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Aktenzeichen
17 E 3432/13
Datum
12. September 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Hamburg am 12. September 2013

17 E 3432/13

Das Gericht lehnt den Antrag der Kampagne des Volksentscheides über die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze auf einstweiligen Rechtsschutz im Zusammenhang mit dem Informationszugang zu Unterlagen über Beteiligungen der Netzgesellschaften und ein Bewertungsgutachten ab. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung würde die Hauptsache endgültig vorwegnehmen, da die Erteilung der begehrten Informationen sich später nicht wieder rückgängig machen ließe. Für Altverträge, die vor Erlass des Transparenzgesetzes geschlossen wurden, gilt ein verschärfter Maßstab; Informationszugang wird nur gewährt, soweit das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse erheblich überwiegt. Es besteht ein gesteigertes Geheimhaltungsinteresse der Netzgesellschaften, die sich auf den Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen können. Das Gericht führt aus, das Informationsinteresse auch der Öffentlichkeit sei zu einem nicht unerheblichen Teil befriedigt, da die Ergebnisse des Gutachtens, die Bewertungsmethoden und die herangezogenen Prämissen publik gemacht wurden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Interessenabwägung Prozessuales Entwürfe oder Vorarbeiten

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17 E 3432/13 Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss In der Verwaltungsrechtssache ###, - Antragstellerin - Prozessbevollmächtigte: ###, gegen Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Finanzbehörde, Gänsemarkt 36, 20354 Hamburg - Antragsgegnerin - Prozessbevollmächtigte: ###, hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 17, am 12. September 2013 durch den Richter am Verwaltungsgericht ###, den Richter am Verwaltungsgericht ###, den Richter ### beschlossen:
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-2- 1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. 3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten und sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich beim Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Hamburgischen Ober- verwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, eingeht. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begrün- dung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen Oberver- waltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern ist oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Eine Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Der Beschwerde sowie allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die Beteiligten beigefügt werden. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genannten Hochschulen mit Befähi- gung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Per- sonen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten die Beschwerde an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zu. Die Streitwertbeschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeam- ten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen. Sie ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat, einzulegen. Soweit die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nicht durch das Verwaltungsgericht zugelassen wor- den ist, ist eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nur gegeben, wenn der Wert des Beschwerde- gegenstandes 200,00 EUR übersteigt. -3-
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-3- Gründe: I. Die Antragstellerin ist Kampagnenleiterin der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ und begehrt im Vorfeld des Volksentscheides über die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze am 22. September 2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit einem Haupt- und einem Hilfsantrag. Der Hauptantrag ist auf den Zugang zu Informatio- nen gerichtet, die im Zusammenhang mit der bereits im Jahre 2011 erfolgten Beteiligung einer Tochter-Gesellschaft der Antragsgegnerin an den Netzgesellschaften für Strom, Fernwärme und Gas stehen. Der Hilfsantrag hat zum einen den Zugang zu Informationen hinsichtlich der Netzgesellschaft für Fernwärme und zum anderen die Unterlassung und den Widerruf von Behauptungen der Antragsgegnerin zu den Kosten für den vollständigen Netzerwerb zum Gegenstand. Mit am 28. November 2011 notariell beurkundeten Vertragswerken (bestehend aus Betei- ligungsverträgen, Konsortialverträgen und Kooperationsvereinbarungen) erwarb die ### (im Folgenden: ###), eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin, 25,1 % der Anteile an den drei Netzgesellschaften. Vertragspartner der ### waren neben den Netz- gesellschaften selbst im Bereich Gas die ###, die ### sowie die ###, im Bereich Strom die ### (mittlerweile: ###) und im Bereich Fernwärme die ### (mittlerweile: ###) sowie die ###. Der Kaufpreis betrug insgesamt 543,5 Millionen Euro. Diesem Kaufpreis lagen Be- wertungsgutachten zur Ermittlung des Werts der Netzgesellschaften zum Stichtag 1. Ja- nuar 2012 zu Grunde, die im Bereich Gas von der ### und in den Bereichen Strom sowie Fernwärme von der ### erstellt worden waren. Am 8. Oktober 2012 beantragte die Antragstellerin unter Verweis auf das Hamburgische Transparenzgesetz (im Folgenden: HmbTG) die Übersendung verschiedener Unterlagen im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb der ### an den drei Netzgesellschaften. Ihren Antrag modifizierte die Antragstellerin – nach Hinweisen der Antragsgegnerin u.a. zu be- -4-
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-4- reits erfolgten Veröffentlichungen – am 15. November 2012 sowie am 16. Mai 2013. We- gen der Einzelheiten wird auf die in elektronischer Form geführte Korrespondenz zwi- schen Antragstellerin und Antragsgegnerin (Anlagen 4-8, Bl. 94-104 d. A.) verwiesen. Mit Bescheid vom 22. Juli 2013 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin hinsichtlich der noch nicht veröffentlichten Anlagen zu den Beteiligungs- und Konsortial- verträgen sowie der Bewertungsgutachten ab. Zur Begründung führte die Antragsgegne- rin im Wesentlichen aus, aufgrund der in den Unterlagen enthaltenen umfangreichen Be- triebs- und Geschäftsgeheimnisse überwiege das Geheimhaltungsinteresse der betroffe- nen Unternehmen das Informationsinteresse der Antragstellerin. Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 16. August 2013 Widerspruch gegen den Be- scheid „vom 22. September 2013“ in Bezug auf ihren Antrag nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz vom 8. Oktober 2012 ein. Am 30. August 2013 hat die Antragstellerin um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, ihr Informationsinteresse überwiege das Geheimhaltungsinteresse der Vertragspartner der ### erheblich, da die Kenntnis von den noch nicht veröffentlichten Anlagen zu den Beteiligungs- und Konsortialverträgen sowie den Bewertungsgutachten notwendig sei, um am 22. September 2013 über die Rekom- munalisierung der Hamburger Energienetze entscheiden zu können. Der Senat der An- tragsgegnerin verbreite, dass der Ankauf 2 Milliarden Euro kosten werde. Eine Überprü- fung dieses Betrages sei ihr mangels Kenntnis der Bewertungsgutachten nicht möglich. Deren Wertermittlung beruhe zu einem wesentlichen Teil auf Annahmen über die langfris- tige Ertragsentwicklung, die zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht vollumfänglich habe vorausgesehen werden können. Zudem habe sich seitdem die Ertragslage erheblich ver- ändert. Die Behauptung des Senats, der Ankauf werde 2 Milliarden Euro kosten, verletze die Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl. -5-
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-5- Die Antragstellerin beantragt, 1. der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, unter vorläufiger Aufhebung, bis zum Abschluss des Hauptsache- verfahrens, ihres Bescheides vom 22. Juli 2013, aufzugeben, den mit Antrag vom 8. Oktober 2012 und den Antragsänderungen vom 15. November 2012 sowie 16. Mai 2013 geltend gemachten Anspruch auf Zugang zu Information der An- tragsgegnerin antragsgemäß bis spätestens am 13. September 2013 18.00 Uhr zu gewähren, 2. hilfsweise, a. der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, unter vorläufiger Aufhebung, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, ihres Bescheides vom 22. Juli 2013, aufzugeben, den mit Antrag vom 8. Oktober 2012 und den Antragsänderungen vom 15. November 2012 sowie 16. Mai 2013 geltend gemachten Anspruch auf Zugang zu Information der Antragsgegnerin, hinsichtlich des Fernwärme- netzes auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg bis spätestens am 13. September 2013 18.00 Uhr zu gewähren und b. der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzugeben, es bei Vermeidung eines Ordnungsgel- des bis zu 250.000,00 Euro i. zu unterlassen, weiterhin zu verbreiten, dass der Erwerb aller Antei- le der Energie-, Gas- und Fernwärmenetze auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg, durch die Freie und Hansestadt dieser Kosten von 2 Milliarden Euro verursachen würde -6-
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-6- ii. und die bereits erfolgten Behauptungen auf demselben Wege zu widerrufen, wie diese bisher verbreitet wurden. Antragsgegnerin beantragt, die Anträge abzulehnen. Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, eine Informationspflicht bestehe nicht, weil die Unterlagen der unmittelbaren Willensbildung des Senats unterfie- len. Im Übrigen überwiege das Informationsinteresse der Antragstellerin das aufgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen bestehende Geheim- haltungsinteresse nicht erheblich. II. Das einstweilige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin hat weder mit dem Haupt- (hierzu unter 1.) noch mit dem Hilfsantrag (hierzu unter 2.) Erfolg. 1. Der Hauptantrag ist zulässig (hierzu unter a)), aber unbegründet (hierzu unter b)). a) Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht nicht entgegen, dass sich das Widerspruchs- schreiben der Antragstellerin vom 16. August 2013 seinem Wortlaut nach auf einen Be- scheid „vom 22. September 2013“ bezieht. Trotz des unrichtigen Datums des Bescheides ist das Schreiben nach dem objektiven Empfängerhorizont als Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 22. Juli 2013 auszulegen. Dies ergibt sich bereits aus der Bezugnahme der Antragstellerin auf ihren Antrag nach dem Hamburgischen Transpa- renzgesetz vom 8. Oktober 2012, den die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. Juli 2013 abgelehnt hat. b) Der Hauptantrag ist jedoch unbegründet. Der Antragsgegnerin ist nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufzugeben, der Antragstellerin Zugang zu den im Antrag vom 8. Oktober -7-
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-7- 2012, geändert am 15. November 2012 sowie am 16. Mai 2013, bezeichneten Informatio- nen zu gewähren. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufi- gen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO die Glaubhaftmachung so- wohl eines Anordnungsanspruchs – also des materiellen Anspruchs, für den einstweiliger Rechtsschutz begehrt wird – als auch eines Anordnungsgrunds zur Begründung dafür, dass Rechtsschutz nicht erst im Hauptsacheverfahren, sondern bereits im Eilverfahren zu gewähren ist. Zudem gilt aufgrund des Wesens der einstweiligen Anordnung, die grund- sätzlich nur eine „vorläufige“ Regelung ermöglicht, ein grundsätzliches Verbot der endgül- tigen Vorwegnahme der Hauptsache. Eine Ausnahme hiervon aufgrund des Gebots effek- tiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG setzt u.a. voraus, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 123, Rn. 14 m.w.N.). Vorliegend würde der Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache endgültig vorwegnehmen (ebenso in einem auf Informationszugang nach dem Informationsfrei- heitsgesetz gerichteten Verfahren OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.5.2013, 12 S 23/13, juris, Rn. 2), da die Erteilung der begehrten Informationen sich später nicht wieder rückgängig machen ließe. Bei dem infolgedessen anzuwendenden gesteigerten Maßstab eines hohen Grades an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Dies gilt sowohl hinsichtlich der noch nicht veröffentlichten Anlagen zu den Beteiligungs- und Konsortialverträgen (hierzu unter aa)) als auch hinsichtlich der Bewertungsgutachten (hierzu unter bb)). Zugang zu weiteren Unterlagen begehrt die Antragstellerin mit dem Hauptantrag nicht, wie sie mit Schriftsatz vom 10. September 2013 klargestellt hat. aa) Es kann nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich die – unter Verweis auf ein Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses der be- -8-
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-8- troffenen Unternehmen gegenüber dem Informationsinteresse der Antragstellerin erfolgte – Ablehnung des Zugangs zu den Anlagen der Beteiligungs- und Konsortialverträge im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juli 2013 in einem Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. Hinsichtlich dieser Unterlagen ist der für Altverträge geltende verschärfte Maßstab des § 17 Abs. 2 Satz 2 HmbTG anzuwenden. Danach werden bei Altverträgen Informationen gewährt, soweit das Informationsinteresse das Geheimhaltungsinteresse erheblich über- wiegt. Diese Regelung findet nach § 17 Abs. 1 HmbTG auf die Anlagen zu den Beteili- gungs- und Konsortialverträgen Anwendung, da diese am 28. November 2011 und damit vor Inkrafttreten des Hamburgischen Transparenzgesetzes am 6. Oktober 2012 abge- schlossen worden sind. Vom Begriff der Altverträge sind auch die den Verträgen beige- fügten Anlagen erfasst. Die Antragstellerin hat nicht dargetan, aus welchen Gründen ihr Informationsinteresse hinsichtlich der Anlagen zu den Beteiligungs- und Konsortialverträgen das Geheimhal- tungsinteresse erheblich überwiegen sollte. Der Vortrag der Antragstellerin konzentriert sich vielmehr auf die Bedeutung der Bewertungsgutachten im Hinblick auf die von ihr in Frage gestellte Behauptung, der vollständige Rückkauf der drei Netzgesellschaften werde 2 Milliarden Euro kosten. Weshalb für diese Behauptung auch die Anlagen zu den Beteili- gungs- und Konsortialverträgen eine maßgebliche Rolle spielen sollen, wird nicht vorge- tragen. bb) Auch hinsichtlich der Ablehnung des Zugangs zu den Bewertungsgutachten im Be- scheid der Antragsgegnerin vom 22. Juli 2013 – wiederum erfolgt unter Verweis auf ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresses der betroffenen Unternehmen – kann nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich diese in einem späteren Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. -9-
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-9- (1) Insoweit ist allerdings fraglich, ob auch auf die Bewertungsgutachten der verschärfte Maßstab für Altverträge in § 17 Abs. 2 Satz 2 HmbTG anzuwenden ist, da sich diese Vor- schrift nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 HmbTG nur auf „Verträge“ bezieht. Für die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 HmbTG auch auf die Bewertungsgutachten spricht, dass die Interessenlage bei vor Inkrafttreten des Hamburgischen Transparenzge- setzes erstellten Gutachten vergleichbar mit derjenigen bei Altverträgen ist. In beiden Fäl- len kann ein schutzwürdiges Vertrauen an der Geheimhaltung zu berücksichtigen sein, da das Hamburgische Transparenzgesetz noch nicht in Kraft war. Zudem können Gutachten – wie auch im vorliegenden Fall – der Vorbereitung eines Vertragsabschlusses dienen und deshalb mit dem später abgeschlossenen Vertrag in einem engen Zusammenhang stehen. Dies lässt die Anwendung eines unterschiedlichen Maßstabs auf Altverträge und – jedenfalls der Vorbereitung eines Altvertrages dienender – Altgutachten wenig sachge- recht erscheinen. (2) Im Ergebnis kann die Kammer die Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 HmbTG auf die Bewertungsgutachten jedoch offen lassen, da auch bei Anwendung des niedrigeren Maß- stabs des § 7 Abs. 2 HmbTG ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit eines Erfolges der Antragstellerin in einem Hauptsacheverfahren nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung nicht angenommen werden kann. Nach § 7 Abs. 2 HmbTG unterliegen Informationen, die Betriebs- oder Geschäftsgeheim- nisse enthalten, der Informationspflicht nur, soweit das Informationsinteresse das Ge- heimhaltungsinteresse überwiegt. Die Antragstellerin legt nicht hinreichend dar, dass ihr Informationsinteresse an den Bewertungsgutachten das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Unternehmen überwiegt. (a) Die Bewertungsgutachten enthalten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Betroffen sind jedenfalls die drei begutachteten Netzgesellschaften in Gestalt der ### für den Bereich Gas, der ### für den Bereich Strom und der ### für den Bereich Fernwärme. - 10 -
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- 10 - Die Antragsgegnerin verweist darüber hinaus auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der dem Konzernverbund der jeweiligen Mehrheitsgesellschafter angehörenden Unter- nehmen (insbesondere die ###, die ###, die ### und die ###) sowie der Wirtschaftsprü- fungsgesellschaften (### und ###), die die Bewertungsgutachten erstellt haben. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin seien die Netzgesellschaften in den Bewertungs- gutachten detailliert analysiert worden. So würden darin im Detail kaufmännische und technische Daten sowie Betriebsabläufe dargestellt. Auch seien die Gewinn- und Verlust- rechnung, das Vermögen und die Schulden, die Kapitalausstattung, die Entwicklung des Kapitals, die Mitarbeiter, die Organisation, Kunden- und Lieferantendaten, konzerninterne Dienstleistungsbeziehungen und Entgeltstrukturen dargestellt. Auch ohne Kenntnis der den Sachakten nicht beigefügten Bewertungsgutachten geht die Kammer im vorliegenden Eilverfahren von einem gesteigerten Geheimhaltungsinteresse der drei Netzgesellschaften aus. Denn die Gutachten wurden nach dem Standard 1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW S 1, Grundsätze zur Durchfüh- rung von Unternehmensbewertungen) erstellt. Damit ist eine tiefgreifende Analyse der begutachteten Gesellschaften verbunden. Es liegt auf der Hand, dass die ###, die ### und die ### ein gesteigertes Interesse haben, diese nicht der Öffentlichkeit preiszugeben. (b) Zwar kommt der Information der Öffentlichkeit im Vorfeld des Volksentscheides am 22. September 2013 eine besondere Bedeutung zu. Doch ist das Informationsinteresse hinsichtlich der Bewertungsgutachten bereits zu einem nicht unerheblichen Teil befriedigt, da die Ergebnisse der Gutachten, die Bewertungsmethoden und die zur Unternehmens- wertermittlung herangezogenen Prämissen publik gemacht worden sind. Hinsichtlich eines darüber hinausgehenden Zugangs zu den Bewertungsgutachten in ihrer Gesamtheit ist ein überwiegendes Informationsinteresse nicht hinreichend dargetan. Nach ihrem Vortrag geht es der Antragstellerin im Kern um die Auseinandersetzung mit den Argumenten der Gegner des Netzrückkaufs zur Höhe des für einen vollständigen Rück- - 11 -
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