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Aktenzeichen
2 A 27/12
Datum
22. August 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Magdeburg
Gesetz
Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA)
Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA)

Urteil: Verwaltungsgericht Magdeburg am 22. August 2013

2 A 27/12

Das Verwaltungsgericht bejaht den Anspruch eines Pharmaunternehmens gegenüber einer gesetzlichen Krankenversicherung auf Auskunft über die Rabatthöhe für ein Arzneimittel . Vorrangige Rechtsvorschriften im Sinne des Informationszugangsgesetzes stehen diesem Anspruch nicht entgegen. Insbesondere setzt der Vorrang anderer Rechtsvorschriften voraus, dass die Anspruchsberechtigten identisch sind. Dies ist nicht der Fall. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten kann zudem nicht angenommen werden. Im Hinblick auf das mögliche Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses genügt es nicht, dass dieses lediglich behauptet wird. Vielmehr müssen auch Tatsachen dargelegt werden, die die Annahme des Geheimhaltungsgrundes rechtfertigen können. Eine Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsposition hat die Beklagte jedoch nicht darlegen können. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Konkurrierende Rechtsvorschriften Fiskalische Interessen

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VERWALTUNGSGERICHT MAGDEBURG Az.: 2 A 27/12 MD                             verkündet am 22. August 2013 Schaper, Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In der Verwaltungsrechtssache der Firma A. , A-Straße, A-Stadt, Klägerin, Proz.-Bev.: Rechtsanwalt B., B-Straße, B-Stadt, gegen die C. , C-Straße, C-Stadt, Beklagte, Beigeladen: D., , , D-Straße, D-Stadt, Streitgegenstand:      Informationszugang hat das Verwaltungsgericht Magdeburg - 2. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Köhler, den Richter am Verwaltungsgericht Morgener, den Richter am Verwaltungsgericht Elias sowie die ehrenamtlichen Richter Albrecht und Berlich für Recht erkannt: Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25.05.2011 und der Wider- spruchsbescheid vom 28.10.2011 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Höhe des mit der Bei- geladenen im Jahre 2008 vereinbarten Rabatts gem. § 130 a Abs. 8 SGB V betreffend das Arzneimittels D. Forte 40 mg 20 Dragees mit- zuteilen. -2-
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-2- Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außenge- richtlichen Kosten der Beigeladenen. Diese trägt die Beigeladene selbst. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Streitwert wird auf 5000 € festgesetzt. Tatbestand: Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Auskunft von der C. über die Höhe des Rabattes des Originalarzneimittel D. forte 40 mg 20 Dragees. Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, die Arzneimittel – u. a. das Vorgenannte - aus dem Gebiet der Europäischen Union in die Bundesrepublik Deutschland importiert und hier vertreibt. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse, die der Aufsicht des Landes Sachsen- Anhalt untersteht. Mit Schreiben vom 25.01.2011 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten zunächst Unterlassungsansprüche in Bezug auf den zwischen der Beklagten und der Beigeladenen geschlossene Rabattvertrag geltend. Sie begehrte, dass die Beklagte es unterlassen soll, die vorrangige Abgabe rabattierter Arzneimittel in der so genannten Lauer-Taxe (Ver- zeichnis aller Daten der bei der Informationsstelle für Arzneispezialitäten gemeldeten Fer- tigarzneimittel Medizinprodukte und in Deutschland zugelassener apothekenüblicher Wa- ren – IFA - ) vorzuschreiben, soweit die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Letztere seien in Bezug auf das von der Beigeladenen gelieferte und in der Lauer- Taxe verzeichnete Arzneimittel D. forte 40 mg 20 Dragees nicht gegeben, weil die Kläge- rin dieses zu einem niedrigeren Preis, als dem Apothekenverkaufspreis der Beigeladenen anbiete. Die Beklagte lehnte dies mit ihrem Schreiben vom 08.02.2011 ab, worauf die Klägerin nunmehr mit Schreiben vom 10.02.2011 u. a. um Auskunft über die Rabatthöhe im Hin- blick für das Arzneimittel D. forte 40 mg 20 Dragees unter Berufung auf § 1 Informations- freiheitsgesetz (IFG) bat. Mit ihrem Schreiben vom 24.02.2011 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf In- formationszugang ab mit der Begründung, dass dieser ein solcher Anspruch nicht zuste- he. Denn die begehrte Information sei geeignet, wirtschaftliche Interessen der Sozialver- sicherungen zu beeinträchtigen. Außerdem müsse die Einwilligung des Rabattvertrags- partners vorliegen, was hier nicht der Fall sei. -3-
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-3- Mit ihrem o. a. Unterlassungsbegehren hat die Klägerin am 04.03.2011 Klage beim Sozi- algericht für das Saarland (Az.: S 1 KR 343/11) erhoben. Hierüber ist bislang nicht ent- schieden worden. Am 09.08.2011 legte die Klägerin Widerspruch bei der Beklagten gegen die Ablehnung ihres Informationszugangsantrages ein. Die Beklagte informierte darauf am 30.08.2011 die D. darüber, dass die Klägerin die In- formation über die Rabatthöhe zu dem o. g. Arzneimittel begehrt und fragte an, ob diese in den Informationszugang einwillige. Letzteres lehnte die Beigeladene per e-Mail vom 05.09.2011 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2011 wies die Beklagte sodann den Widerspruch der Klägerin zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Wi- derspruchsbescheides Bezug genommen. Am 18.11.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass sie einen An- spruch auf Informationszugang gegenüber der Beklagten habe. Das Bekanntwerden der Rabatthöhe beeinträchtige nicht die wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherungen. Auch sei eine Einwilligung des Rabattvertragspartners nicht erforderlich, da es sich bei der streitgegenständlichen Information um kein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis han- dele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf ihre schriftsätzlichen Ausführungen zur Klagebegründung verwiesen. Die Klägerin beantragt zuletzt, wie erkannt. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie wiederholt und vertieft ihre Rechtsansicht. Es handele sich bei der Auskunft der Ra- batthöhe nicht um eine amtliche Information. Auch wenn von einer amtlichen Information auszugehen wäre, läge ein Versagungsgrund vor. Denn die begehrte Information wäre geeignet, die wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherung zu beeinträchtigen. Letz- teres soll § 3 Abs. 1 Nr. 6 IZG LSA verhindern. Zudem stehe dem Anspruch entgegen, dass die begehrte Information nachteilige Auswirkungen auf den parallel zwischen den Beteiligten geführte Rechtsstreit vor dem Sozialgericht für das Saarland haben könnte. Außerdem betreffe das klägerische Begehren Daten Dritter, welche als Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnisse zu werten und zu schützen seien. -4-
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-4- Mit Beschluss vom 19.07.2012, zugestellt am 23.07.2012, wurde die D. zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. Mit Schreiben vom 17.07.2013 teilte die Beklagte mit, dass sie den Rabattvertrag mit Wir- kung zum 30.04.2013 gekündigt habe. Der Rechtsstreit habe sich hierdurch möglicher- weise erledigt. Letzterem ist die Klägerin mit Schreiben vom 31.07.2013 entgegengetre- ten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von ihnen im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze, den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhand- lung vor der Kammer verwiesen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Klage ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25.05.2011 und der Widerspruchsbescheid vom 28.10.2011 erweisen sich als rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rech- ten. Die Beklagte war dem Klageantrag gemäß zu verpflichten, weil der Klägerin der gel- tend gemachte Informationszugangsanspruch zusteht und die Sache spruchreif ist, § 130 Abs. 5 VwGO. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sind die Bestimmungen des Informati- onszugangsgesetzes Sachsen-Anhalt (IZG LSA) vom 19.06.2008 (GVBl. LSA S. 242- 245), denn die Beklagte ist eine der Aufsicht des Landes Sachsen-Anhalt unterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts i. S. v. § 1 Abs. 1 c) IZG LSA. Die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes (des Bundes) scheidet daher aus. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 c) IZG LSA hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes einen An- spruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den Behörden und der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Der Informationszugangsanspruch besitzt damit die Qualität eines formalen sub- jektiv-öffentlichen Rechts, der sich dadurch auszeichnet, dass dem Anspruch keine mate- rielle Rechtsposition oder eine wie auch immer geartete Betroffenheit zugrunde liegen muss (vgl. Schoch, Informationsfreiheitsgesetz (des Bundes), 1. Auflage, § 1 Rn. 16 ff). Unter der Berücksichtigung der Einschränkungen „dieses Gesetzes“ im Sinne von § 8 Abs. 1 IZG LSA ist der Informationsanspruch daher materiell- rechtlich voraussetzungslos. Ziel des Gesetzes ist die Schaffung von mehr Transparenz und bürgerschaftlicher Kon- trolle der Verwaltung (vgl. Gesetzentwurf LReG., LT-DRS.5/748, S. 9). Ausgehend hier- von kommt es auf das Gewicht des Informationsinteresses des Einzelnen nur an, wenn es -5-
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-5- um die Abwägung mit dem Geheimhaltungsinteressen von Dritten, etwa zum Schutz per- sonenbezogener Daten im Sinne von § 5 Abs. 1 IZG-LSA geht. Die Rabatthöhe ist eine amtliche Information im Sinne des § 2 Nr. 1 IZG LSA. Nach dieser Vorschrift ist eine amtliche Information jede einem amtlichen Zweck dienende Aufzeich- nung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Die Information dient einem amtlichen Zweck, wenn sie ein Amt betrifft oder in einem Zusammenhang zu einer amtlichen Tätig- keit steht. Informationen sind in dienstlichem Zusammenhang erlangt, wenn sie der öffent- lichen Stelle im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung zugegangen sind. Vom Begriff der amtlichen Information sind lediglich abzugrenzen private Informationen von Dritten oder über Dritte, wenn sie nicht mit der amtlichen Tätigkeit zusammenhängen, d. h. i. Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 IZG LSA nicht amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Letzteres trifft auf den zwischen der Beigeladenen und der Beklagten geschlossenen Rabattvertrag nach § 130 a Abs. 8 SGB V nicht zu. Sie sind vielmehr ein spezifisches Mittel zur Aufgabenerfüllung der gesetzlichen Krankenkassen, denn solche Rabattverträge sollen Ausgabensenkung der gesetzlichen Krankengkassen dienen mit dem Ziel, das Beitragssatzniveau zu stabilisieren (vgl. Jahn/Freudenberg SGB V, § 130 a, Rz. 2). Dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 IZG LSA Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtli- chen Informationen vorgehen, denn solche sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere entfal- ten die vergaberechtlichen Vorschriften des GWB hier keine Sperrwirkung, denn das Ver- gabeverfahren ist spätestens seit dem Vertragsabschluss im Jahre 2008 abgeschlossen (vgl. Schoch, a. a. O. § 1 Rz. 189). Außerdem hat die Beklagte ihren Erklärungen in der mündlichen Verhandlung zufolge keine Ausschreibung gemäß den vergaberechtlichen Bestimmungen        durchgeführt.     Weiterhin    In  Betracht     zu    ziehende     sozi- al(verfahrens)rechtliche Bestimmungen, wie §§ 15 SGB I, 25 SGB X bewirken ebenfalls keinen Ausschluss der Anwendbarkeit des IZG LSA, denn der sozialrechtliche Aktensein- sichts- und Auskunftsanspruch besteht neben dem Anspruch nach § IZG LSA (zu § 25 SGB X vgl. OVG NRW, Beschl. v. 31.05.2005 – 21 E 1487/04 –DÖV 2005, 832 f.). Hinzu kommt, dass der sozialrechtliche Auskunftsanspruch nach § 15 SGB I vorrangig den Leis- tungsberechtigten zustehen soll, seinen Ursprung also im Sozialleistungsverhältnis zwi- schen Versichertem, Krankenkasse und Leistungsträger hat, vgl. § 15 Abs. 2 SGB I. Zum Kreis der Sozialleistungsberechtigten gehört die Klägerin gerade nicht. Ein Vorrang ande- rer Rechtsvorschriften i. S. v. § 1 Abs. 3 Satz 1 IZG LSA setzt indes eine Identität der An- spruchsberechtigten voraus. Andernfalls geht der Vorrang anderer Rechtsvorschriften ins Leere. Die von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe nach §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 e), Nr. 6 und § 6 IZG LSA sind nicht gegeben. Der Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 e) IZG LSA liegt hier nicht vor. § 3 Abs. 1 Nr. 1 e) IZG LSA schützt die Durchführung eines anhängigen, d.h. laufenden Gerichtsverfah- -6-
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-6- rens, wenn das Bekanntwerden der begehrten Information nachteilige Auswirkungen ha- ben kann. Das Bekanntwerden der Rabatthöhe eignet sich nicht, um das gerichtliche Ver- fahren vor dem Sozialgericht für das Saarland (Az.: S 1 KR 343/11) nachteilig zu beein- flussen. Zwar setzt § 3 Abs. 1 Nr. 1 e) IZG LSA nur die Möglichkeit der nachteiligen Be- einflussung voraus, allerdings ist Streitgegenstand des geführten Rechtsstreites vor dem Sozialgericht für das Saarland die Auslegung der Vorschrift des § 129 Abs. 1 S. 7 SGB V. Hiernach können Rahmenverträge zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Kran- kenkassen und dem Deutscher Apothekenverband e.V. nach § 129 Abs. 2 SGB V verein- bart werden, in welchen Fällen Arzneimittel nicht nach § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b) ersetzt werden dürfen. Grundsätzlich sind die Apotheken verpflichtet, die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel vorzunehmen, für das eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 SGB V mit Wirkung für die Krankenkasse besteht, soweit hierzu in Verträgen nach § 129 Abs. 5 SGB V nichts anderes vereinbart ist. Besteht keine entsprechende Vereinba- rung nach § 130a Abs. 8 SGB V, hat die Apotheke die Ersetzung durch ein preisgünstige- res Arzneimittel nach Maßgabe des Rahmenvertrages vorzunehmen (vgl. § 129 Abs. 1 S. 3 und 4). Das hat in der Praxis zur Folge, dass der Patient ein Rezept mit entsprechen- dem Vermerk des Arztes erhält. In der Apotheke wird ihm dann nicht mehr das Medika- ment von dem Hersteller, der auf dem Rezept benannt ist, sondern ein Medikament von einem Hersteller, der einen Rabattvertrag mit der Krankenkasse des Patienten geschlos- sen habt, ausgehändigt. Solange ein Rabattvertrag zwischen der Krankenkasse und dem pharmazeutischen Unternehmen besteht, wird dieser bevorzugt. Hiergegen geht die Klä- gerin in dem gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht für das Saarland vor. Inwieweit die Kenntnis des tatsächlich zwischen der Beigeladenen und der Beklagten vereinbarten Rabatthöhe als Teil des Preises die Entscheidung des Sozialgerichts zu beeinflussen ver- mag, ist für das Verwaltungsgericht weder ersichtlich, noch haben die Beklagte oder die Beigeladene dergleichen hinreichend dargelegt. Auch der Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 IZG LSA liegt nicht vor. Nach vorge- nannter Bestimmung besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Be- kanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen der in § 1 Abs. 1 S. 1 IZG LSA genannten Stellen im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der So- zialversicherungen zu beeinträchtigen. Denn wenn der Staat als Marktteilnehmer am Pri- vatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben teilnimmt, sind seine wirtschaftlichen Informati- onen ebenso schutzwürdig wie diejenigen Privater. Vorliegend ist indes nicht ersichtlich, inwieweit das Bekanntwerden der Rabatthöhe die wirtschaftlichen Interessen der beklag- ten Sozialversicherung insbesondere an einer kostengünstigen Arzneimittelversorgung beeinträchtigt, etwa weil die Folge ein zukünftig geringerer Rabatt wäre. Eine solche Be- einträchtigung muss mindestens hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. OVG NW, Urteil v. 19.03.2013 – 8 A 1172/11 – zit. n. juris). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen der Beklagten wurde nicht glaubhaft gemacht. Die Krankenkassen stehen im Wettbewerb um eine hochwertige und wirtschaftliche medizinische Versorgung ihrer Versicherten. Selbst wenn das Bekanntwerden der zuletzt zwischen der Beigeladenen und der Beklagten ver- einbarten Rabatthöhe, also eines Preisabschlages, Einfluss auf zukünftig von anderen gesetzlichen Krankenkassen zu vereinbarende Rabatte haben sollte, kann dies allenfalls -7-
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-7- einen mittelbaren Einfluss auf zukünftig von der Beklagten abzuschließende Rabattverträ- ge haben. Die entsprechende Vermutung der Beklagten berücksichtigt nicht, dass bei einer zukünftig erforderlichen Ausschreibung des Rabattvertragabschlusses in der Regel mehrere Pharmaunternehmen ein Medikament mit demselben Wirkstoff anbieten und sich um den Vertragsabschluss bewerben. Selbst dann, wenn das Bekanntwerden des zuletzt vereinbarten Rabatts das zukünftige Bieterverhalten beeinflussen würde, kann auf Grund der Tatsache, dass der inzwischen beendete Rabattvertrag entgegen § 97 GWB nicht im Ergebnis eines transparenten Vergabeverfahrens abgeschlossen wurde (vgl. OLG Düs- seldorf, Vergabesenat, Beschl. v. 11.01.2012 – VII-Verg. 58/11 -, zit, n. juris) nicht ge- schlossen werden, dass die Beigeladene bei Vertragsabschluss im Jahre 2008 das denk- bar wirtschaftlichste Angebot i. S. v. § 97 Abs. 5 GWB abgegeben hatte. Die seinerzeit vereinbarte Rabatthöhe ist somit als Vergleichsgröße nur eingeschränkt verwertbar. Dass ihr Bekanntwerden außerdem – wie die Beklagte meint - den Inhalt von Rabattver- trägen anderer Krankenkassen beeinflussen könnte, ist zwar möglich, aber in erheblichem Maße von weiteren variablen Faktoren, die in die Preisbildung einfließen abhängig, so dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein die wirtschaftlichen Interessen der Be- klagten beeinträchtigendes zukünftiges Bieterverhalten nicht angenommen werden kann. Schließlich ist es ebenso denkbar, dass die Beklagte die von ihr befürchteten wirtschaftli- chen Nachteile dadurch kompensiert, dass sie zukünftig gem. § 130 a Abs. 8 Satz 7 SGB V in der seit 01.01.2011 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 22.12.2010 (BGBl. I S.2262) der Vielfalt der Anbieter Rechnung trägt und dem wirtschaftlichsten An- gebot den Zuschlag erteilt. Der Ausschlussgrund nach § 6 S. 2 IZG LSA ist ebenfalls nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift darf nur Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen gewähret werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden allgemein alle auf ein Unternehmen be- zogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge bezeichnet, die nicht offenkundig, sondern nur einen begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Inhaber ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wis- sen. Ein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung der Informationen fehlt, wenn de- ren Offenlegung nicht geeignet ist, exklusives, technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Un- ternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. BVerwG, U. v. 28.05.2009 - BVerwG 7 C 18.08 -, zitiert nach Juris). Ob durch die Bekanntgabe einer Information ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu- gänglich gemacht wird, kann im Einzelfall nur aufgrund von plausiblen und nachvollzieh- baren Darlegungen des Betroffenen beurteilt werden. Dabei müssen die behördlichen Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information mög- lich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen des Ausschlussgrundes geprüft werden kann. Dass es bei § 6 S. 2 IZG LSA um einen -8-
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-8- materiellrechtlichen Geheimhaltungsgrund geht, ändert an diesen Anforderungen zum Sachvortrag nichts. Auch in diesem Fall genügt es regelmäßig nicht, wenn lediglich das Vorliegen des Geheimhaltungsgrundes behauptet wird, vielmehr müssen auch insoweit Tatsachen dargelegt werden, die die Annahme des Geheimhaltungsgrundes rechtfertigen können. Die Beklagte hat nicht hinreichend konkret darlegen können, dass das Bekanntwerden der Rabatthöhe geeignet ist, die Wettbewerbsposition der Beigeladenen nachteilig zu be- einflussen. Sie beruft sich lediglich auf die vertraglich vereinbarte Geheimhaltung hinsicht- lich des Inhalts der Vereinbarung und der Rabatthöhe und darauf, dass Vertragsärzte oder Patienten ebenfalls nicht über die Rabatthöhe informiert werden. Die Beigeladene hat weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren Erklärungen dazu abgegeben, weshalb sie ihre Einwilligung in die Bekanntgabe der Rabatthöhe versagt hat. Schließlich ist es für das Gericht nicht offensichtlich, dass die Rabatthöhe exklusives kauf- männisches Wissen der Beigeladenen darstellt, dessen Offenbarung ihre Wettbewerbssi- tuation nachhaltig beeinträchtigen wird. Zudem ist nicht ersichtlich, dass das Interesse der Beigeladenen an der Aufrechterhaltung der bei Abschluss des Rabattvertrages ausbedungenen oder vereinbarten Vertraulichkeit i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 7 IZG LSA noch fortbesteht, obwohl der Vertrag zum 30.04.2013 unwirksam geworden ist. Denn der Rabattvertrag war in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung von der Beklagten bereits mit Wirkung zum 30.04.2013 beendet worden ist. Dass die Beteiligten des Rabatt- vertrages Verschwiegenheit über die Beendigung des Vertrages hinaus vereinbart hätten, wurde von ihnen weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3 Satz 1, 163 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gem. § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwal- tungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg, Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg, zu stellen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. -9-
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-9- Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg, einzureichen. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhil- feverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozess- handlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte vor dem Oberverwaltungsgericht sind zugelassen: Rechtsanwälte, Rechtslehrer im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO und die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen; eine Vertretung ist auch durch entsprechend be- schäftigte Diplom-Juristen im höheren Verwaltungsdienst zulässig. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des § 67 Abs. 4 Sätze 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Die Streitwertfestsetzung kann durch Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, C-Stadt, angefochten werden, wenn der Beschwerdewert 200 € (zweihundert Euro) übersteigt. Sie ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechts- kraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat, bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg, Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mit- teilung des Beschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Be- schluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. Für beide Rechtsmittel gilt: - 10 -
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- 10 - Bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg und beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt können in allen Verfahren auch elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Gerichten und Staatsan- waltschaften des Landes Sachsen-Anhalt eingereicht werden. Köhler                                    Morgener                        Elias
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