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Aktenzeichen
2 K 91.13
Datum
12. Mai 2014
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 12. Mai 2014

2 K 91.13

Das Bundesministerium des Innern muss Zugang zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt des Protokolls einer Ausländerreferentenbesprechung (Bund-Länder-Treffen) durch Herausgabe von Kopien gewähren. Nach Auffassung der Behörde müsse das Protokoll erst noch zwischen den beteiligten Behörden abgestimmt werden. Außerdem greife der Ausschlussgrund zum Schutz der Beratungen von Behörden und fehle ihr die Verfügungsberechtigung über die Protokolle. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich nicht um Entwürfe und Notizen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes. Als Entwurf sind nur bloße Vorstufen eines endgültigen Dokuments zu sehen; das Protokoll hingegen wurde von der Behörde bereits angefertigt und zur Abstimmung übersandt. Notizen dienen ausschließlich den Zwecken des Verfassers. Zur Frage der Verfügungsberechtigung bzw. des Beratungsgeheimnisses siehe auch Parallelverfahren: VG Berlin, 2 K 176.13, 2 K 255.12 und 2 K 286.12. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Begriffsbestimmung Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess)

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VG 2 K 91.13 Mitgeteilt durch Zustellung an a) Kl.          am 04.06.2014 b) Bekl.        am 03.06.2014 Wolter Justizbeschäftigte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache des Herrn Klägers, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern, Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin, Beklagte, hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2014 durch den Richter am Verwaltungsgericht Hömig als Einzelrichter für Recht erkannt: Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Zugang zu dem Tagesordnung s- punkt 3 des Protokolls der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Oktober 2012 durch Herausgabe einer Ablichtung zu gewähren. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. -2-
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-2- Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Tatbestand Der Kläger erstrebt den Zugang zu Informationen aus Verwaltungsvorgängen des Bundesministeriums des Inneren (BMI). Zweimal im Jahr findet unter Vorsitz des BMI eine sogenannte Ausländerrefe renten- besprechung statt. Dabei handelt es sich um ein Bund-Länder-Treffen, bei dem ne- ben den zuständigen Behörden des Bundes die Landesinnenministerien mit ihren Ausländerreferenten vertreten sind. Dieses Gremium befasst sich mit der Koordini e- rung der ausländerrechtlichen bzw. -politischen Vorgehensweisen von Bund und Ländern. Mit E-Mail vom 4. Dezember 2012 beantragte der Kläger beim BMI, ihm Zugang zu dem „Protokoll der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Oktober zu - TOP 3: Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 4. September 2012 zur Einschränkung des Sprachnachweises beim Ehegatten- nachzug zu Deutschen (BVerwG 10 C 12.12)“ durch Überlassung einer Kopie zu g e- währen. Hierauf teilte das BMI dem Kläger mit, das in Rede stehende Protokoll habe „noch nicht abschließend erstellt werden“ können und sei „noch nicht mit den Ländern endabgestimmt“. Daraufhin hat der Kläger am 3. Mai 2013 die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Informationsbegehren weiterverfolgt. Er ist der Auffassung, die Verweigerung der „Endabstimmung“ durch die Länder könne kein Grund dafür sein, ihm die Z u- gangsgewährung zu verweigern. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm Zugang zu dem Tagesordnungspunkt 3 des Protokolls der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Oktober 2012 durch Herausgabe einer Ablichtung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. -3-
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-3- Sie hält die Klage für unzulässig, weil die Wartefrist des § 75 Abs. 1 VwGO nicht eingehalten worden sei. Sie sei zudem unbegründet, weil ihr die Verfügungsberech- tigung über das fragliche Protokoll fehle und außerdem der Ausschlussgrund des Schutzes der Beratungen von Behörden eingreife. Insoweit verweist sie auf ihre Aus- führungen in zwei älteren Parallelverfahren (VG 2 K 255.12 und VG 2 K 286.12) und erstrebt eine Aussetzung des Verfahrens, bis über die in diesen Verfahren gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Berlin- Brandenburg entschieden worden ist. Der Rechtsstreit ist durch Beschluss der Kammer vom 19. März 2014 gemäß § 6 Abs. 1 VwGO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. In der mündlichen Verhandlung ist die Beklagte (erneut) auf ihre Darle- gungslast in Bezug auf Ausschlussgründe hingewiesen worden. Ihr Vertreter hat da- raufhin erklärt, er sei nicht in der Lage, so vorzutragen, dass der konkrete Inhalt der begehrten Informationen nicht bekannt werde. Die Protokolle der Ausländerreferentenbesprechung enthielten zum Teil auch Aussagen dazu, welches Land welche Auffassung vertreten habe. Er könne jedoch nicht sagen, ob das auch auf den hier in Rede stehenden Tagesordnungspunkt zutreffe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und den Inhalt des Verwaltungsvorganges der Beklagten verwiesen. Die betreffenden Akten haben vorgelegen und ihr Inhalt ist - soweit erheblich - Ge- genstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Entscheidungsgründe Das Gericht setzt das Verfahren nicht - dem Begehren der Beklagten entsprechend - gemäß § 94 VwGO aus, weil die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ganz oder zum Teil von dem Bestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegen- stand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Denn zum einen genügt für die Annahme des Bestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 94 VwGO nicht, dass sich in anderen Verfahren lediglich die gleichen Rechtsfragen wie im laufenden Verfahren stellen (vgl. Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. EL 2013, Rn. 43). Zum anderen ist in den von der Beklagten genannten Verfahren VG 2 K 255.12 und VG 2 K 286.12 vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg derzeit auch nicht - in diesem Sinne - über die gleichen Rechtsfragen wie im vorliegenden Verfah- ren zu befinden: Gegenstand der dortigen Verfahren ist nämlich schon nach dem -4-
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-4- eigenen Vorbringen der Beklagten aktuell nur das Vorliegen eines Grundes für die Zulassung der Berufung (vgl. hierzu § 124 Abs. 2 VwGO). Die als Untätigkeitsklage zulässige Verpflichtungsklage (vgl. § 75 VwGO) ist begrün- det. Der Kläger hat einen Anspruch auf den von ihm begehrten Informationszugang zu Tagesordnungspunkt 3 des bei der Beklagten vorhandenen Protokolls der Ausländerreferentenbesprechung von 9. und 10. Oktober 2012 (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Dieser Anspruch folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG, wobei die Beklagte, der Wahl des Klägers entsprechend, zur Herausgabe einer Ablichtung des vom Kläger begehrten Protokollteils verpflichtet ist (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 IFG). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe des Informationsfreiheitsgeset- zes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist als natürliche Per- son „jeder“ im Sinne dieser Bestimmung und das BMI ist eine Behörde des Bundes. Bei den von der Beklagten nicht zugänglich gemachten Teilen des Prot okolls handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG. Der Begriff „amtliche Information“ ist in § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG legal definiert. Danach fällt hierunter jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Spe i- cherung. Die in Rede stehenden Teile des Protokolls der Ausländerreferentenbe- sprechung vom 9. und 10. Oktober 2012 gehören hierzu. Denn bei dem fraglichen Protokoll handelt es sich um eine schriftlich verkörperte Gedankenerklärung, die der Erfüllung der Aufgaben des Ministeriums dient. Zwar rechnen Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, nicht zu den amtlichen Informationen (vgl. § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG). Bei den vor- liegend streitgegenständlichen Informationen handelt es sich jedoch nicht um Ent- würfe und Notizen in diesem Sinne. Das streitgegenständliche Protokoll der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Oktober 2012 stellt keinen Entwurf i.S.v. § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG dar. Denn hierzu gehören dem natürlichen Wortverständ- nis nach nur bloße Vorstufen eines endgültigen Dokuments. Entwürfe sind danach vorläufige Gedankenverkörperungen, die nach der Vorstellung des Verfassers noch weiterer Bearbeitung bedürfen und noch nicht als endgültige Entscheidung versta n- den werden können, weil noch keine endgültige Festlegung des Behördenwillens stattgefunden hat (vgl. Schoch, IFG, 2009, Rn. 46 zu § 2). Dies trifft auf das streitge- genständliche Protokoll der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Okt o- -5-
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-5- ber 2012 nicht zu, weil dieses vom BMI bereits angefertigt und den Ländervertretern zur Endabstimmung übersandt worden ist. Dass es im Rahmen der „Endabstim- mung“ des Protokolls zu der Erstellung eines neuen Dokuments kommen kann, ist für die Frage, ob es sich bei dem hier in Rede stehenden Protokoll in seiner zum Zwecke der „Endabstimmung“ hergestellten Fassung um einen Entwurf handelt, un- erheblich. Das streitgegenständliche Protokoll ist auch keine Notiz i.S.v. § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG. Kennzeichnend für Notizen ist, dass diese allein den Zwecken des Ver- fassers gewidmet sind und es sich bei ihnen um Aufzeichnungen zur Stützung des Gedächtnisses handelt; sie dienen z.B. der Vorbereitung später zu fertigender Ve r- merke, Stellungnahmen, Entscheidungen oder Berichte (vgl. Schoch, a.a.O., Rn. 47). Daran fehlt es hier. Denn bei dem streitgegenständlichen Protokoll handelt es sich um den endgültigen Protokollierungsvorschlag des BMI, das dieses den Ländern zur Endabstimmung übersandt hat. Darauf, dass es zudem bestimmungsgemäß Teil der Vorgänge des BMI geworden ist und auch dieser Umstand der Annahme eines blo- ßen Entwurfs oder einer Notiz entgegensteht, kommt es danach nicht mehr an. Das BMI ist entgegen der Annahme der Beklagten auch zur Verfügung über das in Rede stehende Protokoll berechtigt. Nach der als Zuständigkeitsbestimmung ausge- stalteten Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG entscheidet diejenige Behörde über den Informationszugang, die zur Verfügung über die begehrten Informationen be- rechtigt ist. Verfügungsberechtigt über eine Information ist grundsätzlich d eren Ur- heber (siehe BT-Drs. 15/4493 S. 14). Demjenigen, der die Information im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erhoben oder selbst geschaffen hat, ist sie auch zur weiteren Verwendung zugewiesen. Das umfasst auch die Entscheidung, welchem Personenkreis sie zugänglich gemacht werden soll. Wird die Information im weiteren Verlauf anderen Behörden übermittelt und ist sie demnach an mehreren Stellen verfügbar, soll mit dem Merkmal der Verfügungsberechtigung eine sacha n- gemessene Entscheidungszuständigkeit ermöglicht werden, die sowohl der Aufga- benverteilung auf Seiten der Behörden als auch dem Interesse des Informationsb e- rechtigten an einer aus seiner Sicht nachvollziehbaren Bestimmung der auskunft s- pflichtigen Stelle Rechnung trägt. Bei einer umfangreichen Abstimmungspraxis unter den Behörden, aufgrund deren diese in großem Umfang als Teil der bei ihnen g e- führten Akten über Informationen verfügen, die nicht von ihnen erhoben worden sind, sollen die Verfahren auf Informationszugang bei der Behörde konzentriert werden, der die größte Sachnähe zum Verfahren zukommt bzw. die die Verfahrensführung innehat (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - BVerwG 7 C 4.11 -, juris Rn. 27 f.). -6-
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-6- Danach ist vorliegend das BMI über das Protokoll der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Oktober 2012 verfügungsberech- tigt. Denn es hat die Federführung bei den Ausländerreferentenbesprechungen. Au- ßerdem hat es das in Rede stehende - zum Zwecke der „Endabstimmung“ herge- stellte - Protokoll selbst aufgezeichnet und es im Original zu seinen Vorgängen ge- nommen. Der Umstand, dass die Erstellung eines endgültigen Protokolls die Genehmigung der übrigen Teilnehmer der Ausländerreferentenbesprechung voraussetzt, ändert nichts an der Federführung durch das BMI. Vielmehr ist dieser Begriff gerade dadurch ge- kennzeichnet, dass es auch mitzeichnende Behörden geben muss. Dies führt jedoch nicht zu einer gesamthänderischen Verfügungsbefugnis. Gerade dann, wenn mehr e- re Behörden an der Erstellung einer Information mitwirken, soll durch § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG bewirkt werden, dass jedenfalls die Behörde für den Informationszugang zu- ständig ist, die das Verfahren führt oder der Sache am nächsten ist (vgl. BVerwG, a.a.O.; vgl. ferner Urteile der Kammer vom 6. Juni 2013 - VG 2 K 255.12 und VG 2 K 286.12 -). Auch das Kriterium der Sachnähe führt zu keiner anderen Betrachtung. Vielmehr zeigt namentlich § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, dass das BMI für die Themen der Ausländerreferentenbesprechung zuständig ist. Denn danach dürfen die Bundesmi- nisterien nur solche Aufgaben wahrnehmen, die der Erfüllung oder Unterstützung von Regierungsfunktionen dienen, also insbesondere die strategische Gestaltung und Koordination von Politikfeldern, die Realisierung von politischen Zielen, Schwer- punkten und Programmen, die internationale Zusammenarbeit, die Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren sowie die Wahrnehmung von Steuerungs- und Aufsichts- funktionen gegenüber dem nachgeordneten Geschäftsbereich. Die Vorbereitung und Durchführung der Besprechungen mit den Landesinnenministerien auf der Arbeit s- ebene der Referatsleiter kann daher ebenso wie das anschließende Abfassen der Protokolle nur im Rahmen der eigenen Aufgaben des Bundesministeriums erfolgt sein. Im Übrigen ist nach Auffassung der Kammer ein Bundesministerium auch dann über eine Information verfügungsberechtigt, wenn es in Wahrnehmung einer eigenen Auf- gabe durch seine Beamten an Gremiensitzungen einer anderen Behörde teilnimmt und darüber ein Protokoll erhält, das es in seinen Aktenbestand übernimmt (vgl. Ur- teil der Kammer vom 29. November 2012 - VG 2 K 28.12 -, juris Rn. 31 f.). -7-
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-7- Ausschlussgründe in Sinne der §§ 3 bis 6 IFG stehen dem Informationsbegehren des Klägers nicht entgegen. Wie der Beklagten aus mehreren früheren Verfahren - ins- besondere auch solchen, in denen gerade um den Informationszugang zu Proto- kollen von Ausländerreferentenbesprechungen gestritten worden ist (vgl. Urteil der Kammer vom 25. August 2011 - VG 2 K 50.11 -, juris; vgl. ferner die oben bereits genannten Urteile vom 6. Juni 2013, a.a.O.) - bekannt ist, ist Maßstab für die Prü- fung von Ausschlussgründen zunächst, ob deren Vorliegen von der Behörde plausi- bel dargelegt ist. Dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass Rück- schlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuc h- tend und nachvollziehbar dargetan sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen geprüft werden kann. Danach kann das Eingreifen eines Ausschlussgrundes vorliegend nicht festgest ellt werden. Insbesondere hat die Beklagte nicht plausibel dargelegt, dass der von ihr allein erwähnte Ausschlussgrund des § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG der vom Kläger b e- gehrten Informationserteilung entgegensteht. Nach der vorgenannten Bestimmung besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratu n- gen von Behörden beeinträchtigt werden. Zweck des § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG ist es, einen unbefangenen und freien Mei- nungsaustausch innerhalb einer Behörde oder zwischen Behörden zu gewährleisten. Schutzobjekt der Norm ist hierbei nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Ent- scheidungsfindung, d.h. die Besprechung, Beratschlagung und Abwägung, mithin der eigentliche Vorgang des Überlegens. Die Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung sind ebenso wie das Ergebnis der Willensbildung nicht von § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG geschützt (vgl. OVG Nordrhein-Westphalen, Urteil vom 2. No- vember 2010 - 8 A 475/10 -, juris Rn. 91 f. m.w.N., und dazu BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 -, juris; vgl. außerdem die o.a. Urteile der Kammer und - zu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG -: BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 - BVerwG 7 C 7.12 -, juris). Die Beklagte hat sich im Verwaltungsverfahren zu dem Inhalt des vom Kläger b e- gehrten Auszugs aus dem Protokoll der Ausländerreferentenbesprechung vom 9. und 10. Oktober 2012 nicht verhalten. In der mündlichen Verhandlung hat sie - er- neut auf ihre Darlegungspflichten hingewiesen - mitgeteilt, sie könne nicht so vortra- gen, dass der konkrete Inhalt des fraglichen Protokollteils nicht bekannt werde. Die Protokolle der Ausländerreferentenbesprechung enthielten zum Teil auch Aussagen -8-
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-8- dazu, welches Land welche Auffassung vertreten habe. Sie könne jedoch nicht sa- gen, ob das auch auf den hier in Rede stehenden Tagesordnungspunkt zuträfe. Danach kann dem Vorbringen der Beklagten schon nicht entnommen werden, dass der streitbefangene Tagesordnungspunkt überhaupt Angaben über den - allein ge- schützten - Beratungsprozess enthält. Vielmehr kann es sich auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten auch um bloße Informationen zum Beratungsgegenstand oder -ergebnis handeln. Selbst wenn jedoch zugunsten der Beklagten davon ausgegangen würde, in dem Protokoll zum fraglichen Tagesordnungspunkt würde auch - jedenfalls teilweise - der Beratungsprozess wiedergegeben, fehlt es an der plausiblen Darlegung der weiteren Voraussetzungen des Ausschlussgrundes. Es ist dem Vorbringen der Beklagten nämlich nicht zu entnehmen, dass das Be- kanntwerden der Information zu einer Beeinträchtigung führen könnte, wie sie von § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG vorausgesetzt wird. Insoweit bedarf es einer Prognose, ob das Bekanntwerden der Information sich auf die Beratungen einer Behörde behi n- dernd oder hemmend auswirken kann. An die Wahrscheinlichkeit der Behinderung oder Hemmung sind hierbei umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer die möglicherweise eintretende Beeinträchtigung ist. Dies wiederum bemisst sich insbesondere nach dem Gewicht des öffentlichen Interesses an einem ungestörten Verlauf des in Frage stehenden behördlichen Willensbildungsprozesses (vgl. Urteil der Kammer vom 25. August 2011 - VG 2 K 50.11 - m.w.N.). Die Beklagte hat zu dem konkreten Tagesordnungspunkt und den Inhalten der Be i- träge der Teilnehmer aus den Entsendestellen nichts vorgetragen. Daher kann die von der Beklagten in den Raum gestellte Befürchtung, Teilnehmer der Ausländerreferentenbesprechung würden ihre Meinung zukünftig nicht mehr oder gerade deswegen äußern, weil sie mit einer späteren Veröffentlichung ihrer Meinung rechnen müssten, nicht nachvollzogen werden. Insoweit müssen auch im Anwe n- dungsbereich des § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG die befürchteten negativen Auswirkungen anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles nachvollziehbar be legt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - BVerwG 7 C 3.11 -, juris Rn. 31). Da- ran fehlt es hier. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass eine etwaige Beeinträchtigung der Ber a- tungen von Behörden auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegeben wäre. § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG enthält mit der Wendung „solange“ nämlich ausdrück- -9-
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-9- lich eine zeitliche Begrenzung. Die Dauer des Aufschubs bestimmt sich danach, ob der Schutz der Vertraulichkeit weiterhin eine Offenlegung der Beratungsintern a ver- bietet. Dieser kann zwar über den Abschluss des laufenden Verfahrens hinausrei- chen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2011, a.a.O., Rn. 5). Wird die Versagung des Informationszugangs im gerichtlichen Verfahren jedoch auf den Ablehnungs- grund des § 3 Nr. 3 Buchst. b) IFG gestützt, bedarf es der substantiierten Darlegung durch die Behörde, dass die Bekanntgabe der streitigen Informationen auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Verpflichtungsbegehren noch die Vertraulic h- keit der behördlichen Beratungen beeinträchtigt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Oktober 2010 - OVG 12 B 6.10 -, juris Rn. 31). Auch daran fehlt es hier. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwG O i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Obe r- verwaltungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Recht s- verkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe schriftlich oder in elektronischer Form darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Ber- lin, einzureichen. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevoll- mächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Ber u- fung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Uni- on, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wir t- schaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichts- ordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmäc h- tigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäfti g- te mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts - 10 -
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- 10 - oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Hömig BESCHLUSS Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostenge- setzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt. Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Be r- lin-Brandenburg zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektron i- schen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Sie ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Recht s- kraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht. Hömig hö./Wol. Ausgefertigt Justizbeschäftigte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle
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