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Aktenzeichen
9 K 2079/11
Datum
19. Juni 2012
Gericht
Verwaltungsgericht Potsdam
Gesetz
Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg (BbgUIG)
Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg (BbgUIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Potsdam am 19. Juni 2012

9 K 2079/11

Bei den in einem Waldwertgutachten enthaltenen Waldzustandsdaten handelt es sich nicht um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse. Die darin enthaltenen Parameter für die Ermittlung des Werts des Waldes sind keine Umweltinformationen. Die Einsicht in Unterlagen über ein Grundstücksgeschäft richtet sich nach dem AIG, nicht nach dem UIG, wenn sie im Hinblick auf Umweltbelange neutral sind. Die Entscheidung befasst sich eingehend mit der Begriffsdefinition der Umweltinformation und dem Ausschluss des Informationszugangs zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die Bestimmungen eines Grundstückskaufvertrags stellen regelmäßig ein komplexes und nicht aufspaltbares Regelungsgefüge dar, das im Ganzen vom Ablehnungsgrund der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des UIG und der unternehmensbezogenen Daten des AIG erfasst wird. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Aussonderungen Interessenabwägung Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung

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Verkündet am: 19.06.2012 … Verwaltungsgerichtsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VG 9 K 2079/11 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen Akteneinsichtsrechts hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2012
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-2- durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Kaufhold, die Richterin am Verwaltungsgericht Stüker-Fenski, den Richter Uecker, die ehrenamtliche Richterin Zeuge und den ehrenamtlichen Richter Witte für R e c h t erkannt: Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13. April 2011,     des   Bescheides     vom      3.   November     2011    und     des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2011 verpflichtet, der Klägerin Akteneinsicht in den bei dem Beklagten befindlichen Verwaltungsvorgang betreffend die Veräußerung des Grundstücks in der Gemarkung ... , ... , ... an die Beigeladene zu gewähren, und zwar -      in das zur Ermittlung des Werts dieses Grundstücks gefertigte Waldwertgutachten,    soweit   darin  Angaben    zum    Zustand    des aufstehenden Waldes enthalten sind, -      in das im Rahmen der Einbeziehung des Ministeriums der Finanzen in das Grundstücksgeschäft gefertigte Antwortschreiben des Ministeriums der Finanzen mit der Maßgabe, hierin etwa enthaltene Angaben zu Inhalten des Kaufvertrags und der Gutachten mit Ausnahme der Angaben zum Zustand des aufstehenden Waldes zu schwärzen, und -      in den Schriftverkehr mit der ... bezüglich der Anfrage, ob Einwände gegen den Verkauf des Grundstücks bestehen, mit der Maßgabe, hierin etwa enthaltene Angaben zu Inhalten des Kaufvertrags und der Gutachten mit Ausnahme der Angaben zum Zustand des aufstehenden Waldes zu schwärzen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. -3-
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-3- Die Klägerin trägt 7/10 und der Beklagte 3/10 der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand: Die Klägerin begehrt Einsicht in die beim Beklagten vorhandenen Unterlagen zum Verkauf des Grundstücks Gemarkung ... , ... , Flurstück ... . Bei dem Grundstück handelt es sich um eine 87.563 qm große, mit Wald bestockte und ursprünglich im Eigentum des Landes Brandenburg stehende Fläche, die im Flächennutzungsplanentwurf der ... (Stand: 9. Februar 2011) als Gewerbefläche ausgewiesen war und am Südrand des Bebauungsplangebietes Nr. 18 (... ) der ... sowie angrenzend belegen ist. Die ... untersuchte mehrere Varianten zur Änderung des Bebauungsplans, die in verschiedener Ausprägung die Einzelhandels- und Gewerbeentwicklung im Plan- bzw. Planerweiterungsgebiet und damit verbunden eine unterschiedlich starke Inanspruchnahme der Waldfläche vorsahen. Dabei hatte eine der Varianten das von der ... Gruppe erstellte Konzept zur Erstellung eines Fachmarktzentrums (Konzept „... Park 2010“) zum Inhalt. Das Land Brandenburg, vertreten durch den Beklagten als Landesforstvermögen, verkaufte das Grundstück durch notariellen Kaufvertrag vom 11. Mai 2009 an die Beigeladene, die zur Unternehmensgruppe        ...      gehört,   nachdem     zuvor   im    Rahmen   der Verkaufsverhandlungen ein Gutachten zur Waldwertermittlung (Waldwertgutachten) und    ein    Gutachten     zur   Ermittlung    eines  möglichen    Planungsgewinns (Planungsgewinngutachten) gefertigt worden waren. Der Kaufvertrag ist vollzogen. Die Klägerin ist eine Bürgerinitiative, die sich im November 2010 gründete, um auf die städtebauliche Entwicklung des ... es und die dieser Entwicklung dienenden -4-
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-4- Verfahren in Politik und Verwaltung im Interesse einer (weitgehenden) Erhaltung des Waldes Einfluss zu nehmen. Sie hält den Grundstücksverkauf für bedeutsam, weil dem      Waldgrundstück       eine    Schlüsselrolle   für     die    unterschiedlichen Planungsversionen zukomme und der Beklagte gleichzeitig sowohl Verkäufer als auch zuständige Waldumwandlungsbehörde sei. Sie beantragte daher Anfang 2011 beim Beklagten Akteneinsicht in alle sich dort zum Grundstücksverkauf befindenden Unterlagen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2011 ab. Durch die Einsicht   würden    personenbezogene      Daten    zum   Geschäftsführer      und  den Vertretungsverhältnissen der Beigeladenen offen gelegt werden. Zudem würden die Klägerin oder Dritte aus der Akteneinsicht u.a. Kenntnisse über den Kaufpreis und die Zahlungsmodalitäten erhalten, die nur einem eng begrenzten Personenkreis - nämlich    den     Vertragspartnern,    dem     beurkundenden       Notar     und   den Genehmigungsbehörden        -   bekannt   seien   und   die    offensichtlich   zu dem Geschäftsbetrieb der Beigeladenen in Beziehung stünden. Diese habe die danach für eine Akteneinsicht erforderliche Zustimmung nicht erteilt. Die Klägerin hat am 15. April 2011 Widerspruch gegen die Ablehnung ihres Akteneinsichtsantrags erhoben. Auf den am selben Tag gestellten Eilantrag (VG 9 L 246/11) hat das Gericht den Beklagten durch Beschluss vom 9. Juni 2011 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht in den gesamten bei dem Beklagten befindlichen Verwaltungsvorgang betreffend die Wertermittlung und Veräußerung des streitbefangenen Grundstücks unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, soweit es um Unterlagen zur Mitwirkung des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg geht; im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Die Klägerin verfolgt ihr Akteneinsichtsbegehren mit       der am 19. Oktober 2011 erhobenen (Untätigkeits-)Klage weiter. Nachdem der Beklagte aufgrund des Eilbeschlusses des Gerichts den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht in sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit der Einbeziehung und Mitwirkung des Ministeriums der Finanzen des Landes -5-
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-5- Brandenburg in den Bewertungs- und/oder Veräußerungsvorgang hinsichtlich des Grundstücks Gemarkung ... , ... , ... mit Bescheid vom 3. November 2011 abgelehnt und den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin vom 9. November 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2011 zurückgewiesen hat, hat die Klägerin weitere Verpflichtungsklage (VG 9 K 2572/11) auf Akteneinsicht in Unterlagen im Zusammenhang mit der Einbeziehung und Mitwirkung des Ministeriums der Finanzen erhoben. Die Klägerin trägt vor: Sie wolle mittels der Akteneinsicht herausfinden, ob der Beklagte beim Veräußerungsvorgang seinen Pflichten nachgekommen sei. Dem Akteneinsichtsanspruch nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) stehe der Versagungsgrund der betriebsbezogenen Daten nach § 5 Abs. 1 Nr. 3    AIG    nicht   entgegen.   Ein   nur   pauschal   geäußerter  unsubstantiierter Geheimhaltungswille der Beigeladenen könne eine Versagung nach dieser Vorschrift nicht begründen. Unklar sei inzwischen, ob ein solcher Geheimhaltungswille überhaupt bestehe. Denn die Beigeladene habe einen Sprecher der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 19. Januar 2012 auf Unterlassung der Behauptung in Anspruch genommen, die Beigeladene oder Herr Dr. ...        hätten der Klägerin zu keinem Zeitpunkt angeboten, die Akten zum Verkauf des in Rede stehenden Grundstücks einzusehen. Aus Entstehungsgeschichte, Zielsetzung und Überschrift von § 5 AIG sowie den Vorgaben des Art. 21 Abs. 3 und 4 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV) folge, dass eine Einschränkung des grundsätzlich gewährten Informationsrechts nur solange und soweit gerechtfertigt sei, wie gleichrangig geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen seien. Nur so sei gewährleistet, dass das verfassungsrechtlich verbürgte Informationsrecht nicht hinsichtlich jeglichen betriebsbezogenen Umstands in das Belieben eines privaten Dritten gestellt werde. Nach allgemeinem Verständnis setze ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an der Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse bestehe, wenn die Offenlegung der Information geeignet     sei,  exklusives  technisches    oder   kaufmännisches  Wissen     den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Dass diese Voraussetzungen bezogen auf die Akten, in die Einsicht begehrt werde, vorliegen, sei weder vom Beklagten -6-
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-6- glaubhaft   gemacht     noch   objektiv   der   Fall.  Insbesondere     erreichten    die Planungsvorstellungen der Beigeladenen nicht den Rang eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses.       Ihr,    der     Klägerin,     Interesse,    die     wahren Planungsvorstellungen der Beigeladenen möglichst frühzeitig zu erfahren, sei demgegenüber schützenswert, da es auf die Verwirklichung ihres in Art. 21 Abs. 3 LV verbürgten Rechts auf politische Mitgestaltung gerichtet sei. Auch der Grundstückskaufvertrag sei nicht geheimhaltungsbedürftig. Seiner Offenlegung sei lediglich pauschal widersprochen worden ohne vorzutragen, dass und welche Tatsachen    aus    dem   Kaufvertrag    einen   Bezug    zum    Geschäftsbetrieb     der Beigeladenen       aufweisen      und     geheimhaltungsbedürftig       sein     sollten. Grundstücksbezogene         Planabsichten       seien      schon      deshalb      nicht geheimhaltungsbedürftig, weil nur die Beigeladene sie umsetzen könne, nicht aber ihre Wettbewerber. Die Gutachten fielen nicht unter den Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 AIG, da es sich um Wertermittlungen des Beklagten handele, die dieser aufgrund der Verpflichtung nach der Landeshaushaltsordnung habe erstellen lassen und die daher nicht nur einem engen Personenkreis bekannt seien. Es sei auch weder dargetan noch wahrscheinlich, dass die Gutachten inhaltlich in irgendeiner Form auf die Beigeladene und ihren Geschäftsbetrieb Bezug nehmen würden. Dass die Gutachten im Zusammenhang mit konkreten Vertragsverhandlungen erstellt worden seien, stelle keine Beziehung zum Geschäftsbetrieb des möglichen Erwerbers her. Überdies ergebe sich der geltend gemachte Anspruch auch aus dem Umweltinformationsgesetz. Der weite Begriff der Umweltinformationen erfasse Grundstückskaufverträge, die der Umsetzung von Bebauungsplänen dienten, ebenso wie    Wertermittlungen,   Projektkonzeptionen     und    –kalkulationen    sowie    alle Erwägungen des Beklagten oder weiterer öffentlicher Stellen zur Frage der Waldumwandlung.        Die    nach     dem     Umweltinformationsgesetz       gebotene Einzelfallabwägung zwischen Bekanntgabe- und Geheimhaltungsinteresse habe der Beklagte nicht ansatzweise vorgenommen. Vorliegend überwiege jedenfalls das Interesse der Klägerin herauszufinden, ob auf Seiten der öffentlichen Hand fiskalische Interessen und Erwägungen im Rahmen eines bauleitplanerischen Entscheidungsprozesses unsachgerecht miteinander verknüpft und die Interessen eines einzelnen Projektentwicklers zulasten anderer Konzepte gefördert worden sein könnten. -7-
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-7- Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 13. April    2011    und     vom    3.  November         2011    sowie des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2011 zu verpflichten, ihr Akteneinsicht zu gewähren in den gesamten bei dem Beklagten befindlichen Verwaltungsvorgang betreffend die Veräußerung des Grundstücks in der Gemarkung ... , ... , ... an die Beigeladene. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung aufgeführt, welche Unterlagen sich in der Akte zum Verkauf des in Rede stehenden Grundstücks befinden, nämlich ein Waldwertgutachten und ein Planungsgewinngutachten, der Kaufvertrag sowie Vertragsentwürfe hierzu nebst entsprechenden Übersendungsschreiben, in welchen teilweise inhaltlich auf den Kaufvertrag bzw. Änderungen der Vertragsfassung eingegangen worden sei, der Schriftverkehr zur Einbeziehung des Ministeriums der Finanzen - hierbei handle es sich um ein Schreiben an das Ministerium, dem der Vertragsentwurf sowie die beiden Gutachten beigefügt gewesen seien und in dem inhaltlich auch auf den Vertragsentwurf eingegangen worden sei sowie das entsprechende Antwortschreiben des Ministeriums –, ein an die ... gerichtetes Schreiben, mit dem angefragt worden sei, ob Einwände gegen den Verkauf des Grundstücks bestünden, und ein Antwortschreiben der Landeshauptstadt Potsdam. Darüber hinaus enthalte die Akte in geringem Umfang behördeninterne Schreiben, Notizen und Vermerke; in diese Unterlagen gewähre der Beklagte der Klägerin Akteneinsicht, sofern es sich nicht um Daten handle, die Rückschlüsse auf den Inhalt der Gutachten oder des Kaufvertrags zuließen. Sonstige Stellungnahmen Dritter, Kalkulationen oder Projektplanungen (hiermit seien nicht die Planungen gemeint, die den Gutachten zu Grunde gelegen hätten) seien in der Akte nicht enthalten. Ferner werde der Klägerin auch Einsicht in jene Übersendungsschreiben sowie den Schriftverkehr mit der Stadt Potsdam gewährt, in denen nicht auf den Inhalt des Kaufvertrages oder der Gutachten Bezug genommen werde. -8-
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-8- Im Übrigen bezweifelt der Beklagte das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, weil ihr nach ihrem eigenen Vortrag die Einsicht in den streitgegenständlichen Kaufvertrag über die Beigeladene möglich sei. Ferner macht er geltend: Der Akteneinsichts- und Informationszugangsanspruch         nach        dem       Akteneinsichts-      und Informationszugangsgesetzes beziehe sich nur auf solche Akten, die im Rahmen der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben angelegt worden seien, nicht aber auf rein fiskalische Vorgänge. Jedenfalls stünden dem Akteneinsichtsbegehren der Klägerin überwiegende Privatinteressen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 AIG entgegen. Der Ausschlussgrund sei schon nach seinem Wortlaut nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beschränkt. Eine solche Beschränkung sei auch nicht mit Blick auf Art. 21 LV geboten. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 3 AIG lägen sowohl bezogen auf den Inhalt des Grundstückskaufvertrages als auch auf die zugehörigen Vertragsverhandlungen und die zur Konkretisierung des Vertragsinhalts erstellten Gutachten vor. Der Kaufvertrag sei als Ganzes Bestandteil des nach dem Willen der Beigeladenen geheim zu haltenden Geschäftsvorgangs. Auch der Inhalt der Gutachten stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit den konkreten Vertragsverhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten. Die Unterlagen zur Mitzeichnung des Ministeriums enthielten nach § 5 Abs. 1 AIG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 4 AIG geschützte personenbezogene Informationen zur Beigeladenen sowie Informationen zum Kaufpreis und zum Planungsgewinn, die nach dem Willen der Beigeladenen geheim zu halten seien. Die Beigeladene habe ihr schutzwürdiges Interesse im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Potsdam am 11. Mai 2011 erläutert. Ein Akteneinsichtsanspruch folge auch nicht aus dem Umweltinformationsgesetz. Bei dem streitgegenständlichen Kaufvertrag handele es sich nicht um Umweltinformationen. Ein Kaufvertrag werde nicht schon deshalb zu einer Umweltinformation, weil er Angaben über ein bestimmtes Grundstück enthalte. Jedenfalls stehe einem Anspruch nach dem Umweltinformationsgesetz der Ausschlussgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Umweltinformationsgesetzes       (UIG)      entgegen,     der    Betriebs-     und Geschäftsgeheimnisse Dritter schütze. Insofern werde auf die Ausführungen zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 AIG verwiesen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. -9-
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-9- Inzwischen hat die ... einen geänderten Entwurf ihres Flächennutzungsplans (Stand: 7. März 2012) öffentlich ausgelegt, in dem die streitbefangene Fläche als Wald dargestellt wird. Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verfahrensakten VG 9 K 2079/11, VG 9 K 2572/11, VG 9 L 246/11 und VG 9 M 21/11, die vom Beklagten im Verfahren VG 9 K 2079/11 eingereichten Verwaltungsvorgänge sowie den vom Beklagten überreichten Ordner mit der Richtlinie zur Waldbewertung im Land Brandenburg vom 3. Januar 2000 nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die von den Sprechern der Klägerin wirksam erhobene Klage ist im Wesentlichen zulässig; vgl. zur Beteiligungsfähigkeit von Bürgerinitiativen siehe § 9 Abs. 1 AIG sowie im Hinblick auf das Umweltinformationsgesetz des Landes Brandenburg BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 – BVerwG 4 C 13/07 -, juris Rn. 22. Der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage steht nicht die fehlende Durchführung des nach § 68 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderlichen Vorverfahrens entgegen. Zwar wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2011 nur über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 3. November 2011 und nicht auch über den gegen den – weitergehenden – Bescheid des Beklagten vom 13. April 2011 gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 15. April 2011 entschieden. Insoweit ist die Klage aber in Form der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässig, weil der Beklagte über den Widerspruch vom 15. April 2011 bisher nicht entschieden hat. - 10 -
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- 10 - Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin mit Blick auf den Inhalt der Unterlassungserklärung, die die Beigeladene einem Sprecher der Klägerin abverlangt hat, nicht entfallen. Danach sollte dieser die Behauptung unterlassen, Herr Dr. ... oder die Beigeladene habe der Klägerin zu keinem Zeitpunkt angeboten, die Akten zum Kauf des streitgegenständlichen Grundstücks einzusehen. Die somit – wohl – mögliche Einsichtnahme in Akten(teile), die bei der Beigeladenen zum Grundstückskaufvertrag vorhanden sind, stellt für die Klägerin keine einfachere und daher vorrangig zu nutzende Möglichkeit dar, ihr Rechtsschutzziel zu erreichen. Denn die Klägerin begehrt ausdrücklich Akteneinsicht in die beim Beklagten vorhandenen Unterlagen zum Grundstückskaufvertrag. Dieses Rechtsschutzziel kann sie durch Einsicht in die Unterlagen der Beigeladenen nicht erreichen. Im Übrigen hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben, dass sie bereit wäre, Einsicht in den gesamten Vorgang zu gewähren. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist weiter nicht dadurch fortgefallen,  dass   die  streitbefangene    Fläche im   geänderten   Entwurf    des Flächennutzungsplans als Wald dargestellt wird. Zwar dürfte die Klägerin damit ihr Ziel einer (weitgehenden) Erhaltung des Waldes – jedenfalls derzeit – erreicht haben. Das       Akteneinsichts-     und      Informationszugangsgesetz      sowie       das Umweltinformationsgesetz, auf die die Klägerin ihr Klagebegehren stützt, machen jedoch die Gewährung des Einsichtsanspruchs grundsätzlich nicht von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig, so dass das Erreichen eines etwa mit der Akteneinsicht angestrebten Ziels das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen lässt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass der Klägerin Akteneinsicht gewährt werde – dies betrifft behördeninterne Schreiben, Notizen und Vermerke, soweit nicht Daten betroffen sind, die Rückschlüsse auf den Inhalt der Gutachten oder des Kaufvertrags zulassen -, fehlt der Klägerin indes das erforderliche Rechtsschutzinteresse; insoweit ist die Klage unzulässig. Soweit der Beklagte ferner mitgeteilt hat, dass auch Einsicht in jene Übersendungsschreiben sowie den Schriftverkehr mit der Stadt Potsdam gewährt werde, in denen nicht auf den Inhalt des Kaufvertrages oder der Gutachten Bezug genommen werde, besteht das Rechtsschutzinteresse fort, weil damit - 11 -
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