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Aktenzeichen
7 C 7.12
Datum
2. August 2012
Gericht
Bundesverwaltungsgericht
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)

Urteil: Bundesverwaltungsgericht am 2. August 2012

7 C 7.12

Zwar gehört ein Ministerium im Rahmen seiner gesetzesvorbereitenden Tätigkeit nicht zu den informationspflichtigen Stellen nach dem Umweltinformationsgesetz; der Anwendungsbereich der entsprechenden Ausnahmevorschrift ist zeitlich aber durch den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens begrenzt. Der Ausnahmetatbestand zum Schutz von Beratungen verweist nicht auf eine anderweitig bestehende gesetzliche Vorschrift über die Vertraulichkeit. Eine Abwägung ist jedoch in jedem Einzelfall geboten. Das Bundesverwaltungsgericht bezieht sich auf die von ihm erbetene Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Hintergrund sind Entscheidungen der Vorinstanzen über eine Klage, in der es um Informationen des Bundesumweltministeriums über die Auslegung der Zuteilungsregel für Emissionsberechtigungen (Zuteilungsgesetz und Zuteilungsverordnung) geht. Die Revision ist insoweit erfolgreich, als die Urteile der Vorinstanzen geändert sowie der Bescheid des Bundesumweltministeriums aufgehoben und dieses verpflichtet wird, neu zu entscheiden. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Interessenabwägung Begriffsbestimmung Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess)

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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL BVerwG 7 C 7.12 OVG 12 B 24.07 Verkündet am 2. August 2012 Ende als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsstreitsache
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-2- hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß, Guttenberger, Brandt und Dr. Decker für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 8. Mai 2008 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. November 2006 geändert sowie der Bescheid des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit vom 7. April 2006 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 7. März 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen sowie die Revi- sion und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt ein Drittel, die Beklagte zwei Drittel der Kosten des Verfahrens.
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-3- Gründe: I 1 Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Zugang zu amtlichen Informationen über die Auslegung bestimmter Vorschriften des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungspe- riode 2005 - 2007 (Zuteilungsgesetz 2007 - ZuG 2007), die beim Bundesminis- terium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorhanden sind. 2 Die Klägerin, ein Unternehmen der Glasindustrie, bedarf nach dem Treibhaus- gas-Emissionshandelsgesetz für die Emission von Kohlendioxid Berechtigun- gen, die ihr auf der Grundlage des Zuteilungsgesetzes 2007 für den Zeitraum 2005 - 2007 durch das Umweltbundesamt (Deutsche Emissionshandelsstelle) kostenlos zugeteilt wurden. Gegen den Zuteilungsbescheid erhob sie Klage mit der Begründung, dass sie durch die anteilige Kürzung der Berechtigungen unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz benachteiligt werde. Während des Klage- verfahrens beantragte die Klägerin, gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), beim Bundesumweltministerium, ihr Zugang zu den dort vor- handenen amtlichen Informationen über die Auslegung der Zuteilungsregel des § 7 Abs. 12 i.V.m. § 11 ZuG 2007 durch das Ministerium sowie zur Anwendung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 auf Zuteilungen nach § 7 Abs. 12 i.V.m § 11 ZuG 2007 zu gewähren. Die Klägerin stellte dabei klar, ihr Antrag beziehe sich auf sämtliche einschlägigen Informationen seit dem 1. Januar 2004, insbesondere auf interne Vermerke und Stellungnahmen des Ministeriums sowie auf den Schriftverkehr des Ministeriums mit der Deutschen Emissionshandelsstelle ein- schließlich des E-Mail-Verkehrs. 3 Mit Bescheid vom 7. April 2006 lehnte das Bundesumweltministerium den An- trag ab. Dieser beziehe sich auf Umweltinformationen, so dass das Umwelt- informationsgesetz (UIG) einschlägig und das Informationsfreiheitsgesetz nicht anwendbar sei. Der Antrag betreffe zum Teil Informationen, die im Gesetzge- bungsverfahren angefallen seien; insoweit sei das Ministerium gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG keine informationspflichtige Stelle, weil es im Rahmen der Ge-
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-4- setzgebung tätig geworden sei. Andere Informationen stammten aus vertrauli- chen Beratungen. Ihre Offenlegung könnte nachteilige Auswirkungen auf die Effektivität der Beratungsvorgänge haben. Ein Zugang zu ihnen sei deshalb nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG ausgeschlossen. Im Weiteren handele es sich um interne Mitteilungen; der Zugang zu ihnen sei nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG ausgeschlossen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe dieser Informationen bestehe jeweils nicht. 4 Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet und die Klage im Übrigen abgewiesen. 5 Mit Urteil vom 8. Mai 2008 hat das Oberverwaltungsgericht der Berufung der Klägerin der Sache nach zum Teil stattgegeben und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Be- scheids hat es die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin unter Be- achtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Beru- fung sei unbegründet, soweit die Klägerin Zugang zu den das Gesetzgebungs- verfahren betreffenden amtlichen Informationen begehre. Insoweit sei das Mi- nisterium nicht informationspflichtige Stelle. Es werde mit seiner gesetzesvorbe- reitenden Tätigkeit, die mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ende, „im Rahmen der Gesetzgebung“ tätig; Gemeinschaftsrecht stehe diesem Verständnis nicht entgegen. Der Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift sei zeitlich nicht durch den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens begrenzt. Begründet sei die Berufung hinsichtlich der Informationen, die sich auf den Vollzug der gesetz- lichen Regelung bezögen. Dem grundsätzlich gegebenen Zugangsanspruch stünden Ablehnungsgründe nach § 8 UIG nicht entgegen. Auf den Schutz der Vertraulichkeit von Beratungen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG könne die Beklagte sich nicht berufen. Dieser Ablehnungsgrund sei nur gegeben, wenn im Einzelfall nachteilige Auswirkungen auf die Beratungsvorgänge zu besorgen seien. Das sei hier nicht dargetan, da die Bescheide über die Zuteilung der Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2005 - 2007 sämtlich erlas- sen seien und die vom Informationsanspruch erfassten Vorschriften für spätere Zuteilungsperioden nicht mehr gälten. Der Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG sei ebenso wenig einschlägig. Dabei könne dahinstehen, ob der An-
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-5- wendungsbereich der Vorschrift nur den innerbehördlichen Meinungsaustausch oder auch Mitteilungen zwischen selbstständigen Behörden im gleichen Ge- schäftsbereich betreffe. Denn die erforderliche Einzelfallabwägung falle zu Gunsten der Klägerin aus. Anhaltspunkte für ein beachtliches Geheimhaltungs- bedürfnis seien nicht dargetan. Demgegenüber habe ausweislich des Geset- zeszwecks das öffentliche Interesse am Zugang zu Umweltinformationen eine erhebliche Bedeutung. Dies sei hier deswegen von besonderem Gewicht, weil das Emissionshandelsrecht zum weltweiten Klimaschutz beitragen solle. Für den gesondert geltend gemachten „Sicherungsanspruch“ der Klägerin sei kein Raum. 6 Gegen das Urteil haben die Klägerin und die Beklagte die vom Oberverwal- tungsgericht zugelassene Revision eingelegt. 7 Die Klägerin hat zunächst geltend gemacht, dass die Rechtsansicht des Ober- verwaltungsgerichts, wonach das Ministerium nicht informationspflichtige Stelle sei, mit der Umweltinformationsrichtlinie nicht zu vereinbaren sei. Jedenfalls ende der Schutz einer gesetzesvorbereitenden Tätigkeit mit der Verkündung des Gesetzes. Auf den Schutz der Vertraulichkeit der Beratungen könne sich die Beklagte bereits deswegen nicht berufen, weil hierfür nach der Umwelt- informationsrichtlinie eine ausdrückliche Anordnung der Vertraulichkeit durch eine gesetzliche Vorschrift außerhalb des allgemeinen Umweltinformations- rechts erforderlich sei. 8 Die Beklagte hat zunächst vorgetragen, dass das Oberverwaltungsgericht § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG unzutreffend ausgelegt habe. Die Bekanntgabe der In- formationen habe stets nachteilige Auswirkungen auf die geschützte Vertrau- lichkeit der Beratungen. Zudem sei hierfür eine Prognose durch die Behörde erforderlich, die das Gericht nur einschränkend kontrollieren dürfe. Des Weite- ren werde der Schutz der Beratungen gesetzlich durch das Umweltinforma- tionsgesetz vorgesehen. Beim Schriftverkehr zwischen dem Ministerium und dem Umweltbundesamt handele es sich um interne Mitteilungen im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekannt- gabe könne die Klägerin nicht geltend machen.
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-6- 9  Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 30. April 2009 - BVerwG 7 C 17.08 - (NuR 2009, 481) das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr: Gerichtshof der Europäischen Union) um die Klärung verschiedener Fragen im Wege der Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EGV (jetzt: Art. 267 AEUV) gebeten. Er hat ausgeführt, dass auf der Grundlage allein des nationalen Rechts die Revision der Klägerin zurückzuwei- sen sei, soweit sie Zugang zu Informationen begehre, die im Ministerium im Gesetzgebungsverfahren für das Zuteilungsgesetz 2007 angefallen sind. Das Ministerium sei insoweit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG keine informationspflichtige Stelle; das gelte auch für die Zeit nach Abschluss des Gesetzgebungsverfah- rens. Die Berufung auf den Versagungsgrund der Vertraulichkeit der Beratun- gen scheitere nach nationalem Recht nicht daran, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG nicht auf anderweit bestehende gesetzliche Vorschriften verweise, die erst die Vertraulichkeit der Beratungen begründen müssten; solche Vorschriften sei- en nach dem nationalen Recht entbehrlich. Angesichts der hiernach gegebenen Entscheidungserheblichkeit hat der Senat um die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Umweltinformationsrichtlinie ersucht. 10 Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 14. Februar 2012 - Rs. C-204/09 - (NuR 2012, 183) über die Vorlage entschieden. Im Anschluss an diese Entscheidung trägt die Klägerin vor: Soweit sich die Beklagte, die hin- sichtlich sämtlicher begehrter Umweltinformationen eine informationspflichtige Stelle sei, auf den Ablehnungsgrund nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG berufe, habe das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass es an Anhaltspunkten für nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden fehle. Schon deswegen könne die Revision der Beklagten keinen Erfolg haben. 11 Im Rahmen der Neubescheidung könne sich die Beklagte auf diesen Ableh- nungsgrund nicht berufen. Die Anordnung der Vertraulichkeit der Beratungen könne zwar nach Unionsrecht im Umweltinformationsgesetz selbst erfolgen. Es fehle jedoch an der gebotenen klaren Bestimmung des Begriffs der Beratungen, die im Interesse der Transparenz im Umweltinformationsgesetz selbst enthalten sein müsse. Ein unbestimmter Rechtsbegriff könne den unionsrechtlichen An-
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-7- forderungen nicht genügen. Eine Bestimmbarkeit durch Auslegung nach syste- matischem Zusammenhang und Entstehungsgeschichte reiche nicht aus. Im Übrigen führe auch eine Auslegung nicht weiter. Die Gesetzesbegründung fas- se durch den Verweis auf eine vereinzelte Gerichtsentscheidung den Begriff zu weit, weil sie Beratungsvorgänge vom Beginn des Verwaltungsverfahrens bis zur Entscheidungsfindung vollständig und nicht die abschließenden Etappen des Entscheidungsprozesses erfasse. Der Begriff der Beratungen sei nur dann unionsrechtlich unbedenklich, wenn er weder die der Beratung vorgelagerten Umstände noch deren Ergebnisse umfasse und auf den engen Kern der Wil- lensbildung im Zusammenhang mit der abschließenden Entscheidungsfindung beschränkt werde. Letztlich könne die Frage der ausreichenden Bestimmtheit des Begriffs der Beratungen dahinstehen. Denn der Vertraulichkeitsschutz sei - wie etwa auch in § 3 Nr. 3 Buchst. b IFG - vom Verfahrensstadium abhängig und deswegen zeitlich begrenzt. Die Berufung auf diesen Ablehnungsgrund komme dann nicht mehr in Betracht, wenn die Beratungen, wie im vorliegenden Fall, bereits seit mehreren Jahren abgeschlossen seien. Jedenfalls sei im Rah- men der geforderten Abwägung das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe höher zu gewichten als das Geheimhaltungsinteresse der Beklagten. 12 Die Klägerin beantragt, 1. die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin- Brandenburg vom 8. Mai 2008 und des Verwaltungsge- richts Berlin vom 17. November 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. April 2006 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 7. März 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie sie zu verurteilen, zur Sicherung des Informationsan- spruchs der Klägerin die entsprechenden Verfahrensakten zu paginieren und die Aktenbestandteile, zu denen kein In- formationsanspruch gewährt wird, durch Angabe der Sei- tenzahlen und einer stichwortartigen Beschreibung des In- halts im Einzelnen aufzulisten, 2. die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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-8- 13 Die Beklagte beantragt, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin- Brandenburg vom 8. Mai 2008 und des Verwaltungsge- richts Berlin vom 17. November 2006 zu ändern, die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Revision und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. 14 Sie trägt vor: Der Begriff der Vertraulichkeit der Beratungen sei klar bestimmt. Nicht erforderlich sei, dass sämtliche Bedingungen für die Anwendung des Be- griffs im Detail festgelegt würden. Der Begriff der Beratungen habe in unions- rechtlich zulässiger Weise durch die beim Erlass des Gesetzes vorliegende obergerichtliche Rechtsprechung klare Konturen erhalten. Der Gesetzgeber habe dem Ablehnungsgrund ein enges Begriffsverständnis zu Grunde gelegt; es umfasse nur den Beratungsvorgang, nicht aber die Beratungsunterlagen und das Beratungsergebnis. Dabei könnten zum Beratungsvorgang auch Mei- nungsäußerungen und Erörterungen zu politischen Optionen im Rahmen von Entscheidungsverfahren innerhalb der einzelnen Behörde gehören. II 15 Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil ver- letzt zu ihrem Nachteil Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch auf Zugang zu Materialien, die vor der Verkündung des Zuteilungsgesetzes 2007 entstanden sind, auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UIG verneint hat und soweit es hinsicht- lich der zwischen dem Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt gewechselten Informationen die Berufung auf den Ablehnungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG nicht von vornherein ausgeschlossen hat. Das Bundesverwal- tungsgericht kann - wiederum wie bereits die Vorinstanzen im Wege eines Neubescheidungsausspruchs - in der Sache entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).
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-9- 16 Die Revision der Beklagten ist demgegenüber unbegründet. Die entscheidungs- tragenden Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu den Versagungs- gründen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG und nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 UIG sind nicht zu beanstanden, soweit solche verneint werden. 17 1. Die form- und fristgerecht eingelegten Revisionen sind zulässig. 18 Die Klägerin ist durch das Urteil in vollem Umfang beschwert. Es entspricht zwar insoweit dem auch im Berufungsrechtszug weiterverfolgten Klagantrag, als das Bundesumweltministerium zur Neubescheidung verpflichtet worden ist. Doch bleibt das Oberverwaltungsgericht in der hierfür maßgeblichen Rechtsauf- fassung hinter dem Begehren der Klägerin zurück (vgl. hierzu Urteile vom 24. September 2009 - BVerwG 7 C 2.09 - BVerwGE 135, 34 Rn. 67 = Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 2, vom 27. Januar 1995 - BVerwG 8 C 8.93 - Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 70 S. 6 <8> [juris Rn. 13] und vom 3. Dezember 1981 - BVerwG 7 C 30.80 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 157 S. 48 <52> [juris Rn. 14]). Das gilt nicht nur für die Ausführungen zur Einordnung des Ministe- riums als nicht informationspflichtige Stelle, mit denen das Oberverwaltungsge- richt die Klage in Bezug auf die betreffenden Informationen der Sache nach ab- gewiesen hat, sondern auch bezüglich der vom Oberverwaltungsgericht geprüf- ten Ablehnungsgründe nach § 8 UIG. Es hat zwar ausgeführt, dass diese dem grundsätzlich gegebenen Informationszugangsanspruch der Klägerin nicht ent- gegenstehen. Eine abschließende - positive - Beurteilung des geltend gemach- ten Anspruchs liegt darin wegen der Verpflichtung zur Neubescheidung aber nicht. Vielmehr liegt nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts der - rechtswidrigen - Ablehnung jedenfalls eine unzureichende Darlegung eines Teils der tatbestandlichen Voraussetzungen der Versagungsgründe zu Grunde, die bei einer neuerlichen Entscheidung ersetzt werden kann. Diese Beschrän- kung der rechtlichen Reichweite des angefochtenen Urteils möchte die Klägerin beseitigen; denn nach ihrer Auffassung scheidet eine Berufung auf die Ableh- nungsgründe von vornherein aus. 19 Ebenfalls zulässig ist die Revision der Beklagten; denn sie erstrebt die vollstän- dige Abweisung der Klage.
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- 10 - 20 2. Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass ein Ministerium im Rahmen der gesetzesvorbereitenden Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UIG nicht zu den informationspflichtigen Stellen gehört, ist nicht zu beanstan- den. Das hat der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss vom 30. April 2009 - BVerwG 7 C 17.08 - (NuR 2009, 481 <juris Rn. 15>) ausgeführt. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs steht fest, dass das nationale Recht in dieser Auslegung mit Art. 2 Nr. 2 Satz 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zu- gang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtli- nie 90/313/EWG des Rates - Umweltinformations-RL - (ABl EG Nr. L 41 S. 26) auf Grund des dort zu Grunde liegenden funktionellen Verständnisses des Be- griffs der „Gremien oder Einrichtungen, die in … gesetzgebender Eigenschaft handeln“ in Einklang steht (EuGH, Urteil vom 14. Februar 2012 - Rs. C-204/09 - NuR 2012, 183 <juris Rn. 49, 51>). 21 Der Umweltinformations-RL widerspricht demgegenüber die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Anwendungsbereich der genannten Aus- nahmevorschrift zeitlich nicht durch den Abschluss des Gesetzgebungsverfah- rens begrenzt sei. Denn der von der genannten Vorschrift bezweckte ord- nungsgemäße Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens kann nach dessen Ab- schluss nicht mehr beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. <juris Rn. 52 ff., 58>). Dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts kann durch eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschriften des nationalen Rechts Rechnung getragen werden. Danach ist das in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a UIG normierte „soweit“ nach dem Zweck der Vorschrift als „solange“ zu lesen (vgl. Much, ZUR 2012, 288 <290>). 22 3. Ohne Verstoß gegen revisibles Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG weiterhin anwendbar ist. Danach ist der Antrag abzulehnen, soweit das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit der Beratun- gen von informationspflichtigen Stellen im Sinne des § 2 Abs. 1 UIG hätte, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Der Begriff
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