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Aktenzeichen
15 A 1997/12
Datum
2. Juni 2015
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 2. Juni 2015

15 A 1997/12

Die Verweigerung der begehrten Informationen zu den Zeitpunkten von Darlehensauszahlungen durch eine als juristische Person des öffentlichen Rechts organisierten Bank war rechtswidrig. Das Bankgeheimnis steht der Offenlegung nicht entgegen. Es handelt sich beim Bankgeheimnis nicht um eine besondere, dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen vorgehende Vorschrift, da es nicht bereichsspezifisch den Informationszugang außenstehender Dritter zu amtlichen Informationen, die öffentlich-rechtliche Kreditinstitute vorhalten, regelt. Selbst wenn es sich beim Bankgeheimnis um Gewohnheitsrecht im Rang eines Bundesgesetzes handelte, würde es das landesrechtliche Informationsfreiheitsgesetz nicht verdrängen. Auch Ausnahmetatbestände zum Schutz überwiegender privater Interessen liegen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung damit zurück. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Konkurrierende Rechtsvorschriften

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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                          Seite 1 von 19 Datum:                  02.06.2015 Gericht:                Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:           15. Senat Entscheidungsart:       Urteil Aktenzeichen:           15 A 1997/12 ECLI:                   ECLI:DE:OVGNRW:2015:0602.15A1997.12.00 Vorinstanz:             Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 4363/11 Schlagworte:            Informationsanspruch Bankgeheimnis Normen:                 IFG NRW § 4 Abs. 2 Satz 1 Leitsätze:              Das Bankgeheimnis ist keine besondere Vorschrift i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW, die den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes NRW vorgeht. Tenor:                  Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:                                                                                1 Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Auskunftserteilung nach dem                       2 Informationsfreiheitsgesetz NRW. Der Kläger - ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - war von Dezember 2005 bis            3 Dezember 2010 Kommanditist der N.          erste Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG und von November 2006 bis Dezember 2010 der N.                 zweite Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG sowie der N.              dritte Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG. Von November 2004 bis Dezember 2010 war der Kläger Kommanditist der S.             Immobilien GmbH & Co. KG. Seit Dezember 2010 firmieren diese Gesellschaften als Ltd. & Co. KG. Von Juni 2008 bis März 2011 war der Kläger zudem Geschäftsführer der Komplementärin der https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                       Seite 2 von 19 drei N.     -Gesellschaften und von August 2008 bis März 2011 Geschäftsführer der früheren Komplementärgesellschaft der S.          Immobilien, der S. Immobilien Verwaltungs GmbH. Diesen Gesellschaften waren durch Bewilligungsbescheide der zuständigen                  4 kommunalen Behörden Wohnungsbaufördermittel zugewandt worden. Auf der Grundlage dieser Bewilligungsbescheide hatte die Wohnungsbauförderungsanstalt (WfA) - die Rechtsvorgängerin der beklagten NRW.Bank - Förderdarlehen gewährt. Wegen der Abwicklung und Begleitung des Förderrechtsverhältnisses hatte der Kläger jedenfalls seit Dezember 2005 bis zu seinem Ausscheiden als Kommanditist im Dezember 2010 für die Investoren Gespräche mit der WfA bzw. später der Beklagten über Förderrechtsangelegenheiten im Zusammenhang mit den Fördervorhaben geführt. Zur Sicherung der Darlehensansprüche der WfA hatte der Kläger Bürgschaften               5 gegenüber der WfA begeben. Aus diesen Bürgschaftsverpflichtungen nimmt ihn die Beklagte zivilrechtlich in Anspruch. Am 12. Mai 2011 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf                    6 Auskunftserteilung gemäß § 4 IFG NRW. Die Beklagte sollte ihm u. a. folgende Informationen zur Verfügung stellen: „ 1. Wann erfolgten die Auszahlungen der von der NRW.Bank gewährten Darlehen             7 an die N.     erste Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als N.     erste Vermögensverwaltungsgesellschaft Ltd. & Co. KG), an die N.     zweite Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als N.     zweite Vermögensverwaltungsgesellschaft Ltd. & Co. KG), an die N. dritte Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als N. dritte Vermögensverwaltungsgesellschaft Ltd. & Co. KG) sowie an die S. Immobilien GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als S.         Immobilien Ltd. & Co. KG)? 2. Auf welcher öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage erfolgte die jeweilige             8 Auszahlung der in Ziffer 1 genannten Darlehen durch die NRW.Bank und wurden die jeweiligen Auszahlungsvoraussetzungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Auszahlung durch die NRW.Bank auch eingehalten? …“                                                                                       9 Zur Begründung seines Antrags führte der Kläger aus, die Beklagte bzw. ihre            10 Vorgängerin, die WfA, habe für Bauprojekte der in dem Antrag bezeichneten Gesellschaften Darlehen gewährt und ausgereicht. Er, der Kläger, werde von der Beklagten aus Bürgschaftsverpflichtungen im Hinblick auf diese Darlehen in Anspruch genommen. Er habe daher ein Interesse daran, die begehrten Auskünfte zu erhalten. Die Beklagte sei zu diesen nach § 4 IFG NRW verpflichtet. Mit Bescheid vom 17. Juni 2011, zugestellt am 20. Juni 2011, lehnte die Beklagte       11 die Auskunftserteilung u. a. zu den Fragen 1. und 2. aus dem Antrag vom 12. Mai 2011 ab. Zur Begründung führte sie aus, einer Auskunft zu dem Zeitpunkt der Auszahlungen der Förderdarlehen stehe das Bankgeheimnis entgegen. Das Bankgeheimnis sei als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht Teil des Bundesrechts. Als solches genieße es gemäß Art. 31 GG Vorrang vor abweichendem Landesrecht. Unabhängig davon greife der Ablehnungsgrund des § 5 Abs. 4 Alt. 1 IFG NRW. Aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der in https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                         Seite 3 von 19 Rede stehenden Gesellschaften und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er seit Dezember 2005 verantwortlicher Gesprächspartner der Beklagten für die Abwicklung des Förderrechtsverhältnisses gewesen sei, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger Informationen über den Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehen an die Darlehensnehmer gehabt habe. Bei der ihm in seiner damaligen Funktion obliegenden Sorgfalt sei er zumindest verpflichtet gewesen, sich Kenntnis über die für die Abwicklung des Förderrechtsverhältnisses maßgeblichen Tatsachen zu verschaffen. Hierzu sei er aufgrund seiner beruflichen Qualifikation auch in der Lage gewesen. Das allgemeine öffentliche Interesse an einer Transparenz der Vorgänge der Verwaltung rechtfertige ein Informationsbegehren nicht, wenn der Antragsteller - wie hier - bereits über die begehrten Informationen verfüge. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Auskunft über Daten der Auszahlung der Darlehensvaluta gering sein möge. Sehe man das Bankgeheimnis lediglich als vertragliche Verpflichtung der Beklagten an, wäre diese Verpflichtung hilfsweise bei der Ausübung des Ablehnungsermessens aus § 5 Abs. 4 IFG NRW zu berücksichtigen. Sollte der Kläger die ihm aus seiner früheren Tätigkeit bekannten Informationen nicht mehr in Händen halten, würde sich nichts anderes ergeben. Dem Auskunftsbegehren zu 2. stehe aus entsprechenden Erwägungen § 5 Abs. 4 Alt. 1 IFG NRW entgegen. Die Frage nach den jeweiligen Auszahlungsvoraussetzungen setze eine rechtliche Bewertung voraus und ziele daher nicht auf eine amtliche Information. Der Kläger hat am 20. Juli 2011 Klage erhoben.                                           12 Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Beklagte könne sich               13 gegenüber seinem Informationsanspruch nicht auf das Bankgeheimnis berufen. Das nur als Richterrecht existierende allgemeine Bankgeheimnis werde durch die spezialgesetzlichen Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes NRW - wie dessen § 8 zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - verdrängt. Eine ermessensfehlerfreie Ablehnung der beantragten Informationserteilung nach § 5 Abs. 4 Alt. 1 IFG sei nicht möglich. Es komme hierfür nicht darauf an, ob der Kläger - etwa aufgrund seiner Organstellung in der Vergangenheit - Kenntnis von den begehrten Informationen hätte haben müssen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 6. Juli 2012 14 hat der Kläger die Klage zurückgenommen, soweit diese sich auf die Mitteilung der öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage der Darlehensauszahlungen und die Einhaltung der jeweiligen Auszahlungsvoraussetzungen bezog. Der Kläger hat daraufhin beantragt,                                                      15 die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheids vom 17. Juni 2011 zu             16 verpflichten, folgende Auskünfte zu erteilen: Wann erfolgten die Auszahlungen der von der NRW.Bank gewährten Darlehen an               17 die N.     erste Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als N.     erste Vermögensverwaltungsgesellschaft Ltd. & Co. KG), an die N. zweite Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als N.     zweite Vermögensverwaltungsgesellschaft Ltd. & Co. KG), an die N.        dritte Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als N.          dritte Vermögensverwaltungsgesellschaft Ltd. & Co. KG) sowie an die S. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                          Seite 4 von 19 Immobilien GmbH & Co. KG (jetzt firmierend als S.            Immobilien Ltd. & Co. KG)? Die Beklagte hat beantragt,                                                               18 die Klage abzuweisen.                                                                     19 Sie hat vorgetragen, das Informationsfreiheitsgesetz NRW könne das                        20 Bankgeheimnis nicht verdrängen. Es gelte die allgemeine Kollisionsregel des Art. 31 GG, derzufolge Bundesrecht Landesrecht breche. Auch das vorkonstitutionelle Bundesrecht unterfalle dieser Vorrangregel. Nach diesen Maßstäben werde das Informationsfreiheitsgesetz NRW gemäß Art. 31 GG durch das Bankgeheimnis verdrängt, das als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht Teil des einfachen Bundesrechts sei. Das Bankgeheimnis untersage der Beklagten als von dessen Anwendungsbereich erfasstem Kreditinstitut die Herausgabe solcher Informationen, die im Zusammenhang mit den Geschäftsbeziehungen zum Kunden stünden. Auch die Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes NRW beträfen - soweit es um öffentlich-rechtliche Kreditinstitute gehe - solche dort vorhandenen Daten, die dem Bankgeheimnis unterlägen. Auch diese Daten erfüllten den Begriff der amtlichen Information. Damit läge eine Regelung des gleichen Gegenstands vor. Zwischen beiden Normen gebe es eine echte Kollision. Des Weiteren stehe dem Informationsanspruch § 5 Abs. 4 Alt. 1 IFG NRW entgegen. Der Kläger bestreite nicht, dass ihm die betreffenden Informationen als solche vorlägen, etwa weil sie ihm von dritter Seite zugänglich gemacht worden seien. Letzteres sei für die Anwendung des § 5 Abs. 4 Alt. 1 IFG ausreichend. Im Übrigen müsse sich der Kläger entgegenhalten lassen, die einmal erlangte Information verloren zu haben. Darauf lasse er sich bezeichnenderweise nicht ausdrücklich ein. Mit Urteil vom 6. Juli 2012 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren im Umfang der 21 Klagerücknahme eingestellt und der Klage im Übrigen unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 17. Juni 2011 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe einen Auskunftsanspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW. Die Beklagte sei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW auskunftspflichtige Stelle. Das Bankgeheimnis sei keine besondere Rechtsvorschrift i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW, die den Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes NRW vorgehe. §§ 8, 9 IFG NRW stünden dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Dasselbe gelte für § 5 Abs. 4 IFG NRW. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.                                       22 Die Beklagte hat am 24. August 2012 Berufung gegen das ihr am 25. Juli 2012               23 zugestellte Urteil eingelegt. Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte im Wesentlichen 24 ihr erstinstanzliches Vorbringen: Sie unterliege auch in der Rechtsform der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts den Anforderungen des Bankgeheimnisses. Die von dem Kläger begehrte Information über die Zeitpunkte der Auszahlungen der jeweiligen Darlehensvaluta falle in den Anwendungsbereich des Bankgeheimnisses. Das Bankgeheimnis genieße Vorrang gegenüber landesrechtlich begründeten Auskunftsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz NRW. Als vorkonstitutionelles Bundesrecht verdränge das Bankgeheimnis das Informationsfreiheitsgesetz NRW nach der grundgesetzlichen Kollisionsregel des Art. 31 GG. Dies habe das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen, als es auf § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                           Seite 5 von 19 abgestellt habe. Diese Vorschrift sei nicht einschlägig, weil ihr Zweck nur die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander sei. Das Bankgeheimnis habe absoluten Verbotscharakter. Nur in Einzelfällen könne es im Wege der Interessenabwägung eingeschränkt werden. Es bestehe auch keine Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Einschränkung des Bankgeheimnisses. Des Weiteren stehe dem streitigen Informationszugangsanspruch § 5 Abs. 4 Alt. 1 IFG NRW entgegen. Dem Kläger sei aufgrund seiner Tätigkeit als Gesellschafter der Komplementärgesellschaften der Darlehensnehmer im Zeitraum von Juni 2008 bis März 2011 und vor allem aufgrund der Tatsache, dass er seit 2005 als verantwortlicher Ansprechpartner der Beklagten die Verhandlungen und Gespräche über die Abwicklung des Förderrechtsverhältnisses geführt habe, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bekannt gewesen, wann die Auszahlung der Darlehen an die Darlehensnehmer erfolgt sei. Dagegen habe sich der Kläger im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens nicht gewandt. Ob die Kenntnis gerade durch die Beklagte vermittelt worden sei, sei nicht maßgeblich. Der Kläger habe die einmal erlangte Information aufbewahren müssen. Es könne nicht darauf abgestellt werden, ob der Kläger die Information nach Aufgabe der Geschäftsführerstellung habe zurücklassen müssen. Die Beklagte beantragt,                                                                    25 das angefochtene Urteil zu ändern und die noch anhängige Klage abzuweisen.                 26 Der Kläger beantragt,                                                                      27 die Berufung zurückzuweisen.                                                               28 Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, das                         29 Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass das Bankgeheimnis nicht als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht Teil des einfachen Bundesrechts sei. Vielmehr handele es sich bei dem Bankgeheimnis um eine vertragliche Verpflichtung. Art. 31 GG komme nicht zum Tragen. Aus § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW folge, dass nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen seien, die denselben Sachverhalt abschließend regelten oder deren Schutzzweck einem umfassenden Informationsanspruch zuwiderlaufe. Das Bankgeheimnis sei auch kein absolutes Verbotsgesetz. Ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Beklagten i.S.v. § 8 IFG NRW werde nicht offenbart. § 9 IFG NRW und § 5 Abs. 4 IFG NRW griffen nicht zugunsten der Beklagten ein. Die maßgeblichen Gespräche mit der Beklagten habe seinerzeit federführend der Architekt G.         geführt. Im Übrigen sei sein Beitrag im Zusammenhang mit der Finanzierung der Kommanditgesellschaften nur noch von untergeordneter Bedeutung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der         30 Gerichtsakte sowie auf den Inhalt des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Entscheidungsgründe:                                                                       31 Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.                                 32 Das Verwaltungsgericht hat der Klage im noch streitgegenständlichen Umfang zu              33 Recht stattgegeben. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                        Seite 6 von 19 Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt den          34 Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), soweit die Beklagte dem Kläger die mit dem noch anhängigen Klageantrag begehrten Informationen zu den Zeitpunkten der Darlehensauszahlungen verweigert hat. Der Kläger hat einen diesbezüglichen Anspruch auf Informationszugang gemäß § 4          35 Abs. 1 IFG NRW (dazu I.). Die Anwendung des § 4 Abs. 1 IFG NRW ist nicht durch das Bankgeheimnis ausgeschlossen (dazu II.). Ablehnungsgründe, die dem Informationsanspruch des Klägers entgegenstehen, liegen nicht vor (dazu III.). I. Der Kläger kann den geltend gemachten Informationszugangsanspruch auf § 4            36 Abs. 1 IFG NRW stützen. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes          37 gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Diese Voraussetzungen sind gegeben.                                                     38 Die beklagte NRW.Bank ist eine anspruchsverpflichtete Stelle i.S.v. § 2 IFG NRW         39 (dazu 1.). Das noch anhängige Informationsverlangen hinsichtlich der in dem Klageantrag bezeichneten Zeitpunkte bestimmter Darlehensauszahlungen betrifft amtliche Informationen i.S.d. § 3 Satz 1 IFG NRW (dazu 2.). 1. Die beklagte NRW.Bank fällt in den von § 2 IFG NRW definierten                       40 Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes NRW. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW zufolge gilt dieses Gesetz für die Verwaltungstätigkeit       41 der Behörden, Einrichtungen und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen (öffentliche Stellen). Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 IFG NRW). Sofern eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts öffentlich- rechtliche Aufgaben wahrnimmt, gilt sie als Behörde im Sinne dieses Gesetzes (§ 2 Abs. 4 IFG NRW). Der Begriff der Verwaltungstätigkeit in § 2 Abs. 1 IFG NRW ist weit auszulegen. Er      42 umfasst die Verwaltung im formellen und materiellen Sinn. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes NRW ist es, staatliches Handeln transparent zu machen und durch den freien Zugang zu Informationen nicht nur die Nachvollziehbarkeit, sondern auch die Akzeptanz behördlicher Entscheidungen zu steigern. Dementsprechend war es Intention des Gesetzgebers, einen möglichst weiten und umfassenden Informationsanspruch zu schaffen und die Ausschlussgründe eng zu fassen. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Oktober 2010 - 8 A 875/09 -, juris Rn. 30 f., unter         43 Hinweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs LT-Drs. 13/1311, S. 9 und S. 10. Unter Verwaltung im formellen Sinn ist die gesamte Tätigkeit der Exekutive zu           44 verstehen, unabhängig davon, ob es sich um eine Tätigkeit materiell verwaltender Art handelt. Entscheidend ist die Einordnung des Handelnden in den Staatsaufbau. Ausgehend davon liegt eine Verwaltungstätigkeit dann vor, wenn eine Stelle aus dem Bereich der Exekutive und nicht der Legislative oder Judikative tätig wird. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                        Seite 7 von 19 Darüber hinaus erfasst § 2 Abs. 1 IFG NRW die Verwaltung im materiellen Sinn, wie sich aus der Behördendefinition in § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 IFG NRW ergibt. Der materielle Verwaltungsbegriff knüpft an die ausgeübte Funktion bzw. den verfolgten Zweck der Tätigkeit an, unabhängig davon, wer sie ausübt. Maßgeblich ist, ob materielle Verwaltungsaufgaben (in Abgrenzung zu Aufgaben der Legislative oder Judikative) wahrgenommen werden. Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. Oktober 2010 - 8 A 875/09 -, juris Rn. 33 ff., und         45 vom 17. Mai 2006 - 8 A 1642/05 -, NWVBl. 2006, 292 = juris Rn. 34, Beschlüsse vom 31. Januar 2005 - 21 E 1487/04 -, NJW 2005, 2028 = juris Rn. 9, und vom 19. Juni 2002 - 21 B 589/02 -, NVwZ-RR 2003, 800 = juris Rn. 12; ebenso zu § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG Bund: BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, NVwZ 2013, 431 = juris Rn. 22, und vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, BVerwGE 141, 122 = DVBl. 2012, 176 = juris Rn. 11. Gemessen an diesen Maßstäben ist die beklagte NRW.Bank in formeller wie in              46 materieller Hinsicht eine Stelle, die i.S.v. § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IFG NRW Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt und als solche aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes NRW in Anspruch genommen werden kann. Dass die NRW.Bank bereits formell als öffentliche Stelle i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG 47 NRW qualifiziert werden kann, ergibt sich aus ihrer (öffentlich-rechtlichen) Konstruktion nach dem Gesetz über die NRW.Bank vom 16. März 2004 (GV. NRW. S. 126; im Folgenden: NRW.Bank-G). Vgl. im Übrigen für die öffentlich-rechtlich organisierten Sparkassen- und              48 Giroverbände: Franßen/Seidel, IFG NRW, 2007, § 2 Rn. 152. Nach dessen § 1 ist die NRW.Bank ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer             49 rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 NRW.Bank-G steht sie unmittelbar unter der staatlichen Aufsicht des Innenministeriums, die im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung im Einvernehmen mit dem für das Wohnungswesen zuständigen Ministerium ausgeübt wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 NRW.Bank-G). Gewährträger der NRW.Bank ist gemäß § 4 Abs. 1 NRW.Bank-G das Land Nordrhein-Westfalen. Dieses stellt sicher, dass die NRW.Bank ihre Aufgaben erfüllen kann und trägt solchermaßen die Anstaltslast (§ 4 Abs. 2 NRW.Bank-G). Auch materiell kommt die NRW.Bank öffentlichen Verwaltungsaufgaben nach. Dies           50 schreibt § 3 Abs. 1 Satz 1 NRW.Bank-G fest. Er bestimmt, dass die NRW.BANK den staatlichen Auftrag hat, das Land und seine kommunalen Körperschaften bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben, insbesondere in den Bereichen der Struktur-, Wirtschafts-, Sozial- und Wohnraumpolitik, zu unterstützen und dabei Fördermaßnahmen im Einklang mit den Beihilfevorschriften der Europäischen Gemeinschaft durchzuführen und zu verwalten. 2. Mit seinem noch anhängigen Klagebegehren, von der Beklagten die                      51 Auszahlungszeitpunkte bestimmter Darlehen zu erfahren, zielt der Kläger auf eine amtliche Information i.S.d. § 3 Satz 1 IFG NRW. § 3 Satz 1 IFG NRW definiert Informationen im Sinne dieses Gesetzes als alle in         52 Schrift-, Bild-, Ton- oder Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                         Seite 8 von 19 Auch der hiermit verwendete Begriff der Information soll nach dem Willen des             53 Gesetzgebers eine möglichst offene und umfassende Auslegung des Informationsfreiheitsgesetzes NRW sicherstellen Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 45, unter Hinweis        54 auf die Begründung des Gesetzentwurfs LT-Drs. 13/1311, S. 10. Ein dienstlicher Zusammenhang der Information ist jedenfalls zu bejahen, wenn die        55 Unterlagen dienstlichen Zwecken dienen, also dazu bestimmt sind, zu einem (Verwaltungs-)Vorgang zu gehören. Mit den dienstlichen Zwecken sind die von der öffentlichen Stelle zu erfüllenden Aufgaben gemeint. Erfasst sind jedenfalls Informationen, die von einer öffentlichen Stelle in Ausübung ihrer Verwaltungstätigkeit zielgerichtet erlangt wurden und die daher einen inhaltlichen Bezug zu der Verwaltungstätigkeit aufweisen. Vgl. Franßen/Seidel, IFG NRW, 2007, § 3 Rn. 354 f.; siehe dazu außerdem OVG              56 NRW, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 49. Legt man diese Begriffsbestimmung zugrunde, ist die von dem Kläger beanspruchte          57 Auskunft über den Auszahlungszeitpunkt bestimmter Darlehen, welche die Beklagte gewährt hatte, eine amtliche Information im Verständnis des § 3 Satz 1 IFG NRW. Die Beklagte bewilligte diese Darlehen im Rahmen der Erfüllung der ihr zugewiesenen öffentlichen Aufgabe der Wohnungsbauförderung. Mit dieser Aufgabenwahrnehmung steht der Zeitpunkt der Darlehensauskehrung in einem unmittelbaren dienstlichen Zusammenhang. II. Die Anwendung des § 4 Abs. 1 IFG NRW ist nicht durch das Bankgeheimnis               58 ausgeschlossen. Das Bankgeheimnis ist weder eine besondere Vorschrift i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW, die den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes NRW vorgeht (dazu 1.), noch verdrängt es die landesgesetzlichen Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes NRW gemäß Art. 31 GG (dazu 2.). 1. Das Bankgeheimnis ist keine besondere Vorschrift i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG         59 NRW, die den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes NRW vorgeht. Soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen,          60 die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen, gehen sie gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Wie das Tatbestandsmerkmal „soweit“ zeigt, zieht § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW nur           61 solche Vorschriften als vorrangig in Betracht, die denselben Sachverhalt bereichsspezifisch abschließend - sei es identisch, sei es abweichend - regeln. Konkurrenzfragen sind in jedem konkreten Einzelfall durch eine systematische, an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierte Auslegung der jeweiligen Informationszugangsrechte zu klären. Um die Bestimmung des Verhältnisses verschiedener Informationszugangsrechte untereinander vornehmen zu können, müssen vor allem deren jeweilige Regelungsmaterien berücksichtigt werden. Eine Vorrangigkeit im Sinne einer Ausschließlichkeit ist nur dort anzunehmen, wo die jeweiligen Rechte die gleichen Anliegen verfolgen und/oder identische Zielgruppen erfassen. Eine besondere Rechtsvorschrift i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW liegt daher nur dann vor, wenn ihr Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Informationen, die der Rechtsvorschrift https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                         Seite 9 von 19 unterfallen, und/oder in persönlicher Hinsicht wegen spezifischer Anforderungen an die Personen, auf welche die Rechtsvorschrift Anwendung findet, beschränkt ist. Vgl. OVG NRW, Urteile vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 -, juris Rn. 54 ff., und vom         62 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris Rn. 29, Beschlüsse vom 31. Januar 2005 - 21 E 1487/04 -, NJW 2005, 2028 = juris Rn. 14 ff., und vom 19. Juni 2002 - 21 B 589/02 -, NVwZ-RR 2003, 800 = juris Rn. 20. Wenn spezialgesetzliche Regelungen - des Bundes- oder des Landesrechts - für             63 einen gesonderten Sachbereich oder für bestimmte Personengruppen einen begrenzten Informationsanspruch vorsehen, ist deshalb in jedem konkreten Einzelfall zu untersuchen, ob diese Grenzen auch für den Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW bindend sind. Das ist anzunehmen, wenn ein umfassender Informationsanspruch dem Schutzzweck des Spezialgesetzes zuwider laufen würde. Lässt sich derartiges nicht feststellen, gelangt der Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW zur Anwendung. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl. 2011, 1162 = juris         64 Rn. 29, Beschluss vom 31. Januar 2005 - 21 E 1487/04 -, NJW 2005, 2028 = juris Rn. 16 ff; siehe außerdem die Begründung des Gesetzentwurfs LT-Drs. 13/1311, S. 11. Daran gemessen ist das Bankgeheimnis keine besondere Vorschrift i.S.d. § 4 Abs.          65 2 Satz 1 IFG NRW. Dies gilt losgelöst davon, ob das Bankgeheimnis als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht im Rang eines Bundesgesetzes steht oder bloß als (AGB-)vertragliche Verpflichtung gilt. Offen gelassen von BGH, Vorlagebeschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12 -,            66 juris Rn. 22 (mit lediglich mittelbarer Bezugnahme auf § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), Urteile vom 27. Oktober 2009 - IX ZR 225/08 -, BGHZ 183, 60 = NJW 2010, 361 = juris Rn. 18, und vom 27. Februar 2007 - IX ZR 195/05 -, BGHZ 171, 180 = NJW 2007, 2106 = juris Rn. 23; gesetzliches Gewohnheitsrecht verneinen ausdrücklich OLG Naumburg, Urteil vom 15. März 2012 - 9 U 208/11 -, juris Rn. 24, und OLG Köln, Urteil vom 15. September 2005 - 8 U 21/05 -, NJW-RR 2006, 263 = juris Rn. 26; mit Tendenz zur AGB-rechtlichen Verortung OLG Stuttgart, Urteil vom 13. Dezember 2005 - 6 U 119/05 -, juris Rn. 93; auch für eine rechtsgeschäftliche Qualifikation Cahn, WM 2004, 2041, 2042 (mit Hinweisen auf entgegengesetzte Literaturstandpunkte); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157, sprechen von einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung; ebenso Toth-Fehrer/Schick, ZIP 2004, 491, 493. Ebenso kann dahinstehen, ob als „besondere Vorschriften“ nur positivrechtliche           67 Bestimmungen in Betracht kommen, offen gelassen von OVG NRW, Urteil vom 15. Juni 2011 - 8 A 1150/10 -, DVBl.              68 2011, 1162 = juris Rn. 29, zu denen das Bankgeheimnis mangels Kodifizierung nicht zählt.                            69 Jedenfalls regelt das Bankgeheimnis nicht bereichsspezifisch den                         70 Informationszugang außenstehender Dritter zu amtlichen Informationen, die öffentlich-rechtliche Kreditinstitute vorhalten. Es scheidet daher als besondere Vorschrift nach dem Verständnis des § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW aus. https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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Oberverwaltungsgericht NRW, 15 A 1997/12                                         Seite 10 von 19 a) Inhalt des Bankgeheimnisses ist die Pflicht eines Kreditinstituts zur                  71 Verschwiegenheit über kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die ihm aufgrund, aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind und die der Kunde geheimzuhalten wünscht. Erforderlich ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung von dem Geheimnis durch das Kreditinstitut und dem Bestehen der Geschäftsverbindung gegeben ist. Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen. Vgl. BGH, Urteile vom 27. Februar 2007 - IX ZR 195/05 -, BGHZ 171, 180 = NJW              72 2007, 2106 = juris Rn. 23, und vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 -, BGHZ 166, 84 = NJW 2006, 830 = juris Rn. 35. Das Bankgeheimnis betrifft damit weder ausdrücklich noch konkludent - und auch            73 nicht mittelbar über das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO - das Bestehen eines Informationszugangsanspruchs gegenüber öffentlich-rechtlich organisierten Kreditinstituten. Es bezieht sich lediglich auf das Pflichtenverhältnis zwischen der Bank und ihrem Vertragspartner. Seine Verletzung kann zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen führen, vgl. insofern wiederum BGH, Vorlagebeschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12            74 -, juris Rn. 22 (auch zu § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), Urteile vom 27. Februar 2007 - IX ZR 195/05 -, BGHZ 171, 180 = NJW 2007, 2106 = juris Rn. 18 und Rn. 32, und vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03 -, BGHZ 166, 84 = NJW 2006, 830 = juris Rn. 34 ff., oder in Zivilprozessen in das besagte Zeugnisverweigerungsrecht von                       75 Bankmitarbeitern aus Gründen ihres Gewerbes münden. In Ermangelung einer entsprechenden Regelungsaussage kann es aber nicht das Regime öffentlich- rechtlicher Informationszugangsgesetze sperren. b) Unbeschadet dessen lässt sich zudem keine ständige und langandauernde                  76 gewohnheitsrechtliche Übung dahingehend feststellen, dass das Bankgeheimnis den Informationszugang auch in öffentlich-rechtlichen Förderrechtsverhältnissen sperrt, in die öffentlich-rechtliche Kreditinstitute als Darlehensgeber eingebunden sind. WfA bzw. heute NRW.Bank nehmen bei der Vergabe von Wohnungsbauförderdarlehen öffentliche Aufgaben wahr. Sie unterliegen dabei besonderen Transparenzanforderungen. Die Darlehensvergabe stellt in dieser Konstellation allein die Umsetzung eines vorgeschalteten behördlichen Zuwendungsbescheids dar, aufgrund dessen der Zuwendungsempfänger erhöhten öffentlich-rechtlichen Bindungen bei der Inanspruchnahme und Verwendung der Förderung unterliegt. Da der Zuwendungsempfänger der Förderbank, die gleichsam als verlängerter Arm der Bewilligungsbehörde handelt, somit nicht als gewöhnlicher Bankkunde im allgemeinen Geschäftsverkehr gegenübertritt, der die Entgegennahme eines Darlehens zu bestimmten Konditionen annehmen oder ablehnen kann, kann er in dieser besonderen Situation auch nicht darauf vertrauen, dass die Umstände der Darlehensauskehr und –abwicklung, soweit sie - wie hier - amtliche Informationen i.S.v. § 3 Satz 1 IFG NRW sind, ohne Weiteres geheimbleiben. c) Gegen ein Verständnis des Bankgeheimnisses als „besondere Vorschrift“, welche 77 die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes NRW vollständig blockiert, spricht außerdem, dass das Informationsfreiheitsgesetz NRW im Hinblick auf das https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2015/15_A_1997_12_Urteil_2015060... 28.11.2017
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