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Aktenzeichen
8 A 1172/11
Datum
19. März 2013
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 19. März 2013

8 A 1172/11

Fiskalische Interessen des Bundes sind geschützt, soweit eine staatliche Stelle wie ein Dritter mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt auftritt. Die fiskalischen Interessen den Bundes sind darauf gerichtet bei der Veräußerung von Grundstücken den höchstmöglichen Marktpreis zu erzielen. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, die fiskalischen Interessen zu beeinträchtigen, wobei eine solche Beeinträchtigung von hinreichendem Gewicht auch hinreichend wahrscheinlich sein muss. Die Frage des Informationszugangs hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers und dessen Verwendungsabsichten ab. Der Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse lässt sich auch auf öffentliche Stellen anwenden, die wie ein privater Dritter mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt auftreten. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Begriffsbestimmung Prozessuales Fiskalische Interessen

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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 1172/11 Datum:                   19.03.2013 Gericht:                 Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:            8. Senat Entscheidungsart:        Urteil Aktenzeichen:            8 A 1172/11 Vorinstanz:              Verwaltungsgericht Köln, 13 K 822/10 Tenor:                   Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 7. April 2011 dahingehend geändert, dass diese unter Auf-hebung ihres Bescheids vom 30. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Ja-nuar 2010 verpflichtet wird, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Einsicht in die Ver-äußerungsakten für die Liegenschaft "ehemalige I. -Stellung X.          " unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Kläger und Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen Tatbestand:                                                                                1 Der Kläger begehrt von der Beklagten Einsicht in Akten, die den Verkauf eines              2 Grundstücks betreffen. Die Beklagte ist eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen             3 Rechts. Ihre Aufgabe besteht darin, das Liegenschaftsvermögen der Bundesrepublik Deutschland nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten und nicht mehr benötigtes Vermögen wirtschaftlich zu veräußern (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben - BImAG). An wen und zu welchem Preis ein Grundstück veräußert wird, wird in einem sog. "Bieterverfahren" ermittelt. Grundlage dieses Verfahrens ist ein von der Beklagten erstelltes Exposé, Seite 1 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html das Informationen über das zu veräußernde Grundstück, insbesondere über dessen Lage und mögliche Nutzungen, sowie die Preisvorstellungen der Beklagten enthält. Interessenten haben die Möglichkeit, auf Grundlage dieses Exposés Angebote abzugeben. Die Veräußerung erfolgt an diejenige Person, die das höchste Gebot abgibt. Allerdings bricht die Beklagte das Verfahren ab und leitet gegebenenfalls ein neues Verfahren ein, wenn das höchste Gebot und ihre eigenen Preisvorstellungen zu weit auseinander liegen. Der Kläger gab mehrmals, zuletzt Ende Januar 2010, gegenüber der Beklagten ein        4 Angebot für ein von dieser zur Veräußerung angebotenes, in der Nähe des von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebs gelegenes Grundstück ab. Die Beklagte veräußerte dieses jedoch nicht an den Kläger, sondern an einen Mitbewerber. Der Kläger ist der Ansicht, die Veräußerung hätte an ihn erfolgen müssen, da er auf die der letzten Ausschreibung vorhergehende Ausschreibung das höchste Gebot abgegeben habe. Bereits im Oktober 2009 hatte der Kläger bei der Beklagten schriftlich beantragt, ihm 5 Akteneinsicht in die gesamten Veräußerungsvorgänge zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit formlosem Schreiben vom 30. November 2009 und Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2010 ab. Auf die hiergegen gerichtete Klage auf Verpflichtung zur Gewährung von Akteneinsicht hat das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 7. April 2011 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei als Behörde des Bundes auskunftsverpflichtete Stelle i.S.d. § 1      6 Abs. 1 Satz 1 IFG; bei ihren Verkaufsakten handele es sich um amtliche Aufzeichnungen i.S.d. § 2 Nr. 1 IFG. Der Versagungsgrund des § 3 Nr. 6 IFG stehe dem Informationsanspruch des Klägers nicht entgegen. Das fiskalische Interesse des Bundes bestehe darin, dass Vermögenswerte des Bundes nur zum vollen Wert veräußert werden dürften. Da die Veräußerung des Grundstücks, auf das sich die streitgegenständliche Verkaufsakte beziehe, inzwischen vollzogen worden sei, könne das geschützte Interesse nur noch dadurch beeinträchtigt werden, dass das Bekanntwerden des Inhalts der Verkaufsakte dazu führen könne, dass in Zukunft andere im Eigentum der Beklagten stehende Grundstücke nicht zum vollen Wert veräußert werden könnten. Diese Gefahr bestehe nicht; die von der Beklagten geschilderten Szenarien und Kausalverläufe seien überwiegend theoretischer Natur. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass der Umstand, dass die Beklagte auf          7 Antrag Informationen offenbaren müsse, einige Interessenten davon abhalten könnte, mit ihr in geschäftliche Beziehungen zu treten. Derart theoretische und zudem mittelbare Nachteile stellten jedoch keine Beeinträchtigung i.S.d. § 3 Nr. 6 IFG dar. Die drohende Beeinträchtigung sei nicht hinreichend wahrscheinlich und nicht von hinreichendem Gewicht. Die Argumentation der Beklagten laufe auf eine generelle Ausnahme vom Informationszugang für Grundstücksgeschäfte hinaus. Dies sei in der Sache nicht gerechtfertigt. Die Gemeinsamkeiten der Beklagten mit privaten Immobilienunternehmen erschöpften sich darin, dass beide mit dem Käufer eines Grundstücks einen privatrechtlichen Vertrag abschließen würden. Die Beklagte verfüge gegenüber privaten Immobilienunternehmen sogar über einen nicht zu vernachlässigenden Wettbewerbsvorteil. Da über ihr Vermögen kein Insolvenzverfahren eröffnet werden könne (§ 6 Abs. 3 Satz 1 BImAG), sei sie anders als ein Privatunternehmen eher in der Lage, die Verkaufsbemühungen Seite 2 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html vorerst zurückzustellen, wenn sich zu einem bestimmten Zeitpunkt kein Interessent finde, der bereit sei, ein Grundstück zum vollen Wert zu übernehmen. Darüber hinaus stehe der gesetzliche Auftrag der Beklagten ersichtlich unter dem      8 Vorbehalt sonstiger öffentlich-rechtlicher Bindungen. Die Regelungen in § 1 Abs. 1 BImAG und § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG schlössen sich nicht gegenseitig aus, vielmehr seien sämtliche öffentlich-rechtlichen Pflichten in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Könnten potentielle Geschäftspartner der Beklagten somit von vornherein nicht auf eine bei privaten Immobilienunternehmen übliche Vertraulichkeit zählen, stelle sich die Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes nicht als Vertrauensbruch dar, der sich auf die fiskalischen Interessen des Bundes beeinträchtigend auswirken könne. Wer beabsichtige, über die Beklagte mit der Bundesrepublik Deutschland in geschäftliche Beziehungen einzutreten, dürfe unabhängig von der Geltung des Informationsfreiheitsgesetzes vernünftigerweise nicht erwarten, dass sein Kaufinteresse geheim gehalten werde. Die Befürchtung der Beklagten, potentielle Interessenten könnten sich durch die       9 Aussicht abschrecken lassen, in einen langwierigen IFG-Prozess hineingezogen zu werden, sei ebenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich und besitze zudem auch nicht genug Gewicht, um von einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen sprechen zu können. Die Möglichkeit, im Zusammenhang mit geschäftlichen Beziehungen gerichtliche Auseinandersetzungen führen zu müssen, gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Die Wahrung der Vertraulichkeit sei auch nicht erforderlich, um die                  10 Verhandlungsposition der Beklagten zu wahren. Das Argument der Beklagten, die Analyse "erledigter" Kaufabschlüsse erlaube Rückschlüsse darauf, wie sich die Beklagte, insbesondere im Hinblick auf Verhandlungsstrategien und Preisvorstellungen, in Zukunft verhalten werde, sei nicht überzeugend, da sich diese Informationen immer auf konkrete Grundstücke bezögen. Hinzu komme, dass sich der "volle Wert" eines Grundstücks nach den Regeln der Preisbildung unter Einfluss von Angebot und Nachfrage bestimme. Die Preisvorstellung der Beklagten, die den Ausgangspunkt der Preisbildung darstelle, richte sich in aller Regel nach Kriterien, die auch zur Erstellung eines Wertgutachtens herangezogen werden würden. Danach seien solche Kriterien maßgebend, die untrennbar mit dem jeweiligen Grundstück verbunden seien; Preisvorstellungen, Verhandlungsstrategien und Ähnliches hätten auf die Ermittlung des "vollen Wertes" keinen entscheidenden Einfluss, so dass deren Bekanntwerden nicht geeignet sei, die fiskalischen Interessen des Bundes zu beeinträchtigen. Der Versagungsgrund des § 6 Satz 2 IFG stehe dem Anspruch auf                        11 Informationszugang ebenfalls nicht entgegen, soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beklagten selbst in Rede stünden. § 6 Satz 2 IFG finde auf juristische Personen des öffentlichen Rechts keine Anwendung. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen diene dem Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sowie dem Schutz des Eigentums (Art. 14 GG). Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die wie die Beklagte öffentliche Aufgaben wahrnähmen, könnten aber nicht Träger von Grundrechten sein. Aus diesem Grund lasse sich dieser Begriff auch nicht per Gesetz mit dem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten materiellen Gehalt auf juristische Personen des öffentlichen Rechts übertragen. Dem Begriff müsse also, um ihn auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anzuwenden, ein anderer materieller Gehalt zugewiesen werden. Als Anknüpfungspunkt hierfür komme nur der von § 3 Seite 3 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html Nr. 6 IFG erfasste Schutz fiskalischer Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr in Betracht. Dann verbleibe § 6 Satz 2 IFG neben § 3 Nr. 6 IFG jedoch kein eigener Anwendungsbereich. Obwohl danach ein Anspruch auf Gewährung des Informationszugangs dem               12 Grunde nach in Betracht komme, könne die Beklagte mangels Spruchreife nicht zur Gewährung der geltend gemachten Akteneinsicht verpflichtet werden. Die Beklagte habe - von ihrem Standpunkt aus konsequent - nicht ermittelt, ob dem Anspruch gemäß § 6 IFG Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse Dritter entgegenstünden. Dass die streitgegenständlichen Verkaufsakten solche Geheimnisse enthielten, liege nahe. Ob der Anspruch des Klägers aus diesem Grund ausgeschlossen sei, hänge von der Einwilligung der betroffenen Dritten ab. Hierfür sehe § 8 IFG ein Verfahren vor, dass die Beklagte nunmehr durchzuführen habe, um danach den Antrag des Klägers auf Akteneinsicht erneut zu bescheiden. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Beklagte als auch der Kläger die vom          13 Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung aus: Das angefochtene Urteil      14 stelle ihre Fähigkeit in Frage, den ihr gesetzlich übertragenen kaufmännischen Auftrag im Bereich der Liegenschaftsverwaltung und der Veräußerung nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu erfüllen. Dieser Auftrag setze voraus, dass sie ihren Verhandlungs- und Vertragspartnern sowie ihren Konkurrenten und Mitbewerbern auf dem Immobilienmarkt auf einer Ebene der tatsächlichen wirtschaftlich-strategischen, nicht nur formalen Gleichordnung gegenübertreten könne. Werde sie wie durch das angefochtene Urteil entgegen der ausdrücklichen Absicht des Gesetzgebers gezwungen, auf Anforderung jeden Verkaufs- und Verhandlungsvorgang der Allgemeinheit zugänglich zu machen, sei ein funktionsgerechtes Agieren am Markt nur noch eingeschränkt möglich. Dies habe auch der Gesetzgeber erkannt. Der absolute Ausschlussgrund des § 3       15 Nr. 6 Alt. 1 IFG sei gerade mit Blick auf die Veräußerung von Grundstücken eingeführt worden. Dieser in der Gesetzesbegründung mit außergewöhnlicher Deutlichkeit dokumentierten Zielsetzung trage das angefochtene Urteil nicht ausreichend Rechnung. Um ihre Aufgabe, nicht mehr benötigte Grundstücke wirtschaftlich zu veräußern, erfüllen zu können, sei sie darauf angewiesen, ihre Verhandlungsposition zu wahren und ihren Vertrags- und Verhandlungspartnern als verlässlicher Geschäftspartner begegnen zu können, der sich an die Gepflogenheiten der Immobilienbranche halte. Dies gelte umso mehr, als die Verkaufskonditionen jeweils individuell ausgehandelt würden und sie ihren Vertragspartnern die Bedingungen des Vertragsschlusses nicht diktieren könne. Vielmehr sei gerade bei ehemals militärisch genutzten Grundstücken die Veräußerung von einem zähen Ringen um Zugeständnisse der jeweils anderen Seite gekennzeichnet. Ebenfalls unzutreffend sei die Annahme des Verwaltungsgerichts, sie habe auf dem 16 Markt für ehemals militärisch genutzte Grundstücke quasi eine Monopolstellung inne und dementsprechend keine Mitbewerber zu befürchten. Einen solchen Markt gebe es schon insofern nicht, als es kaum einem Interessenten darauf ankomme, gerade ein ehemals militärisch genutztes Grundstück zu erwerben. Vielmehr stehe für etwaige Interessenten im Vordergrund, ob es sich für bestimmte Vorhaben eigne. Dementsprechend könne ein Interessent häufig zwischen mehreren Grundstücken unterschiedlicher Anbieter wählen. Hinzu komme, dass bei vielen Interessenten eine Seite 4 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html gewisse Zurückhaltung bestehe, ein ehemals militärisch genutztes Grundstück zu erwerben. Diese Zurückhaltung finde ihren Grund u.a. in der Sorge um mögliche Altlasten sowie darin, dass gerade bei im Außenbereich gelegenen Flächen bauplanungsrechtlich bedingte Nutzungseinschränkungen bestünden. In diesem Zusammenhang bedürfe insbesondere die von ihr, der Beklagten, entwickelte und im Einzelfall fortzuentwickelnde Strategie, die Entscheidung eines Interessenten für ihr Angebot zu fördern, des Schutzes. Das Verwaltungsgericht habe § 3 Nr. 6 IFG unter Berufung auf einen nicht näher       17 erläuterten Grundsatz, wonach die Ausnahmegründe des § 3 IFG eng auszulegen seien, zu Unrecht überaus restriktiv ausgelegt. Das Ergebnis der Auslegung widerspreche sowohl dem Wortlaut als auch der Entstehungsgeschichte des § 3 Nr. 6 IFG. Der Wortlaut sei in doppelter Hinsicht weit gefasst: Zum einen folge aus den Worten "geeignet wäre", dass die Vorschrift keine konkrete Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen des Bundes voraussetze; die Eignung, eine entsprechende Beeinträchtigung herbeizuführen, sei ausreichend. Und zum anderen stehe § 3 Nr. 6 IFG ebenso wie die übrigen Ausschlussgründe des § 3 IFG nicht unter einem Abwägungsvorbehalt. Daraus folge, dass bereits eine (vermeintlich) geringfügige Beeinträchtigung des geschützten Interesses den Informationszugang ausschließe. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht der Sache nach den Nachweis einer tatsächlichen bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehenden Beeinträchtigung sowie eine Beeinträchtigung von "hinreichendem Gewicht" gefordert. Der im Wortlaut der Norm angelegte weite Anwendungsbereich des § 3 Nr. 6 IFG         18 werde durch die Gesetzesbegründung bestätigt. Diese lasse erkennen, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen sei, dass es sich bei der Veräußerung von Grundstücken um einen typischen Anwendungsfall des § 3 Nr. 6 IFG handele. Die fiskalischen Interessen des Bundes, die einem Informationszugang entgegenstünden, ergäben sich danach schon daraus, dass der Bund auf einer Ebene privatrechtlicher Gleichordnung agiere und seine wirtschaftlichen Informationen bereits aus diesem Grund des gleichen Schutzes wie die der anderen Marktakteure bedürften. Dem entsprechend bedürfe das durch § 3 Nr. 6 IFG geschützte Vertraulichkeitsinteresse keiner weiteren Begründung. Der erwerbswirtschaftliche Charakter ihrer Tätigkeit löse unmittelbar den Schutz des § 3 Nr. 6 IFG aus. Das Bekanntwerden der im streitgegenständlichen Verkaufsvorgang enthaltenen          19 Informationen wäre weit über den betroffenen Einzelfall hinaus geeignet, die fiskalischen Interessen des Bundes zu beeinträchtigen: Zwar sei der Verkauf des Grundstücks, auf den sich die streitgegenständliche Verkaufsakte beziehe, inzwischen abgeschlossen. Es drohe jedoch die Beeinträchtigung zukünftiger Verkaufsvorhaben. Sie, die Beklagte, schließe pro Jahr etwa 2.500 Kaufverträge über Grundstücke aller Art ab, wobei der Schwerpunkt auf der Vermarktung ehemals militärisch genutzter Flächen liege. In ihrem Besitz befänden sich zahlreiche ähnliche Grundstücke, die mit ähnlicher Verhandlungsstrategie und ähnlichen Preisvorstellungen veräußert würden. Insbesondere in Bezug auf diese Grundstücke sei der begehrte Informationszugang geeignet, ihre Veräußerungstätigkeit zu behindern. Mit dem Kläger könnten auch Interessenten für andere vergleichbare Grundstücke Einblick in die Verkaufsakten nehmen. Aus diesen Akten ergäben sich ihr grundsätzlicher Verhandlungsansatz, ihre konkrete Vorgehensweise, ihre internen Bewertungen der Handlungssituation, ihre Ertragserwartungen sowie die jeweiligen Vertragskonditionen, insbesondere Seite 5 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html inwieweit sie ihrem Vertragspartner entgegengekommen sei. Auch sei aus den Verkaufsakten in Bezug auf potentielle Geschäftspartner ersichtlich, wer an welchem Grundstück interessiert gewesen sei, welchen Nutzungszweck er im Auge gehabt und welche geschäftliche Strategie er verfolgt habe. Des weiteren enthielten die Verkaufsakten Angaben zur finanziellen Leistungsfähigkeit potentieller Geschäftspartner sowie deren Einschätzung durch sie, die Beklagte. Mittels dieser Informationen könnten potentielle Geschäftspartner Rückschlüsse auf ihr Verhandlungs- und Verkaufsverhalten ziehen und sich so einen Informationsvorsprung im Bieterwettbewerb verschaffen. Außerdem verlöre sie bei einem ungehinderten Zugang zu ihren Verkaufsakten            20 nachhaltig an Attraktivität als Geschäftspartner, weil stets damit zu rechnen wäre, dass vertraulich zu behandelnde Informationen, darunter Geschäftsmodelle, geschäftliche und finanzielle Verhältnisse sowie geschäftliche Planungen gegen den Willen des Betroffenen öffentlich würden. Davon, dass aus diesem Grund potentielle Geschäftspartner Abstand von Geschäften mit ihr, der Beklagten, nehmen könnten, sei auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Das besondere Interesse an der Vertraulichkeit von Beratungen sei in der Rechtsprechung des erkennenden Senats anerkannt (Urteil vom 2. November 2010 - 8 A 475/10). Ein weiterer, von der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung mit ihr, der Beklagten, abschreckender Aspekt ergebe sich daraus, dass ihre Vertragspartner - anders als bei anderen Immobilienhändlern - ernsthaft damit rechnen müssten, ihre Vertraulichkeitsinteressen in einem Verwaltungs- bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahren verteidigen zu müssen. Die Berufung des Klägers sei schon deswegen zurückzuweisen, weil der geltend          21 gemachte Informationszugang gemäß § 3 Nr. 6 IFG ausgeschlossen sei. Darüber hinaus sei das Verwaltungsgericht weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht in der Lage gewesen, die Sache spruchreif zu machen. In tatsächlicher Hinsicht übersehe der Kläger, dass in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht nur der Erwerber, sondern alle Personen und Unternehmen zu beteiligen seien, die sich an dem Veräußerungsvorgang aktenkundig beteiligt hätten. Aus rechtlicher Sicht sei es ihr, der Beklagten, ohne Durchführung des Verfahrens gemäß § 8 IFG nicht gestattet, diese Personen und Unternehmen dem Gericht zwecks Beiladung zu benennen, da schon in dieser Benennung die Offenbarung eines Geschäftsgeheimnisses liegen könne. Die Beklagte beantragt,                                                               22 das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. April 2011 unter Zurückweisung der          23 Berufung des Klägers abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,                                                                 24 das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. April 2011 unter Zurückweisung der          25 Berufung der Beklagten abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat, und die Beklagte zu verpflichten, ihm Einsicht in die Verkaufsakte "ehemalige Hawk-Stellung X.       " zu gewähren. Der Kläger begründet seine Berufung wie folgt: Sein Einsichtsbegehren beziehe         26 sich weder auf die Unterlagen, die bis zur Entscheidung, das Grundstück zu verkaufen, entstanden seien, noch auf Auszüge aus dem sog. Verkaufshandbuch. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO enthebe das Gericht nicht von seiner Verpflichtung, die Sache spruchreif zu machen. Hiervon dürfe das Gericht nur absehen, wenn ihm das Seite 6 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html materielle Recht eine eigene Entscheidung verwehre, indem es der zuständigen Behörde Ermessen bzw. einen der vollen gerichtlichen Überprüfung entzogenen Beurteilungsspielraum einräume. Beides sei hier nicht der Fall. Die Grundsätze zum "steckengebliebenen Genehmigungsverfahren", die die Verpflichtung zur Spruchreifmachung unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls entfallen ließen, seien auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da kein hochkomplexes Verwaltungsverfahren, sondern lediglich die Ermittlung im Raum stehe, ob seinem Anspruch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse eines Dritten entgegen stünden. Dazu sei lediglich eine schlichte Anhörung des Vertragspartners der Beklagten erforderlich. Dieser könne zu diesem Zweck im laufenden gerichtlichen Verfahren beigeladen werden. Jedenfalls aber hätte ihm, dem Kläger, nicht ein Teil der Kosten auferlegt werden dürfen. Dass die Sache noch nicht spruchreif sei, habe er nicht zu vertreten. Auch sei zu berücksichtigen, dass er keinen anderen Antrag als einen Verpflichtungsantrag habe stellen können; eine Bescheidungsklage sehe die Verwaltungsgerichtsordnung nicht vor. Die Berufung der Beklagten sei zurückzuweisen: § 3 Nr. 6 IFG diene nicht dem            27 Schutz der fiskalischen Interessen der Beklagten, sondern dem Schutz der fiskalischen Interessen des Bundes. Soweit die Beklagte mit ihren eigenen Interessen und Geschäftsgeheimnissen argumentiere, dürften diese schon deswegen nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, welche Interessen der Einsicht in einen inzwischen abgeschlossenen Veräußerungsvorgang entgegen stünden. Die Interessen des Erwerbers dürften in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden, da § 3 Nr. 6 IFG dessen Interessen nicht schütze. Darüber hinaus ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht auch         28 aus § 29 VwVfG. Zwar werde die Veräußerung von Grundstücken der Beklagten zivilrechtlich abgewickelt. Bei dem dem Vertragsschluss vorausgehenden Verfahren, das mit der Entscheidung ende, an wen die Beklagte veräußern wolle, handele es sich jedoch um ein Verwaltungsverfahren, auf das § 29 VwVfG Anwendung finde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der      29 Gerichtsakte (2 Bände) und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:                                                                    30 A. Die zugelassene und auch ansonsten zulässige Berufung des Beklagten hat              31 teilweise Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Einsicht in die Verkaufsakten der Beklagten (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). I. Ein Anspruch des Klägers auf Einsicht ergibt sich zwar nicht aus § 29 VwVfG. Die 32 Anwendung dieser Norm ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil der Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht eröffnet ist. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG findet das Verwaltungsverfahrensgesetz Anwendung auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Als öffentlich-rechtlich ist diejenige Tätigkeit der Behörden zu qualifizieren, die sich im weiteren Sinne als Ausführung von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts darstellt oder - bei Tätigkeiten ohne besondere gesetzliche Ermächtigung - Seite 7 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html jedenfalls ihre Grundlage im öffentlichen Recht hat und in den Formen des öffentlichen Rechts erfolgt. Nicht anwendbar ist das Verwaltungsverfahrensgesetz demnach dann, wenn eine Behörde privatrechtlich handelt. Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Auflage 2008, § 1 Rn. 6, 16; Schmitz, in:             33 Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 1 Rn. 112 Die Veräußerung von Grundstücken durch die Beklagte ist nicht als öffentlich-        34 rechtlich, sondern als privatrechtlich zu qualifizieren. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Senats gleichen Rubrums vom 19. Mai 2010 - 8 E 419/10 - verwiesen. II. Ein Anspruch des Klägers auf Einsicht in die näher bezeichneten Verkaufsakten    35 der Beklagten ergibt sich aber aus § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes - Informationsfreiheitsgesetz (IFG) - in dem sich aus den folgenden Ausführungen ergebenden beschränkten Umfang. 1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte als      36 bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BImAG) Behörde des Bundes i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ist und dass die streitgegenständlichen Verkaufsakten amtliche Informationen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 1 IFG beinhalten, so dass dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Informationszugang zusteht. Dass die Beklagte sich zur Erfüllung der ihr durch § 1 Abs. 1 Satz 5 BImAG übertragenen Aufgabe, nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern, privatrechtlicher Handlungsformen bedient, steht dem nicht entgegen. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2002 - 21 B 589/02 -, NWVBl. 2002, 441,         37 juris Rn. 7 (zu § 2 Abs. 1 IFG NRW); Scheel, in: Berger/Roth/Scheel, IFG, 2006, § 1 Rn. 75 ff.; Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 84 m.w.N. 2. § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG schränkt den Anspruch des Klägers auf Informationszugang in 38 dem aus den folgenden Ausführungen ersichtlichen Umfang ein. a) Nach dieser Norm besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das 39 Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. Diese Interessen sind geschützt, soweit staatliche Stellen wie ein privater Dritter mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt auftreten (aa). Die fiskalischen Interessen des Bundes sind darauf gerichtet, bei der Veräußerung von Grundstücken den höchstmöglichen Marktpreis zu erzielen (bb). § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG verlangt eine Prüfung in jedem Einzelfall, ob das Bekanntwerden von Informationen geeignet wäre, die fiskalischen Interessen des Bundes zu beeinträchtigen (cc); erforderlich ist eine Beeinträchtigung des Schutzguts von hinreichendem Gewicht (dd). Eine solche Beeinträchtigung muss hinreichend wahrscheinlich sein (ee). Die Frage, ob Informationszugang zu gewähren ist, hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seinen Absichten bezüglich der Verwendung bekannt gewordener Informationen ab (ff). aa) § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG soll die fiskalischen Interessen des Bundes nur vor         40 Beeinträchtigungen bewahren, soweit öffentliche Stellen wie ein privater Dritter mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt auftreten, wenn also öffentliche Stelle und Private sich auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstehen. Dies folgt aus der Wendung "im Wirtschaftsverkehr". Die Gesetzesbegründung hebt hervor, dass Seite 8 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html diese Wendung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eigens eingefügt wurde, um den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 6 IFG entsprechend zu beschränken. Vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 11, und BT-Drucks. 15/5606, S. 5.                        41 Der Begriff "Bund" in § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG umfasst - entgegen der Auffassung des     42 Klägers - alle von § 1 Abs. 1 IFG erfassten informationspflichtigen Stellen des Bundes einschließlich seiner Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts wie hier der Beklagten. Vgl. VG Hamburg, Urteil vom 24. Januar 2012 - 11 K 1996/10 -, juris Rn. 44.          43 bb) Die fiskalischen Interessen des Bundes werden - worauf auch die                  44 Gesetzesbegründung hinweist - maßgeblich durch das Haushaltsrecht bestimmt. Bei der Veräußerung von Grundstücken ist das fiskalische Interesse des Bundes darauf gerichtet, den höchstmöglichen Marktpreis zu erzielen, wie er z.B. in einem Bieterwettbewerb ermittelt wird. § 10 Abs. 1 Satz 2 BImAG sieht vor, dass die Veräußerung der der Beklagten           45 übertragenen Grundstücke den Anforderungen der §§ 63 und 64 BHO unterliegt. Gemäß Nr. 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 63 BHO, die gemäß § 8 der Satzung der Beklagten für die Veräußerung von Grundstücken durch die Beklagte unmittelbar gelten, wird der volle Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Gegenstands bei einer Veräußerung zu erzielen ist; dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen - abgesehen von ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen - zu berücksichtigen. Gemäß § 64 Abs. 3 BHO ist für die Veräußerung von Grundstücken eine Wertermittlung aufzustellen. Diese richtet sich gemäß Nr. 7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 64 BHO nach den Wertermittlungsrichtlinien in der jeweils geltenden Fassung. Der so ermittelte Wert stellt verwaltungsintern den Maßstab für den "vollen Wert" i.S.d. § 63 Abs. 3 Satz 1 BHO dar. Dieser verwaltungsinterne Maßstab ist allerdings nur die Grundlage für die Veräußerung von Grundstücken, weil der für den "vollen Wert" maßgebende Preis erst am Markt ermittelt werden muss. Vgl. Gatzer, in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 2. Auflage, Stand: Juli 2012, § 63    46 BHO Rn. 7 und § 64 BHO Rn. 8; Wernsmann, in: Gröpl, BHO/LHO, 2011, § 63 Rn. 6 und § 64 Rn. 14. cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten schließt § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG den             47 Informationszugang nicht schon dann aus, wenn die öffentliche Stelle - wie hier die Beklagte - erwerbswirtschaftlich tätig ist oder sie mit anderen Marktakteuren auf einer Ebene privatrechtlicher Gleichordnung agiert. Dies würde weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit der Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes in Einklang stehen. Der Wortlaut des § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG knüpft weder an die Ausübung einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit noch an ein Handeln auf der Ebene privatrechtlicher Gleichordnung an. Vielmehr macht § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG den Ausschluss des Informationszugangs ausdrücklich davon abhängig, dass das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen ("wenn"). Dies kann nicht in Anknüpfung an die von der Beklagten genannten Kriterien (erwerbswirtschaftliche Betätigung; privatrechtliche Gleichordnung) pauschal unterstellt werden, sondern bedarf der näheren Prüfung im jeweiligen Einzelfall. Die Argumentation der Beklagten liefe jedenfalls für den Bereich der Beschaffung, der Verwaltung und der Veräußerung von Grundstücken Seite 9 von 22
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/8_A_1172_11_Urteil_20130319.html durch die Beklagte der Sache nach auf eine Bereichsausnahme hinaus. Eine solche hat der Gesetzgeber mit § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG ebenso wenig normiert wie - mit Ausnahme des § 3 Nr. 8 IFG - mit den übrigen Tatbeständen des § 3 IFG. Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, juris Rn. 41 (zu § 3 Nr. 1 48 e IFG), sowie vom 24. Mai 2011 - 7 C 6.10 -, NVwZ 2011, 1012, juris Rn. 13 (zu § 3 Nr. 1 d IFG); allgemein: OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 8 A 2593/10 -, NWVBl. 2012, 222, juris Rn. 69; Hessischer VGH, Beschluss vom 2. März 2010 - 6 A 1684/08 -, NVwZ 2010, 1036, juris Rn. 15; Jastrow/Schlatmann, IFG, 2006, § 3 Rn. 5; Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, § 3 Rn. 1 f.; Schoch, IFG, 2009, Vorb. §§ 3 bis 6 Rn. 34 ff. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Zwar heißt es       49 dort, das fiskalische Interesse sei dadurch gekennzeichnet, dass der Staat wie ein Dritter als Marktteilnehmer am Wirtschaftsleben teilnehme und seine wirtschaftlichen Informationen ebenso schutzwürdig wie diejenigen von Privaten seien. Eine Pflicht zur Offenbarung von Informationen sei nicht gerechtfertigt, wenn sich Käufer und Verkäufer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstünden. Vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 11.                                                      50 Diese Ausführungen benennen nicht die Voraussetzungen für den Ausschluss des         51 Informationszugangs, sondern dienen lediglich der Erläuterung des Schutzzwecks des § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG. Dasselbe gilt für die von der Beklagten hervorgehobene Erwähnung der Veräußerung von Liegenschaften in der Gesetzesbegründung. Diese Art von Geschäften wird neben anderen wie z.B. Bankgeschäften oder Beschaffungsmaßnahmen lediglich beispielhaft erwähnt, vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 11, und BT-Drucks. 15/5606, S. 5,                        52 um näher zu erläutern, welche Geschäfte bei Vorliegen der in § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG    53 bestimmten Voraussetzungen von dieser Norm erfasst werden. Zudem heißt es dort ausdrücklich, dass fiskalische Interessen des Bundes bei der Veräußerung von Grundstücken durch eine Offenlegung von Informationen beeinträchtigt werden "können" und nicht, dass diese Interessen beeinträchtigt "werden". dd) Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass § 3 Nr. 6       54 Alt. 1 IFG eine Beeinträchtigung des Schutzguts von hinreichendem Gewicht erfordert. Zwar verhält sich weder diese Norm noch die Gesetzesbegründung zum geforderten Maß und zur Intensität der zu besorgenden Beeinträchtigung. Dass die Beeinträchtigung von gewissem Gewicht sein muss, folgt - ebenso wie bei § 3 Nr. 1 IFG - vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 -, juris Rn. 39 (zu    55 § 3 Nr. 1 e IFG) aus dem Gebot einer engen Auslegung der Ausnahmetatbestände des § 3 IFG.             56 Zu diesem Gebot vgl. BT-Drucks. 15/4493, S. 9; BVerwG, Beschluss vom                 57 9. November 2010 - 7 B 43.10 -, NVwZ 2011, 235, juris Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 8 A 2593/10 -, NWVBl. 2012, 222, juris Rn. 112; Scherzberg/Solka, in: Fluck/Theuer, IFG/UIG/ VIG/IWG, Stand: Oktober 2012, § 3 IFG Rn. 57; Schoch, IFG, 2009, Vorb. § 3 bis 6 Rn. 34 ff. Seite 10 von 22
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