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Aktenzeichen
2 K 232.13
Datum
10. Juli 2014
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Quellcode
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Informationsbegehren nach dem Informationsfreiheitsgesetz; Gebührenerhebung bezüglich aufgespaltener Informationsbegehren; Nichtigkeit des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses

2 K 232.13

Die Kläger hatten einen Antrag an das Bundesministerium des Innern gerichtet und darin Einsicht in die Akten einer Vielzahl von Sportverbänden beantragt (Sportförderung). Nach Auffassung der Behörde handelte es sich dabei um mehrere Informationsbegehren, für die sie in 66 separaten Bescheiden Kosten (Gebühren und Auslagen) in Höhe von insgesamt 14.952,20 Euro berechnete. Das Verwaltungsgericht hebt diese Kostenbescheide im Hinblick auf die Gebührenerhebung auf. Die Aufspaltung des Begehrens in mehrere Begehren und die Berechnung von 66 gebührenpflichtigen Amtshandlungen verstößt gegen das Gebot des Informationsfreiheitsgesetzes, Gebühren so zu bemessen, dass der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann. Die Gebührenerhebung hat abschreckende Wirkung. Nur, wenn ausdrücklich mehrere Anträge gestellt werden oder ein einheitlicher Antrag verschiedene Lebenssachverhalte betrifft, die keinerlei inhaltlichen Zusammenhang aufweisen, darf die Behörde mehrere Gebührenbescheide erstellen. Auch war die Erhebung von Auslagen unzulässig, da der Verordnungsgeber durch das Informationsfreiheitsgesetz nur ermächtigt wird, eine Rechtsverordnung über die Gebührenerhebung, nicht aber zur Festsetzung von Auslagentatbestände und Auslagensätzen zu erlassen. Der entsprechende Passus der Informationsgebührenverordnung ist damit nichtig. (Quelle: LDA Brandenburg)

Durchführung des Antragsverfahrens Kosten

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VG 2 K 232.13 Verkündet am 10. Juli 2014 Wolter Justizbeschäftigte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache Kläger, Verfahrensbevollmächtigter: gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern, Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin, Beklagte, hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2014 durch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Xalter, den Richter am Verwaltungsgericht Schulte, den Richter am Verwaltungsgericht Hömig, die ehrenamtliche Richterin Cenowa und den ehrenamtlichen Richter Wilk für Recht erkannt: -2-
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-2- Die Bescheide des Bundesministeriums des Innern vom 21. Februar 2012, vom 6. Juni 2012, vom 27. Juni 2012, vom 31. Juli 2012, vom 1. August 2012, vom 3. September 2012, vom 9. Oktober 2012, vom 10. Oktober 2012 (mit Ausnahme des Bescheides mit dem Geschäftszeichen ZI4-004 294-22 II D_____/34#1 -), vom 12. Oktober 2012, vom 22. Oktober 2012 und vom 7. November 2012 in der Gestalt des gemeinsamen Widerspruchsbescheides vom 20. September 2013 werden aufgehoben, soweit dort Kosten (Gebühren und Auslagen) festgesetzt worden sind. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevol l- mächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des je- weils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu Gebühren und die Erhebung von Auslagen für die Gewährung von Informationszugang. Die Kläger sind Journalisten. Mit E-Mail vom 21. November 2011 wandten sie sich an das Bundesministerium des Innern. Sie teilten mit, sie recherchierten an einem Beitrag zur Sportförderung und würden gerne Einsicht in die betreffenden A kten des Bundesministerium des Innern nehmen. Sie beantragten nach dem Informationsfrei- heitsgesetz des Bundes Akteneinsicht in die Akten aller 33 olympischen Sportve r- bände sowie aller Fachverbände des Deutschen Behindertensportverbandes, des Deutschen Motor Sport Bund(es), des „Deutschen Golf Verband(es) und des Ameri- can Football Verband(es) Deutschland bis zurück ins Jahr 2004. Im Einzelnen gehe es um folgende Akten:   alle Förderanträge der oben genannten Verbände   alle Finanzierungspläne inklusive der aufgegliederten Berechnung der Aus- gaben / mit der Übersicht der Finanzierung   alle Zuwendungsbescheide   alle Zwischen- und Verwendungsnachweise inklusive der Sachberichte und einem zahlenmäßigen Nachweis mit Belegliste -3-
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-3-    alle Prüfungsvermerke der kursorischen Prüfung und der stichprobenartigen vertieften Prüfung    alle Prüfberichte    alle Unterlagen zur Erfolgskontrolle mit Zielerreichungs-, Wirkungs- und Wirt- schaftlichkeitskontrolle    alle Strukturpläne für die jeweiligen Olympiazyklen (die so genannten „Zie l- vereinbarungen“). Darüber hinaus baten sie um Einsicht in die Zuweisungsbescheide für die einzelnen Olympiastützpunkte sowie in die Zuweisungskriterien für die Ermittlung des Finanzi e- rungsanteils des BMI am Haushalt der einzelnen Olympiastützpunkte sowie alle dies betreffenden Prüfberichte und Unterlagen. In der Folgezeit wies die Beklagte sinngemäß darauf hin, dass der Antrag der Kläger ihrer Auffassung nach mehrere Informationsbegehren umfasse, da er „eine Vielzahl von Vorgängen und Themengebiete(…)“ betreffe. Es ergebe sich eine „Kostenfolge für jedes Themengebiet“. Mit E-Mail vom 29. Februar 2012 baten die Kläger gleichwohl ergänzend „zu den Zielvereinbarungen“ um „Einsicht in die Strukturpläne des Deutschen Leichtathletik - Verbandes“. Sie teilten hierzu mit, dies seien „Akten, die“ sie „bislang noch nicht b e- antragt“ gehabt hätten. Mit insgesamt 66 Bescheiden des Bundesministeriums des Innern vom 21. Februar 2012, 6. Juni 2012, 27. Juni 2012, 31. Juli 2012, 1. August 2012, 3. September 2012, 9. Oktober 2012, 10. Oktober 2012, 12. Oktober 2012, 22. Oktober 201 2, 7. Novem- ber 2012 und 9. Januar 2013 gab die Beklagte den Anträgen der Kläger teilweise statt und setzte hierfür Gebühren in unterschiedlicher Höhe zwischen 28,00 Euro und 500,00 Euro, insgesamt 12.676,25 Euro, sowie Auslagen ebenfalls in unter- schiedlicher Höhe zwischen 0,80 Euro und 580,30 Euro, insgesamt 2.275,95 Euro, fest (Gesamtkosten: 14.952,20 Euro). Die Kläger widersprachen der Erhebung von Kosten; lediglich bezogen auf zwei Be- scheide des Bundesministeriums des Innern vom 10. Oktober 2012 (Geschäftszei- chen: ZI4-004 294-22 II D_____/34#1) und vom 9. Januar 2013 - Gebühren in Höhe von (500,00 Euro + 145,00 Euro =) 645,00 Euro und Auslagen in Höhe von (78,40 Euro + 13,20 Euro =) 91,60 Euro - legten sie keinen Widerspruch ein. Sie vertraten -4-
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-4- die Auffassung, die Kostenerhebung sei rechtswidrig. Denn die Aufspaltung ihrer Anfragen in einzelne Themengebiete verstoße gegen das Gesetz, insbesondere ge- gen das Verbot prohibitiver Wirkung. Die Kostenentscheidungen seien zudem nicht mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar und beruhten auf fehlerhaften Erwägungen. Für die pauschale Abrechnung von Auslagen fehle es an einer Rechtsgrundlage. Mit (gemeinsamem) Widerspruchsbescheid vom 20. September 2013 wies die Be- klagte die Widersprüche zurück und setzte hierfür eine Gebühr in Höhe von 30,00 Euro fest. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 23. Oktober 2013 erhobenen Klage. Sie wiederholen und vertiefen insoweit ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfah- ren. Die Kläger beantragen, die Bescheide des Bundesministeriums des Inneren vom 21. Februar 2012, vom 6. Juni 2012, vom 27. Juni 2012, vom 31. Juli 2012, vom 1. August 2012, vom 3. September 2012, vom 9. Oktober 2012, vom 10. Oktober 2012 (mit Ausnahme des Bescheides mit dem Geschäftszeichen: ZI4-004294-22II D_____/34#1), vom 12. Oktober 2012, vom 22. Oktober 2012 und vom 7. November 2012 in der Gestalt des gemeinsamen Widerspruchsbesche i- des vom 20. September 2013 aufzuheben, soweit dort Kosten (Gebühren und Auslagen) festgesetzt worden sind; die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu er- klären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags verweist sie auf die Gründe des W i- derspruchsbescheides. Ergänzend macht sie geltend, die Aufspaltung des Antrags in mehrere Themengebiete sei sachgerecht, da für jeden Verband und für jeden Olym- piastützpunkt eine individuelle Einzelförderung erfolge. Ihre Vorgehensweise habe keine prohibitive Wirkung. Insgesamt seien von den Klägern 66 Informationsbegeh- ren (Nr. 2 bis 6 zu den Olympiastützpunkten, Nr. 7 bis 33 zur Förderung der ve r- schiedenen Verbände und Nr. 34 bis 67 zu den Zielvereinbarungen des Deutschen Olympischen Sportbund mit den Bundessportfachverbänden) verfolgt worden. Aus- lagen seien nach der gesetzlichen Regelung in der Höhe zu erheben, in der sie tat- sächlich angefallen seien. -5-
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-5- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist. Entscheidungsgründe Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Die angefochtenen 64 Bescheide des Bundesministeriums des Innern vom 21. Februar 2012, vom 6. Juni 2012, vom 27. Juni 2012, vom 31. Juli 2012, vom 1. August 2012, vom 3. September 2012, vom 9. Oktober 2012, vom 10. Oktober 2012 (mit Ausnahme des bestandskräftigen Be- scheides mit dem Geschäftszeichen ZI4-004 294-22 II D_____/34#1 -), vom 12. Ok- tober 2012, vom 22. Oktober 2012 und vom 7. November 2012 in der Gestalt des gemeinsamen Widerspruchsbescheides vom 20. September 2013 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, soweit darin Kosten in Höhe von 14.250,60 Euro (Gebühren und Auslagen) festgesetzt worden sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 1. Die Erhebung von Gebühren in Höhe von insgesamt 12.031,25 Euro steht nicht im Einklang mit dem Informationsfreiheitsgesetz. a. Rechtsgrundlage für die Festsetzung der fraglichen Gebühren ist § 10 IFG in der Fassung des Gesetzes vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722, im Folgenden: IFG a.F.) i.V.m. der Informationsgebührenordnung in der Fassung vom 2. Januar 2006 (BGBl. I S. 6, im Folgenden: IFGGebV a.F.). Denn die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Gebühren für vor dem 15. August 2013 vollständig erbrachte Leistungen. Insoweit beansprucht das inzwischen außer Kraft getretene Verwa l- tungskostengesetz noch Geltung (vgl. § 23 Abs. 1 BGebG). Gemäß § 11 Abs. 1 VwKostG entsteht die Gebührenschuld, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der Behörde. Hieraus folgt, dass bei antragsgebundenen Amtshandlun- gen für die Gebührenfestsetzung auf die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Rechtsgrundlagen abzustellen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 2010 - BVerwG 3 B 46.10 -, juris Rn. 5). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. werden für Amtshandlungen nach dem Informa- tionsfreiheitsgesetz Gebühren und Auslagen erhoben. § 10 Abs. 3 Satz 1 IFG a.F. -6-
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-6- ermächtigt das Bundesministerium des Innern insoweit, die Gebührentatbestände und Gebührensätze durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen. Gemäß § 1 Abs. 1 IFGGebV a.F. richten sich die Gebühren und Ausla- gen nach dem der Informationsgebührenverordnung anliegenden Gebühren- und Auslagenverzeichnis. Es kann insoweit offenbleiben, welcher der in Teil A des Gebühren- und Auslagen- verzeichnisses genannten Gebührentatbestände vorliegend einschlägig wäre. Denn die Vorgehensweise der Beklagten, die Informationsanträge der Kläger vom 21. No- vember 2011 und vom 29. Februar 2012 - sofern in letzterem ein neuer Antrag zu sehen sein sollte und das insoweit verfolgte Informationsbegehren inhaltlich nicht bereits vom Antrag vom 21. November 2011 mit umfasst war - in mehrere Begehren aufzuspalten und durch 66 gebührenpflichtige Amtshandlungen entsprechend zu bescheiden, verstößt gegen § 10 Abs. 2 IFG a.F. Nach § 10 Abs. 2 IFG a.F. sind Gebühren auch unter Berücksichtigung des Verwal- tungsaufwandes so zu bemessen, dass der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann. Mit dieser Bestimmung bringt der Gesetzgeber zum Aus- druck, dass die Gebührenerhebung in einem Rahmen stattfinden soll, der bei obje k- tiver Betrachtung eine prohibitive Wirkung für potentielle Antragsteller vermeidet. § 10 Abs. 2 IFG a.F. enthält insoweit das Verbot einer Abschreckungswirkung der Gebührenbemessung (vgl. Schoch, IFG, 2009, Rn. 45 ff. und 56 zu § 10; vgl. ferner BT-Drs. 15/4493, S. 16). Die genannte Vorgehensweise der Beklagten verstößt hier- gegen. Der hier angegriffene Betrag von 12.031,25 Euro hat abschreckende Wirkung auf potentielle Antragsteller nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Denn es handelt sich insoweit um eine Summe, die bei objektiver Betrachtung potentiell Informations- berechtigte von der Stellung von Informationsanträgen abhalten kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Kläger beim Bundesministerium des Innern nicht 66 Einzelinformationsbegehren anhängig gemacht. Vielmehr haben sie lediglich ein einziges Informationsbegehren (bzw. maximal zwei Informationsbe- gehren) verfolgt, für welches nur eine Gebühr (bzw. maximal zwei Gebühren) hät- te(n) festgesetzt werden dürfen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Ein Antrag auf Informationszugang kann ein oder mehrere Informationsbegehre n enthalten und damit ein oder mehrere Amtshandlungen auslösen. Für die Frage, ob ein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz nur ein oder aber mehrere - und -7-
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-7- ggf. wie viele - Informationsbegehren im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 IFG a.F. enthält, ist nach Auffassung der Kammer, ähnlich wie beim gerichtlichen Streitgegenstand, auf den gestellten Antrag und auf den ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt abzustellen. Liegt nur ein Antrag vor, der sich zudem auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt bezieht, muss deshalb gebührenmäßig von nur ei- nem einheitlichen Informationsbegehren ausgegangen werden; eine von der informa- tionspflichtigen Stelle - etwa aus Gründen der Übersichtlichkeit - insoweit vorge- nommene Aufstückelung des Begehrens in mehrere Einzelbescheide darf sich in diesem Fall gebührenrechtlich nicht zu Lasten des Informationsberechtigten auswir- ken. Nur dann, wenn der Informationsberechtigte entweder ausdrücklich mehrere Informationsanträge gestellt hat oder sein einheitlicher Antrag verschiedene Lebens- sachverhalte betrifft, die keinerlei inhaltlichen Zusammenhang aufweisen, darf die Behörde dem durch den Erlass mehrerer Gebührenbescheide gebührenrechtlich Rechnung tragen. So lag der Fall hier aber nicht. Die Kläger hatten nur ein einziges Informationsbegehren bzw. maximal zwei selb- ständige Informationsbegehren zu einem einheitlichen Lebenssachverhalt behördlich anhängig gemacht. Sie hatten nämlich mit E-Mail vom 21. November 2011 und mit E-Mail vom 29. Februar 2012 Zugang zu Informationen beantragt, die unter den ein- heitlichen Oberbegriff der „Sportförderung“ standen. Die Annahme der Beklagten, hierin lägen 66 Einzelbegehren auf Zugang zu den beim Bundesministerium des Innern vorliegenden Informationen zu fünf Olympia- stützpunkten, zu 27 betroffenen Sportverbänden und zu 34 Zielvereinbarungen, überzeugt nicht. Zwar mag es für die von der Beklagten vorgenommene Aufspaltung sachliche Gründe aus der innerbehördlichen Zuständigkeitsaufteilung geben. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, es lägen auch mehrere Informationsbegehren vor. Der Umstand, dass die Aufteilung sachlich vertretbar ist, ist für die A bgrenzung von Informationsbegehren nämlich untauglich. Ließe man für eine Aufspaltung eines Informationsantrags in mehrere Einzelinformationsbegehren nämlich das Vorliegen (irgend eines) sachlichen Grundes ausreichen, so hätte es die informationspflichtige Stelle letztlich selbst in der Hand, die Zahl der Begehren zu bestimmen und damit die - potentielle - Gebührenhöhe festzulegen. Vorliegend etwa hätten sich sachliche Gründe auch für beliebige andere Aufspaltungen finden lassen. So hätte die Beklag- te gleichermaßen auch von nur drei Informationsbegehren (Olympiastützpunkte, Verbände, Zielvereinbarungen) ausgehen und/oder nur nach beantragten Jahren („bis … 2004“) oder nach der Anzahl der betroffenen Akten - sachlich - differenzieren -8-
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-8- können. Je nachdem, welche Aufspaltung die Behörde wählt, verändert sich auch die Höhe der Gebühren. Dies zuzulassen stünde mit der gesetzlichen Regelung nicht im Einklang. Denn in diesem Fall wären Informationsberechtigte einem nicht kalkulier- baren Kostenrisiko ausgesetzt, welches sie - der gesetzlichen Regelung und dem Willen des Gesetzgebers zuwider (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16) - davon abhalten könnte, Informationsanträge zu stellen. b. Die angefochtenen Gebührenbescheide sind in vollem Umfang aufzuheben; eine teilweise Aufrechterhaltung der Bescheide bzw. eines von ihnen scheidet aus, weil es wegen der unzulässigen Aufspaltung des Begehrens in Einzelverfahren an einer das (bzw. die) Informationsbegehren betreffenden einheitlichen Ermessensentsche i- dung (vgl. § 40 VwVfG) der Beklagten in Bezug auf den für das eine bzw. für die zwei Informationsbegehren vorgegebenen Gebührenrahmen (vgl. Teil A Nr. 2.1 und 2.2 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses zu § 1 Abs. 1 IFGGebV a.F.) fehlt. Auch eine Umdeutung (vgl. § 47 VwVfG) der Einzelgebührenbescheide in einen ein- zigen rechtmäßigen Gesamtgebührenbescheid kommt nicht in Betracht. Denn der denkbare rechtmäßige Gesamtgebührenbescheid ist vorliegend nicht Teil der von den Klägern angefochtenen rechtswidrigen Einzelgebührenbescheide (vgl. zu Um- deutungen in gegenteiliger Hinsicht - Gesamtbescheid in Teilbescheide -: BVerwG, Urteil vom 26. September 1983 - BVerwG 8 C 47.82 u.a. -, juris; BayVGH, Urteil vom 1. Oktober 1981 - 6 B 1200.79 -, BayVBl. 1982, 153 [154]). 2. Die Bescheide des Bundesministeriums des Innern sind auch hinsichtlich der Aus- lagen in Höhe von insgesamt 2.184,35 Euro rechtswidrig. Denn es fehlt an einer die Auslagenerhebung tragenden Rechtsgrundlage. a. Die Auslagenerhebung ist nicht von § 10 Abs. 3 IFG a.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 IFGGebV a.F. und Teil B des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses zur Informati- onsgebührenverordnung - maßgeblich ist bei der Auslagenerhebung der Zeitpunkt der Aufwendung des zu erstattenden Betrages (vgl. § 11 Abs. 2 VwKostG) - gedeckt. Zwar bestimmt Teil B Nr. 1 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses, dass für die hier in Rede stehende Herstellung von Abschriften und Ausdrucken je DIN A4-Kopie, DIN A3-Kopie, DIN A4-Farbkopie und DIN A4-Farbkopie ein Auslagenbeitrag in Höhe von 0,10 Euro, 0,15 Euro, 5,00 Euro bzw. 7,50 Euro zu erheben ist. Teil B Nr. 1 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses ist jedoch nichtig, weil es für die Festset- zung der genannten Auslagentatbestände und Auslagensätze durch den Verord- -9-
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-9- nungsgeber an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt (vgl. Schoch, a.a.O., Rn. 74). Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverord- nungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmen. Der Gesetzgeber soll im Bereich der Grundrechtsausübung die wesentlichen Entschei- dungen selbst treffen und, sofern Einzelregelungen einer Verordnung überla ssen bleiben, die Tendenz und das Programm schon so weit umreißen, dass sich der Zweck und der mögliche Inhalt der Verordnung bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Be- schluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 -, juris Rn. 58). Die von der Beklagten für die Festsetzung von Auslagentatbeständen und -sätzen durch die Informationsgebührenverordnung in Anspruch genommene Rechtsgrundlage des § 10 Abs. 3 IFG a.F. genügt diesen Anforderungen nicht. Durch diese Bestimmung ist das Bundesministerium des Innern nur ermächtigt worden, für Amtshandlungen nach dem Informationsfreiheitsgesetz die „Gebührentatbestände und Gebührensät- ze“ durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen. Eine Befugnis zur Festsetzung von Auslagentatbeständen und Auslagensätzen enthält diese Norm nicht. Sie ergibt sich auch nicht durch Auslegung (vgl. hierzu BVerfG, a.a.O.) der Vorschrift (im Ergebnis ebenso Schoch, a.a.O., Rn. 68 und 75 ff.; a.A. z.B. Guckelberger in: Fluck/Fischer/Fetzer, Informationsfreiheitsrecht, Stand: Okto- ber 2013, Rn. 60 zu § 10 m.w.N.; Rossi, IFG, 2006, Rn. 39 zu § 10). Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Norm. Dieser enthält gerade kei- ne Ermächtigung des Bundesministeriums des Innern zur Schaffung von Auslage n- tatbeständen und Auslagensätzen (vgl. hierzu auch Schoch, a.a.O.). Denn § 10 Abs. 3 IFG a.F. nennt nur Gebührentatbestände und Gebührensätze. Eine systema- tische Betrachtung des § 10 IFG ergibt dabei, dass dem Gesetzgeber der Unter- schied zwischen Gebühren und Auslagen bewusst war. Denn in § 10 Abs. 1 IFG a.F. erwähnt er ausdrücklich beide Kostenarten („Gebühren und Auslagen“), so dass bei einer beabsichtigten Ermächtigung des Verordnungsgebers auch zur Festlegung von Auslagentatbeständen und Auslagensätzen im Rahmen von § 10 Abs. 3 IFG a.F. - nur wenige Zeilen später - ebenfalls mit einer Nennung beider Kostenarten zu rech- nen gewesen wäre. Angesichts dessen verbietet es sich, den in § 10 Abs. 3 IFG a.F. gewählten Begriff „Gebühren“ in einem weiten Sinne dahin zu verstehen, dass hier- mit allgemein zur Schaffung von Regelungen zu den „Kosten“ ermächtigt werden sollte. - 10 -
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- 10 - Die Vorgeschichte (vgl. hierzu BVerfG, a.a.O.) des § 10 Abs. 3 IFG a.F. rechtfertigt kein anderes Auslegungsergebnis. Denn ein eindeutiger auf die Ermächtigung des Verordnungsgebers zur Bestimmung von Auslagentatbeständen und Auslagensätzen gerichteter Wille des Gesetzgebers lässt sich nicht feststellen. Auch in der amtlichen Begründung zu § 10 Abs. 3 IFG a.F. (BT-Drs. 15/4493, S. 16) wird vielmehr aus- drücklich nur von „Gebühren“ gesprochen; Auslagen werden nicht erwähnt Der Hinweis in der Gesetzesbegründung darauf, dass sich die Rechtsverordnung an der Umweltinformationskostenverordnung orientieren soll, ändert hieran nichts. Auch dieser Hinweis lässt nicht den Schluss auf einen entsprechenden Ermächtigungswil- len des Gesetzgebers zu. Zwar enthielt die in Bezug genommene Umweltinformati- onskostenverordnung bei Veröffentlichung des Entwurfs des Informationsfreiheitsge- setzes im Dezember 2004 in ihrem Kostenverzeichnis Auslagentatbestände und Auslagensätze (vgl. die Anlage zur Umweltgebührenverordnung in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juli 2001 [BGBl. I S. 1950]). Das Umweltinformationsgesetz stellte hierfür jedoch auch - anders als § 10 Abs. 3 IFG a.F. - bereits zum fraglichen Zeit- punkt eine eindeutige Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung (vgl. § 10 Abs. 2 UIG in der Fassung des vorgenannten Gesetzes: „Kosten“). Für die zeitlich nachfolgende Vorschrift des § 12 der vom Gesetzgeber des Informationsfreiheitsgesetzes an ande- rer Stelle ausdrücklich in Bezug genommenen (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 16 zu § 10 Abs. 1 und 2) „Neufassung des Umweltinformationsgesetzes“ (vom 22. Dezember 2004, BGBl. I S 3704) gilt dies in gleicher Weise. Angesichts dieser Unterschiede in der Formulierung der jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen lässt der genannte Hin- weis in der Gesetzesbegründung des Informationsfreiheitsgesetzes nicht eindeutig erkennen, dass der Verordnungsgeber durch § 10 Abs. 3 IFG a.F. auch zur Bestim- mung von Auslagentatbeständen und Auslagensätzen habe ermächtigt werden sol- len. Nichts anderes ergäbe sich im Übrigen, wenn der Gesetzgeber mit seiner Be- gründung die vorangegangene Fassung der Umweltinformationsgebührenverordnung (vom 7. Dezember 1994 [BGBl. I S. 3732]) im Blick gehabt haben sollte. Denn diese Fassung enthielt gerade keine Auslagentatbestände und Auslagensätze, weil die entsprechende Ermächtigungsgrundlage im Umweltinformationsgesetz in der Fa s- sung vom 8. Juli 1994 (BGBl. I S. 1490) nur zur Bestimmung von Gebühren (nicht jedoch von Auslagen) durch Rechtsverordnung ermächtigte. Soweit in der Gesetzesbegründung zu § 10 IFG schließlich allgemein ausgeführt wird, Gebühren und Auslagen würden nach Verwaltungsaufwand, jedoch nicht not- wendig kostendeckend erhoben, und Näheres regele eine Rechtsverordnung, lässt - 11 -
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