Information

Aktenzeichen
1 L 219/13
Datum
19. September 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Cottbus
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Cottbus am 19. September 2013

1 L 219/13

Das Gericht gibt der Antragsgegnerin - einer juristischen Person des Privatrechts im Eigentum von Bund und Ländern - im Wege einer einstweiligen Anordnung auf Grundlage des Landespressegesetzes auf, einem Pressevertreter Auskunft über bestimmte Informationen zu Verzögerungen bei der Errichtung eines Großflughafens zu erteilen. Vom landespresserechtlichen Behördenbegriff werden auch juristische Personen des Privatrechts erfasst, denen sich die öffentliche Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient und die von ihr beherrscht werden. Weitere Informationszugangsansprüche verneint das Gericht. Es fehlt an den für die Auskunftserteilung nach dem Pressegesetz hinreichend bestimmten Fragen. Das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz ist vorliegend nicht anwendbar, da die Antragsgegnerin als juristische Personen des Privatrechts vom Anwendungsbereich des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes nicht erfasst wird. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Auskunftserteilung Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung

/ 14
PDF herunterladen
VERWALTUNGSGERICHT COTTBUS BESCHLUSS VG 1 L 219/13 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren des Herrn A., - , A-Straße, A-Stadt, Antragstellers, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt B., B-Straße, A-Stadt, Az.: , gegen die C., C-Straße, A-Stadt, Antragsgegnerin, Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte D., D-Straße, A-Stadt, Az.: , wegen:         Presserechtlichen Informationsanspruchs hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Cottbus am 19. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Vogt, den Richter am Verwaltungsgericht Jacob und die Richterin am Verwaltungsgericht Lewin beschlossen: Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgege- ben, dem Antragsteller in schriftlicher Form Auskunft darüber zu geben, - wann die Mitglieder des Aufsichtsrats der Flughafen Berlin- Brandenburg GmbH über Verzögerungen bei dem Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg informiert worden sind, - in welcher Form dieses geschah, - welche Verzögerungen den Mitgliedern des Aufsichtsrates mitgeteilt wurden und - welche Begründung für die Verzögerungen jeweils gegeben wurde.
1

VG 1 L 219/13                                                                 2 Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abge- lehnt. Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 2/3 und die An- tragsgegnerin zu 1/3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt. G r ü n d e: I. Der Antragsteller ist ___ der Tageszeitung „___“. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. August 2013 beantragte er bei der Antragsgegnerin unter anderem unter Hinweis auf die Auskunftspflicht von Behörden nach dem Landespres- segesetz Berlin die Einsichtnahme in Form der Überlassung von Ablichtungen aller Unterla- gen, welche die Mitglieder des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin in dieser Funktion seit dem 01. Januar 2011 erreicht haben und die den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg betreffen, insbesondere, wenn diese Unterlagen man- gelnde Baufortschritte aufzeichnen oder Hinweise auf Verzögerungen der zunächst geplan- ten Inbetriebnahme des Flughafens zum Inhalt haben, einschließlich aller Hinweise zu den damit zusammenhängenden Kosten des Projekts; hilfsweise begehrte er Auskunft, wann die Mitglieder des Aufsichtsrats in welcher Form über welche Bauschrittverzögerungen mit wel- cher Begründung informiert worden sind. Die Antragsgegnerin lehnte das Ersuchen mit Schreiben ihrer Rechts- und ihrer Presseabtei- lung vom 27. August 2013 ab. Eine Einsichtnahme in Unterlagen, die den Mitgliedern des Aufsichtsrates überreicht worden sind, komme nicht in Betracht, weil die Unterlagen entsprechend § 93 und § 116 des Aktien- gesetzes (AktG) i. V. m. § 52 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Vertraulichkeitsschutz unterlägen. Auf das hilfsweise Ersuchen teilte die Presseabteilung der Antragsgegnerin im Wesentlichen mit, wichtige Informationen könn- ten den Veröffentlichungen im Internet, den Pressemitteilungen und dem Geschäftsbericht, entnommen werden. Der Antragsteller hat am 02. September 2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung be- antragt, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt: Der Antrag sei bereits nach § 5 des Pressegesetzes des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Pressegesetz – BbgPG)
2

VG 1 L 219/13                                                                    3 begründet. Die Antragsgegnerin sei als Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung passivlegitimiert, weil sie sich ausschließlich im Eigentum der öf- fentlichen Hand befinde. Dem Anspruch stünden weder Vorschriften über die Geheimhaltung entgegen noch werde durch die Einsichtnahme ein überwiegendes öffentliches oder schutz- würdiges privates Interesse verletzt. Zwar komme als strafbewerte Geheimhaltungsvorschrift § 85 GmbHG in Betracht und es möge sein, dass auch Aufsichtsratsprotokolle grundsätzlich dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses unterfielen. Es fehle jedoch an einem berechtigten Interesse der Antragsgegnerin an der Geheimhaltung, denn als Monopolunter- nehmen könne ihre Wettbewerbsposition nicht geschwächt werden. Auch etwaige betroffene private Interessen gingen dem Auskunftsanspruch, der verfassungsrechtlich über Art. 5 Abs. 1 GG abgesichert sei, nach. Das Begehren richte sich auch zutreffender Weise auf Einsicht in die Aufsichtsratsunterlagen, weil anderenfalls der Anspruch nicht sinnvoll erfüllt werden könne. Über den presserechtlichen Auskunftsanspruch hinaus stehe ihm ein Anspruch nach dem Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg (BbgUIG), § 1 „IFG Bbg“ (gemeint ist offenbar das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz - AIG), Art. 21 Abs. 4 LV und Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu. Es liege auch ein An- ordnungsgrund vor, denn er könne mit Blick auf die aktuelle Debatte um die Kosten und den Eröffnungstermin des Flughafens nicht auf eine wohl erst in einigen Jahren zu erwartende Entscheidung in der Hauptsache verwiesen werden. Auch eine Vorwegnahme der Hauptsa- che sei angesichts der sehr hohen Wahrscheinlichkeit eines Anordnungsanspruchs vorlie- gend gerechtfertigt. Der Antragsteller beantragt, Einsicht in Form von Überlassung von Kopien in alle Unterlagen, die die Mitglieder des Aufsichtsrates in ihrer Funktion als Mitglied des Aufsichtsra- tes der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH seit dem 1. Januar 2011 er- reicht haben betreffend den Ausbau und die geplante Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg, insbesondere, wenn diese mangelnde Baufortschritte aufzeichnen oder Hinweise auf Verzögerungen der zu- nächst geplanten Inbetriebnahme des Flughafens zum Inhalt haben, ein- schließlich aller Hinweise zu den damit zuhängenden Kosten des Projekts, hilfsweise, Auskunft, wann die Mitglieder des Aufsichtsrats in welcher Form über wel- che Bauschrittverzögerungen mit welcher Begründung informiert worden sind. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
3

VG 1 L 219/13                                                                      4 Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Ihr Aufsichtsrat tage in der Regel viermal im Jahr, ebenso der Aufsichtsrat der Berliner Flughafengesellschaft mbH. Zusammen mit Sit- zungen des Finanz- und Projektausschusses, die der Aufsichtsrat gebildet habe und denen sie ebenfalls Unterlagen zur Verfügung gestellt habe, und Sondersitzungen des Aufsichtsra- tes hätten im Jahr 2012 etwa 20 Sitzungen stattgefunden. Den Aufsichtsratsmitgliedern sei im Rahmen jeder Sitzung etwa ein Aktenordner Materialien übersandt worden; hierbei han- dele es sich ganz überwiegend um vertrauliche, teilweise auch sicherheitsrelevante Informa- tionen. In den Unterlagen seien etwa wirtschaftliche Berichte und Präsentationen sowie In- formationen zu Kosten, zu Vergaben, zur Unternehmensliquidität sowie zu Ertragslagen, Umsätzen, Fristen und Investitionsverpflichtungen enthalten. Die Unterlagen seien dem Ber- liner Abgeordnetenhaus im Rahmen des Untersuchungsausschusses „BER“ zur Verfügung gestellt worden; sie seien in diesem Rahmen als vertraulich eingestuft worden. Dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag fehle es bereits an einer materiellen Anspruchsgrund- lage. Der Anspruch nach § 5 Abs. 1 BbgPG richte sich auf die Beantwortung konkreter Fra- gen und umfasse bereits die hier begehrte Akteneinsicht nicht. Im Regelfall bestehe ein An- spruch auf Akteneinsicht nicht und es sei nicht ersichtlich, dass ihr Ermessen vorliegend da- hingehend reduziert worden sei. Darüber hinaus stünden dem Einsichtsbegehren Vorschrif- ten über die Geheimhaltung nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 BbgPG entgegen. Die Verschwiegen- heitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder nach § 93 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 116 S. 1 AktG, auf die § 52 Abs. 1 GmbHG verweise, beschränke sich nicht auf Betriebs- oder Geschäftsgeheim- nisse. Vertrauliche Angaben im Sinne dieser Vorschrift seien alle Informationen, die Auf- sichtsratsmitglieder in dieser Eigenschaft erlangt hätten. Die Aufsichtsratsunterlagen unter- fielen der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitgliedes und die Vertraulichkeitspflicht bestehe auch für die Geschäftsführung der Antragsgegnerin. Zwar könne bei öffentlichen Unternehmen wie ihr ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen Verwendung der Mittel bestehen, so dass ein Auskunftsinteresse der Presse anzuerkennen sei. Die Aus- kunftserteilung dürfte aber auf der anderen Seite nicht zu einschneidenden Folgen für die Geschäftstätigkeit des öffentlichen Unternehmens führen. Ein Interessenkonflikt könne durch eine analoge Anwendung des § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG gelöst werden. Unter Berücksichti- gung dieses Maßstabes bestehe weiterhin ein Vorrang des Geheimhaltungsinteresses ge- genüber dem Auskunftsinteresse des Antragstellers. Sie behalte sich vor, Schadensersatz- ansprüche gegenüber den Organen der Gesellschaft zu prüfen und gegebenenfalls geltend zu machen. Darüber hinaus liege aber auch ein überwiegendes schutzwürdiges private Inte- resse im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG vor, das sich daraus ergebe, dass die Aufsichts- ratsunterlagen auch Details zu Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnung, Strategien, Progno- sen etc. enthielten. Ein Anspruch nach § 1 AIG bestehe ebenfalls nicht. Es sei bereits frag- lich, ob diese Vorschrift auf sie Anwendung finden könne, jedenfalls aber stünden § 4 Abs. 3
4

VG 1 L 219/13                                                                    5 und § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AIG der Auskunftserteilung entgegen. Auch ein Anspruch unmittel- bar aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 10 EMRK komme nicht in Betracht. Der Antragsteller habe darüber hinaus einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen. II. Über das Begehren des Antragstellers ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsord- nung (VwGO) im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden. Ob für einen Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist, weil es sich (insbesondere) um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art handelt, oder aber ob nach § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist, beurteilt sich nach der Natur des Rechtsverhältnis- ses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird; öffentlich-rechtlich sind Streitigkeiten, wenn sie Folge eines Sachverhaltes sind, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, § 40 Rn. 6 m. w. N.). Zwar unterfällt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Tätigkeit juristischer Personen des Privatrechts auch dann dem Privatrecht, wenn sie Aufgaben der Daseinsvorsorge des Staates wahrnehmen, es sei denn, die juristische Person wäre durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes mit öffentlich-rechtlichen Handlungs- oder Entschei- dungsbefugnissen ausgestattet (BVerwG, Beschl. v. 29. Mai 1990 – BVerwG 7 B 30.90 – juris Rn. 5 m. w. N.). Das jedoch ist hier der Fall. Der Antragsteller macht im Wesentlichen einen Informationsanspruch der Presse nach § 5 des Brandenburgischen Pressegesetzes vom 13. Mai 1993 (GVBl. I Nr. 10, S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2012 (GVBl. I Nr. 27), geltend; nach Absatz 1 dieser Bestimmung sind „die Behörden“ verpflichtet, den Vertreterinnen oder den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufga- be dienenden Auskünfte zu erteilen. Der Anspruch nach den Landespressegesetzen, so auch nach § 5 Abs. 1 BbgPG, soll der Presse die Wahrnehmung ihrer Aufgabe im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung dadurch ermöglichen, dass sie umfas- send und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse er- hält und dadurch in die Lage versetzt wird, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten; in diesem Zusammenhang kann es nicht darauf ankommen, ob der Staat öffentliche Aufgaben durch Behörden im organisatorisch-verwaltungstechnischen Sinne wahrnimmt oder sich pri-
5

VG 1 L 219/13                                                                     6 vatrechtlicher Handlungsformen bedient. Die landesrechtlichen Vorschriften weisen daher enge Bezüge nicht nur zur Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, sondern auch zur Infor- mationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und zu Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG auf. Mit Blick hierauf ist den Landespressegesetzen ein eigenständiger, funktional-teleologischer Behördenbegriff immanent; erfasst werden auch juristische Personen des Privatrechts, denen sich die öffent- liche Hand zur Erfüllung ihrer Aufgabe bedient und die von ihr mindestens beherrscht wer- den (vgl. BGH, Urt. v. 10. Februar 2005 – III ZR 294/04 – juris Rn. 10/11; Bayerischer VGH, Urt. v. 07. August 2006 – 7 BV 05.2582 – juris Rn. 35; VG Berlin, Beschl. v. 22. Mai 2012 – 27 K 6.09 – juris Rn. 11; Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Auflage 2012, S. 154; Soehring, Presserecht, 4. Aufl. 2010, § 4 Rn. 19). Die Antragsgegnerin unterliegt ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei ihr um eine pri- vatrechtliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nicht um eine Behörde im organisa- torisch-verwaltungstechnischen Sinne handelt, dem Grunde nach diesem Informationsan- spruch der Presse. Gegenstand der Antragsgegnerin, die sich zu 100 % im Eigentum der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes befindet, ist nach § 2 Abs. 1 ihres Gesell- schaftsvertrages in der Fassung vom 17. November 2011 der Betrieb und der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum Flughafen Berlin-Brandenburg „Willy Brandt“, einschließ- lich des Betriebs und Ausbaus nach dessen Inbetriebnahme, sowie die unternehmerische Beteiligung an Flughafengesellschaften im Berlin-Brandenburger Raum. Die drei Anteilseig- ner der Flughafengesellschaft nehmen durch die Antragsgegnerin mit der Errichtung und dem geplanten Betrieb eines Verkehrsflughafens öffentliche Aufgaben durch eine juristische Person des Privatrechts im Rahmen der umweltbezogenen Daseinsvorsorge wahr (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 14. Mai 2012 – OVG 12 S 12.12 – juris Rn. 3). Die das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten bestimmende presserechtliche Informati- onspflicht von Behörden nach § 5 BbgPG ist öffentlich-rechtlicher Natur. Zwar bedient sich die Antragsgegnerin - auch im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit - überwiegend privat- rechtlicher Handlungsformen; soweit sie dagegen ihrer Auskunfts- und Informationspflicht nach § 5 BbgPG entspricht, handelt sie auf Grund eines Sonderrechts, das sich ausschließ- lich an Behörden wendet und damit öffentlich-rechtlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 14. April 1988 – BVerwG 3 C 65.85 – juris Rn. 30 [Informationsanspruch der Presse gegenüber der Staats- anwaltschaft] und Urt. v. 03. Dezember 1974 - BVerwG I C 30.71 – juris Rn. 27 [presserecht- licher Auskunftsanspruch gegenüber der Deutschen Bundesbahn]; so auch: OVG des Saar- landes, Urt. v. 01. April 1998 – 8 R 27.96 – juris Rn. 23 ff. [Informationsanspruch gegenüber einer GmbH, deren Gesellschafterin eine Stadt ist]; VG Berlin, Beschl. v. 22. Mai 2012 – 27 K 6.09 – juris Rn. 4; VG des Saarlandes, Urt. v. 19. Juli 1996 – 1 K 86/95 – juris [nur LS]; VG
6

VG 1 L 219/13                                                                      7 Arnsberg, Urt. v. 30. Januar 2009 – 12 K 1088/08 – juris Rn. 17; Soehring, a. a. O., § 4 Rn. 76 a; Köhler: „Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Unternehmen der öffentlichen Hand“ in NJW 2005, 2337 ff. unter Nr. 4.; so wohl auch Ricker/Weberling, a. a. O., S. 166; enger etwa: VG Hamburg, Urt. v. 25. Februar 2009 – 7 K 2428/08 – juris Rn. 23 und VG Hannover, Beschl. v. 31. Mai 2000 – 6 B 2437.00 – juris Rn. 20: nur, wenn die Behörde ho- heitlich handelt bzw. die juristische Person des Privatrechts durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu öffentlich-rechtlichem Handeln ermächtigt worden ist). Soweit die Gegen- ansicht Auskunftsersuchen gegen privatrechtlich organisierte Unternehmen unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 10. Februar 2005 (III ZR 294/04 – juris) dem Zivilrechtsweg nach § 13 GVG unterstellen will (so etwa Katrin Raabe: „Informations- und Auskunftspflichten der öffentlichen Hand gegenüber der Presse“ in Brandenburgische Stu- dien zum öffentlichen Recht, Band II, Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2010, S. 147; vgl. auch Ricker/Weberling, a.a.O., S. 166), übersieht sie, dass dem der Entscheidung zu Grunde lie- genden Sachverhalt nach das Amtsgericht, an welches der Rechtsstreit durch das ursprüng- lich angerufene Verwaltungsgericht Hannover verwiesen worden ist, nach § 17 a Abs. 2 S. 3 GVG an den Verweisungsbeschluss gebunden ist und die Revision ohnehin nicht darauf gestützt werden könnte, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat, § 545 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Soweit sich der Antragsteller zur Begründung eines Informationsanspruchs auf die Bestim- mungen des Umweltinformationsgesetzes des Landes Brandenburg (BbgUIG) vom 26. März 2007 (GVBl. I S. 74), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (GVBl. I S. 369), und auf § 1 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (AIG) vom 10. März 1998 (GVBl. I S. 46), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. September 2008 (GVBl. I S. 202, 206), Art. 21 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) beruft, ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ebenfalls eröffnet, weil eine öffent- lich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben ist; für den Anspruch aus dem Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg ergibt sich der Rechtsweg explizit aus § 3 Abs. 1 BbgUIG, wonach für Streitigkeiten um Ansprüche aus diesem Gesetz der Verwaltungsrechtsweg auch dann eröffnet ist, wenn sich der Rechtsstreit gegen eine private informationspflichtige Stelle richtet. III. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Wesentlichen unbe- gründet. Der Hauptantrag bleibt schon mangels eines Anordnungsanspruches ohne Erfolg
7

VG 1 L 219/13                                                                   8 (sogleich unter 1.); dem Antragsteller steht lediglich ein Anspruch auf Beantwortung der mit dem Hilfsantrag formulierten Fragen zu (unter 2.). 1.       Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die- se Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile ab- zuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, nötig erscheint. Der Antragsteller hat einen materiellen Anspruch auf die begehrte Regelung als auch deren Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 ZPO. Der Antragsteller hat bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ein Anspruch des Antragstellers auf Einsichtnahme in alle Unterlagen, welche die Aufsichts- ratsmitglieder der Antragsgegnerin seit dem 01. Januar 2011 erhalten haben, in Form der Überlassung von Ablichtungen ergibt sich weder aus § 5 Abs. 1 BbgPG noch aus den von ihm benannten sonstigen Normen. 1.1      Der Antragsteller kann sein Begehren nicht auf § 5 Abs. 1 BbgPG stützen. Diese Be- stimmung verpflichtet die Behörden lediglich dazu, der Presse die der Erfüllung ihrer öffentli- chen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Bereits nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung aber auch ihrem Sinn und Zweck nach setzt der presserechtliche Informations- anspruch die Benennung eines konkreten Sachverhaltes, hinsichtlich dessen bestimmte In- formationen gewünscht werden, durch den Vertreter der Presse voraus. Der Informationsan- spruch ist damit auf die Beantwortung konkreter Fragen gerichtet (VG Potsdam, Beschl. v. 30. Mai 2013 – VG 9 L 34/13 – juris [zu einem entsprechenden Einsichtsbegehren gegen- über dem Ministerpräsidenten in seiner Funktion als Mitglied des Aufsichtsrats der Antrags- gegnerin]; VG Berlin, Beschl. v. 02. September 2013 – VG 27 L 217.13 – juris [dort nur Pres- semitteilung zur gerichtlichen Entscheidung über die Akteneinsicht in eine Doping-Studie]; VG Düsseldorf, Beschl. v. 29. Januar 2003 – 1 L 269/03 – juris Rn. 9 ff.; VG Dresden, Be- schl. v. 07. Mai 2009 – 5 L 42/09 – juris Rn. 74; Kathrin Raabe: „Informations- und Aus- kunftspflichten der öffentlichen Hand gegenüber der Presse“, a.a.O., S. 113). Nur wenn das Informationsbegehren von dem Vertreter oder der Vertreterin der Presse hinreichend konkre- tisiert wird, kann beurteilt werden, ob die Beantwortung der öffentlichen Aufgabe der Presse dient – nach § 3 BbgPG erfüllt die Presse eine öffentliche Aufgabe insbesondere dadurch, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt - und ob dem konkreten Auskunftsbegehren ein Auskunftsverweigerungsrecht unter den in § 5 Abs. 2 BbgPG genannten Voraussetzungen entgegensteht. Sofern das Auskunftsverlangen der
8

VG 1 L 219/13                                                                    9 Presse den dargestellten Anforderungen genügt und Auskunftsverweigerungsrechte von Seiten der Behörde nicht vorliegen, hat diese grundsätzlich ein Auswahlermessen, in wel- cher Form sie dem Ersuchen entspricht; kann die begehrte Auskunft nur durch die Gewäh- rung von Akteneinsicht vollständig und wahrheitsgemäß erteilt werden, so kann ein entspre- chender Anspruch der Presse bestehen (Ricker/Weberling, a. a. O., S. 150/151). Das Informationsbegehren des Antragstellers ist nicht hinreichend auf die Beantwortung konkreter Fragen konzentriert und es wird von § 5 Abs. 1 BbgPG nicht mehr gedeckt. Der Antragsteller begehrt mit dem Hauptantrag undifferenziert Einsicht in alle Unterlagen, die die Mitglieder des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin in Bezug auf den Ausbau und die geplan- te Inbetriebnahme des Flughafens Berlin-Brandenburg seit etwa zweieinhalb Jahren erreicht haben. Mit diesem Anspruch möchte der Antragsteller im Ergebnis hinsichtlich des von ihm bezeichneten Sachkomplexes einem Aufsichtsratsmitglied der Antragsgegnerin gleichgestellt werden, ohne dass es angesichts dieses nicht auf die Beantwortung einer konkreten Frage gerichteten Begehrens auch nur möglich wäre zu beurteilen, ob insoweit Ausschlussgründe nach § 5 Abs. 2 BbgPG gegeben sind oder nicht. Diese Wertung gilt auch angesichts der weiteren Einschränkung des Hauptantrages, der Antragsteller begehre „insbesondere“ die Informationen, die mangelnde Baufortschritte aufzeichnen oder Hinweise auf Verzögerungen der zunächst geplanten Inbetriebnahme des Flughafens zum Inhalt haben, einschließlich der Hinweise zu den damit zusammenhängenden Kosten des Projekts. Auch dieses Begehren ist - im Gegensatz zu dem Hilfsbegehren - nicht auf die Beantwortung konkreter Fragen ge- richtet, sondern soll dem Antragsteller erst Informationen liefern, um konkrete Sachverhalts- umstände recherchieren oder Fragen an die Antragsgegnerin formulieren zu können. Soweit die Kammer in dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschluss vom 15. Januar 2002 (1 L 783/01 – Beschlussabdruck S. 3, auch juris [nur LS]) einen Anspruch auf Einsicht- nahme in das von einer Firma für eine Kommune erstellte Gutachten zur Untersuchung der Organisationsstruktur öffentlicher Einrichtungen gewährt hat, handelte es sich um nicht ver- gleichbare Sachverhalte. In jenem Fall war das Auskunftsersuchen der Presse von vornhe- rein auf den Inhalt eines konkret bezeichneten Organisationsgutachtens gerichtet und es war der Kammer ohne Weiteres möglich zu beurteilen, ob die Beantwortung der öffentlichen Auf- gabe der Presse dient und ob dem Ersuchen ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 5 Abs. 2 BbgPG entgegensteht. 1.2      Der Antragsteller kann sich auch nicht auf die von ihm benannten weiteren Normen berufen.
9

VG 1 L 219/13                                                                      10 1.2.1 Ein Anspruch nach § 1 AIG besteht bereits deshalb nicht, weil die Antragsgegnerin hierfür nicht passivlegitimiert ist. Nach § 2 Abs. 1 AIG besteht das Akteneinsichtsrecht primär gegenüber Behörden und Einrichtungen des Landes im Sinne des dritten Abschnitts des Landesorganisationsgesetzes (LOG), d. h. gegenüber Obersten Landesbehörden, Landes- oberbehörden, Unteren Landesbehörden, Einrichtungen des Landes und Landesbetrieben, § 8 - § 11, § 13 und § 14 LOG, sowie gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden; bei der Antragsgegnerin handelt es sich jedoch weder um eine Einrichtung des Landes noch einen Landesbetrieb i. S. des dritten Abschnitts des Landesorganisationsgesetzes. Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 AIG liegen nicht vor, wonach das Akteneinsichts- recht auch gegenüber privaten Stellen besteht, soweit sich die aktenführende Behörde zur Erledigung hoheitlicher Aufgaben Privater bedient. Ungeachtet des Umstandes, dass in der Rechtsprechung als „aktenführende Behörde“ diejenige Behörde angesehen wird, die die begehrten Unterlagen tatsächlich und dauerhaft vorhält und mit ihnen arbeitet (vgl. VG Cott- bus, Urt. v. 25. Januar 2011 – 3 K 1050/09 – juris Rn. 20 und die eine Berufungszulassung ablehnende Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26. Mai 2011 – OVG 12 N 37.11 – juris), meint § 2 Abs. 4 AIG ersichtlich lediglich die Fälle, in denen Einzelpersonen oder juristische Personen des Privatrechts durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes (vgl. BVerfG, Urt. v. 18. Januar 2012 – 2 BvR 133/10 – juris Rn. 176; Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen, Urt. v. 15. Januar 2002 – St 1/01 – juris Rn. 106) mit der hoheit- lichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben betraut worden sind und insoweit als Beliehene handeln (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung zum AIG, LT-Drs. 2/4417, S. 9 < zu § 2 Abs. 1>: „Andere, z. B. wirtschaftlich tätige und am Wettbewerb teilnehmende Un- ternehmungen der öffentlichen Hand sind wie andere Private von einer Einsichtnahme aus- genommen.“ und die Beschlussempfehlung sowie den Bericht des Ausschusses für Inneres, LT-Drs. 2/4999, S. 3 und S. 16 mit der Einfügung des – aktuell unveränderten – § 2 Abs. 4 AIG, die „zur Klarstellung“ empfohlen wurde, so dass auch „Private, die von einer aktenfüh- renden Behörde mit hoheitlichen Aufgaben beauftragt sind“ als Adressaten des „Grund- rechts auf Akteneinsicht“ verpflichtet wurden <Hervorhebungen durch das Gericht>). Unabhängig hiervon stünde dem auf die Bestimmungen des Akteneinsichts- und Informati- onszugangsgesetzes gestützten Hauptantrag auch § 2 Abs. 3 AIG entgegen, wonach das Akteneinsichtsrecht gegenüber den in der Vorschrift genannten Verpflichteten, deren Zu- ständigkeitsbereich sich auch auf andere Bundesländer erstreckt, nur besteht, „soweit sich deren Akten ausschließlich auf das Land Brandenburg beziehen“. 1.2.2 Auf die Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes des Landes Brandenburg kann sich der Antragsteller bereits deshalb nicht berufen, weil es vorliegend nicht um Umwel-
10

Zur nächsten Seite