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Aktenzeichen
12 S 77.13
Datum
1. April 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 1. April 2014

12 S 77.13

Das Oberverwaltungsgericht weist eine Beschwerde gegen die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung zur Offenlegung von Unterlagen, die der ehemalige Ministerpräsident in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH erhalten hatte, zurück und bestätigt die Auffassung der Vorinstanz: Eine Koppelung beider Funktionen ist nicht erkennbar; als Aufsichtsratsmitglied gehörte der Ministerpräsident nicht zu den auskunftsverpflichteten Stellen. Außerdem dürfte es sich nicht um Akten im Sinne des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes handeln. Das Oberverwaltungsgericht verweist auf die spezialgesetzlichen Verschwiegenheitspflichten aus dem Aktiengesetz, die vom Jedermanns-Anspruch des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes unberührt bleiben und auch bei privaten Unternehmen in öffentlicher Hand keine Einschränkung erfahren. Zudem spricht viel dafür, dass sich der Antrag auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse richtet, deren Offenbarung sich im Wettbewerb mit anderen Flughafenbetreibern nachteilig auswirken kann. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Konkurrierende Rechtsvorschriften

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Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS OVG 12 S 77.13 VG 9 L 34/13 Potsdam In der Verwaltungsstreitsache Antragstellers und Beschwerdeführers, bevollmächtigt: gegen den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam, Antragsgegner und Beschwerdegegner, hat der 12. Senat durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann sowie die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Böcker am 1. April 2014 beschlossen: Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 30. Mai 2013 wird zurückge- wiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5 000 EUR festgesetzt. -2-
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-2- Gründe Die Beschwerde ist unbegründet. Das den alleinigen Prüfungsgegenstand bilden- de Beschwerdevorbringen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) rechtfertigt eine Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Das Verwaltungsgericht hat – nach dem Stand des Beschwerdeverfahrens - zu Recht angenommen, dass die gesteigerten Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, deren Erlass – wie hier im Bereich des AIG – das Begehren in der Hauptsa- che vorwegnehmen und zu dessen Erledigung führen würde, vom Antragsteller in Bezug auf die streitgegenständlichen Unterlagen nicht glaubhaft gemacht sind. Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der verfolgte Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit besteht und das Abwarten in der Hauptsache für den Antrag- steller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nach- teile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfo r- dernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (BVerwG, Be- schluss vom 10. Februar 2011 - 7 VR 6.11 -, juris Rn. 6 m.w.N.; Senatsbeschlüs- se vom 18. Februar 2014 - OVG 12 S 124.13 -, juris Rn. 4 und vom 12. Novem- ber 2012 - OVG 12 S 54.12 -, juris Rn. 3). 1. Insoweit mag auf sich beruhen, ob das Vorbringen des Antragstellers den an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen gerecht wird, insbesondere nachdem seinem Interesse an einer aktuellen Bericht- erstattung über die Kenntnis der Aufsichtsratsmitglieder der Flughafen Berlin- Brandenburg GmbH von den Verzögerungen bei dem Bau des Flughafens und deren Ursachen durch eine (presserechtliche) Verpflichtung der Gesellschaft zur Auskunft im Wege der einstweiligen Anordnung Rechnung getragen wurde (dazu VG Cottbus, Beschluss vom 19. September 2013 – VG 1 L 219/13 – LKV 2013, 524; bestätigt durch Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 7. März 2014 – 6 S 48.13 – juris). Die hier begehrte Akteneinsicht zielt nach dem Inhalt des An- -3-
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-3- trages auf eine darüber hinausgehende Recherche zur Ursachenanalyse, bei der nicht abschließend beurteilt werden kann, welchen Nachrichtenwert das Recher- cheergebnis besitzen wird. Auf die Aktualität des - vergangenen - Geschehens kann sich der Antragsteller insoweit nicht mehr ohne Weiteres berufen, zumal das Aufsichtsratsmitglied, in dessen Unterlagen Einsicht begehrt wird, aus dem Auf- sichtsrat ausgeschieden ist und auch keine Verantwortung mehr als Ministerpräsi- dent trägt. 2. Jedenfalls vermag das Beschwerdevorbringen die Einschätzung des Verwal- tungsgerichts, es könne bereits nicht von einem mit hoher Wahrscheinlichkeit be- stehenden Anordnungsanspruch ausgegangen werden, nicht durchgreifend in Frage zu stellen. a) Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist schon die Passivlegitimation des A n- tragsgegners für die Gewährung der begehrten Akteneinsicht zweifelhaft. Der Antragsteller ging bislang offenbar davon aus, dass die streitigen Unterlagen den Antragsgegner sowohl in seiner Funktion als Ministerpräsident des Landes Brandenburg und damit grundsätzlich auskunftspflichtige Behörde nach § 2 Abs. 1 AIG i.V.m. § 8 Abs. 1 LOG als auch in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichts- rats der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH „erreicht“ haben und daher amtli- chen oder dienstlichen Zwecken im Sinne des § 3 Abs. 1 AIG dienten. Diese Ein- schätzung vermag – ungeachtet einer näheren Prüfung, auf welcher Grundlage die für das Land Brandenburg in den Aufsichtsrat entsandten Mitglieder bestimmt werden - bereits auf der Grundlage der damaligen Verhältnisse nicht zu überze u- gen. Eine Koppelung zwischen dem Amt des Ministerpräsidenten und der Mit- gliedschaft im Aufsichtsrat ist nicht erkennbar. Zwar war der frühere Amtsinhaber zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Gesellschaft. Nach der zutreffenden Auffas- sung des Verwaltungsgerichts sind ihm die in Rede stehenden Unterlagen jedoch nicht im Rahmen der Ausübung seines Amtes als Ministerpräsident, sondern al- lein in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied zugegangen. In dieser Funktion gehörte er nicht zu den auskunftsverpflichteten Stellen im Sinne des § 2 Abs. 1 AIG. Zudem spricht viel dafür, dass es sich bei den als Mitglied des Aufsichtsrats erhaltenen Informationen nicht um amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienende Unterlagen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 3 Satz 1 AIG handelte. -4-
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-4- Die Argumentation des Antragstellers überzeugt umso weniger, als sich d ie tat- sächlichen Verhältnisse geändert haben. Der jetzige Amtsinhaber hat zwar im August 2013 die Nachfolge im Amt des Ministerpräsidenten angetreten, nicht aber die Nachfolge im Aufsichtsrat. In seiner Funktion als Ministerpräsident, gegen den sich das vorliegende Eilverfahren allein richtet, ist es ihm schon rechtlich nicht möglich, über die den Mitgliedern des Aufsichtsrats seit Januar 2011 zugegang e- nen Unterlagen zu verfügen. Mangels Mitgliedschaft im Aufsichtsrat steht ihm auch nicht die Möglichkeit offen, auf nach seinem Amtsantritt entstandene Unter- lagen des Aufsichtsrats, sollte sich das Begehren des Antragstellers darauf er- strecken, zurückzugreifen. Die Passivlegitimation des Antragsgegners ergibt sich auch nicht unabhängig von der Person des Ministerpräsidenten daraus, dass der frei gewordene Aufsichts- ratsposten nunmehr mit einem in der Staatskanzlei des Landes Brandenburg als „Flughafenkoordinator“ organisatorisch angebundenen Staatssekretär besetzt worden ist. Auch dieser ist als natürliche Person Teil des bei der Flughafen Berlin- Brandenburg GmbH eingerichteten Aufsichtsorgans, während seine Stellung als Staatssekretär und sog. Flughafenkoordinator dem Land Brandenburg als Gesel l- schafter zugeordnet ist. Diese Doppelfunktion mag bewirken, dass die Kenntnis von Unterlagen, die ihn in der Funktion als Aufsichtsrat erreichen, zugleich für den Gesellschafter erlangt wird, und zwar möglicherweise wegen der dienstlichen Au f- gabe als Flughafenkoordinator der Staatskanzlei sogar unmittelbarer als dies in der Vergangenheit während der Aufsichtsratstätigkeit des früheren Ministerpräsi- denten der Fall war. Sie bewirkt allerdings nicht ohne Weiteres, dass Unterlagen, die das Aufsichtsratsmitglied in dieser Funktion erreichen, gleichsam automatisch zu Akten des Antragsgegners werden. Vielmehr handelt es sich um originäre Un- terlagen des Aufsichtsrates und der Gesellschaft als solche, denn sie werden - das unterstellt der Senat - jedem Aufsichtsratsmitglied grundsätzlich in gleicher Weise und unabhängig von dem Gesellschafter, den das jeweilige Aufsichtsrats- mitglied vertritt, übersandt, damit es seine Funktion als Aufsichtsrat der Gesell- schaft ausfüllen kann. Demgegenüber bleibt die Rechtsbehauptung des Antragstellers, es handele sich um Akten der dem Antragsgegner zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung -5-
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-5- stehenden Staatskanzlei, die ausschließlich amtlichen Zwecken dienten (§ 3 Satz 1 AIG), weitgehend substanzlos. Sie knüpft an den Verwahrort der Akten an, der aber nur indizielle Aussagekraft dafür hat, dass es sich um amtliche Unterlagen der Behörde in dem geforderten Sinn handelt. Bestehen – wie vorliegend – erheb- liche Anhaltspunkte dafür, dass die Akten eine andere Zweckbestimmung haben, gibt der Verwahrort keine Klarheit über das für den Anspruch konstitutive Merk- mal. Jedenfalls setzt sich der Antragsteller mit den unterschiedlichen Rollen des Aufsichtsratsmitglieds als Träger eines öffentlichen Amtes und als Organteil einer juristischen Person des privaten Rechts, die sich gemischtöffentlich, d.h. mit den Ländern Berlin und Brandenburg und dem Bund aus mehreren öffentlichen Trä- gern, zusammensetzt, nicht in einer Weise auseinander, die schlüssig zum Vorlie- gen der Anspruchsverpflichtung des Antragsgegners führt. Soweit der Antragstel- ler meint, aus der Qualität der Unterlagen als originär dem Aufsichtsrat und seiner Tätigkeit dienendes Material folgten bestimmte Pflichten zur Aufbewahrung, die bestehenden Geheimhaltungspflichten Rechnung tragen müssten, so mag dies zutreffen, ist aber nicht geeignet zu erläutern, dass die Unterlagen „ausschließ- lich“ amtlichen oder dienstlichen Zwecken des Antragsgegners dienen. Hiervon ausgehend erscheinen die Bedenken des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsgegner hinsichtlich der mit dem Antrag bezeichneten Unterlagen keine aktenführende und damit für die Gewährung des Zugangs zu den Informationen zuständige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG ist, weder unbegründet noch ausgeräumt. Die abschließende Prüfung des Einsichtsanspruchs ist danach dem Hauptsache- verfahren vorzubehalten. Darin wird zu klären sein, ob allein die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH oder ihr Aufsichtsrat als Ge- sellschaftsorgan über die den Aufsichtsratsmitgliedern in dieser Funktion zur Kenntnis gebrachten Unterlagen verfügungsberechtigt ist, während Stellen der öffentlich-rechtlich organisierten Gesellschafter grundsätzlich nur insoweit Ver- pflichtete des Akteneinsichtsrechts sein können, wie Informationen aus solchen Unterlagen Eingang in Akten der Verwaltung des Gesellschaftsanteils gefunden haben. -6-
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-6- Das Akteneinsichtsrecht insoweit ist indessen nicht Gegenstand des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, nachdem das Verwaltungsgericht den weiterg ehenden, auf die in der Staatskanzlei zum Flughafenbau thematisch einschlägig geführten Akten gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrag des Antragstellers mit B e- schluss vom 30. Mai 2013 zur gesonderten Entscheidung abgetrennt hat. b) Ohne eine Differenzierung der Unterlagen des Aufsichtsratsmitglieds und den- jenigen des Gesellschafters dürfte eine eindeutige Abgrenzung der Verschwie- genheitspflicht, der die Aufsichtsratsmitglieder der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH unterliegen, nicht möglich sein. Diese Verschwiegenheitspflicht ergibt sich daraus, dass die Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH nach der Zahl ihrer Be- schäftigten (lt. Wikipedia über 1.400, jedenfalls mehr als 500) nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Drittelbeteiligungsgesetz verpflichtet ist, einen Aufsichtsrat zu bilden, für dessen Rechte und Pflichten die Vorschrift u.a. auf § 116 Satz 2 AktG ver- weist. Nach dieser Bestimmung sind die Aufsichtsratsmitglieder insbesondere (über § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG hinaus) zur Verschwiegenheit über erhaltene ve r- trauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet. Eine Einschränkung dieser Verschwiegenheitspflicht wegen des gemischtöffentli- chen Unternehmenscharakters der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH ergibt sich weder aus den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen noch aus den Vorschriften des AIG. Zwar gelten für von Gebietskörperschaften ent- sandte Aufsichtsratsmitglieder nach den §§ 394, 395 AktG gewisse Lockerungen der Verschwiegenheitspflicht, soweit sie der Gebietskörperschaft berichtspflichtig sind. Ob diese, in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Drittelbeteiligungsgesetz nicht in Bezug genommenen Vorschriften, auf nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu bi l- dende Aufsichtsräte einer GmbH überhaupt Anwendung finden, mag zweifelhaft sein; jedenfalls gelten die Lockerungen nur in Bezug auf bestehende Bericht s- pflichten gegenüber der Gebietskörperschaft und soweit sie zur Erfüllung dieser Berichtspflichten notwendig sind. Sie führen deshalb nicht dazu, dass beliebigen Dritten Einsicht in die unmittelbar im Zusammenhang mit der Aufsichtsratstätigkeit angefallenen Unterlagen gewährt werden darf. Das AIG selbst stellt nur darauf ab, ob bei der Behörde vorhandene Unterlagen „ausschließlich amtlichen oder dienst- lichen Zwecken dienen“ (§ 3 Satz 1 AIG) und gewährt das Einsichtsrecht, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 und 5 AIG -7-
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-7- entgegenstehen (§ 1 AIG). Letzteres zielt auf die vom Gesetzgeber selbst in di e- sen Bestimmungen vorgenommene oder eröffnete Abwägung. Darüber hinausg e- hende Interessenabwägungen, die zur Reduktion entgegenstehender öffentlicher oder privater Interessen nach den bezeichneten Vorschriften führen und nach der Vorstellung der Beschwerde etwa bei privaten Unternehmen der öffentl ichen Hand zu einem Zurücktreten entgegenstehender Interessen führen, sieht das Gesetz nicht vor. Solche zusätzlichen Erwägungen sind auch nicht dadurch veranlasst, dass sich der Antragsteller auf sein Informationsinteresse als Journalist beruft. Denn er nutzt ein Jedermann-Recht in diesem Interesse. Dieses auch und gerade mit dem Ziel der Verbreitung erlangter Informationen für jedermann eingeräumte Recht ist keiner Erweiterung im Hinblick auf Aufgaben der Presse und der Medien bei der Erlangung und Verbreitung von Informationen und ihrer Bedeutung für den dem o- kratisch verfassten Staat zugänglich, soweit es auch Journalisten zusteht und für Zwecke der Berufsausübung genutzt werden kann. Aus der Gewährleistung der Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) oder aus Art. 10 EMRK vermag der Antragsteller daher eine Erweiterung seiner Rechtsposition nach dem AIG nicht zu erlangen. c) Unterstellt der Senat hingegen, dass der Antragsgegner hinsichtlich der vom Antrag des Antragstellers umfassten Unterlagen trotz der dargestellten Bedenken grundsätzlich anspruchsverpflichtet wäre, könnte die bereits angesprochene Ver- schwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitglieds den Einsichtsanspruch aus- schließen. Nach § 4 Abs. 3 AIG bleiben solche durch Gesetz angeordneten und nicht zur Disposition stehenden Verschwiegenheitspflichten unberührt und schlie- ßen    den vom Antragsteller verfolgten Jedermann-Anspruch auf Akteneinsicht aus. Die Verschwiegenheitspflicht erfährt – wie dargelegt – auch bei privaten Un- ternehmen in öffentlicher Hand keine Einschränkungen. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass die Funktion eines Aufsichtsgremiums des Unternehmens ohne Gewährleistung der Vertraulichkeit seiner Tätigkeit entgegen der gesetzlichen Intention eingeschränkt wäre, und es liegt auf der Hand, dass es hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung keinen wesentlichen Unterschied bedeutet, ob sich das Unternehmen in privater oder öffentlicher Hand befindet. Zu Recht hat das Ve r- waltungsgericht deshalb auch keinen Anhalt dafür gesehen, dass sich der An- -8-
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-8- tragsgegner mit der Berufung auf die Unterscheidung zwischen staatlicher V erwal- tungstätigkeit und der Tätigkeit eines privaten Unternehmens und dessen gesell- schaftsrechtlich vorgesehenen Organen seinen öffentlich-rechtlichen Bindungen zu entziehen versuche. Selbst wenn die Verschwiegenheitspflicht für Aufsichtsratsmitglieder hier nicht im Sinne eines umfassenden Ausschlusses des Akteneinsichtsrechts wirken sollte, spricht für einen Ausschluss des Anspruchs, dass die Akteneinsicht nach der Ziel- richtung des Begehrens des Antragstellers mit einiger Wahrscheinlichkeit zur Of- fenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 3 AIG führen dürfte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der brandenburg i- sche Gesetzgeber die Bestimmung in der noch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten ursprünglichen Fassung aufgegeben und sie nunmehr der Rechtslage, wie sie bundesrechtlich gemäß § 6 Satz 2 IFG gilt, angepasst hat (vgl. Ände- rungsgesetz vom 15. Oktober 2013, GVBl. I Nr. 30, S. 1). Danach ist der Antrag auf Akteneinsicht vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 abzulehnen, soweit Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden, es sei denn, die Infor- mationen werden mit Zustimmung des betroffenen Unternehmens offenbart. Eine einzelfallbezogene Abwägung mit dem entgegenstehenden Interesse am Inform a- tionszugang, wie sie der Beschwerde vorschwebt, sieht auch die geänderte Ge- setzesfassung nicht vor (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2014 – OVG 12 B 19.12 – Urteilsabdruck S. 11 f., zur Veröffentlichung in Juris vorgesehen). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne der nunmehr anzuwendenden Gesetzesfassung sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Dabei beziehen sich Betriebsgeheimnisse im Wesentlichen auf technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein Interesse an der Nichtverbreitung ist dann anzuerkennen, wenn die Offenle- gung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbssituation des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (st. Rspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 - juris Rn. 10 m.w.N.). -9-
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-9- Nach den Ausführungen des Antragsgegners spricht viel dafür, dass mit der Ak- teneinsicht in die streitbefangenen Unterlagen Betriebs- und Geschäftsgeheimnis- se im dargelegten Sinn offenbart würden, an deren Geheimhaltung seitens der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH zur Vermeidung von Nachteilen im Rechts- verkehr ein berechtigtes Interesse besteht, etwa für Rechtsbeziehungen zu Dritten bezüglich Errichtung und Betrieb des neuen Flughafens. Ebenso steht zu befürch- ten, dass sich solche Informationen jetzt und auch in der Zukunft nachteilig im Wettbewerb mit anderen Flughafen-Betreibern auswirken können. 3. Zu keinem anderen Entscheidungsergebnis würde eine Qualifikation der von dem Einsichtsbegehren umfassten Unterlagen als Umweltinformationen im Sinne des § 1 BbgUIG i.V.m. § 2 Abs. 3 UIG führen (vgl. insoweit zum vorläufigen Rechtsschutzbegehren gegenüber der GmbH: OVG Berlin-Brandenburg, Be- schluss vom 7. März 2014 - OVG 6 S 48.13 – Beschlussabdruck S. 5 f.). Der An- tragsteller hat sein Einsichtsbegehren nicht auf das Umweltinformationsgesetz, sondern ausdrücklich auf das AIG gestützt (vgl. seinen Antrag vom 20. Juni 2012). Nach § 1 AIG besteht der Anspruch auf Akteneinsicht jedoch nur, soweit nicht andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbe- schränkten Personenkreis enthalten. Andere Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind insbesondere das BbgUIG i.V.m. den Vorschriften des UIG des Bundes. Inso- fern sind Umweltinformationen nicht Gegenstand des Verfahrens; der Antragstel- ler hat sich im Beschwerdeverfahren - folgerichtig - auch nicht auf eine Zugäng- lichmachung als Umweltinformationen berufen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Plückelmann                             Bath                              Böcker
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