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Aktenzeichen
6 K 4008/10
Datum
16. Juni 2011
Gericht
Verwaltungsgericht Köln
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Köln am 16. Juni 2011

6 K 4008/10

Das Verwaltungsgericht weist die Klage eines Prüflings (zweite juristische Staatsprüfung) auf Einsicht in Prüfervermerke zurück. Prüfervermerke gehören zur Tätigkeit des Beklagten im Bereich von Prüfungen und sind damit vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen ausgenommen. Wäre das Prüfungsamt verpflichtet, jedermann Zugang zu einem Prüfervermerk zu gewähren, sobald eine Klausur im Examen geschrieben wurde, so wäre die Prüfungsaufgabe sogleich "verbraucht" und könnte nicht mehr für weitere Prüfungen verwendet werden. Dies würde einen nicht unerheblichen Eingriff in die Tätigkeit der Prüfungsämter darstellen. Die Ausnahme vom Anwendungsbereich gilt daher zeitlich unbegrenzt für die gesamte Prüfungstätigkeit. Außerdem verdrängen die abschließenden Vorschriften des Juristenausbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen zum Umfang der Akteneinsicht durch den Prüfling die Normen des Informationsfreiheitsgesetzes. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Konkurrierende Rechtsvorschriften

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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                            http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10 Datum:                       16.06.2011 Gericht:                     Verwaltungsgericht Köln Spruchkörper:                6. Kammer Entscheidungsart:            Urteil Aktenzeichen:                6 K 4008/10 Tenor:                       Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand                                                                                                          1 Der Kläger unterzog sich im Jahr 2008 der zweiten juristischen Staatsprüfung im                                     2 Verbesserungsversuch. In den im Juni 2008 angefertigten Aufsichtsarbeiten erhielt er zweimal die Note "vollbefriedigend", einmal die Note "befriedigend" und fünfmal die Note "ausreichend". In der mündlichen Prüfung am 07.11.2008 erzielte der Kläger im Vortrag die Note                                     3 "ausreichend" (6 Punkte) und im Prüfungsgespräch die Note "gut" (13 Punkte). Daraus errechnete sich eine Prüfungsgesamtnote von "befriedigend" (8,47 Punkte), welche                             4 dem Kläger im Anschluss an die mündliche Prüfung mitgeteilt wurde. Eine Änderung der Gesamtnote gemäß § 56 Abs. 1 und 4, 18 Abs. 4 Juristenausbildungsgesetz Nordrhein- Westfalen in der seit dem 01.07.2003 gültigen Fassung (JAG NRW) nahm der Prüfungsausschuss ausweislich des Prüfungsprotokolls nicht vor. Das Prüfungsamt teilte dem Kläger das Gesamtergebnis der Prüfung mit schriftlichem                                  5 Bescheid vom 11.11.2008 mit. Der Bescheid wurde laut "Abvermerk" am 12.11.2008 abgesandt. Der Kläger legte mit Schreiben vom 11.12.2008, welches beim Landesprüfungsamt des                                   6 beklagten Landes am 18.12.2008 einging, Widerspruch gegen die Prüfungsentscheidung ein. Er rügte die Bewertung der Klausuren Z 2 (6 Punkte), Z 3 (7 Punkte), Z 4 (4 Punkte) sowie V 1 (4 Punkte). Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Stellungnahmen des Klägers vom 27.02.2009 (BA 6, Bl. 10 ff) und 01.03.2009 (BA 6 Bl. 30 ff) Bezug genommen. Zugleich beantragte der Kläger neben der Einsicht in die Gutachten der Prüfer auch Einsichtnahme in die ihnen zur Verfügung gestellten Prüfervermerke. Nach seiner Auffassung folgt der geltend gemachte Anspruch sowohl aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW als auch aus dem Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein Westfalen - Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW). Bezüglich des letztgenannten Anspruchs könne eine Befreiung von Prüfungseinrichtungen aus dem Anwendungsbereich des IFG NRW allenfalls bis zum Abschluss der Prüfung, nicht aber zeitlich darüber hinaus gelten. Das Prüfungsamt gewährte dem Kläger mit Schreiben vom 06.01.2009 bezüglich der                                      7 1 von 27                                                                                                            30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                      http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... abgelaufenen Widerspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Einsichtnahme in die Prüfervermerke wurde mit Bescheid vom 25.01.2010 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe kein Anspruch auf Einsichtnahme nach § 29 VwVfG NRW, denn die Prüfervermerke seien keine "das Verfahren betreffenden" Akten. Auch werde in den Entscheidungen der Prüfer nicht auf die Prüfervermerke Bezug genommen. Schließlich ergebe sich ein Anspruch auch nicht aus dem IFG NRW, da dieses Gesetz für Prüfungseinrichtungen nicht gelte, soweit sie im Bereich von Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig würden. Dabei sei eine Unterscheidung zum Umgang mit prüfungsrelevanten Informationen vor und nach Abschluss der Prüfung im Gesetz nicht angelegt. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde die Bewertung der Klausur Z 3 um einen                             8 Punkt auf "befriedigend" (8 Punkte) angehoben. Ferner wurde eine erneute Entscheidung über eine Abweichung vom rechnerisch ermittelten                       9 Gesamtergebnis vorgenommen. Der Prüfungsausschuss kam zu dem Ergebnis, dass ein Anlass für eine Abweichung nicht bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2010 wurde die Prüfungsentscheidung dahingehend                           10 abgeändert, dass die zweite juristische Staatsprüfung nunmehr mit der Note "befriedigend" (8,55 Punkte) für bestanden erklärt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger hat am 28.06.2010 Klage gegen den am 28.05.2010 zugestellten                                      11 Widerspruchsbescheid erhoben. Er wiederholt sein Begehren auf Einsichtnahme in die Prüfervermerke. Er meint, diese seien                   12 Teil der Verwaltungsvorgänge. Denn entgegen der Auffassung des Landesjustizprüfungsamtes stellten Formulierungen in den Gutachten wie: "es war zu prüfen, ob..." eine Bezugnahme auf den Prüfervermerk dar, der somit zum Verfahrensgegenstand geworden sei. Ohne Einsichtnahme in die Prüfervermerke sei ihm eine ordnungsgemäße Begründung seiner Klage verwehrt. Des Weiteren ist der Kläger der Ansicht, seine Klage sei zulässig, soweit er seinen Anspruch                 13 auf das IFG NRW stütze. Namentlich müsse er sich nicht die Bestandskraft des ablehnenden Bescheides vom 25.01.2010 entgegenhalten lassen: Statthafte Klageart für den Anspruch nach dem IFG NRW sei die allgemeine Leistungsklage, für die eine Klagefrist nicht gelte. Der Kläger legt ferner seine Ansicht dar, wonach die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach § 4 Abs. 1 IFG NRW weit auszulegen seien. Die vom Beklagten in Anspruch genommene Ausnahmeregelung für Prüfungseinrichtungen diene (allein) dazu, diese vor einem "Aushorchen" zu schützen. Ein solches "Aushorchen" komme nach Durchführung der Klausuren nicht mehr in Betracht. Der Kläger beantragt,                                                                                        14 15 1. ihm unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 25.01.2010 Akteneinsicht in die den Prüfern zur Verfügung gestellten Lösungsvermerke der von ihm angefochtenen Klausuren Z 2, Z 3, Z 4 und V 1 zu gewähren. 2. die Prüfungsentscheidung vom 07.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klausuren Z 2, Z 3, Z 4 und V 1 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten. Das beklagte Land beantragt,                                                                                 16 die Klage abzuweisen.                                                                                  17 2 von 27                                                                                                      30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                     http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... In Bezug auf den geltend gemachten Auskunftsanspruch hält das beklagte Land die Klage                       18 bereits für unzulässig, da über dieses Begehren mit Bescheid vom 25.01.2010 bestandskräftig entschieden worden sei. Materiell-rechtlich stünden dem Begehren die Regelungen des § 56 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 2 JAG NRW entgegen, die einem Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW vorgingen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger geltend gemacht, es sei für ihn überraschend,                  19 dass er bis zum Schluss der Verhandlung seine gesamten Rügen in voller Detaillierung habe vortragen müssen und dass er hierzu nach Schluss der Verhandlung keine Gelegenheit mehr haben solle. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der                         20 Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Entscheidungsgründe:                                                                                        21 Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.                                                               22 Die Versagung der begehrten Einsichtnahme in die Prüfervermerke zu den Klausuren Z 2, Z                     23 3, Z 4 und V1 durch das beklagte Land mit Bescheid vom 25.01.2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Akteneinsichtsanspruch aus §§ 100 Abs. 1, 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO, noch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW (nachfolgend: I.). Ferner ist die angefochtene Prüfungsentscheidung vom 07.11.2008, dem Kläger mitgeteilt                      24 durch Bescheid vom 11.11.2008, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2010 rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubewertung der angefochtenen Prüfungsbewertungen (nachfolgend: II.). Die Kammer konnte über beide Klageanträge gemeinsam entscheiden, auch wenn der Kläger                       25 in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, es sei für ihn überraschend, dass er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung seine gesamten Rügen in voller Detaillierung habe vortragen müssen und er hierzu trotz in der Klageschrift ausdrücklich vorbehaltenen weiteren Vortrags nach Schluss der Verhandlung keine Gelegenheit mehr haben solle. Zum einen hat der Kläger selbst sowohl das Auskunftsbegehren als auch die angegriffenen Bewertungen der Klausuren Z 2, Z 3, Z 4 und V 1 zum Gegenstand seiner Klage gemacht. Zum anderen ist er mit der Ladung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass neben dem Auskunftsbegehren auch die beanstandeten Prüfungsleistungen selbst Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein sollen. Deshalb waren in der Konsequenz - wie auch geschehen - in der Verhandlung Anträge zu beiden Klagebegehren zu stellen. Vor diesem Hintergrund entbehrt der Einwand des Klägers, eine Sachentscheidung zu den Prüfungsbewertungen sei für ihn überraschend, jeder Grundlage. I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die den Prüfern zur Verfügung                        26 gestellten Prüfervermerke. 1. Ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Prüfervermerke ergibt sich zunächst nicht aus §§                   27 100 Abs. 1, 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach § 99 Abs. 1 VwGO sind Behörden zur Vorlage von Akten verpflichtet. Diese können von                    28 den Beteiligten nach § 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingesehen werden. In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass Prüfervermerke                      29 keine das Verfahren betreffenden Akten im Sinne der vorgenannten Regelungen darstellen. Namentlich sind sie nicht mit Bezug (auch) auf die Sachentscheidung im Laufe des 3 von 27                                                                                                     30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                       http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... Verfahrens angelegt worden. Es handelt sich vielmehr um für den Prüfer unverbindliche, interne Arbeitspapiere, die nicht Bestandteil der Bewertung der Klausuren sind. Sie betreffen insbesondere nicht das konkrete Verfahren eines einzelnen Prüflings, sondern stellen allgemeine Hinweise dar, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 03.04.1997 - 6 B 4.97 - und 11.06.1996 - 6 B 88.95 -                        30 Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 368, OVG NRW, Beschluss vom 06.07.2006 - 14 A 1272/04 -, VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 23.04.2010 - 9 S 278/10 -, Hess. VGH, Beschluss vom 05.07.2004 - 8 TG 732/04 -. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass in                      31 den Gutachten der Prüfer Formulierungen vorkommen wie "...es war zu prüfen, ob ...". Ob ein Prüfer sich von Lösungshinweisen des Prüfungsamtes leiten lässt bzw. sich diese zu eigen macht, ist ohne Belang. Entscheidend ist allein die Bewertung der Prüfungsleistung selbst. Dabei muss die Begründung aus sich heraus nachvollziehbar sein und die maßgeblichen Gründe, die den Prüfer zu der abschließenden Bewertung veranlasst haben, zwar nicht in den Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennen lassen. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist die Richtigkeit bzw. Vertretbarkeit der von den Prüfern beanstandeten Lösung des Prüflings unabhängig davon, was in einer "Musterlösung" steht, oder ein Prüfer außerhalb der konkreten Bewertung ausgearbeitet und niedergelegt hat, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 06.07.2006 - 14 A 1272/04 - .                                               32 Äußerungen wie "...es war zu prüfen, ob..." stellen in dieser allgemeinen Form keine                          33 Bezugnahme auf den Prüfervermerk in einer Weise dar, dass sich ohne Einsichtnahme in den Prüfervermerk die Bewertung nicht selbständig nachvollziehen ließe. Vielmehr haben die Prüfer - soweit in ihren Gutachten entsprechende Formulierungen auftauchen - damit lediglich ihren eigenen konkreten Erwartungshorizont zum Ausdruck gebracht. Für sämtliche Prüfergutachten gilt, dass eine rechtliche Prüfung der vorgenommenen Bewertungen anhand der jeweiligen Gutachten möglich ist. 2. Die Klage bleibt auch ohne Erfolg, soweit der Auskunftsanspruch auf § 4 Abs. 1 IFG NRW                     34 gestützt wird. Allerdings ist die Klage insoweit entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht bereits                  35 unzulässig, weil über den Anspruch bestandskräftig entschieden sei. Nach Auffassung der Kammer, vgl. Urteil vom 19.11.2009 - 6 K 2032/08-, NWVBl. 2010, S. 155,                                         36 ist die statthafte Klageart für einen Auskunftsanspruch nach dem IFG NRW jedenfalls seit der                  37 Neufassung dieses Gesetzes durch Art. 9 des Fünften Befristungsgesetzes vom 05.04.2005 (GV NRW S. 351) die allgemeine Leistungsklage, da die Informationsgewährung nicht einen Verwaltungsakt, sondern ein schlicht hoheitliches Handeln darstellt. Das auf § 4 Abs. 1 IFG NRW gestützte Auskunftsbegehren ist aber nicht begründet:                              38 Nach § 4 Abs. 1 IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes                               39 gegenüber den in § 2 genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Vom Anwendungsbereich des IFG NRW sind indes nach § 2 Abs. 3 bestimmte Einrichtungen,                         40 zu denen auch Prüfungseinrichtungen gehören, in näher definierten Fällen ausgenommen. So findet das Gesetz nur Anwendung, soweit die in Absatz 3 genannten Einrichtungen nicht 4 von 27                                                                                                       30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                     http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... im Bereich von Forschung, Lehre, Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig werden. Dies ist entgegen der Auffassung des Klägers hier aber der Fall: Die Prüfervermerke gehören                 41 zur Tätigkeit des Beklagten im Bereich von Prüfungen. Der Kläger meint der Gesetzesbegründung (LT-Drucksache 13/1311) entnehmen zu können, dass zwischen der Zeit vor dem Ablegen der Prüfung und der Zeit danach zu differenzieren sei, da der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, nämlich ein "Aushorchen" zu vermeiden, allenfalls bis zum Ablegen der Prüfung Geltung beanspruchen könne. Er verkennt dabei, dass der Aufgabenbereich des Prüfungsamtes über die organisatorische                     42 Abwicklung der Prüfungen der einzelnen Kandidaten hinaus weiter gefasst ist: Dem Prüfungsamt obliegt es unter anderem, geeignete Prüfungsaufgaben in ausreichender Zahl vorzuhalten. Zu diesem Zwecke können Prüfungsaufgaben mit anderen Bundesländern ausgetauscht werden. Insgesamt kommt dem Prüfungsamt im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung ein weites Ermessen zu, ob eine Aufgabenstellung beispielsweise am Ringtausch teilnimmt oder etwa für die Besprechung in Arbeitsgemeinschaften freigegeben wird. Wäre das Prüfungsamt verpflichtet, jedermann Zugang zu einem Prüfervermerk zu gewähren, sobald eine Klausur im Examen geschrieben wurde, so wäre die Prüfungsaufgabe sogleich "verbraucht" und könnte nicht mehr in der gestellten oder abgewandelten Form für weitere Prüfungen verwendet werden. Dies würde einen nicht unerheblichen Eingriff in die Tätigkeit der Prüfungsämter im Bereich von Leistungsbeurteilung und Prüfung darstellen. Entsprechend versteht die Kammer die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 3 IFG NRW (LT-Drucksache 13/1311). Dort ist auf Seite 10 ausgeführt, dass die Ausforschung von Prüfungsunterlagen durch interessierte Dritte vermieden werden solle. Dass der Gesetzgeber dabei nur die konkreten Prüfungsverfahren der jeweiligen Prüflinge im Blick gehabt haben soll und nicht auch die Aufgabenerfüllung der Prüfungseinrichtungen insgesamt, lässt sich der Begründung nicht entnehmen. Aus demselben Grunde vermag das Gericht auch den vom Kläger monierten Widerspruch                           43 zum verwaltungsverfahrensrechtlichen Akteneinsichtsanspruch nicht zu erkennen: Während es dort um die Frage geht, ob ein Prüfervermerk ein konkretes Verfahren betrifft, d.h. im Rahmen dieses Verfahrens angelegt oder beigezogen wird, geht es in § 2 Abs. 3 IFG NRW um die Tätigkeit des Prüfungsamtes im Allgemeinen außerhalb eines konkreten Verfahrens. Der Anspruch auf Zugang zu den Prüfervermerken ist nach Auffassung des Gerichts                             44 überdies nach § 4 Abs. 2 IFG NRW ausgeschlossen: Danach gehen besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Unbeschadet der Frage, ob Prüfervermerke überhaupt als "amtliche Informationen" im Sinne                    45 des § 4 Abs. 1 IFG NRW anzusehen sind, stellen hier §§ 56 Abs. 1, 23 Abs. 2 JAG NRW besondere, den Normen des IFG NRW vorgehende Rechtsvorschriften i.S.d. § 4 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW dar. Nach § 23 Abs. 2 JAG NRW ist dem Prüfling die Einsicht in seine Prüfungsarbeiten einschließlich der Gutachten der Prüferinnen oder Prüfer zu gestatten. Prüfervermerke finden keine Erwähnung. Damit wird der Umfang der Akteneinsicht nach Auffassung der Kammer abschließend definiert. In diesem Zusammenhang sei abschließend darauf hingewiesen, dass eine weite Auslegung,                      46 wie sie vom Kläger gewünscht wird, zu einem Wertungswiderspruch zum verwaltungsverfahrensgerichtlichen Akteneinsichtsrecht führen würde: Unter Zugrundelegung der Auffassung des Klägers wäre der "jedermann" zukommende Anspruch auf Einsichtnahme in die Prüfervermerke bereits geschriebener Klausuren weitergehend, als der dem einzelnen Prüfling zukommende verwaltungsverfahrensrechtliche Anspruch. Ein Anspruch auf Zugang zu den Prüfervermerken besteht daher nach keiner der in Betracht                    47 5 von 27                                                                                                     30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                        http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... kommenden Rechtsgrundlagen. II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubewertung seiner Klausuren Z 2, Z 3, Z 4 und V 1.                    48 Bei der Anfechtung von Prüfungsentscheidungen ist von folgenden Grundsätzen                                    49 auszugehen: Art. 12 Abs. 1 bzw. 19 Abs. 4 GG verpflichten die Gerichte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. Beschlüsse vom 17.04.1991 - 1 BvR 419.81 und 213.83 -, NJW 1991, S. 2005 ff.,                       50 sowie - 1 BvR 1529.84 und 138.87 -, NJW 1991, S. 2008 f., der die Verwaltungsgerichte folgen, Prüfungsentscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher                    51 Hinsicht grundsätzlich vollständig nachzuprüfen. Lediglich bei "prüfungsspezifischen" Wertungen verbleibt der Prüfungsbehörde ein die gerichtliche Kontrolle insoweit einschränkender Entscheidungsspielraum, dessen Überprüfung darauf beschränkt ist, ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen, ob der Prüfer von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen hat oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat. Zu den allgemeingültigen, aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Bewertungsgrundsätzen gehört,                        52 dass auch in juristischen Staatsprüfungen zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, gebührt zwar dem Prüfer ein Beurteilungsspielraum, andererseits muss aber auch dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Im Übrigen ist bei der Willkürkontrolle davon auszugehen, dass eine willkürliche Fehleinschätzung der Prüfungsleistung schon dann anzunehmen ist, wenn die Einschätzung Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss. Dabei setzt eine wirksame Kontrolle durch das Gericht voraus, dass der klagende Prüfling dem Gericht im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht "wirkungsvolle Hinweise" gibt, vgl. OVG NRW, Urteil vom 04.02.1994 - 22 A 1071/93 - m.w.N..                                             53 Dies bedeutet, dass der Prüfling seine Einwände konkret und nachvollziehbar begründen                          54 muss, um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob und in welcher Richtung der Sachverhalt für eine gerichtliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO) - notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - (weiter) aufzuklären ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des                                              55 Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Beschluss vom 17.12.1997 - 6 B 55.97 -, Buchholz 421.0, Prüfungswesen, Nr. 385,                     56 alle Fragen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich bzw. anhand objektiver                           57 fachwissenschaftlicher Kriterien zu beantworten sind, vgl. auch Urteil vom 16.04.1997 - 6 C 9.95 -, S. 20 des Abdrucks,                                        58 gerichtlich voll überprüfbar sind. Um Fachfragen geht es dabei u.a., wenn bei einer                            59 Beurteilung juristischer Prüfungsleistungen Methodik sowie Art und Umfang der Darstellung in Bezug auf den Lösungsansatz und zur Prüfung gestellte Normen in Rede stehen. Prüfungsspezifische Bewertungen stehen dann in Frage, wenn für die Beurteilung der 6 von 27                                                                                                        30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                        http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... Vergleich mit Leistungen anderer Prüflinge erforderlich oder jedenfalls zulässig ist. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die Bewertungen sämtlicher angefochtener                           60 Klausuren rechtlich nicht zu beanstanden. 1. Zunächst ist in Bezug auf die Klausur Z 2 ein Bewertungsfehler nicht ersichtlich.                           61 a) Erfolglos moniert der Kläger die Randbemerkung "Ein etwas abrupter Einstieg" (Ziffer 1 der                  62 Widerspruchsbegründung). Bei einer Anwaltsklausur durfte der Prüfer zu Recht zunächst Ausführungen zum Mandantenbegehren erwarten. In der Aufgabenstellung war gefragt, ob der Mandant mit Erfolg gegen das Versäumnisurteil vorgehen könne. Ausgehend hiervon war der vom Kläger gewählte Einleitungssatz: "Fraglich ist, ob der Mandant (M) als Gesamtrechtsnachfolger des Roman Lehnhard (R) gemäß §§ 1922, 1967 I BGB für die von dem Baum geltend gemachten Forderung haftet." in der Tat "abrupt". Daran ändert auch die Einschätzung des Klägers in der Widerspruchsbegründung nichts, dass eine Vorab-Prüfung der Zulässigkeit des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil von einem Prüfling keinesfalls zu erwarten war, so dass der Aufbau seiner Klausur völlig in Ordnung gewesen sei. Insoweit erschöpft sich der Vortrag des Klägers in einer Selbstbewertung, welche nicht geeignet ist, einen Fehler der Bewertung durch den Prüfer aufzuzeigen. Nicht zu folgen vermag die Kammer den Darlegungen des Klägers, der Prüfer habe sich                            63 offenbar an einem im Prüfervermerk vorgegebenen Aufbau orientiert, anstatt diesen kritisch zu hinterfragen und den vom Klausurverfasser gewählten Weg zu würdigen. Diese Rüge des Klägers trifft den Kern der Prüferkritik nicht: Zum einen stellt der Vorwurf der Orientierung an einem Prüfervermerk eine durch keinerlei Anhaltspunkte im Votum des Gutachters gestützte Mutmaßung dar. Zum anderen ist entgegen der Auffassung des Klägers keine bestimmte Prüfungsreihenfolge bemängelt worden, sondern der Einstieg in die Prüfung. b) Ein Bewertungsfehler lässt sich auch nicht aus den Randbemerkungen im                                       64 Zusammenhang mit den Ausführungen des Klägers, ob die Erklärung des Roman Lehnhard vom 10.12.2006 ein Testament darstellt, ableiten: Der Kläger hat auf den Seiten 2 - 6 seiner Klausurbearbeitung eine Auslegung des mit "Mein letzter Wille" überschriebenen Textes "Nach langem Überlegen habe ich mich dazu entschlossen, meinen lieben Freund Leo Kraft zum Alleinerben einzusetzen. Er soll mein gesamtes Vermögen erhalten." vorgenommen und kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass "M kraft testamentarischer Verfügung zum alleinigen Erben des R eingesetzt wurde". Die zu diesem Ergebnis führenden Erörterungen des Klägers hat der Korrektor mit Randbemerkungen versehen wie "alles weit hergeholt", "eben!", "das liegt jetzt wirklich neben der Sache!!", "aber nicht hier ! und "klar". Soweit der Kläger zur Begründung seiner Rüge ausführt, seine Ausführungen ließen                               65 erkennen, dass er die Rechtsprechung des BGH zur Ermittlung des Erblasserwillens auch bei eindeutig erscheinender Wortwahl kenne, so dass seine Ausführungen eher zu honorieren statt zu kritisieren gewesen seien, verkennt er den Umfang des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums. Nicht die Einschätzung des Klägers, ob die konkrete Ausarbeitung besonders zu honorieren ist, sondern diejenige der Prüfer ist maßgeblich. Deren Einschätzung, dass die Auslegung des völlig eindeutigen Testamentes viel zu breit geraten ist, lässt einen Bewertungsfehler nicht ansatzweise erkennen. c) Nicht durchzudringen vermag der Kläger mit seiner Beanstandung zu den                                       66 Randbemerkungen des Prüfers auf Seite 6 der Bearbeitung "Problem: Verhältnis zum Testament vom 20.06.1999 (§ 2271 Abs. II S. 1 BGB)" und auf Seite 7 unten "Problematik der §§ 2253, 2254 BGB wird übersehen". Diese Randbemerkungen lassen Bewertungsfehler nicht erkennen. Zu der Frage, ob das spätere Testament einen Widerruf der früheren Verfügung vom                               67 7 von 27                                                                                                        30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                       http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... 20.06.1999 gem. §§ 2253, 2254 BGB darstellt, verhält sich die Bearbeitung des Klägers nicht. Hiermit im Zusammenhang steht die Frage, ob die Verfügung vom 20.06.1999 eine wechselbezügliche Verfügung darstellt, bei der das Recht zum Widerruf mit dem Tode des anderen Ehegatten erloschen sein könnte. Der Einwand des Klägers (Ziffer 5. der Widerspruchsbegründung), das erste Testament habe                      68 keine Erbeinsetzung enthalten, so dass es von fehlender juristischer Stringenz der Gedankenführung gezeugt haben würde, sich hiermit zu beschäftigen, überzeugt nicht. Ob das erste Testament vom 20.06.1999 zugleich eine Erbeinsetzung enthielt, wäre im Wege                      69 der Auslegung zu ermitteln gewesen. Im Sachverhalt war zudem eine Auseinandersetzung mit der Vorschrift des § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB angelegt, indem das abgedruckte Testament mit den Unterschriften beider Ehegatten und der Formulierung "Wir" ohne Weiteres als Ehegattentestament erkennbar war. Eine Auslegung des Testamentes vom 20.06.1999, namentlich ob in der Formulierung "Er soll                     70 nicht mehr unser Sohn sein. Hiermit enterben wir ihn." lediglich eine Enterbung des Sohnes Leander liegt oder vielmehr zugleich eine Einsetzung des weiteren Sohnes Linus bzw. des jeweils überlebenden Ehegatten und des Sohnes Linus, wird vom Kläger erst im Rahmen der Begründung seines Widerspruchs in Form der Feststellung vorgenommen, dass mit der Enterbung keine Erbeinsetzung verbunden gewesen sei. In der Klausurbearbeitung, auf die es allein ankommt, fehlt eine Auseinandersetzung mit dieser Frage gänzlich. Dies wurde vom Prüfer zu Recht bemängelt, denn das vom Kläger gefundene und in seiner Klausurbearbeitung kommentarlos zugrunde gelegte Ergebnis ist keinesfalls offenkundig. d) Soweit der Gutachter in seiner Randbemerkung auf Blatt 7 unten der Bearbeitung rügt, es                    71 werde übersehen, dass der Sohn einwende, das 2. Testament sei nicht wirksam errichtet worden, ist ein Bewertungsfehler nicht erkennbar. Dass es geboten war, sich mit der Frage der wirksamen Errichtung des Testaments                               72 auseinanderzusetzen, ergibt sich ohne Weiteres aus dem Sachverhalt, weil der Sohn Linus die Echtheit des Testamentes in Frage gestellt hat. Die Ausführung des Klägers auf Blatt 6 der Bearbeitung "Soweit der ältere Sohn die Unwirksamkeit des Testaments vom 10.12.2006 angeblich geltend macht, sind Gründe hierfür nicht erkennbar", greift angesichts dieser Rüge zu kurz. Gerade in einer Anwaltsklausur war wegen des Einwandes des Sohnes die Beweisbarkeit der Echtheit zu thematisieren, zumal der Sachverhalt die notwendigen Informationen hierzu bereit hielt, indem aufgeführt ist, die Nichte des Verstorbenen habe erklärt, sie habe zugesehen, wie ihr Onkel das Testament geschrieben, unterschrieben und auch anschließend in seinen Schreibtisch gelegt habe. Ein Bewertungsfehler liegt somit nicht vor.                                                                   73 e) Nicht durchzudringen vermag der Kläger auch mit seinen Einwänden zur Prüferkritik auf                      74 Seite 7 in Bezug auf die Randbemerkungen des Prüfers "Abwegig!! Gar nicht das Thema" hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zur möglichen Erbausschlagung. Insoweit liegt bereits keine substantiierte Bewertungsrüge vor, denn das Klägervorbringen                     75 (Ziffer 4 der Widerspruchsschrift) erschöpft sich darin, zu vermuten, der Gutachter sei ungeduldig geworden und zu einer objektiven Beurteilung der Ausführungen nicht mehr in der Lage gewesen. Ferner wirft der Kläger die Frage auf, ob es nicht eine sinnvolle Ergänzung der anzustellenden Überlegungen im Rahmen einer anwaltlichen Beratung gewesen sei, den Mandanten auf die Möglichkeit der Erbausschlagung hinzuweisen. Letzteres stellt wiederum eine eigene Einschätzung des Klägers dar, die nicht geeignet ist, die Bewertung des Prüfers in Frage zu stellen. Die Einschätzung des Prüfers, es sei "abwegig" die Frage der Erbschaftsausschlagung zu thematisieren, ist von seinem 8 von 27                                                                                                       30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                        http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... Bewertungsermessen gedeckt. Denn der Sachverhalt enthielt keine Anhaltspunkte, die eine Ausschlagung der Erbschaft als erwägenswert erscheinen ließen. Die Angaben im Sachverhalt "Als Erbe von Herrn Lehnhard läge mir viel daran, an Herrn Baum nichts zahlen zu müssen." und "Als Erbe muss ich doch eine Möglichkeit haben ..." bieten keinen Anknüpfungspunkt für die vom Kläger vorgenommene Interpretation, zumal der Sachverhalt keine Angaben zur fehlenden Werthaltigkeit des Nachlasses enthielt. Sollte der Kläger mit seinem Einwand, der Gutachter sei angesichts der beiden                                  76 Randbemerkungen auf S. 7 "Was heißt das an dieser Stelle" und "Abwegig!! Gar nicht das Thema!!" nicht mehr zu einer objektiven Beurteilung der Ausführungen in der Lage gewesen, eine Befangenheit des Prüfers geltend machen wollen, so entbehrt sein Einwand einer tragfähigen Grundlage. Von der Befangenheit eines Prüfers kann nur dann ausgegangen werden, wenn Tatsachen vorliegen, die ohne Rücksicht auf individuelle Empfindlichkeiten den Schluss rechtfertigen, dass dieser Prüfer speziell gegenüber diesem Prüfling nicht die notwendige Distanz und sachliche Neutralität aufbringt bzw. in der Prüfung aufgebracht hat. Dieses ist erst dann gegeben, wenn der Prüfer nicht mehr offen ist für eine (nur) an der wirklichen Leistung des Prüflings orientierten Bewertung, sondern wenn er von vornherein sich auf eine bestimmte (negative Bewertung) festgelegt hat, vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. Rdnr. 338 ff m.w.N..                                       77 Die Randbemerkungen sind weder nach Ton noch nach Inhalt geeignet, eine Befangenheit                           78 des Prüfers zu belegen. Sie indizieren in keiner Weise, dass dem Prüfer die notwendige Distanz und die gebotene sachliche Neutralität bei der Bewertung der Klausur des Klägers gefehlt hätten. f) Jeder tragfähigen Grundlage entbehrt der Vorwurf des Klägers in Ziffer 6 seiner                             79 Widerspruchsbegründung, der Prüfer habe sich "offensichtlich an seinem Prüfervermerk entlang gehangelt, ohne dem Gedankengang der Klausur zu folgen oder ihm gar gerecht zu werden". Insoweit handelt es sich um eine - auch im Stil - unangemessene Mutmaßung. Die Äußerung verkennt den oben aufgezeigten Umfang der Kontrolle von Prüfungsentscheidungen; ein konkreter Bewertungsmangel wird nicht ansatzweise dargetan. g) Erfolglos kritisiert der Kläger des Weiteren Randbemerkungen des Gutachters auf den                         80 Seiten 8 - 10 seiner Klausurbearbeitung (vgl. Ziff. 6 a der Widerspruchsbegründung). Dort hat der Prüfer bei der Prüfung des § 994 Abs. 1 BGB durch den Kläger am Rand vermerkt "Doch wohl eher Absatz 2 i.V.m. 683, 670 BGB". Im Rahmen der Prüfung des § 999 Abs. 2 BGB durch den Kläger in seiner Klausurbearbeitung hat der Gutachter am Rande angemerkt "wohl kaum !! Oder meint Verf. 996 ???". Der Kläger moniert, es sei nicht verständlich, warum der Gutachter meine, der Klausurverfasser müsse von § 994 Abs. 2 BGB statt vom zitierten § 994 Abs. 1 BGB ausgehen. Ebenso sei nicht nachvollziehbar, warum der Gutachter Anlass gesehen habe, ob der angesprochene § 999 Abs. 2 BGB tatsächlich gemeint sei. Sodann erläutert der Kläger seine Ausführungen in der Klausur und gibt seine Einschätzung wieder, wonach er die Problemlage hinsichtlich des Eigentümer - Besitzerverhältnisses zutreffend dargestellt habe. Er sei zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, dass der Kläger B gegen den Erblasser einen Anspruch aus § 994 Abs. 1 BGB habe. Diese Einschätzung des Klägers enthält nicht die substantiierte Geltendmachung eines                           81 Bewertungsfehlers. Im Kern rügt der Gutachter, dass der Kläger wegen der fehlenden Vindikationslage, die er auf Seite 8 - 9 seiner Bearbeitung im Übrigen erkannt hat, nicht die analoge Anwendung der maßgeblichen Normen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis geprüft hat. Im Überdenkungsverfahren hat der Erstkorrektor zudem ausgeführt, das Aufgreifen des § 994 Abs. 1 BGB als solches gar nicht beanstandet, sondern angemerkt zu haben, dass eine Prüfung des § 994 Abs. 2 BGB durchaus nahe gelegen hätte. Diese Norm 9 von 27                                                                                                        30.12.2011 07:37
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Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4008/10                        http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2011/6_K_4008_10urte... ist vom Kläger auf Blatt 11 seiner Bearbeitung dann tatsächlich auch geprüft worden. Ein Bewertungsfehler liegt in der Erwartung des Prüfers, wonach § 994 Abs. 2 BGB zu prüfen war, nicht. Ebenso vermag das Gericht in der Anmerkung zur Prüfung des § 999 Abs. 2 BGB in der                             82 Klausur "wohl kaum" einen Bewertungsfehler nicht zu erkennen. Der Prüfer hat hierzu im Überdenkungsverfahren klargestellt, dass die Ausführungen des Klägers zu dieser Norm, so wie sie in der Klausur ihren Niederschlag gefunden haben, nicht hinreichend klar gewesen sind und somit nicht hinreichend nachvollziehbar waren. Dies ist nicht zu beanstanden, denn eine Subsumtion unter die Voraussetzungen des § 999 Abs. 2 BGB findet in der Klausur nicht statt. Bei einer Subsumtion hätte sich der Kläger damit auseinandersetzen müssen, dass der Anspruch eine Vindikationslage voraussetzt, an der es hier fehlte, da Baum als vorheriger Eigentümer zugleich Besitzer war. Die Einschätzung der Frage, ob eine Argumentation nachvollziehbar und klar ist, ist vom Bewertungsermessen des Prüfers umfasst. Ferner hat der Gutachter dargelegt, dass dieser Punkt für die Bewertung nicht relevant war. Auch aus diesem Grunde bleibt der Rüge des Klägers der Erfolg versagt. h) Unsubstantiiert ist die Rüge des Klägers, soweit er die Randbemerkungen des Gutachters                      83 auf Seite 11 bezüglich der Prüfung des § 994 Abs. 2 BGB nebst Verweis auf die Vorschriften der GoA und § 818 Abs. 2 BGB durch den Kläger "Eine nicht nachvollziehbare Argumentation! Welche Kondiktionslage soll hier vorgelegen haben ??" beanstandet. Insoweit beschränkt sich der Kläger auf die Erläuterung seiner Darlegungen in der Klausur und "bewertet" seinerseits den Gutachter, indem er ausführt, wieso die Argumentation nicht nachvollziehbar erschien, könne nicht nachvollzogen werden. Eine substantiierte Bewertungsrüge lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen. Fehl geht der Kläger überdies, wenn er meint der Gutachter habe erkennen müssen, dass er (der Kläger) offensichtlich von einer tatsächlich so an dieser Stelle nichtgegebenen Rechtsfolgenverweisung ausgegangen sei, so dass die Frage nach der Kondiktionslage nicht berechtigt gewesen sei. Der Text der Klausurbearbeitung, welcher die alleinige Grundlage der Bewertung bildet,                         84 enthält die Formulierung "... da R dann gemäß § 683 S. 1 BGB Aufwendungsersatz nach Bereicherungsrecht und damit letztlich Wertersatz nach § 818 II BGB schuldete". Diese Ausführungen rechtfertigen die Frage nach der Kondiktionslage in der Randbemerkung. i) Der Kläger dringt auch nicht mit seiner Rüge durch, wonach er zutreffend § 1002 BGB                         85 angesprochen habe (Ziffer 6 c der Widerspruchsbegründung). Er vermutet, dass die Vorschrift bei der Aufgabenstellung möglicherweise übersehen worden sei, was den Gutachter zusätzlich vor Probleme gestellt haben möge. Trotzdem habe die Thematisierung positiv bewertet werden müssen, da sich der Ablauf der Jahresfrist nicht aus der Akte habe entnehmen lassen. Insoweit fehlt es an der substantiierten Darlegung eines Bewertungsfehlers; vielmehr                           86 erschöpft sich das Vorbringen des Klägers wiederum im Wesentlichen in einer Selbsteinschätzung. Die Randbemerkung des Prüfers "Eine Ableitung über § 994 analog wäre akzeptabel                                87 gewesen" zum Passus des Klägers in der Klausur "Nicht mit Sicherheit klärbar ist die Frage, ob dieser Anspruch gemäß § 1002 I BGB wegen Ablaufs von 6 Monaten nach der Herausgabe an R erloschen ist", lässt einen Bewertungsmangel ebenfalls nicht erkennen: Der Erstgutachter hat hierzu klargestellt, dass die Prüfung des § 1002 Abs. 1 BGB (analog!) auf einer Prüfung des § 994 Abs. 2 (analog!) aufsetzen musste. Im Übrigen sei es positiv angemerkt worden, § 1002 Abs. 1 BGB angesprochen zu haben. Allerdings seien die weiteren Ausführungen zur Frist und zur Beweisführung nicht sachgerecht gewesen. Diese 10 von 27                                                                                                       30.12.2011 07:37
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