als unmittelbar Betroffener nicht zur Wehr setzen oder auch nicht etwaigen Mängeln abhelfen kann. Die Gewährung der begehrten Leistung im Wege der einstweiligen Anordnung führt hier auch zulässigerweise zur Vorwegnahme der Hauptsache, da der Erlass der einstweilige Anordnung erforderlich ist, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren und nach dem Vorbringen der Beteiligten und nach Lage der Akten ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht. Demgegenüber er- scheinen hier nachteilige Folgen für den Antragsgegner durch den Erlass der einst- weiligen Anordnung begrenzt, da bereits durch die diversen Veröffentlichungen die angeblichen Sicherheitsprobleme im Ergebnis bekannt sind. Der Antragsgegner hat sich nicht erfolgreich gegenüber der Antragstellerin auf den Verweigerungsgrund des § 3 Nr. 1 c) IFG, wonach ein Anspruch auf Informationszu- gang aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht besteht, wenn das Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren oder äußeren Sicherheit haben kann, beru- fen. Denn zum einen ist durch die Veröffentlichung in mindestens der D_____in d_____, in „h_____“ und in „_____ das angebliche Sicherheitsproblem auch mit näherer Be- zeichnung bekannt. Das Schreiben der G_____ mag weitere technische Details ent- halten. Dass durch das Bekanntwerden dieser weiteren Informationen, noch dazu -4-
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-4- gegenüber dem Hersteller, der seinerseits nach den Ausschreibungen grundsätzlich zur Geheimhaltung verpflichtet ist, für die Sicherheitslage für den Schutz d_____noch zunehmende nachteilige Auswirkungen drohen, vgl. Schoch, IFG – Kommentar, § 3, Rn. 36, ist nicht dargelegt und nicht ersichtlich. Zudem sind Infor- mationen über die Maßnahmen zur Sicherung von S_____im Internet frei verfügbar. Der Antragsgegner trägt die Darlegungslast für das Vorliegen einer Ausnahme vom Informationszugang. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. März 2012 – OVG 12 B 27.11 -, Rn. 23, zitiert nach Juris. Dabei reicht es nicht aus, dass für die vom Antragsgegner angezogenen Gründe abstrakt-schlüssig ein Ausschlussgrund in Betracht kommt. Vgl. VG Berlin, Urteil vom 19. Juni 2014 – 2 K 212.13 -, Rn. 56, zitiert nach Ju- ris. Es muss vielmehr substantiiert und nachvollziehbar für jede einzelne Information dargelegt werden, warum gerade diese einzelne Information vom Informationszu- gang ausgeschlossen werden soll. Vgl. VG Berlin, Urteil vom 21. Oktober 2010 – 2 K 89.09 -, Rn. 22, zitiert nach Juris; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 7 C 18/12 -, Rn. 19, zitiert nach Juris. Hierbei ist eine weitere sich vertiefende Gefährdung der inneren oder äußeren Si- cherheit, auf die sich der Antragsgegner ausschließlich als Versagungsgrund beruft, aufgrund der weiteren einzelnen Informationen in dem G_____-Schreiben zu prog- nostizieren, d.h. es ist substantiiert und nachvollziehbar, die eigentliche als geheim- haltungsbedürftig eingestufte Information umschreibend, darzulegen, dass und in- wieweit gerade diese Information weitere nachteilige Auswirkungen auf die innere oder äußere Sicherheit haben kann. -5-
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-5- Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 18/12 -, Rn. 19, zitiert nach Juris. Diesen Anforderungen genügt die Darstellung des Antragsgegners im Bescheid vom 21. Juli 2015, - gegen den die Antragstellerin am 22. Juli 2015 Widerspruch erhoben hat -, vor dem Hintergrund der bereits veröffentlichten angeblichen Sicherheitsmän- gel und der Möglichkeit, sich aus öffentlich zugänglichen Quellen Detailwissen über die Sicherungsvorkehrungen für S_____ zu beschaffen, nicht, indem der Antrags- gegner lediglich behauptet, dass das Schreiben d_____ „ausschließlich“ „Ausführun- gen zu S_____ welche Aufschluss über d_____ geben können“, und „sicherheitsre- levante Informationen, die andere Behörden mit Auslandsbezug betreffen“, enthalte. Dass diese Darstellung hinsichtlich der Sicherheitsbelange inhaltlich unsubstantiiert ist, erhellt sich auch aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgang. Dieser enthält keinerlei Vermerk zu Sicherheitsaspekten. Vielmehr ergibt sich aus den behördeninternen Vermerken/E-Mails Bl. 70, 74 und 84 des Verwaltungsvor- gangs, dass andere Behörden einer Weitergabe des Schreibens der G_____an die Antragstellerin nicht zugestimmt haben, ohne dass hier irgendwelche inhaltlichen Gründe benannt werden. - Es sei zudem angemerkt, dass der erste Entwurf des Be- scheides nicht zur Akte gelangt ist. - Da sich der Bescheid vom 21. Juli 2015 lediglich auf „sicherheitsrelevante Informationen, die andere Behörden mit Auslandsbezug unmittelbar betreffen“ bezieht, kann das Gericht diesen Grund, der sich anscheinend ebenfalls auf § 3 Nr. 1 c) IFG stützen soll, mangels hinreichender Darlegung im oben genannten Sinne eben so wenig nachprüfen wie die angeblich weitere Gefährdung für die Schutzwirkung der S_____e. Nach alledem war dem Eilantrag stattzugeben. Es wird vorsorglich darauf hingewie- sen, dass ein Eilbeschluss sofort vollziehbar ist, § 149 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. VwGO. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1,                § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung entspricht der üblichen Praxis der Kammer für Angelegen- heiten der Akteneinsicht vom Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG auszugehen, -6-
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-6- wobei hier wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache von einer sonst in Eilverfahren üblichen Halbierung des Streitwertes abgesehen wurde. Rechtsmittelbelehrung: Gegen den Beschluss zu 1. steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberver- waltungsgericht zu. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Fried- rich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntga- be der Entscheidung schriftlich einzulegen. Sie kann stattdessen auch in elektroni- scher Form bei der elektronischen Poststelle des Verwaltungsgerichts Potsdam ein- gereicht werden, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektroni- schen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen ist (s. zu diesem Einrei- chungsverfahren die Erläuterungen unter www.erv.brandenburg.de). Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorge- legt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenberg- straße 31, 10623 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes auf dem unter www.berlin.de/erv veröffentlichten Kommunikationsweg einzureichen. Sie muss ei- nen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung aus- einander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch nach § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zugelassene Bevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde. Gegen den Beschluss zu 2. ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Be- schwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätz- licher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird. Die Be- schwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam in der genannten Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entschei- dung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig er- ledigt hat, einzulegen; der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht. Stüker-Fenski                       Dr. Achenbach                           Fischer
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