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Aktenzeichen
12 B 19.12
Datum
6. März 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 6. März 2014

12 B 19.12

Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung der Klägerin ab. Weder das zur Ermittlung eines prognostischen Planungsgewinns erstellte Gutachten noch der Grundstückskaufvertrag nebst Entwürfen enthalten Umweltinformationen; der Informationszugangsantrag kann mithin nicht auf das Umweltinformationsgesetz gestützt werden. Auf der Grundlage des während des Berufungsverfahrens geänderten Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes ist der Informationszugang zu verweigern; ihm steht der Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses entgegen. Das allein mit Blick auf die Vertragsverhandlungen erstellte Gutachten war maßgeblich für die Kaufpreisbildung und die Vertragsgestaltung; auf der Grundlage der konkreten Absichten des Vertragspartners sollte ein möglicher Planungsgewinn prognostisch in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Unter diesen Umständen ist es hinreichend plausibel und nachvollziehbar, dass das Gutachten zumindest mittelbar Rückschlüsse auf wettbewerbsrelevante Entwicklungsstrategien, Kalkulationen und Renditeerwartungen des Vertragspartners zulässt. Auch solche mittelbaren Rückschlüsse auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden von dem gesetzlichen Ausschlussgrund erfasst. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Aussonderungen Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung

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Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Mitgeteilt durch Zustellung an OVG 12 B 19.12 a) Kl.-Vertr. am 12.03.2014 VG 9 K 2079.11 Potsdam                                              b) Bekl.      am 11.03.2014 c) Beigel. am 11.03.2014 In der Verwaltungsstreitsache Klägerin und Berufungsklägerin, bevollmächtigt: gegen den Landesbetrieb Forst Brandenburg, Zeppelinstraße 136, 14471 Potsdam, Beklagten und Berufungsbeklagten, bevollmächtigt: beigeladen: hat der 12. Senat durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann, die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Böcker, die ehren- amtliche Richterin Glogner und den ehrenamtlichen Richter Haubenthal im schrift- lichen Verfahren am 6. März 2014 für Recht erkannt: Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache über- einstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren ein- gestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. Juni 2012 ist insoweit wirkungslos. -2-
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-2- Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Aus- nahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Hö- he des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwen- den, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand Die Klägerin, eine im November 2010 gegründete Bürgerinitiative, begehrt Akten- einsicht in Unterlagen des Beklagten zum Verkauf des in der Gemarkung D_____ gelegenen Grundstücks Flur _____, Flurstück 1_____, an die Beigeladene. Das ursprünglich im Eigentum des Landes B_____ stehende, mit Wald bestockte Grundstück liegt am Südrand des Bebauungsplans Nr. 1_____ „K_____“ und war im Entwurf des Flächennutzungsplans der Landeshauptstadt P_____ zunächst als Gewerbefläche ausgewiesen. Im Zuge einer diskutierten Änderung des Bebau- ungsplans wurden von der Stadtverwaltung mehrere Entwicklungsvarianten unter- sucht, die das Gewerbe- und Einzelhandelskonzept im Plan- und Planerweite- rungsgebiet betrafen und eine unterschiedlich starke Inanspruchnahme der Wald- fläche vorsahen. Eine der untersuchten Varianten bezog sich auf das von der A_____ Gruppe entwickelte Konzept zur Errichtung eines Fachmarktzentrums (Konzept „D_____“). Mit notariellem Kaufvertrag vom 11. Mai 2009 verkaufte das Land B_____, vertreten durch den Beklagten als Landesforstvermögen, das Grundstück an die zur Unternehmensgruppe Aldinger gehörende Beigeladene. Dem Kaufvertrag lagen u.a. ein Gutachten zur Waldwertermittlung (Waldwertgut- -3-
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-3- achten) und ein Gutachten zur Ermittlung des möglichen Planungsgewinns (Pl a- nungsgewinngutachten) zu Grunde. Mit Schreiben vom 9. Februar 2011, ergänzt durch Schreiben vom 19. März und 17. Oktober 2011, beantragte die Klägerin beim Beklagten Akteneinsicht in den gesamten Verwaltungsvorgang betreffend die Ausschreibung, die Vergabe und den Verkauf des Grundstücks einschließlich der Unterlagen zur Einbeziehung des Ministeriums der Finanzen des Landes B_____ in den Veräußerungsvorgang. Nach Anhörung der Beigeladenen lehnte der Beklagte den Antrag mit B escheiden vom 13. April und 3. November 2011 ab. Zur Begründung verwies er auf den Schutz personenbezogener Daten und das Vorliegen schutzwürdiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen; die Beigeladene habe ihre für eine Akteneinsicht erforderliche Zustimmung nicht erteilt. Den gegen den Bescheid vom 3. November 2011 eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2011 zurück. Auf die bereits am 19. Oktober 2011 erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die vorgenannten Bescheide mit Urteil vom 19. Juni 2012 teilweise aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin Akteneinsicht in das Waldwertgutachten, soweit darin Angaben zum Zustand des aufstehenden Waldes enthalten sind, und in das im Zusammenhang mit dem Grundstücksge- schäft stehende Antwortschreiben des Ministeriums der Finanzen sowie den Schriftverkehr mit der Landeshauptstadt P_____ zu gewähren, jeweils mit der Maßgabe, etwaige darin enthaltene Angaben zu Inhalten des Kaufvertrages und der erstellten Gutachten mit Ausnahme der Angaben zum Zustand des aufstehen- den Waldes zu schwärzen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin als Bürgerinitiative mit hinreichend verfestigter Organisationsstruktur nach § 1 des Umweltinformationsgesetzes des Landes Brandenburg (BbgUIG) i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG ein Anspruch auf Einsicht in das zur Ermittlung des Grundstückswertes gefertigte Waldwertgutachten in dem aus dem Tenor ersichtl i- chen Umfang zustehe. Bei den Angaben zum Zustand des aufstehenden Waldes handele es sich um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG. Ab- lehnungsgründe lägen insoweit nicht vor; insbesondere stellten die vorstehenden -4-
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-4- Angaben keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen dar. Nach § 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (AIG) stehe der Klägerin auch ein Anspruch auf Einsicht in das Antwortschreiben des Ministeriums der Finanzen und in den zum Grundstücksverkauf mit der Landes- hauptstadt Potsdam geführten Schriftverkehr unter Schwärzung der im Tenor g e- nannten Angaben zu. Da diese Unterlagen keine Umweltinformationen enthielten, sei das Umweltinformationsgesetz als vorrangige bereichsspezifische Regelung nicht einschlägig. Ebenso wenig stünden der begehrten Einsicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach §§ 4 und 5 AIG entgegen; dem Schutz der Interessen der Beigeladenen werde durch die Schwärzung von Angaben zum Inhalt des Kaufvertrages und der eingeholten Gutachten ausreichend Rechnung getragen. Soweit der Beklagte einen darüber hinausgehenden Anspruch der Klägerin auf Akteneinsicht abgelehnt habe, seien die angegriffenen Bescheide dagegen recht- mäßig. Dass die noch in Rede stehenden Unterlagen, namentlich das Waldwert- gutachten mit Ausnahme der Waldzustandsdaten, das Planungsgewinngutachten, der Kaufvertrag nebst Entwürfen, der ungeschwärzte Schriftverkehr mit dem Mi- nisterium der Finanzen und der Landeshauptstadt Potsdam sowie ungeschwärzte behördeninterne Schreiben, Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 UIG enthielten, sei weder dargetan noch ersichtlich. In dem geänderten Entwurf des Flächennutzungsplans sei das streitbefangene Grundstück nunmehr als Waldfl ä- che ausgewiesen. Soweit die Pläne der Beigeladenen danach derzeit im Wider- spruch zu den planungsrechtlichen Vorgaben stünden und nicht mehr zu verwirk- lichen seien, könnten sich die bisherigen Planungen und der Grundstückskaufver- trag nicht auf Umweltbestandteile auswirken. Ein Anspruch auf Zugang zu den ungeschwärzten Unterlagen stünde der Klägerin im Übrigen selbst dann nicht zu, wenn diese einzelne Umweltinformationen enthalten sollten. Denn einer Ein- sichtsgewährung stehe jedenfalls der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheim- nissen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG entgegen. Sowohl bei dem Grund- stückskaufvertrag nebst Entwürfen als auch den hierzu gefertigten Gutachten handele es sich um schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Bei- geladenen, bei denen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekannt- gabe nicht bestehe. Auch einer Einsicht nach §§ 1, 9 Abs. 1 AIG stünden über- wiegende private Interessen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG entgegen. Der -5-
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-5- Ausschlussgrund erfordere weder ein schützenswertes Interesse des Unterneh- mens an der Geheimhaltung unternehmensbezogener Daten noch eine Abwägung mit dem entgegenstehenden Informationsinteresse; nach der gesetzlichen Rege- lung gehe der Geheimhaltungswille des Unternehmens generell vor und genüge für die Versagung des Informationszugangs. Dies begegne auch mit Blick auf Art. 21 Abs. 4 der Landesverfassung keinen durchgreifenden verfassungsrechtl i- chen Bedenken. Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Einsicht in den gesamten bei dem Beklagten zur Veräußerung des Grundstücks vorhandenen Verwaltungsvorgang weiter. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, das Ver- waltungsgericht habe zu Unrecht ohne Beiziehung der noch streitigen Unterlagen das Vorliegen von Umweltinformationen pauschal verneint. In Übereinstimmung mit der Umweltinformationsrichtlinie sei der Begriff der Umweltinformationen weit auszulegen. Von der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 UIG erfasst seien alle für den Umweltschutz relevanten Daten, namentlich auch Kosten-Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von umweltrelevanten Maßnahmen verwendet werden könnten. D a- zu gehörten auch Angaben zur Finanzierung des Vorhabens und zur Finanzkraft des Vorhabenträgers sowie Gutachten zur Ermittlung eines etwaigen Planungs- gewinns. Auf den Stand der Bauleitplanung komme es insoweit entgegen der Auf- fassung des Verwaltungsgerichts nicht an. Diese könne mit der erforderlichen po- litischen Mehrheit jederzeit geändert werden; für die Annahme, dass die Beigela- dene ihre Pläne zur Bebauung des Grundstücks aufgegeben habe, bestünden keinerlei Anhaltspunkte. Der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG könne ihrem Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen nicht entgegengehal- ten werden. Soweit die Unterlagen Angaben zu dem durch mögliche Planungsva- rianten verursachten Verkehr und damit zu Lärm- und Schadstoffbelastungen ent- hielten, handele es sich um Umweltinformationen über Emissionen, bei denen eine Berufung auf den Ausschlussgrund schon nach § 9 Abs. 1 Satz 2 UIG au s- geschlossen sei. Im Übrigen enthielten die streitigen Unterlagen keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen. Etwaige Angaben zum Wert des -6-
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-6- Grundstücks stellten kein Geschäftsgeheimnis dar, da der Beklagte bereits aus haushaltsrechtlichen Gründen verpflichtet sei, vor der Veräußerung ein Wertgu t- achten einzuholen. Konkrete grundstücksbezogene Planungsvorstellungen müsse die Beigeladene ohnehin vor Umsetzung öffentlich machen. Unabhängig davon könne sie sich als Bürgerinitiative auf ein überwiegendes Partizipationsinteresse berufen, das der Zielsetzung des Gesetzes entsprechend der Schaffung von Transparenz diene. Selbst wenn ein Umweltinformationsanspruch verneint werde, stehe ihr jedenfalls aus §§ 1, 9 Abs. 1 AIG ein Anspruch auf die begehrte vollständige Akteneinsicht zu. Der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG greife nicht ein. Die Au f- fassung des Verwaltungsgerichts, insoweit sei weder ein schützenswertes Inte- resse des Unternehmens an der Geheimhaltung noch eine Abwägung mit dem entgegenstehenden Informationsinteresse erforderlich, verkenne die Reichweite des Ausschlussgrundes. Bei verfassungskonformer Auslegung beziehe sich die gesetzliche Regelung allein auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheim- nissen. Zudem bedürfe es einer Würdigung des Informationsinteresses und des Geheimhaltungsinteresses im konkreten Einzelfall. Die Klägerin beantragt, 1. unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 19. Juni 2012 den Beklagten unter Aufhebung der Ablehnungsbe- scheide vom 13. April 2011 und vom 3. November 2011 sowie des W i- derspruchsbescheides vom 9. Dezember 2011 zu verpflichten, ihr Ak- teneinsicht zu gewähren in den gesamten bei dem Beklagten befindli- chen Verwaltungsvorgang betreffend die Veräußerung des Grundstücks in der Gemarkung D_____, Flur 8_____, Flurstück 1_____an die Beige- ladene, 2. den vorgenannten Verwaltungsvorgang des Beklagten zum Verfahren beizuziehen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. -7-
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-7- Er verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzliche Entscheidung. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht einen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG verneint. Bei den im Berufungsverfahren noch streitigen Unterlagen handele es sich nicht um Umweltinformationen. Die Unterlagen beträfen allein den Verkauf eines Grundstücks, nicht aber die bebauungsrechtliche Situation; ein bloßer Ei- gentumswechsel wirke sich nicht auf Umweltbestandteile aus. Ebenso wenig wie- sen Informationen über den Verkehrswert eines Grundstücks einen unmittelbaren oder mittelbaren Umweltbezug auf. Dagegen enthalte der Kaufvertrag u.a. Anga- ben zum Grundstückswert, zum Kaufpreis und zu Zahlungs- und Finanzierungs- konditionen, die von erheblicher geschäftlicher Relevanz für die Beigeladene se i- en. Auf ein überwiegendes Interesse an der Offenlegung dieser Informationen könne sich die Klägerin nicht berufen. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsge- heimnissen stehe auch einem Informationsanspruch aus §§ 1, 9 Abs. 1 AIG ent- gegen. Nach dem Erörterungstermin vor der Berichterstatterin hat der Beklagte das Waldwertgutachten der Klägerin in vollem Umfang zur Verfügung gestellt; insoweit haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Bei- geladene hat weder an dem Erörterungstermin teilgenommen noch sich inhaltlich im Berufungsverfahren geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbrin- gens der Beteiligten wird auf die Streitakte, die Akte des vorangegangenen vor- läufigen Rechtsschutzverfahrens (VG 9 L 246.11/OVG 12 S 62.11) und den einge- reichten Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen sind. Entscheidungsgründe Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Berufungsverfahren entsprechend § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). -8-
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-8- Im Übrigen ist die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einver- ständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden konnte (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), unbegründet. Ein Anspruch auf Akten- einsicht in die im Berufungsverfahren noch streitigen Unterlagen steht der Kläge- rin nicht zu; die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind insoweit rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 1. Auf das Umweltinformationsgesetz kann die Klägerin ihr Informationsbegehren nicht mit Erfolg stützen. Nach § 1 BbgUIG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Die Klägerin gehört als Bürgerinitiative mit hinreichend verfestigter Or- ganisationsstruktur zwar zu dem anspruchsberechtigten Personenkreis (BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 - BVerwGE 130, 223 Rn. 22 und 25). Der Beklagte ist als u_____ F_____ (§ 31 Nr. 2 LWaldG) auch eine informationspflich- tige Stelle im Sinne der landesrechtlichen Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 1 BbgU- IG. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch richtet sich jedoch nicht auf den Zugang zu Umweltinformationen. Bei den im Berufungsverfahren noch streiti- gen Unterlagen (Planungsgewinngutachten, Kaufvertrag nebst Entwürfen, unge- schwärzter Schriftverkehr mit dem Ministerium der Finanzen und der Landes- hauptstadt Potsdam, ungeschwärzte behördeninterne Schreiben und Vermerke) handelt es sich nicht Umweltinformationen im Sinne der vorliegend allein in B e- tracht kommenden Legaldefinition des § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a) oder       Abs. 3 Nr. 5 UIG. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a) UIG sind Umweltinformationen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne der Nr. 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nr. 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Zu den Umweltinformationen gehören nach § 2 Abs. 3 Nr. 5 UIG auch alle Daten über Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne der Nr. 3 verwendet werden. Mit Blick auf die Zielsetzung des Gesetzes, einen erweiterten Zugang der Öffentlichkeit zu -9-
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-9- umweltbezogenen Informationen sicherzustellen, ist der Begriff der „Maßnahmen oder Tätigkeiten“ weit auszulegen. Von dem weiten Begriffsverständnis umfasst sind alle Maßnahmen oder Tätigkeiten, die einen gewissen Umweltbezug aufwei- sen. Dabei kommt es nicht auf eine Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen einer Maßnahme oder Tätigkeit auf die Umwelt an. Für die erforderliche Umweltrelevanz ist vielmehr entscheidend, dass sich die Ma ß- nahme oder Tätigkeit auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirk en o- der wahrscheinlich auswirken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369, zitiert nach juris Rn. 27 f.; Urteil vom 21. Februar 2008, a.a.O., Rn. 13). Diese Voraussetzung ist bei den in Rede stehenden Unterlagen nicht erfüllt. D a- bei kann dahinstehen, ob das Planungsgewinngutachten, das nach den Angaben des Beklagten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit Blick auf das konkrete Entwicklungskonzept der Beigeladenen in Auftrag gegeben worden ist, und der Grundstückskaufvertrag nebst Entwürfen einen hinreichend engen Umweltbezug aufweisen oder für sich genommen „umweltneutral“ sind. Denn nach den zutref- fenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts stand eine Umsetzung der Pla- nungen der Beigeladenen, die zu einer Abholzung und Bebauung der veräußerten Waldfläche geführt und damit Umweltbelange berührt hätten, von vornherein unter dem Vorbehalt der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit. Die planerischen Absich- ten der Landeshauptstadt Potsdam hinsichtlich der Entwicklung und Bebauung der Fläche befanden sich zum Zeitpunkt der Verkaufsverhandlungen erst in einem Vorstadium (vgl. Beschluss des Senats vom 30. September 2011 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, BA S. 3). Zum damaligen Zeitpunkt lag lediglich der Ent- wurf eines Flächennutzungsplans vor (Stand: 9. Februar 2011), in dem das Gebiet als Gewerbefläche ausgewiesen war. Dieser Entwurf ist bereits während des erst- instanzlichen Klageverfahrens aufgegeben worden; die geänderte Entwurfsfas- sung (Stand: 7. März 2012) weist das von der Beigeladenen erworbene Grund- stück als Waldfläche aus. Diese Darstellung ist unverändert in den mittlerweile beschlossenen und mit der Bekanntmachung der Genehmigung durch das Minis- terium für Infrastruktur und Landwirtschaft (Amtsblatt 2_____ der Landeshaupt- stadt Potsdam, S. 8) wirksam gewordenen Flächennutzungsplan übernommen worden. - 10 -
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- 10 - Zu Recht ist das Verwaltungsgericht danach davon ausgegangen, dass die Pläne der Beigeladenen zur Entwicklung und Bebauung des Grundstücks, die sowohl dem Planungsgewinngutachten als auch dem Kaufvertrag zu Grunde lagen, den planungsrechtlichen Vorgaben widersprechen. Die Beigeladene konnte ihr Ent- wicklungskonzept „D_____“ weder nach dem Stand der geänderten Entwurfsfas- sung des Flächennutzungsplans verwirklichen noch kommt eine Realisierung nach dem gegenwärtigen Stand der Bauleitplanung in Betracht. Unter diesen Um- ständen enthalten weder das zur Ermittlung eines prognostischen Planungsge- winns erstellte Gutachten noch der Grundstückskaufvertrag nebst Entwürfen In- formationen zu Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 3             Nr. 3 Buchst. a) UIG, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können. Die Planungen der Beigeladenen haben sich zu keinem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar auf Umweltbestandbestandteile oder Umweltfaktoren ausgewirkt noch können sie sich in absehbarer Zukunft wahrscheinlich darauf auswirken (vgl. zur Aufgabe von Plänen vor ihrer Verwirklichung: BVerwG, Beschluss vom 1. Novem- ber 2007 - 7 B 37.07 - juris Rn. 15). Für die von der Klägerin angesprochene Mög- lichkeit einer Änderung der planungsrechtlichen Vorgaben bestehen nach dem gegenwärtigen Sachstand auch nicht ansatzweise Anhaltspunkte. Damit betreffen die vorstehenden Unterlagen auch keine Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 5 UIG. Von der Begriffsbestimmung erfasst sind led iglich Analysen und Annahmen, die zur Vorbereitung oder Durchführung der in Nr. 3 aufgeführten Maßnahmen oder Tätigkeiten verwendet werden, an denen es vor- liegend gerade fehlt. Dass die übrigen streitigen Unterlagen, in die die Klägerin in ungeschwärzter Form Einsicht begehrt, Umweltinformationen enthalten, ist aus den dargelegten Gründen gleichfalls weder ersichtlich noch dargetan; einer Be i- ziehung des vom Beklagten im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung geführten Verwaltungsvorgangs bedarf es insoweit nicht. 2. Soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG für das Informationsbegehren danach keine vor- rangige bereichsspezifische Regelung im Sinne des § 1 AIG enthält, ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Einsicht in die noch streitbefangenen Unterlagen auch nicht aus §§ 1, 9 Abs. 1 AIG. Dem ihr nach den genannten Vorschrift als Bürgerinitiative grundsätzlich zustehenden Recht auf Akteneinsicht stehen über- wiegende private Interessen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG entgegen. - 11 -
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