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Aktenzeichen
9 K 445/10
Datum
24. Oktober 2012
Gericht
Verwaltungsgericht Potsdam
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Potsdam am 24. Oktober 2012

9 K 445/10

Das Gericht beschäftigt sich mit dem Informationszugang zu Vergütungsvereinbarungen zwischen Trägern sozialer Einrichtungen und dem örtlichen Sozialhilfeträger. Die Vorschriften des SGB I und SGB X stellen keine dem AIG vorgehenden bereichsspezifischen Regelungen für einen unbestimmten Personenkreis dar. Maßstab für die Prüfung von Ablehnungsgründen ist, ob deren Vorliegen von der Behörde plausibel dargelegt wird, d.h. einleuchtend und nachvollziehbar; das Behaupten des Vorliegens eines Geheimhaltungsgrundes genügt allein nicht, es sind Tatsachen darzulegen. Eingetragene Vereine können Unternehmen im Sinne des AIG sein; auch als solche organisierte Träger sozialer Einrichtungen befinden sich im wirtschaftlichen Wettbewerb und bedürfen des Geheimhaltungsschutzes. Die Einholung der Zustimmung kann nicht mit der Begründung eines hohen Arbeitsaufwandes abgelehnt/unterlassen werden. Das Sozialgeheimnis begründet keinen absoluten Versagungsgrund. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Durchführung des Antragsverfahrens Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit Konkurrierende Rechtsvorschriften Ablehnungsbegründung Bestimmtheit des Antrags

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VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VG 9 K 445/10 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam am 24. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Kaufhold, die Richterin am Verwaltungsgericht Stüker-Fenski, den Richter am Verwaltungsgericht Weißmann, die ehrenamtliche Richterin Zeuge und den ehrenamtlichen Richter Witte für R e c h t erkannt: Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 17. November 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2010 verpflichtet,
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-2- den Antrag der Klägerin vom 7. September 2009 auf Gewährung von Akteneinsicht in von dem Beklagten mit Trägern sozialer Einrichtungen abgeschlossene Vergütungsvereinbarungen im Sinne des § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Tatbestand: Die Beteiligten streiten um Akteneinsicht in von dem Beklagten mit Trägern sozialer Einrichtungen abgeschlossene Vergütungsvereinbarungen im Sinne § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Die Klägerin, die selbst Trägerin sozialer Einrichtungen für behinderte Menschen im Sinne des SGB XII ist, beantragte bereits im Jahr 2006 bei dem Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg – Landesamt – Akteneinsicht in Verwaltungsvorgänge, aus denen sich die Berechnungsgrundlagen für die vergleichbaren Entgelte für Einrichtungen im Sinne des § 75 Abs. 3 SGB XII ergeben.     Der    Antrag    wurde    mit    der   Begründung     abgelehnt,    dem Akteneinsichtsbegehren     stünden    schutzwürdige    Interessen   der  betroffenen Unternehmen entgegen. Der hiergegen erhobene Widerspruch hatte ebenso wenig Erfolg wie die hierauf erhobene Klage der Klägerin gegen das Landesamt vor dem Verwaltungsgericht Cottbus (VG 3 K 1050/09) und der Antrag auf Zulassung der -3-
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-3- Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG 12 N 37.11). Zur Begründung       wurde    übereinstimmend      darauf   abgestellt,  dass   sich   die streitgegenständlichen Akten in Folge eines Zuständigkeitswechsels nicht mehr bei dem Landesamt befänden, weil dieses seit dem 1. Januar 2007 gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII vom 6. Dezember 2006 (GVBl. I Seite 166) nicht mehr als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für den Abschluss von Entgeltsatzvereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zuständig sei, sondern die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe. Die bei dem Landesamt vorhandenen Akten seien daher aufgelöst und an die jeweiligen    Kreise   bzw.   kreisfreien    Städte   übermittelt   worden.  In  dem Widerspruchsbescheid des Landesamtes hieß es überdies, nach dem Übergang der Zuständigkeit sei der Aktenbestand an die Serviceeinheit für das Entgeltwesen beim Landkreis Spree-Neiße übermittelt worden. Vor diesem Hintergrund stellte die Klägerin unter dem 7. September 2009 auch bei dem Landkreis Spree-Neiße einen Antrag auf Akteneinsicht in diejenigen Verwaltungsvorgänge, aus denen sich die Berechnungsgrundlagen für die vergleichbaren Entgelte für Einrichtungen im Sinne des § 75 Abs. 3 SGB XII ergeben; hilfsweise beantragte sie Beratung bzw. Unterstützung hinsichtlich des Akteneinsichtsanspruchs. Diesen Antrag leitete der Landrat des Landkreises Spree- Neiße – Serviceeinheit Entgeltwesen – an den Beklagten als örtlichen Träger der Sozialhilfe weiter. Hierüber unterrichtete er die Klägerin mit Schreiben vom 7. Oktober 2009, in dem er darauf hinwies, dass er seit dem 1. Januar 2007 im Auftrag von 17 Gebietskörperschaften des Landes Brandenburg auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nach § 23 Abs. 2 Satz 2 GKG zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB XII vom 17. Januar 2007 – öffentlich- rechtliche Vereinbarung – (ABl. 2007, 891) tätig sei, Vertragspartner allerdings ausschließlich die örtlichen Sozialhilfeträger blieben. Der Anspruch auf Akteneinsicht sei somit bei diesen geltend zu machen, weshalb das Begehren an den Landkreis Oberhavel übergeben worden sei. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 unterrichtete auch der Beklagte die Klägerin hierüber, verbunden mit der Aufforderung darzulegen, aus welchen genauen Gründen und in welche Vorgänge Akteneinsicht begehrt werde. Da nicht beurteilt werden könne, ob ein berechtigtes Interesse vorliege, solle die Klägerin die genauen Umstände darlegen, die ein entsprechendes Interesse -4-
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-4- verdeutlichten. Daraufhin teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie sich auf das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) stütze. Ein berechtigtes Interesse müsse sie insoweit nicht geltend machen. Mit Bescheid vom 17. November 2009 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, dass er für die Bescheidung des Antrags zwar zuständig sei, weil der Landkreis Spree-Neiße – Serviceeinheit Entgeltwesen – die örtlichen Träger der Sozialhilfe lediglich unterstütze, jedoch nicht an deren Stelle träte. Der Antrag sei jedoch abzulehnen, weil die in Rede stehenden Akten geschützte unternehmensbezogene Daten enthielten. Es seien ausschließlich Vereinbarungen mit anderen Einrichtungen betroffen. Bei diesen Einrichtungen handle es sich um Geschäftsbetriebe, und es sei davon auszugehen, dass diese ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der den Vereinbarungen zugrundeliegenden Daten und Berechnungen hätten. Es könnten sich etwa Rückschlüsse auf Personalkosten, Personaldurchschnittsverdienste sowie auf Sachkosten ergeben, aus denen sich dann wiederum Rückschlüsse auf die interne Organisation der Unternehmen und deren Preiskalkulation treffen ließen. Eine Zustimmung der betroffenen Einrichtungen liege nicht vor und dürfte auch nicht zu erwarten sein. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2010, zugestellt am 19. Februar 2010, zurück. Mit der am 19. März erhobenen Klage wendet die Klägerin sich dagegen, dass der Beklagte     ihr   den    Versagungsgrund      der   unternehmensbezogenen        Daten entgegenhält. Soweit es sich bei den Vertragspartnern des Beklagten um eingetragene Vereine handle, greife dieser Versagungsgrund schon deshalb nicht, weil diese keine Unternehmen im Sinne des AIG seien und wohl auch keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen dürften. Im Übrigen trägt sie vor, es läge ihr fern, irgendwelche internen Kalkulationsgrundlagen anderer Träger zu erhalten. Vielmehr gehe es ihr nur um Informationen über mit anderen Trägern vereinbarte Entgelte,     weil   „diese   im     Rahmen      der   Wirtschaftlichkeitsprüfung   bei Entgeltsatzverhandlungen      über den     externen   Vergleich    von   entscheidender Bedeutung“ seien. Weiterhin führt sie an, dass diese Entgelte in Berlin für sämtliche stationären Einrichtungen und ambulanten Dienste auf der offiziellen Homepage veröffentlich    würden.     Sofern    die    Vergütungsvereinbarungen       geschützte -5-
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-5- unternehmensbezogene Daten enthielten, wolle sie die Entgelte ohne Angaben zu den entsprechenden Trägern bzw. Unternehmen erfahren. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte die betroffenen Einrichtungen überhaupt um Zustimmung zur Akteneinsicht gefragt habe. Die Klägerin beantragt wörtlich, den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2010 aufzuheben      und   ihr   Akteneinsicht     in    diejenigen Verwaltungsvorgänge zu gewähren, aus denen sich die Berechnungsgrundlagen für die vergleichbaren Entgelte für Einrichtungen im Sinne des § 75 Abs. 3 SGB XII ergeben, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, sie hinsichtlich der Akteneinsicht im Sinne des Hauptantrags zu beraten bzw. zu unterstützen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verteidigt die Ablehnung der Akteneinsicht. Auf das AIG könne sich die Klägerin schon deshalb nicht stützen, weil mit den Vorschriften des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs – SGB X – bereichsspezifische Datenschutzbestimmungen sowie Befugnisse zur Datenübermittlung für Sozialdaten und diesen gleichstehende Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorhanden seien. Soweit es der Klägerin um Einsicht in die von ihm mit Trägern sozialer Einrichtungen abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen gehe, stünden dem im Übrigen datenschutzrechtliche Gründe entgegen, und zwar auch dann, wenn Angaben zu den entsprechenden Unternehmen von dem geltend gemachten Anspruch ausgenommen würden. Es handle sich nämlich um nur 35 Vergütungsvereinbarungen mit 18 Trägern; bereits aus der den Vergütungsvereinbarungen jeweils zu entnehmenden Struktur der Träger könne auf diese geschlossen werden. Des Weiteren macht er geltend, dass -6-
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-6- die Bekanntgabe der in Rede stehenden Daten die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben als örtlicher Sozialhilfeträger erheblich erschweren dürfte, weil dadurch        seine     Verhandlungsposition        bezüglich     abzuschließender Vergütungsvereinbarungen geschwächt werde. Im Übrigen habe die Klägerin kein überwiegendes Offenbarungsinteresse dargelegt. Soweit die Klägerin ihm vorhalte, dass er die in Rede stehenden Unternehmen nicht um Zustimmung zur Akteneinsicht befragt habe, hält er dem entgegen, es sei ihm nicht zumutbar, sämtliche in seinem Bereich tätigen Träger, mit denen Entgeltvereinbarungen geschlossen worden seien, mit dem hier gegenständlichen Sachverhalt vertraut zu machen, zu erwartende Rückfragen zu beantworten und auf die Erteilung von Zustimmungen hinzuwirken. Dies übersteige den zumutbaren Aufwand, der für die Gewährung von Akteneinsicht betrieben werden müsse. Am 4. Mai 2012 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Nachdem die Sache vertagt worden ist, haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind. Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verfahrensakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung des Gerichts waren. Rechtliche Würdigung Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der in der Klageschrift angekündigte, oben wiedergegebene Antrag ist gemäß § 88 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahin aufzufassen, dass die Klägerin – wie von ihr in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2012 klargestellt – Einsicht in die von   dem     Beklagten  mit   Trägern    sozialer  Einrichtungen  abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen im Sinne § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII begehrt. Dem Umstand, dass die Formulierung in der Klageschrift möglicherweise auch dahingehend verstanden werden kann, dass sie sich (auch) auf bei dem Landrat des -7-
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-7- Landkreises Spree-Neiße – Serviceeinheit Entgeltwesen – geführte Unterlagen bezieht, misst die Kammer schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die Klägerin ihren Akteneinsichtsantrag ursprünglich gerade bei dieser Stelle gestellt hatte und zwar mit der Bitte, sie diesbezüglich zu beraten und zu unterstützen. Dieser Antrag wurde zuständigkeitshalber an den Beklagten, bei dem (nur) die in Rede stehenden Vergütungsvereinbarungen geführt werden, weitergegeben und von diesem auch beschieden, und zwar ohne dass er darauf abstellte, nicht zuständig bzw. nicht aktenführende Stelle zu sein. Angesichts dessen spricht nichts dagegen, den Antrag nur auf die bei dem Beklagten vorhandenen Vergütungsvereinbarungen zu beziehen. Die Grundsätze der Fairness und von Treu und Glauben legen dies vielmehr nahe. Da     Akteneinsichtsbegehren      nach   der     Rechtsprechung       der    Kammer verfahrensrechtlich auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet sind, ist der Antrag als Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft. Die Klage ist zulässig und zum Teil auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; ihr steht aber nur ein Anspruch auf Bescheidung ihres Antrags auf Gewährung von Akteneinsicht in die von   dem    Beklagten    mit  Trägern   sozialer   Einrichtungen   abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu (§ 113 Abs. 5 VwGO). Soweit der Beklagte der Klägerin entgegengehalten hat, bezüglich solcher Akten und Unterlagen, die beim Landkreis Spree-Neiße – Serviceeinheit Entgeltwesen – geführt werden, nicht passiv legitimiert zu sein, hat sich der Einwand infolge der diesbezüglichen Klarstellung der Klägerin erledigt. Bezüglich der allein streitigen Vergütungsvereinbarungen im Sinne § 75 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ist der Beklagte aktenführende Stelle. Die Klägerin kann sich auf § 1 AIG stützen. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach §§ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. Der Einwand des Beklagten, mit den Vorschriften des SGB X seien bereichsspezifische Datenschutzbestimmungen sowie Befugnisse zur -8-
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-8- Datenübermittlung vorhanden, die dem Rückgriff auf das AIG entgegenstünden, greift nicht. Weder die von dem Beklagten angeführten Bestimmungen (§§ 67 d bis 77 SGB X und § 35 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch – SGB I –) noch die allgemeine Bestimmung zur Auskunft über alle sozialen Angelegenheiten gemäß § 15 SGB I enthalten bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis. Der Akteneinsicht können jedoch Ablehnungsgründe entgegenstehen; die Sache ist insoweit nicht spruchreif. Soweit der Beklagte sich auf den Ablehnungstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG bezieht und geltend macht, durch die begehrte Akteneinsicht könne die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben erheblich erschwert werden, kann dies allerdings – jedenfalls nachdem die Klägerin klargestellt hat, dass es ihr nur um die Einsicht    in  die   abgeschlossenen      Vergütungsvereinbarungen      geht   –  nicht überzeugen. Maßstab für die Prüfung von Ablehnungsgründen ist, ob deren Vorliegen von der Behörde plausibel dargelegt wird. Zwar müssen die Angaben dabei nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ablehnungsgründen geprüft werden kann. Es genügt regelmäßig nicht, wenn lediglich das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes behauptet wird. Vielmehr müssen grundsätzlich Tatsachen dargelegt werden, die die Annahme des Geheimhaltungsgrundes rechtfertigen können; vgl. VG Berlin, Urteil vom 1. Juni 2012 - VG 2 K 177.11 -, Juris Rn. 31 m.w.N. Der Beklagte führt im Hinblick auf den Ablehnungstatbestand des § 4 Abs. 2 Nr. 4 AIG an, dass die Bekanntgabe der von der Klägerin begehrten Daten seine Verhandlungsposition erheblich schwächen würde, weil die Klägerin bei der nächsten Verhandlungsrunde        auf    die   bekanntgegebenen     Vergütungssätze       anderer Einrichtungsträger verweisen und eine entsprechende Vergütung verlangen könnte. Auf diese Weise könne die Klägerin davon befreit werden, selbst eine wirtschaftliche -9-
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-9- und sparsame Kalkulation vorzulegen, die unabhängig von der Vorgehensweise anderer Einrichtungsträger die Personal- und Sachausstattung sowie entsprechende Vergütung plausibel darstelle. § 75 SGB XII verpflichte ihn, den Beklagten, jedoch, Vereinbarungen nur mit solchen Trägern zu schließen, die die Leistung wirtschaftlich und sparsam erbringen könnten. Sei seine Verhandlungsposition infolge der Bekanntgabe der begehrten Daten erheblich geschwächt und müsse die Klägerin bei der nächsten Verhandlung eine in sich schlüssige Kalkulation nicht mehr vorlegen - könne sie sich vielmehr damit begnügen, auf die Vergütungssätze anderer Träger zu verweisen -, so sei die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgabe gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII erheblich erschwert. Ob diese Argumentation bereits durch den Umstand erschüttert   wird,   dass   in  Berlin  entsprechende      Vergütungsvereinbarungen behördlicherseits veröffentlicht werden, was dafür sprechen könnte, dass die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben hierdurch gerade nicht erheblich beeinträchtigt werden kann, kann dahinstehen. Fehl geht nämlich bereits die maßgebliche Prämisse des Beklagten, die Klägerin würde im Fall der Kenntnis der mit anderen Einrichtungsträgern abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen davon befreit, selbst eine wirtschaftliche und sparsame Kalkulation vorzulegen, die die Personal- und Sachausstattung sowie die entsprechende Vergütung plausibel darstellt. Der Beklagte weist selbst darauf hin, dass die nach § 75 Abs. 3 SGB XII abzuschließenden         Vergütungsvereinbarungen        den      Grundsätzen     der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen müssen. Um dies sicherstellen zu können, kann er nach Satz 3 der Bestimmung die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistung prüfen. Die insoweit maßgeblichen Daten der Kalkulation, etwa zur Personal- und Sachausstattung sowie zu den entsprechenden Kosten, sind aber nicht dem hier allein (noch) in Rede stehenden Vergütungsvereinbarungen, sondern den von den Einrichtungsträgern im Vorfeld des Abschlusses von Vergütungsvereinbarungen vorzulegenden Kalkulationsunterlagen zu entnehmen. Auf diese Unterlagen, die nach den Angaben des Beklagten nicht bei ihm, sondern beim Landrat des Landkreises Spree-Neiße geführt werden, bezieht sich die Klage jedoch nicht. Dass allein die Kenntnis der mit anderen Einrichtungsträgern vereinbarten Vergütungssätze die Aufgabenerfüllung des Beklagten erheblich beeinträchtigen würde, hat er jedenfalls nicht plausibel dargelegt. - 10 -
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- 10 - Einschlägig ist aber § 5 Abs. 1 AIG. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG ist der Antrag auf Akteneinsicht vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 abzulehnen, soweit dadurch ein Antragsteller oder ein Dritter von einer Tatsache Kenntnis erlangen würde, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist, zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb in Beziehung steht und die nach dem Willen des Unternehmens geheimzuhalten ist oder an deren Geheimhaltung das Unternehmen ein schutzwürdiges Interesse hat. Diese Voraussetzungen sind jedenfalls insoweit erfüllt, als die von dem Beklagten mit den jeweiligen Einrichtungsträgern abgeschlossenen       Vergütungsvereinbarungen       nur    einem     eng     begrenzten Personenkreis, nämlich den Vertragsparteien bzw. deren Vertretern, bekannt sind und zu dem Geschäftsbetrieb der Einrichtungsträger in Beziehung stehen. Soweit die Klägerin meint, der Versagungsgrund greife jedenfalls dann nicht, wenn es sich bei den Einrichtungsträgern um eingetragene Vereine handle, weil diese keine Unternehmen im Sinne des AIG darstellten und auch keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen dürften, geht dies fehl. Dabei kann dahinstehen, ob die bzw. einzelne der in Rede stehenden Einrichtungsträger überhaupt in dieser Rechtsform organisiert sind. Zwar darf der Zweck eines eingetragenen Vereins im Sinne von § 21 des     Bürgerlichen    Gesetzbuchs   (BGB)      nicht   auf    einen    wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein. Auf entsprechende wirtschaftliche Interessen stellt die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AIG aber auch nicht ab. Vielmehr ist lediglich von einem Geschäftsbetrieb und Unternehmen die Rede. Von einem Geschäftsbetrieb bzw. Unternehmen kann bei einem Einrichtungen im Sinne von § 75    SGB XII    betreibenden   Träger    indes   angesichts    der    Aufgaben     und Tätigkeitsstruktur ungeachtet dessen gesprochen werden, ob er wirtschaftliche Interessen im Sinne von § 21 BGB verfolgt. Im Übrigen widerspräche es Sinn und Zweck      des    Ablehnungsgrundes,       Trägern     sozialer    Einrichtungen      den Geheimhaltungsschutz zu versagen. Die Geheimhaltung unternehmensbezogener Daten dient dem Schutz der betroffenen Unternehmen im wirtschaftlichen Wettbewerb. Im wirtschaftlichen Wettbewerb befinden sich aber auch Träger sozialer Einrichtungen und zwar ungeachtet dessen, ob sie als nicht wirtschaftlicher Verein im Sinne von § 21 BGB organisiert sind. Auch primär nicht wirtschaftliche Interessen verfolgende bzw. gemeinnützige Einrichtungen betreibende Unternehmen müssen in der Regel mit anderen Betreibern konkurrieren und können hierbei ein Interesse - 11 -
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