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Aktenzeichen
2 K 41.13
Datum
13. November 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)
Quellcode
Informationsfreiheitsgesetz Berlin (IFG)

Zur Frage des Anspruchs auf Informationszugang zu Dokumenten mit Bezug zu Aufsichtsratssitzungen

2 K 41.13

Der Kläger, ein Journalist, beantragte beim Land Berlin den Zugang zu Informationen über die Verschiebung der geplanten Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg. Das Verwaltungsgericht weist seine Klage ab. Es besteht auf der Grundlage des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes kein Anspruch, wenn die Informationen nach anderen Gesetzen geheim zu halten sind. Die nicht öffentlichen Sitzungen des Aufsichtsrats unterliegen nach dem Aktiengesetz der Vertraulichkeit; dies gilt auch für Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung des Landes in den Aufsichtsrat entsandt sind. Siehe auch Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. November 2013 (2 K 293.12). (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Konkurrierende Rechtsvorschriften

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VG 2 K 41.13 Verkündet am 13. November 2013 Wolter Justizbeschäftigte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache des Herrn Klägers, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt gegen das Land Berlin, vertreten durch den Regierender Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei -, Berliner Rathaus, 10178 Berlin, Beklagten, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte beigeladen: Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte -2-
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-2- hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2013 durch den  Richter am Verwaltungsgericht Becker als Vorsitzenden, den  Richter am Verwaltungsgericht Hömig, den  Richter am Verwaltungsgericht Schulte, den  ehrenamtlichen Richter Wilk und den  ehrenamtlichen Richter Chlebosz für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils vollstreckende Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand Der Kläger ist ein Journalist. Er begehrt den Zugang zu Informationen über Kosten- steigerungen und die Verschiebung des Eröffnungstermins für den neuen Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) der Beigeladenen, die insbesondere dem Regierenden Bürgermeister des Beklagten in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Beigeladenen im ersten Halbjahr 2012 zugegangen sind. Gesellschafter der Beigeladenen sind das Land Brandenburg (37 %), die Bundesre- publik Deutschland (26 %) und das beklagte Land Berlin (37 %). Ihr Aufsichtsrat um- fasst 15 Mitglieder, davon sind 10 Mitglieder von den Anteilseignern entsandt, u.a. ein Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und der Regierende Bürgermeister von Berlin, der in dem fraglichen Zeitraum dem Auf- sichtsrat vorsaß. Die Beigeladene teilte ihren Gesellschaftern mit Schreiben vom 6. Juni 2012 mit, dass sie in Bezug auf Aufsichtsratsprotokolle, vorbereitende Unterl a- gen zu Aufsichtsratssitzungen sowie Controlling-Berichte in Zusammenhang mit der Errichtung und der Inbetriebnahme des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg der Auffassung sei, dass es sich dabei um vertrauliche Dokumente handele, die B e- -3-
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-3- triebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse enthielten und daher weder veröffentlicht noch an informationssuchende Dritte weitergegeben werden dürften. Der Kläger beantragte mit E-Mail vom 20. Juni 2012 gegenüber dem Regierenden Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei - den Informationszugang zu allen „mit dem Ausbau und der geplanten Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg in Zusammenhang stehenden schriftlichen Information“, „die a) die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters b) den Regierenden Bürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Beigeladene c) die Senatsverwaltung für Finanzen und Wirtschaft erreicht haben“ im „Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis heute“ „in Kopienform“ oder durch Akteneinsicht. Er begrenzte seinen Antrag mit E-Mail vom 20. August 2012 auf Informationen zum Projekt des Flughafens, „a) aus denen sich Abweichungen von den ursprünglichen Planungen hinsichtlich der Inbetriebnahme und der Kosten ergeben und die zugleich b) den Regierenden Bürgermeister, sein Büro bzw. seinen Stab, die Senatskanzlei sowie die Senatsverwaltungen für Finanzen und Wirtschaft erreicht haben (Auf- sichtsratsprotokolle, Korrespondenzen u.a. mit den anderen Gesellschaftern, Tele - fonvermerke, etc.)“. Mit E-Mail vom 29. August 2012 erläuterte er auf Nachfrage, mit „Abweichungen von den ursprünglichen Planungen hinsichtlich der Inbetriebnahme“ meine er den ge- planten Termin am 3. Juni 2012; er wolle jedoch gleichwohl alle Informationen seit dem 1. Januar 2011, aus denen sich Hinweise auf Verzögerungen bei dem Projekt ergeben. Auch bei den Abweichungen von den ursprünglichen Planungen hinsicht- lich der Kosten begehre er lediglich Informationen seit dem 1. Januar 2011, wobei zur Abgrenzung eine Verständigung auf „signifikante“ Abweichungen von den u r- sprünglichen Planungen hinsichtlich der Kosten möglich sei, d.h. „Abweichungen im sechsstelligen Euro-Bereich“. Der Beklagte gab der Beigeladenen und den anderen Gesellschaftern Gelegenheit, zu dem Antrag des Klägers Stellung zu nehmen, und lehnte ihn danach mit am 29. November 2012 abgeschickten undatierten Bescheid des Regierenden Bürgermeis- ters - Senatskanzlei - ab. Zur Begründung führte er aus, die fraglichen Informationen enthielten zu einem großen Teil schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen. So habe das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent- wicklung z.B. die Controllingberichte aus diesem Jahr als „VS-vertraulich“ eingestuft. Aufgrund der Vielzahl von Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen, die diese Berichte -4-
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-4- bzw. Protokolle enthielten, scheide auch die Möglichkeit eines teilweisen Informat i- onszugangs durch Schwärzungen aus. Der Kläger legte mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 7. Dezember 2012 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. J anuar 2013 im Wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurückwies. Erläu- ternd führte er aus, die Controllingberichte und Unterlagen, die die Tätigkeit des Auf- sichtsrats der Beigeladenen dokumentierten und im Zusammenhang mit der geplan- ten Inbetriebnahme und dem Ausbau des Flughafens stünden, enthielten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. In ihnen würden unternehmensinterne Daten und Infor- mationen festgehalten, die den allgemeinen Geschäftsverkehr in Bezug auf den la u- fenden Betrieb der von der Beigeladenen betriebenen Flughäfen sowie die Planung und Fertigstellung des neuen Flughafens BER betreffen. Insbesondere würden in diesen Dokumenten Angaben zu Ausschreibungsverfahren, Strategien zur Aus- schreibungsdurchführung und Entscheidungsfindung, Geschäftsplanungen und Ka l- kulationsgrundlagen sowie Angaben zu einzelnen Geschäftsbeziehungen mit Dienst- leistern und Korrespondenzen unter den Gesellschaftern, sowie finanzielle und ste u- erliche Verhältnisse des Unternehmens zusammengefasst. Die Controllingberichte und Vorbereitungsunterlagen enthielten somit ganz überwiegend Sachverhalte, die vertrauliche Geschäftsvorgänge, Verhandlungsergebnisse, Vertragsvereinbaru ngen und Angebotsspiegel von Auftragnehmern enthielten. Sie seien insofern in ihrer G e- samtheit als Geschäftsgeheimnis zu qualifizieren. Die Informationen seien nicht o f- fenkundig und die Beigeladene habe ein erhebliches Interesse an ihrer Geheimhal- tung. Dieses berechtigte Interesse zeige auch die Regelung in § 51a GmbHG, denn danach könne die Gesellschaft sogar gegenüber ihren eigenen Gesellschaftern Au s- kunft und Einsichtnahme verweigern, wenn damit ein nicht unerheblicher Nachteil finanzieller oder ideeller Art für die Gesellschaft verbunden sei. Darüber hinaus b e- stehe das Akteneinsichtsrecht nicht, solange ein Verwaltungsverfahren nicht abg e- schlossen sei und Arbeiten zu dessen unmittelbarer Vorbereitung noch ausstünden. Dies treffe auch auf das Projekt BER zu. Daneben könne die Auskunft verwe igert werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohl des Bundes oder e i- nes deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten würde. Insoweit könne allein die drohende gerichtliche Auseinandersetzung mit Unternehmen, die von der Verschiebung der Flughafeneröffnung betroffen seien, zu weitreichenden und damit schwerwiegenden finanziellen Nachteilen für die Gesellschafter (Bund und die Län- der Berlin und Brandenburg) führen. Ein teilweiser Informationszugang komme nicht in Betracht, da aufgrund der Vielzahl der erforderlichen Schwärzungen ein Informat i- -5-
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-5- onszugang ohne Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen nicht möglich sei. Aus dem presserechtlichen Auskunftsanspruch folge kein Recht auf Einsicht in die bei der Senatskanzlei geführten Akten. Der Kläger hat am 22. Februar 2013 Klage erhoben. Die Beklagte hat den Inhalt der Akte mit dem Aktenzeichen „8951/01“ und der Bezeichnung „A_____GmbH (FBS)/seit dem 1. Januar 2012 F_____ GmbH - FBB)“ in einem Inhaltsverzeichnis näher beschrieben, soweit er den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 20. Juni 2012 um- fasst. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf das Inhaltsverzeichnis (Bl. 94 - 117 der Akte) verwiesen. Der Kläger meint, bei den Informationen könne es sich nicht um Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnisse handeln. Der Beklagte habe jedenfalls nicht dargetan, welches berechtigte Interesse er an der Nichtverbreitung der Informationen habe. Eine Wett- bewerbsgefährdung komme hier nicht in Betracht, weil die Beigeladene den Flugha- fen als Monopol betreibe. Darüber hinaus könne die Marktposition der Beigeladenen auch deshalb durch die Einsichtnahme nicht beeinträchtigt werden, weil diese durch ihre unternehmerischen Versäumnisse ihren Ruf bereits selbst geschädigt habe. Bei dem Flughafenprojekt der Beigeladenen handele sich um kein Verwaltungsverfahren, sondern vielmehr um ein Bauvorhaben einer Kapitalgesellschaft. Die vom Kläger begehrten Informationen beträfen auch nicht den behördlichen Entscheidungspro- zess, sondern dokumentierten lediglich den Fortgang der Baumaßnahmen. Der B e- klagte sei nicht vor späteren Prozessen geschützt. Vielmehr sei es gerade der Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes, das behördliche Handeln transparent zu machen und die Kontrolle des Handelns zu ermöglichen. Bei der Beigeladenen han- dele es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes um eine Behörde im Sinne des Presserechts. Nichts anderes dürfe für das Informationsfreiheitsg esetz gelten. Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des undatierten Bescheides aus dem N o- vember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2013 zu verpflichten, ihm Einsicht in die Akten des Beklagten mit dem Aktenzeichen „8951/01“ und der Bezeichnung „A_____GmbH (FBS)/seit dem 1. Januar 2012 F_____ GmbH (FBB)“ zu gewähren, soweit diese den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg ab dem 1. Ja- nuar 2012 bis zum 20. Juni 2012 betreffen und sich daraus Abweichungen von den ursprünglichen Planungen hinsichtlich der Inbetriebnahme am 3. Juni 2012 und bei den Kosten Abweichungen im mindestens sechsstelligen Eur o- bereich ergeben. -6-
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-6- Der Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Klage abzuweisen. Der Beklagte meint, ein Recht auf Informationszugang könne schon deshalb nicht bestehen, weil die streitbefangenen Unterlagen nicht zu einem Verwaltungsvorgang gehörten. Sie beträfen nicht die materielle Verwaltungstätigkeit, d.h. die Herbeifü h- rung einer behördlichen Entscheidung, sondern seien vielmehr Unterlagen, die an die Aufsichtsratsmitglieder persönlich adressiert seien, damit diese in ihrer Eigen- schaft als natürliche Personen ihr Aufsichtsratsmandat wahrnehmen könnten. Die partielle Zuarbeit von Verwaltungsmitarbeitern bei der Meinungsbildung eines Auf- sichtsratsmitglieds ändere nichts an dem im Kern privatrechtlichen Charakter der Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat der Beigeladenen. Dieses Ergebnis werde durch die Regelung in der Verfassung von Berlin über das Akteneinsichtsrecht der Abgeordneten (Art. 45 Abs. 2 VvB) bestätigt, das gemäß Artikel 49a VvB bei den auf Veranlassung des Abgeordnetenhauses oder des Senats entsandten oder gewählten Vertretern des Landes Berlin in Aufsichts- oder sonstigen zur Kontrolle der Ge- schäftsführung berufenen Organen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer juristischen Person des Privatrechts, die unter maßgeblichem Einfluss des Landes Berlin öffentliche Aufgaben wahrnimmt, nicht bestehe. Es treffe nicht zu, dass die Beigeladene nicht im Wettbewerb stehe, denn sie konkur- riere national mit den anderen Umsteigeflughäfen Frankfurt/Main und München s o- wie international mit den Flughäfen Amsterdam, Warschau und Kopenhagen. Auße r- dem konkurriere sie hinsichtlich der von ihr in Anspruch genommenen Leistungen von Dienstleistern mit andern Marktteilnehmern. Auch soweit Unterlagen bereits ab- geschlossene Verfahren beträfen, dienten diese immer noch als Kalkulationsgrund- lage für zukünftige Verfahren. Die angeforderten Unterlagen beträfen existenzielle Interessen der Beigeladenen. Jedenfalls unterlägen die Aufsichtsratsmitglieder einer absoluten Verschwiege n- heitspflicht aus dem Aktiengesetz. Im Hinblick auf den Vorrang des Bundesrechts stehe damit eine bundesrechtliche Vorschrift dem Informationszugang entgegen. Der presserechtliche Auskunftsanspruch begründe lediglich einen Anspruch auf Auskunft, nicht aber auf Aktenzugang. Die Beigeladene teilt die Einschätzung des Beklagten, dass die Dokumente, zu d e- nen der Kläger den Informationszugang begehrt, einer bundesrechtlich geregelten -7-
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-7- Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Sie meint, in diesen Dokumenten seien auch geschützte Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen; diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Entscheidungsgründe Die Verpflichtungsklage ist teilweise unzulässig (1.). Soweit sie zulässig ist, ist s ie unbegründet (2.). 1. Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger Zugang zu Informationen begehrt, die nicht bereits Gegenstand seines Antrages bei der Behörde waren. Dies betrifft die Unterlagen, die die Verwaltung des Beklagten selbst erstellt hat. Richtige Klageart ist die Verpflichtungsklage, da die zuständige Behörde über den Informationszugang durch Verwaltungsakt entscheidet (vgl. Urteil der Kammer vom 29. Jan uar 2010 - VG 2 A 134.08 und dazu Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2011 - OVG 12 N 20.10 - Juris). Bei dieser Klageart muss vor Erhebung der Klage das Vor- verfahren nach § 68 Abs. 2 VwGO durchgeführt werden, das mit der Antragstellung beginnt. Der Klageantrag geht teilweise über den bei dem Beklagten am 20. Juni 2012 gestellten Antrag hinaus. Dieser enthält (neben inhaltlichen Beschränkungen, die auch Gegenstand des Klageantrages sind) die (weitere) Beschränkung auf sol- che Unterlagen, die „die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters“ und „den Regierenden Bürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Bei- geladene(n)“ (…) „erreicht haben“. Bei Auslegung aus der verobjektivierten Sicht des Empfängers (vgl. §§ 133, 157 BGB) werden durch die Formulierung „erreicht haben“ solche Inhalte der Akten ausgenommen, die den Regierenden Bürgermeister von Berlin bzw. dessen Staatskanzlei nicht von dritter Seite zugegangen sind, son- dern von der Verwaltung selbst erstellt wurden. Dies betrifft nach dem von dem Be- klagten dargelegten Inhalt der Akten insbesondere Vermerke der Senatskanzlei, die zur Vorbereitung unter anderem von Aufsichtsratssitzungen für den Regierenden Bürgermeister von Berlin erstellt wurden. 2. Die Verpflichtungsklage ist in dem Umfang, in dem sie zulässig ist, unbegründet. Der Bescheid des Beklagten aus November 2012 ist in Gestalt des Widerspruchsbe- scheides vom 28. Januar 2013 rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in -8-
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-8- seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die vom zulässigen Klagebegehren erfassten Teile der Akten des Beklagten mit dem Aktenzeichen „8951/01“ und der Bezeichnung „A_____ GmbH (FBS)/seit dem 1. Januar 2012 F_____ GmbH (FBB)“, soweit diese den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg ab dem 1. Januar 2012 bis zum 20. Juni 2012 betreffen und sich daraus Abweichungen von den ursprünglichen Planungen hi n- sichtlich der Inbetriebnahme am 3. Juni 2012 und bei den Kosten Abweichungen im mindestens sechsstelligen Eurobereich ergeben (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Ein sol- cher Anspruch folgt weder aus dem Informationsfreiheitsgesetz (a.) noch aus dem Berliner Pressegesetz (b.). a. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Informationszugang liegen dem Gru n- de nach vor (aa.). Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen (bb.). aa. Anspruchsgrundlage für das Akteneinsichtsbegehren ist § 3 Abs. 1 IFG Bln. Da- nach hat jeder Mensch nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG Bln genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln). Das in § 1 IFG Bln geregelte Informationszugangsrecht bezieht sich nach dem Wort- laut der Vorschrift allgemein auf das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen und ist damit nicht auf Informationen zur hoheitlichen oder öffent- lich-rechtlichen Tätigkeit von Behörden beschränkt (vgl. Oberverwaltungsgericht Be r- lin-Brandenburg, Urteil vom 02. Oktober 2007 - OVG 12 B 11.07 -, Juris). Bei den hier relevanten Verwaltungsvorgängen des Beklagten mit dem Aktenzeichen „8951/01“ und der Bezeichnung „A_____ GmbH (FBS)/seit dem 1. Januar 2012 F_____ GmbH (FBB)“ handelt es sich um von einer öffentlichen Stelle geführte Ak- ten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln. Sie dienen dem Zweck der Beteiligungs- verwaltung des Beklagten und haben daher anders als die Eintragungen im Termin- kalender des Regierenden Bürgermeisters von Berlin (vgl. dazu Oberverwaltungsge- richt Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2006 - OVG 7 B 9.05 - Juris) den erforderlichen Bezug zu einer konkreten Verwaltungsangelegenheit. Denn zu diesem Zweck ist der Regierende Bürgermeister von Berlin vom Beklagten als einer öffent- lich-rechtlichen Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat der Beigeladenen entsandt worden. Daher kann hier nicht darauf abgestellt werden, dass die Aufsichtsratsmit- glieder natürliche Personen sind und der Aufsichtsrat das Organ einer juristischen Person des Privatrechts ist (so aber wohl Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss -9-
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-9- vom 30. Mai 2013 - 9 L 34/13 -, Juris). Entscheidend ist vielmehr, dass der Regie- rende Bürgermeister des Beklagten im Rahmen seiner Funktion als politischer B e- amter mit der Wahrung der Interessen des Beklagten im Aufsichtsrat der Beigelade- nen beauftragt ist. Der Kläger gehört als natürliche Person zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Der Regierende Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei - ist als Behörde an- spruchsverpflichtete Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 IFG Bln (vgl. Urteil der Kammer vom 30. Januar 2013 - VG 2 K 163.11 -). bb. Dem Informationsanspruch des Klägers steht eine auf Bundesrecht beruhende Geheimhaltungspflicht nach § 17 Abs. 4 IFG Bln entgegen. Maßgeblich ist hier das Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Au f- sichtsrat - Drittelbeteiligungsgesetz - vom 18. Mai 2004 (BGBl. I Seite 974). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 und 2 dieses Gesetzes hat eine Gesellschaft mit beschränkter Ha f- tung mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern einen Aufsichtsrat zu bilden, in dem die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht haben. Die beigeladene GmbH be- schäftigte nach ihrem Geschäftsbericht im Jahr 2012 durchschnittlich 1.347 Arbei t- nehmer (http://www. geschaeftsbericht.pdf). Die Zusammensetzung des Aufsicht srats sowie seine Rechte und Pflichten bestimmen sich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2, 2. Halbsatz Drittelbeteiligungsgesetz nach §§ 90 Abs. 3, 4, 5 S. 1 und 2, nach den §§ 95 - 114, 116, 118 Abs. 3, § 125 Abs. 3 und 4 und nach den §§ 170, 171, 268 Abs. 2 des Aktiengesetzes. Der danach anzuwendende § 116 Satz 2 AktG regelt, dass die Aufsichtsratsmitgli e- der insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet sind. § 116 AktG lässt sich i.V.m. § 93 Abs . 1 S. 3 AktG die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder entnehmen (vgl. Hü f- fer, Aktiengesetz, 9. Auflage, 2010, § 116 Rn. 6). Die Vertraulichkeit der Aufsicht s- ratssitzungen und der zu ihrer Vorbereitung den Aufsichtsratsmitgliedern überlass e- nen Unterlagen ergibt sich auch aus § 109 AktG. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AktG sollen an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, nicht teilnehmen. Hieraus lässt sich ableiten, dass die Sitzungen des Aufsichtsrats nicht öffentlich und dessen Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (vgl. Spindler, Kommunale Ma n- datsträger in Aufsichtsräten – Verschwiegenheitspflicht und Weisungsgebundenheit, - 10 -
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- 10 - ZIP 2011, S. 689 ff., S. 691). Es wird häufig schon von der Sache her angezeigt sein, dass Angelegenheiten, die im Aufsichtsrat besprochen werden, ebenso wie Verlauf und Ergebnis der Besprechungen nicht oder nicht zur Unzeit nach draußen dringen dürfen und deshalb vertraulich zu behandeln sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1975 - II ZR 156/73 -, Juris, Rn. 15). Dies gilt insbesondere soweit es um Verlauf und Abstimmungsergebnisse von Aufsichtsratssitzungen oder -verhandlungen geht, in denen vor allem die Stimmabgabe und die Stellungnahmen anderer Aufsicht s- ratsmitglieder oder sonstige persönliche Äußerungen, die nach Form und Inhalt e r- sichtlich nur für den Kreis der Anwesenden bestimmt sind, schon ihrer Natur nach im Allgemeinen vertraulich zu bewerten sein werden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 18). Dies gilt hier in besonderem Maße, weil es sich bei der Errichtung und Inbetriebnahme des Flughafens um das wesentliche Projekt der zu diesem Zweck errichteten Beigelad e- nen handelt, die mit Schreiben vom 6. Juni 2012 im Einzelnen dargelegt hat, aus welchen Gründen sie Aufsichtsratsprotokolle, vorbereitende Unterlagen zu Aufsicht s- ratssitzungen sowie Controlling-Berichte in Zusammenhang mit der Errichtung und der Inbetriebnahme des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg als vertrauliche Do- kumente ansieht. Aus § 51a GmbHG ergibt sich entgegen der Einschätzung des Klägers nichts and e- res. Nach § 51a Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu ge- ben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Dieser Anspruch erfasst nach der Rechtsprechung des BGH auch die Protokolle des Aufsichtsrats einer GmbH, die dem Mitbestimmungsgesetz 1976 unterliegt (BGH, Beschluss vom 06. März 1997 – II ZB 4/96 –, Juris). Der Anspruch ist jedoch mit einer verstärkten Ver- schwiegenheitspflicht des Gesellschafters verbunden, dem jede Weitergabe von I n- formationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte untersagt ist, und zwar ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne Rücksicht darauf, welche Zwecke mit der Verbreitung der Kenntnisse verfolgt werden (BGH, Beschluss vom 29. April 2013 – VII ZB 14/12 –, Juris). Daher ändert der Auskunftsanspruch des Gesellschafters auch bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Gesel l- schaftsanteile von Gebietskörperschaften gehalten werden, nichts an der Ve r- schwiegenheitspflicht des von einer Gebietskörperschaft benannten Aufsichtsrat s- mitglieds (vgl. Spindler, ZIP 2011, S. 689 ff., S. 691). An diesem Ergebnis ändern auch die speziellen Regelungen in §§ 394 und 395 AktG nichts. Nach § 394 S. 1 und 2 AktG unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Ver - anlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt wor- - 11 -
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