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Aktenzeichen
8 A 467/11
Datum
15. Januar 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 15. Januar 2014

8 A 467/11

Der Gemeinsame Bundesauschuss muss Auskunft über die Mitglieder seiner Unterausschüsse und über weitere Personen geben, die als Gutachter oder Sachverständige an Sitzungen eines Unterausschusses teilgenommen haben. Die Vertraulichkeit von Beratungen betrifft nur deren Inhalt, nicht aber die Identität der Beratenden. Das Oberverwaltungsgericht stellt klar, dass von Entscheidungsträgern erwartet werden darf, dass diese sich professionell verhalten und etwaigen unlauteren Versuchen der Einflussnahme durch Dritte wiederstehen. Eine Verpflichtung zur Herausgabe von Sitzungsprotokollen besteht aufgrund einer zu berücksichtigenden, spezielleren Geheimhaltungsvorschrift im Sozialrecht nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Auskunftserteilung (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Personenbezogene Daten Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess)

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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                           Seite 1 von 18 Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11 Datum:                  15.01.2014 Gericht:                Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:           8. Senat Entscheidungsart:       Urteil Aktenzeichen:           8 A 467/11 Vorinstanz:             Verwaltungsgericht Köln, 13 K 3033/09 Tenor:                  Soweit die Beteiligten in der Berufungsinstanz den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Ja- nuar 2011 ist insoweit wirkungslos. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Januar 2011 geändert und der Tenor wie folgt gefasst: Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheids vom 31. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2009 verpflichtet, der Klägerin Zugang zu folgenden Informationen zu gewähren: 1. Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung sämtlicher Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel sowie 2. Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung sämtlicher Personen, die als Gutachter, Sachverständige oder in vergleich-barer Weise eine Stellungnahme im Verfahren zur Änderung der Anlage IV der Arzneimittelrichtlinie zum Therapiehinweis zu dem Wirkstoff Montelukast abgegeben haben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                          Seite 2 von 18 Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:                                                                               1 Die Klägerin begehrt vom Beklagten Auskünfte im Zusammenhang mit der                      2 Änderung eines Therapiehinweises zu dem Wirkstoff Montelukast, der in einem von der Klägerin vertriebenen Arzneimittel enthalten ist. Der Beklagte, eine rechtsfähige Person des öffentlichen Rechts, ist - neben               3 zahlreichen weiteren Aufgaben - für den Erlass der zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Personen zuständig. Mit diesen Richtlinien bestimmt er verbindlich den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 91 Abs. 6 SGB V). Der Beklagte verfügt über mehrere Unterausschüsse, darunter den Unterausschuss Arzneimittel. Dieser bereitet u.a. Entscheidungen des Beschlussorgans des Beklagten ("Plenum") über Therapiehinweise zur Arzneimittelauswahl vor, mit denen eine wirtschaftliche Verordnung von Arzneimitteln sichergestellt werden soll. Die Therapiehinweise werden in die Anlage 4 der Arzneimittelrichtlinie des Beklagten aufgenommen und sind damit Bestandteil dieser Richtlinie. Vor Erlass eines Therapiehinweises ist Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie gesetzlich näher bestimmten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Gutachten und Empfehlungen von Sachverständigen, die dem Therapiehinweis zugrunde liegen, sind bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen des Therapiehinweises aufzuführen. Anfang Juni 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr Zugang zu                 4 folgenden Informationen zu erteilen: 1. Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung von                   5 sämtlichen Mitgliedern des Unterausschusses Arzneimittel, 2. Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung von                   6 sämtlichen Personen, die als Gutachter, Sachverständiger oder in sonstiger Weise eine Stellungnahme im Verfahren zur Änderung der Anlage IV der derzeit gültigen Arzneimittelrichtlinie um einen Therapiehinweis zu Montelukast abgegeben haben, 3. Auftragserteilung an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im               7 Gesundheitswesen (IQWiG) einschließlich Auftragskonkretisierung, 4. sämtliche im Rahmen der Nutzenbewertung von Montelukast vom IQWiG                      8 eingeholten Sachverständigengutachten einschließlich der erteilten Aufträge samt Konkretisierungen, 5. Evaluation des IQWiG-Berichts durch den Gemeinsamen Bundesaus-schuss,                  9 6. Sitzungsprotokolle aller Beratungen des Unterausschusses Arzneimittel, soweit        10 sie Montelukast betreffen, 7. Voten der Patientenvertreter sowie                                                   11 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                            Seite 3 von 18 8. die tragenden Gründe der beabsichtigten Entscheidung.                                  12 Mit Bescheid vom 31. Juli 2007, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, lehnte         13 der Beklagte den Antrag ab: Das Informationsfreiheitsgesetz sei auf ihn nicht anwendbar, da er zum einen keine Behörde i.S.d. § 1 Abs. 1 IFG sei und er zum anderen keine öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben wahrnähme, sondern normsetzend tätig sei. Unabhängig davon seien sämtliche vom Antrag erfassten Informationen einschließlich personenbezogener Daten gemäß § 3 Nr. 3 lit. b) und § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. seiner Geschäftsordnung (im Folgenden: GO) vom Informationszugang ausgenommen. Dies sei erforderlich, um Versuchen der Einflussnahme durch Dritte entgegenzuwirken. Der Ausschluss gelte nach Abschluss der Beratungen fort, weil anderenfalls bestimmte Meinungsäußerungen einzelnen Mitgliedern des Unterausschusses zugeordnet werden könnten. Die Namen von Gutachtern, die an der Erarbeitung von Therapiehinweisen beteiligt seien, unterlägen nach Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 Satz 8 SGB V der strikten Geheimhaltung. Dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei durch die Veröffentlichung der tragenden Gründe seiner Entscheidung ausreichend Rechnung getragen. Den gegen diesen Bescheid in Bezug auf die Punkte 1 bis 7 ihres Antrags von der Klägerin eingelegten Widerspruch lehnte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2009, der ebenfalls keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, ab. Die Klägerin hat am 8. Mai 2009 Klage erhoben und diese im Wesentlichen wie folgt 14 begründet: Als rechtsfähige Einrichtung des öffentlichen Rechts unterliege der Beklagte dem Informationsfreiheitsgesetz. Der Erlass von Richtlinien sei ebenfalls nicht vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen; bei der Normsetzung durch die Exekutive handele es sich um Verwaltungstätigkeit im formellen Sinn. Bestimmungen der Geschäftsordnung des Beklagten schlössen den gesetzlich (§ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG) gewährten Anspruch auf Informationszugang nicht aus. Die vom Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe gemäß § 3 Nr. 3 lit. b) und § 3 Nr. 4 IFG lägen nicht vor. Der Schutz personenbezogener Daten stehe dem geltend gemachten Anspruch ebenfalls nicht entgegen; bezüglich der Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel ergebe sich dies aus § 5 Abs. 4 IFG, bezüglich der Gutachter aus § 5 Abs. 3 IFG. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die                 15 Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich einiger Punkte des Klagebegehrens übereinstimmend für erledigt erklärt. Daraufhin hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr Zugang zu folgenden Informationen zu gewähren:         16 1. Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung von                   17 sämtlichen Mitgliedern des Unterausschusses Arzneimittel; 2. Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung von                   18 sämtlichen Personen, die als Gutachter, Sachverständige oder in sonstiger Weise eine Stellungnahme im Verfahren zur Änderung der Anlage IV der Arzneimittelrichtlinie zum Therapiehinweis zu dem Wirkstoff Montelu-kast abgegeben haben; 3. sämtliche im Rahmen der Nutzenbewertung des Wirkstoffs Montelukast vom                 19 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erteilten Aufträge an Sachverständige und deren Konkretisierung; http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                            Seite 4 von 18 4. Sitzungsprotokolle aller Beratungen des Unterausschusses Arzneimittel, soweit          20 sie den Wirkstoff Montelukast betreffen; 5. Voten der Patientenvertreter, soweit sie den Wirkstoff Montelukast betreffen.          21 Der Beklagte hat beantragt,                                                               22 die Klage abzuweisen,                                                                     23 und hat zur Begründung seine Ausführungen im angefochtenen Bescheid vertieft.             24 Mit Urteil vom 13. Januar 2011 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten                   25 verpflichtet, der Klägerin Zugang zu den von Nr. 1 bis 4 ihres Klageantrags erfassten Informationen zu gewähren, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Das Informationsfreiheitsgesetz gelte für den Beklagten und zwar auch, soweit er          26 Richtlinien erlasse. Der Behördenbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG erfasse alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnähmen. Darunter sei die gesamte Tätigkeit der Exekutive unabhängig davon zu verstehen, ob es sich auch materiell um eine Tätigkeit verwaltender Art handele. Dementsprechend sei die gesamte Tätigkeit der Exekutive und damit auch der Erlass untergesetzlicher Rechtsnormen vom Informationsfreiheitsgesetz erfasst. In demselben umfassenden Sinne sei der Begriff "öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgabe" in § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG zu verstehen. Der Zugang zu den personenbezogenen Daten der Mitglieder des                              27 Unterausschusses Arzneimittel sowie derjenigen Personen, die zum Wirkstoff Montelukast eine Stellungnahme als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise abgegeben hätten, sei weder gemäß § 3 Nr. 3 lit. b) IFG noch gemäß § 3 Nr. 4 IFG oder § 5 Abs. 1 IFG ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 lit. b) IFG lägen schon deshalb nicht vor, weil diese Daten nicht Gegenstand der Beratungen des Unterausschusses seien, zudem könnten die Beratungen zum Therapiehinweis Montelukast nach deren Abschluss nicht mehr beeinträchtigt werden. Werde der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 3 lit. b) IFG weiter verstanden, fehle es jedenfalls an einer Beeinträchtigung des Schutzguts. Denn es sei nicht ersichtlich, dass die betroffenen Personen den vom Beklagten befürchteten Beeinflussungsversuchen erliegen würden. § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 27 Abs. 1 GO schließe den Informationszugang ebenfalls nicht aus. Der Wortlaut des § 27 Abs. 1 GO beziehe sich nur auf den Hergang nicht öffentlicher Beratungen, nicht aber auf personenbezogene Daten der Teilnehmer an solchen Beratungen oder von Personen, die als Gutachter, Sachverständige oder in vergleichbarer Weise am Verfahren beteiligt gewesen seien. Der Schutz personenbezogener Daten stehe dem Informationszugang gemäß § 5 Abs. 3 IFG nicht entgegen. Der Zugang zu den Sitzungsprotokollen des Unterausschusses Arzneimittel sei               28 ebenfalls weder gemäß § 3 Nr. 3 lit. b) IFG noch gemäß § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen, da diesen Protokollen entsprechend § 16 GO weder der Hergang der Beratungen noch das Stimmenverhältnis bei der Beschlussfassung entnommen werden könne, sondern nur das Beratungsergebnis und der Wortlaut des getroffenen Beschlusses. Insbesondere könnten aus den Sitzungsprotokollen keine Rückschlüsse auf das Stimmverhalten oder die Beiträge einzelner Mitglieder des Unterausschusses gezogen werden. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                          Seite 5 von 18 Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die vom Senat zugelassene Berufung                 29 eingelegt: An seiner Auffassung, das Informationsfreiheitsgesetz sei auf ihn, den Beklagten, nicht anwendbar, halte er fest. Aber auch unabhängig davon sei er nicht verpflichtet, der Klägerin Zugang zu den streitgegenständlichen Informationen zu gewähren. Der Zugang zu den personenbezogenen Daten der Mitglieder des                            30 Unterausschusses Arzneimittel sei schon gemäß § 1 Abs. 3 IFG i.V.m. § 94 Abs. 2 SGB V und § 91 Abs. 7 Satz 7 SGB V n.F. zu verweigern. Zudem erfasse der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 3 lit. b) IFG entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch diese Daten, da der Begriff "Beratung" untrennbar mit den Personen, die an einer solchen teilnähmen, verbunden sei. Der Zugang zu diesen Informationen sei zeitlich unbeschränkt ausgeschlossen. Aufgrund seiner fachkundigen und interessenpluralistischen Zusammensetzung könne der Unterausschuss seine Aufgabe nur erfüllen, wenn seine Mitglieder in einem möglichst umfassend geschützten Raum unbefangen beraten und ohne Druck von außen rein sachorientiert entscheiden könnten. Sei dies nicht gewährleistet, bestehe zum einen die Gefahr, dass die Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel aus Angst vor öffentlicher Kritik bei zukünftigen Beratungen fachlich gebotene Meinungsäußerungen unterließen. Zum anderen liege nahe, dass betroffene pharmazeutische Unternehmen oder andere Interessengruppen im Vorfeld von Sitzungen mit den Mitgliedern des Unterausschusses Arzneimittel Kontakt aufnähmen, um ihre Interessen gezielt in die Beratungen einzubringen und Einfluss auf die zu treffenden Entscheidungen auszuüben. Seien die personenbezogenen Daten der Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel erst einmal bekannt, drohe die Beeinträchtigung künftiger Beratungen. Außerdem sei der Zugang zu den personenbezogenen Daten der Mitglieder des               31 Unterausschusses Arzneimittel auch gemäß § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 27 Abs. 1 GO ausgeschlossen. Zwar bestimme diese Regelung nicht ausdrücklich, dass die Namen von Ausschussmitgliedern nicht offenbart werden dürften. Der Schutz der Vertraulichkeit ihres Namens werde jedoch durch die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen bezweckt. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Regelungen der Geschäftsordnung auch Rechtsvorschriften i.S.d. § 3 Nr. 4 IFG. Dem Zugang zu den Sitzungsprotokollen stehe § 1 Abs. 3 IFG i.V.m. § 94 Abs. 2           32 SGB V und § 91 Abs. 7 Satz 7 SGB V n.F. einerseits und die Ausschlussgründe der § 3 Nr. 3 lit. b) und § 3 Nr. 4 IFG andererseits entgegen. Bezüglich der vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen      33 erteilten Aufträge an Sachverständige und deren Konkretisierung haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte beantragt,                                                                 34 das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Januar 2011 abzuändern und die Klage         35 insoweit abzuweisen, als der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz anhängig ist. Die Klägerin beantragt,                                                                 36 die Berufung zurückzuweisen;                                                            37 38 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                             Seite 6 von 18 sie tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der         39 Gerichtsakte (2 Bände und 3 Hefter Beiakten) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:                                                                       40 Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Berufungsinstanz übereinstimmend in            41 der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist es entsprechend §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Das angefochtene Urteil ist insoweit wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die vom Senat zugelassene und auch ansonsten zulässige Berufung des Beklagten              42 hat teilweise Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Informationszugang (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). I. Das Informationsfreiheitsgesetz findet auf den vorliegenden Fall Anwendung. Der         43 Beklagte ist eine informationspflichtige Stelle i.S.d. § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IFG (dazu 1.). Die Tätigkeit des Unterausschusses Arzneimittel bei der Erarbeitung von Therapiehinweisen ist nicht von dem durch § 1 Abs. 1 IFG vorgegebenen Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen (dazu 2.). 1. Der Beklagte ist eine informationspflichtige Stelle i.S.d. § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2     44 IFG. a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG besteht der Anspruch auf Zugang zu Informationen            45 gegen Behörden des Bundes. Dieser Regelung und der diese ergänzenden Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG liegt nicht ein organisationsrechtlicher, sondern ein funktioneller Behördenbegriff zugrunde. Danach ist Behörde ohne Rücksicht auf die konkrete Bezeichnung jede vom Wechsel der in ihnen tätigen Personen unabhängige, mit hinreichender organisatorischer Selbständigkeit ausgestattete Stelle, die eigenverantwortlich Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Was als Aufgabe der öffentlichen Verwaltung anzusehen ist, lässt sich angesichts der Vielgestaltigkeit der Verwaltungsaufgaben nicht positiv, sondern grundsätzlich nur negativ in Abgrenzung zu den übrigen Staatsgewalten bestimmen. Die Abgrenzung ist allerdings weder durch staatsrechtliche Kategorien noch durch die Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorgeprägt. Vielmehr ist der Abgrenzung ein aus dem Informationsfreiheitsgesetz selbst, insbesondere aus dessen Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte, folgendes Begriffsverständnis zugrundezulegen. Das führt zu einem weiten Verständnis des Begriffs "Verwaltung" und hieran anknüpfend zu einem umfassenden Behördenbegriff. Dementsprechend liegt eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung vor, wenn in der Sache Verwaltungstätigkeit ausgeübt wird. Dieser Verwaltungsbegriff knüpft an die ausgeübte Funktion bzw. den verfolgten Zweck der Tätigkeit an, unabhängig davon, wer sie ausübt. Danach ist Verwaltung das Handeln staatlicher Organe, das nicht als Gesetzgebung oder Rechtsprechung einzustufen ist. Dagegen kommt es weder darauf an, ob der Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes eröffnet ist, noch darauf, ob das behördliche Handeln auf eine rechtliche Außenwirkung gerichtet ist. Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, NVwZ 2013, 431, juris             46 Rn. 22 ff., sowie vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, BVerwGE 141, 122, juris Rn. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                           Seite 7 von 18 11 ff.; OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 8 A 2593/10 -, DVBl. 2012, 365, juris Rn. 28 ff. Daraus folgt aber nicht, dass Stellen, die gesetzgeberische oder rechtsprechende         47 Aufgaben wahrnehmen, ganz vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen sind. Dies stellt § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG klar. Aus dieser Norm folgt, dass das Informationsfreiheitsgesetz auch auf diese Stellen anzuwenden ist, soweit diese öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 7 f.; BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C              48 3.11 -, BVerwGE 141, 122, juris Rn. 18 ff.; OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 8 A 2593/10 -, DVBl. 2012, 365, juris Rn. 38. Andererseits unterfällt nicht jede Stelle, die zumindest auch rechtsetzend tätig wird,   49 § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu dieser Norm. Diese nennt aus dem Bereich der Normsetzung nur den Bundestag und den Bundesrat als sonstige Bundesorgane und -einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG und betont in diesem Zusammenhang, dass (nur) der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgeschlossen bleibe. Vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 7 f.                                                         50 Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber sämtliche Stellen i.S.d. § 1 Abs. 1            51 Satz 1 IFG, die (auch) rechtsetzend tätig werden, grundsätzlich vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen hat, lassen sich weder dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 IFG noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Die Behörden von selbständigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts             52 werden dem Bund zugerechnet, wenn diese juristischen Personen seiner Aufsicht unterstehen. Vgl. Scheel, in: Berger/Partsch/Roth/ders., IFG, 2. Auflage 2013, § 1 Rn. 39 f.;         53 Franßen/Seidel, IFG NRW, 1. Auflage 2007, § 2 Rn. 149, 156, 178. b) Ausgehend von diesem Maßstab ist der Beklagte eine Behörde des Bundes i.S.d. 54 § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Der Beklagte, der der Aufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit untersteht (§ 55 91 Abs. 8 SGB V), ist organisatorisch selbständig. Er ist eine rechtsfähige Person des öffentlichen Rechts (§ 91 Abs. 1 Satz 2 SGB V sowie § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Fassung vom 17. Juli 2008 [BAnz. Nr. 134 vom 4. September 2008, S. 3.256] zuletzt geändert am 20. Juni 2013 [BAnz. AT vom 30. Juli 2013; im Folgenden: GO]), die über eigenes haupt- und ehrenamtliches Personal (§ 91 Abs. 2 Sätze 8 bis 10 und 13 SGB V, § 23 Abs. 1 GO) und eine eigene Leitung (§§ 4 Abs. 1, 23 Abs. 1 GO) verfügt. Dagegen handelt es sich bei den beim Beklagten gebildeten Unterausschüssen (vgl. § 91 Abs. 2 Satz 11 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V, §§ 4 Abs. 3, 18 GO) um unselbständige Untergliederungen des Beklagten. Ihnen fehlt es nicht nur an der erforderlichen organisatorischen Selbständigkeit. Hinzu kommt auch, dass die Unterausschüsse keine eigenen Entscheidungen treffen, sondern diese nur vorbereiten. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                           Seite 8 von 18 Zu letzterem Gesichtspunkt vgl. Rossi, IFG, 1. Auflage 2006, § 1 Rn. 41.                 56 Dem Beklagten sind auch Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung                   57 übertragen, insbesondere der Erlass der zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V), aber auch weitere Aufgaben wie z.B. die (allgemeine) Führung seiner Geschäfte (§ 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V, §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 GO), der Erlass einer Verfahrens- (§ 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB V) und einer Geschäftsordnung (§ 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V), die Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse (§ 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V, § 18 Abs. 1 Satz 1 GO), die Gründung eines fachlich unabhängigen, wissenschaftlichen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (§ 139a Abs. 1 Satz 1 SGB V) oder die Erteilung von Arbeitsaufträgen an dieses Institut (§ 139b Abs. 1 Satz 1 SGB V). Von diesen Aufgaben sind zumindest die allgemeine Führung der Geschäfte und die Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse (dazu ausführlich 2.) als Verwaltungsaufgaben einzuordnen. Da dem Informationsfreiheitsgesetz ein eigenständiger Verwaltungs- und                   58 Behördenbegriff zugrunde liegt, ist im vorliegenden Zusammenhang rechtlich unerheblich, ob der Beklagte als ein Träger mittelbarer Staatsverwaltung - so ausdrücklich BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 - B 6 A 1/08 R -, BSGE 103, 106,           59 juris Rn. 51 - oder - wie er selbst meint - als außerhalb der mittelbaren Staatsverwaltung              60 stehendes "bundesweit agierendes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung" einzuordnen ist. Maßgebend ist insoweit allein, dass der Beklagte gemessen an den Vorgaben des § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IFG eine informationspflichtige Stelle ist. 2. Die Tätigkeit des Unterausschusses Arzneimittel bei der Erarbeitung von               61 Therapiehinweisen ist nicht deshalb vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen, weil es sich - wie der Beklagte meint - bei den von ihm erlassenen Richtlinien um untergesetzliche Rechtsnormen und bei deren Erlass nicht um eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung handele. a) Offen bleiben kann zunächst, ob die vom Beklagten erlassenen Richtlinien der          62 Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgend als untergesetzliche Rechtsnormen - vgl. BSG, Urteile vom 12. Dezember 2012 - B 6 KA 50/11 R -, SozR 4-2500 § 106          63 Nr. 38, juris Rn. 14, sowie vom 20. März 1996 - 6 RKa 62/94 -, BSGE 78, 70, juris Rn. 20 ff. mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand; ebenso: BT-Drucks. 17/6906, S. 69 - und nicht - wie die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel gemäß § 35 Abs.        64 3 Satz 1 SGB V - als Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung - vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2012 - 1 BvL 28/95 u.a. -, BVerfGE         65 106, 275,juris Rn. 126, 131; BSG, Urteil vom 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R -, BSGE 107, 261, juris Rn. 11 - oder als eigenständiges Rechtsinstitut einzuordnen sind. Sollte den Richtlinien          66 Rechtsnormcharakter zukommen, kann ferner offen bleiben, ob das http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                            Seite 9 von 18 Informationsfreiheitsgesetz auf die rechtsetzende Tätigkeit von Behörden Anwendung findet. Dass die rechtsetzende Tätigkeit von Behörden vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen sein soll, erscheint allerdings zweifelhaft. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG unterwirft seinem Wortlaut nach Behörden des Bundes - zu denen wie dargelegt auch der Beklagte zählt - ohne Einschränkungen dem Informationsfreiheitsgesetz. Hinzu kommt, dass der hier maßgebliche, weit auszulegende Verwaltungsbegriff (s.o. 1. a) zumindest die klassischen Formen des Verwaltungshandelns und damit auch den Erlass untergesetzlicher Rechtsnormen umfassen dürfte. Vgl. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage 1986, S. 397 ff., 409 ff.;      67 Knack/ Hennecke, VwVfG, 9. Auflage 2010, § 1 Rn. 20; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 1 Rn. 18; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage, S. 358; Remmert, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Auflage 2010, S. 589 f.; Schmitz, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, 8. Auflage 2014, § 1 Rn. 161, 181. Angesichts dessen dürfte entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Berlin- 68 Brandenburg - vgl. Urteil vom 6. November 2008 - OVG 12 B 50.07 -, OVGE BE 29, 154, juris Rn.         69 23 - nicht danach zu fragen sein, ob sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das                70 Informationsfreiheitsgesetz auf die rechtsetzende Tätigkeit von Behörden Anwendung findet. Vielmehr dürfte zu prüfen sein, ob sich Anhaltspunkte dafür finden, dass der Gesetzgeber die rechtssetzende Tätigkeit von Behörden vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen hat. Die so gestellte Frage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. b) Jedenfalls wird der Unterausschuss Arzneimittel beim Erlass eines                      71 Therapiehinweises - ebenso wie die übrigen beim Beklagten gebildeten Unterausschüsse schon deshalb nicht selbst rechtsetzend tätig, weil er die vom Plenum des Beklagten zu treffenden Beschlüsse lediglich vorbereitet (§§ 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB V, 18 Abs. 1 Satz 1 GO). Bei der Normsetzung ist zwischen dem eigentlichen Erlass einer Norm und deren             72 Vorbereitung zu unterscheiden. Die Vorbereitung von Normen durch Stellen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ist Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne. Dies gilt nicht nur für die Vorbereitung von Gesetzen - vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 7; BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -,        73 BVerwGE 141, 122, juris Rn. 10 ff. (mit ausführlicher Begründung) - , sondern - erst recht - auch für die Vorbereitung untergesetzlicher Normen. Es             74 stünde nicht mit dem Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes, die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger durch die Verbesserung des Informationszugangs zu stärken und auf der Grundlage der so vermittelten Erkenntnisse der Meinungs- und Willensbildung in der Demokratie zu dienen - vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, BVerwGE 141, 122, juris          75 Rn. 20; OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 8 A 2593/10 -, DVBl. 2012, 365, juris Rn. 75 -, http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 467/11                                         Seite 10 von 18 in Einklang, die Vorbereitung untergesetzlicher Normen vom Informationszugang           76 auszunehmen. Dieser Zweck würde nur unvollkommen erreicht, wenn gerade der Bereich der Vorbereitung wichtiger Weichenstellungen im Gesundheitswesen, die nach Angaben des Beklagten mehr als 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherte betreffen, vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen würde. Der ggf. bestehenden besonderen Schutzbedürftigkeit sensibler und vertraulicher         77 Informationen aus dem Bereich der untergesetzlichen Normsetzung ist unter Beachtung der jeweils maßgeblichen Umstände des Einzelfalls nach Maßgabe der gesetzlich geregelten Ausschlussgründe der §§ 3 ff. IFG Rechnung zu tragen. Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 3.11 -, BVerwGE 141, 122, juris          78 Rn. 24. II. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zugang zu den streitgegenständlichen            79 personenbezogenen Daten der Mitglieder des 13-köpfigen Unterausschusses Arzneimittel zu. Dieser Anspruch bezieht sich - wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend klargestellt haben - nicht auf die personenbezogenen Daten der in beratender Funktion tätigen Patientenvertreter und ist weder aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 3 IFG (dazu 1.) noch gemäß §§ 3 ff. IFG ausgeschlossen (dazu 2.). 1. Der Anspruch auf Zugang zu den streitgegenständlichen personenbezogenen              80 Daten der Mitglieder des Unterausschusses Arzneimittel ist nicht gemäß § 1 Abs. 3 IFG ausgeschlossen. Nach dieser Norm gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme der §§ 29 VwVfG, 25 SGB X dem Informationsfreiheitsgesetz vor. Die am 1. Dezember 2012 in Kraft getretene Regelung des § 91 Abs. 7 Satz 7 SGB          81 V, wonach die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich sind, geht dem Informationsfreiheitsgesetz nicht gemäß § 1 Abs. 3 IFG vor. § 91 Abs. 7 Satz 7 SGB V bestimmt die Geheimhaltung bestimmter Vorgänge bzw. Unterlagen; derartige Vorschriften schließen nach der Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes nicht dessen Anwendbarkeit aus, sondern stellen, wie sich aus § 3 Nr. 4 IFG ergibt, einen Ausschlussgrund dar. Vgl. Scheel, in: Berger/Partsch/Roth/ders., IFG, 2. Auflage 2013, § 1 Rn. 137.;         82 Schoch, IFG, 1. Auflage 2007, § 1 Rn. 200; offen gelassen von Jastrow/Schlatmann, IFG, 1. Auflage 2006, § 1 Rn. 63. Dasselbe gilt - unabhängig davon, ob die Geschäftsordnung des Beklagten eine            83 Rechtsvorschrift i.S.d. § 1 Abs. 3 IFG ist - in Bezug auf § 27 Abs. 1 GO. Diese Norm bestimmt, dass Beratungen und Beschlussfassungen des Beklagten nichtöffentlich sind, und ist damit ebenfalls als Geheimhaltungsvorschrift einzuordnen, die einem Anspruch auf Informationszugang allenfalls nach § 3 Nr. 4 IFG entgegen gehalten werden kann. Die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes ist auch nicht gemäß § 1 Abs. 3         84 IFG i.V.m. § 94 Abs. 2 SGB V ausgeschlossen. Gemäß § 94 Abs. 2 SGB V sind die vom Beklagten beschlossenen Richtlinien und deren tragende Gründe im http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2014/8_A_467_11_Urteil_20140115.ht... 14.03.2014
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