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Aktenzeichen
18 E 12.6083
Datum
7. Januar 2013
Gericht
Bayerisches Verwaltungsgericht München
Gesetz
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch
Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch

Beschluss: Bayerisches Verwaltungsgericht München am 7. Januar 2013

18 E 12.6083

Das Gericht lehnte einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, einer Behörde das Einstellen des Ergebnisses einer amtlichen Kontrolle des Cafébetriebs des Antragstellers auf einer Internetseite zu untersagen, ab. Aufgrund der bereits erfolgten Veröffentlichung des Ergebnisses fehle es am Rechtsschutzbedürfnis. Die Beseitigung der bereits veröffentlichten Information wurde nicht beantragt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Prozessuales Veröffentlichung von Informationen

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--- kein Dokumenttitel vorhanden --- Antrag auf Untersagung einer bereits erfolgten Veröffentlichung VG München 18. Kammer, Beschluss vom 07.01.2013, M 18 E 12.6083 § 123 VwGO, § 40 Abs 1a LFGB

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,-- festgesetzt.

Gründe

I.

1 Die Antragstellerin betreibt ein Cafe im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.

2 Am .... Oktober 2012 führte der Antragsgegner, vertreten durch das Landratsamt ..., Fachbereich Lebensmittel/..., in der Gaststätte der Antragstellerin eine Kontrolle durch, bei der dreißig mittelgradige Mängel im Bereich der Betriebshygiene (u. a. Verschmutzungen, beschädigte Dichtung der Kühleinrichtung, Beschädigungen des Fußbodens, Beschädigungen des Wandanstrichs, Rauchen von Mitarbeitern im Getränkelager, Verunreinigung der Schnapsspender sowie der Kaffee- und Smoothiemaschine) festgestellt und fotografisch festgehalten wurden. Die weitere Benutzung der Kaffeemaschine wurde bis zur gründlichen Reinigung untersagt. Bereits bei einer Kontrolle am .... August 2012 waren erhebliche Mängel festgestellt worden, die ausweislich der Kontrolle vom .... Oktober 2012 im Schankbereich sowie im Getränkelager nur geringfügig bzw. nicht abgestellt worden waren.

3 Mit Schreiben vom .... Oktober 2012 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin eine Auflistung der festgestellten Mängel entsprechend seinem Bericht über die Betriebskontrolle. Gleichzeitig teilte der Antragsgegner mit, dass aufgrund der vorgefundenen Mängel ein Bußgeld von mindestens EUR 350,-- zu erwarten sei und deshalb beabsichtigt sei, folgende Angaben im Internet zu veröffentlichen:

4 Behörde: Landratsamt ... 5 Einstelldatum: (betreffendes Eintragsdatum) 6 Produkt: Gaststätte

7 Beanstandung: bauliche Mängel; Mängel bei der Betriebshygiene/ Reinigungsmängel Seite 1 von 5

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8 Betrieb: (Betrieb der Antragstellerin)

9 Grund der Beanstandung: Verunreinigungen im Produktionsbereich/ Schankraum; Verunreinigungen im Bereich des Getränkelagers und der Kühlräume; Mängel in der Instandhaltung der Betriebsräume.

10 Art des Verstoßes: Sonstiger Verstoß

11 Der Antragsgegner gab der Antragstellerin bis .... Oktober (gemeint wohl: November) 2012 Gelegenheit, sich zu den Beanstandungen und zur beabsichtigten Veröffentlichung zu äußern.

12 Nachdem sich die Antragstellerin bis dahin nicht geäußert hatte, kündigte der Antragsgegner mit Schreiben vom .... November 2012, der Antragstellerin zugestellt am .... November 2012, an, die vorgesehene Veröffentlichung frühestens ab dem .... November 2012 im Internet vorzunehmen. Die Veröffentlichung erfolge erst nach Ablauf einer Wartefrist von fünf Tagen ab Zustellung des Schreibens, um der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, im Wege einstweiligen Rechtsschutzes eine Veröffentlichung zu verhindern. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass jede Behebung eines der festgestellten Mängel ebenfalls veröffentlicht werde.

13 Am .... November 2012 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin dem Antragsgegner unter Vorlage einer Vollmacht in einem Faxschreiben mit, dass er beauftragt worden sei, gegen den Bescheid vom .... November 2012 Rechtsmittel einzulegen. Die festgestellten Mängel der Betriebshygiene seien beseitigt worden und es werde um eine Nachkontrolle gebeten. Mit Schreiben vom .... November 2012 bat der Antragsgegner um eine Auflistung der Zeitpunkte der Beseitigung der einzelnen Mängel und wies darauf hin, dass amtliche Kontrollen unangekündigt zu erfolgen hätten.

14 Am .... November 2012 wurde das Ergebnis der Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin vom .... Oktober 2012 wie angekündigt auf der Homepage des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in der "Liste der Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht nach § 40 Abs. 1a LFGB" veröffentlicht.

15 Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2012 wandte sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin an das Bayerische Verwaltungsgericht München und beantragte:

16 Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, in dem Internetauftritt des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit unter http://www.lgl.bayern.de das Ergebnis der amtlichen Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin vom .... Oktober 2012 zu veröffentlichen.

17 Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, bei der Kontrolle am .... Oktober 2012 seien zwar diverse Mängel in der Betriebshygiene, jedoch keine konkrete Beeinträchtigung eines Lebensmittels festgestellt worden. Der Antragsgegner habe in seinem Schreiben vom .... November 2012 mitgeteilt, dass keine Bereitschaft für eine Nachkontrolle bestehe. In der Veröffentlichung sei kein Hinweis darauf enthalten, dass die Mängel behoben worden seien. Die Veröffentlichung habe negative Konsequenzen und solle die Antragstellerin im Internet "an den Pranger" stellen. Entsprechend der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. November 2012 ermächtige § 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) die Behörden nicht, die Öffentlichkeit über Mängel bei der Hygiene in Gaststätten zu informieren, sondern die Behörden würden nur zur Herausgabe einer sog. Produktwarnung ermächtigt, also zur Information über ein konkretes

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Lebensmittel, das unter Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften hergestellt oder gehandelt worden sei oder in den Verkehr gelangt sei. Angesichts dieser erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geplanten Veröffentlichung überwiege das Interesse des Gaststättenbetreibers, hiervon vorläufig verschont zu bleiben. Dies gelte umso mehr, als in der Zwischenzeit die Einhaltung der Hygienevorschriften in dieser Gaststätte sichergestellt sei, eine Veröffentlichung deshalb zum Schutz der Verbraucher nicht unerlässlich sei.

18 Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2012,

19 den Antrag abzulehnen.

20 Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die Antragstellerin habe auf die Ankündigungen der Veröffentlichung in den Schreiben vom .... Oktober 2012 und vom .... November 2012 nicht hinsichtlich der beabsichtigten Veröffentlichung reagiert, auch nicht mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom .... November 2012. Daher sei am .... November 2012 die Veröffentlichung wie angekündigt erfolgt. Es sei unrichtig, dass eine Nachkontrolle grundsätzlich verweigert worden sei. Zutreffend sei, dass vor der Durchführung einer Nachkontrolle eine Aufstellung der abgestellten Mängel gefordert worden sei, da bei der streitgegenständlichen Kontrolle Mängel teilweise zum wiederholten Mal festgestellt worden seien und eine Nachkontrolle nur dann Sinn mache, wenn dezidiert feststehe, dass die Mängel auch tatsächlich beseitigt worden seien; hierfür sei die pauschale Behauptung der Mängelbeseitigung nicht ausreichend gewesen.

21 Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insbesondere sei auch nicht zu erkennen, ob bzw. mit welchem Rechtsmittel die Antragstellerin nach Erlass einer einstweiligen Anordnung, der nur ein einstweiliger Charakter zukomme, in der Hauptsache gegen die Veröffentlichung vorgehen wolle.

22 Zunächst setze ein Anordnungsgrund Eilbedürftigkeit voraus. Eine solche sei in der Antragsschrift nicht glaubhaft gemacht worden. Eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Individualanspruchs diene der Sicherung des status quo. Daher seien im Rahmen einer solchen nur bestandsschützende Maßnahmen möglich. Dies könne im vorliegenden Fall jedoch nicht mehr erreicht werden, da die Veröffentlichung der Daten bereits erfolgt sei. Die Veröffentlichung des Ergebnisses der amtlichen Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin vom .... Oktober 2012, deren Untersagung die Antragstellerin beantrage, sei bereits erfolgt.

23 Zudem seien bei der Kontrolle am .... Oktober 2012 teils erhebliche Hygienemängel festgestellt worden. Diese seien teils auch durchaus produktbezogen. So wirkten sich z. B. die Verunreinigungen der Schankanlage unmittelbar auf die daraus abgefüllten Getränke aus. Das gleiche gelte für die mit alten Rückständen und Staubablagerungen verunreinigten Schnapsspender.

24 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

25 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, dem Antragsgegner zu untersagen, das Ergebnis der amtlichen Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin vom .... Oktober 2012 im Internetauftritt des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu untersagen, ist unzulässig.

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26 Für eine derartige einstweilige Anordnung fehlt angesichts der bereits erfolgten Veröffentlichung des Ergebnisses der amtlichen Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin vom .... Oktober 2012 im Internetauftritt des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit das Rechtsschutzbedürfnis.

27 Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat in seiner Antragsschrift vom .... Dezember 2012 die Untersagung der Veröffentlichung des Ergebnisses der Betriebskontrolle vom .... Oktober 2012 beantragt. Das aus diesem Antrag und aus den Gesamtumständen, insbesondere aus dem Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. November 2012, die die Verhinderung einer geplanten Veröffentlichung betrifft, erkennbare Begehren der Antragstellerin ist im Sinne eines reinen Untersagungsbegehrens darauf gerichtet, den Antragsgegner zu verpflichten, künftig Veröffentlichungen des Ergebnisses der Betriebskontrolle vom .... Oktober 2012 zu unterlassen, nicht jedoch auch darauf, bereits realisierte Veröffentlichungen rückgängig zu machen. Denn dies beinhaltet mehr als ein reines Unterlassen, zu dem der Antragsgegner durch eine Untersagungsverfügung verpflichtet werden könnte. Vielmehr wäre dazu auch eine Beseitigung der bereits erfolgten Veröffentlichung erforderlich. Dass eine solche ebenfalls begehrt wird, ist dem eindeutig formulierten Antrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerin nicht zu entnehmen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2012 unmissverständlich lediglich die Untersagung der Veröffentlichung des Ergebnisses der Betriebskontrolle vom .... Oktober 2012 beantragt. Er hat diesen Antrag auch nicht verändert bzw. klarstellend erweitert, nachdem der Antragsgegner mit Schriftsatz vom .... Dezember 2012 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass das Kontrollergebnis bereits veröffentlich sei und das Ziel seines lediglich auf Sicherung des Zustands vor der Veröffentlichung gerichteten Antrags nicht mehr erreicht werden könne. Daher ist aufgrund der Gesamtumstände gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage 2011, RdNr. 1 zu § 88 VwGO) davon auszugehen, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bewusst nur die Untersagung der Veröffentlichung im Sinne eines lediglich künftigen Unterlassens begehrt und dementsprechend beantragt hat. Über einen solchen bewussten Antrag des anwaltlichen und damit rechtskundigen Vertreters der Antragstellerin darf sich das Gericht nicht durch Auslegung hinwegsetzen (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, RdNr. 8 zu § 88). Die Antragstellerin muss sich den eindeutigen und auch nach der Antragserwiderung aufrechterhaltenen Antrag ihres Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen.

28 Für das rein auf ein künftiges Unterlassen gerichtete Begehren, dem Antragsgegner zu untersagen, in dem Internetauftritt des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit das Ergebnis der amtlichen Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin vom .... Oktober 2012 zu veröffentlichen, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die am .... November 2012 vom Beklagten veranlasste Veröffentlichung des Ergebnisses der Betriebskontrolle vom .... Oktober 2012 würde durch eine diesem Begehren entsprechende gerichtliche Entscheidung nicht wieder aufgehoben, so dass die gerichtliche Entscheidung für die Antragstellerin insofern nicht von Nutzen wäre. Und für eine künftige, erneute Veröffentlichung des Ergebnisses der Betriebskontrolle vom .... Oktober 2012 auf der Internetseite des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wurden keinerlei Anhaltspunkte glaubhaft gemacht, so dass kein derzeit kein Bedürfnis für eine gerichtliche Untersagung derselben besteht.

29 Das Gericht ist sich bei dieser Entscheidung bewusst, dass es im Rahmen einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 938 der Zivilprozessordnung (ZPO) insoweit nicht an den Antrag gebunden ist, als es in seiner Entscheidung auch eine andere als die beantragte Regelung treffen darf. Es darf Seite 4 von 5

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jedoch auch im Rahmen des § 123 VwGO gemäß § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO nicht über das erkennbare Begehren der Antragstellerin hinausgehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage 2011, RdNr. 4 zu § 122). Dementsprechend war der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses abzulehnen.

30 Im Übrigen wird auf die Entscheidungen der Kammer in den Verfahren M 18 E 12.5736, M 18 E 12.5824, M 18 E 12.4722, M 18 E 12.5736 und M 18 E 12.4654 hingewiesen.

31 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

32 Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs. Seite 5 von 5