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Aktenzeichen
8 B 1729/10
Datum
23. Mai 2011
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Nordrhein-Westfalen (UIG NRW)
Umweltinformationsgesetz Nordrhein-Westfalen (UIG NRW)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 23. Mai 2011

8 B 1729/10

Das Oberverwaltungsgericht hebt die Entscheidung der Vorinstanz zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Bescheid über die Gewährung von Einsicht in Unterlagen, die Umweltinformationen enthalten, auf. Hintergrund ist ein Skandal um die Umweltbelastung durch eine Abfallbehandlungsanlage. Angesichts der Aktualität der begehrten Unterlage käme eine Informationsgewährung nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu spät. Im Hinblick auf das möglicherweise entgegenstehende Interesse des betroffenen Unternehmens legt das Oberverwaltungsgericht zudem Zweifel am Vorliegen etwaiger Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse dar. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit Interessenabwägung Prozessuales

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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html Oberverwaltungsgericht NRW, 8 B 1729/10 Datum:                       23.05.2011 Gericht:                     Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:                8. Senat Entscheidungsart:            Beschluss Aktenzeichen:                8 B 1729/10 Tenor:                       Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (vgl. hierzu die Aufstellung im Schriftsatz der Beigeladenen vom 23. Februar 2011, S. 1, sowie im Schriftsatz der Beigeladenen vom 4. Mai 2011), wird das Verfahren eingestellt. Der Be¬schluss des Ver-waltungsgerichts Gelsenkirchen vom 29. November 2010 ist insoweit wirkungslos. Im Übrigen wird auf die Beschwerde der Beigeladenen der vorgenannte Be¬schluss des Verwaltungsge¬richts Gelsenkirchen geändert. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antrag¬stellerin (17 K 4186/10) gegen den - der Beigeladenen erteilten - Bescheid des Antragsgegners vom 7. September 2010 wiederherzustellen, wird abge¬lehnt. Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge einschließlich der außergericht¬lichen Kosten der Bei-geladenen tragen die Antragstellerin zu 8/10 und der Antragsgegner und die Beigeladene zu jeweils 1/10. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-ren auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe:                                                                                            1 Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist          2 (vgl. hierzu die Aufstellung im Schriftsatz der Beigeladenen vom 23. Februar 2011, S. 1, sowie im Schriftsatz der Beigeladenen vom 4. Mai 2011), ist das Verfahren entsprechend §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Zur Klarstellung ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts insoweit für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Im Übrigen hat die Beschwerde der Beigeladenen Erfolg. Der aus dem Tenor ersichtliche              3 Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ist abzulehnen. Bei der gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO 1 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug des angefochtenen Bescheides vorerst verschont zu bleiben, nicht das gegenläufige Interesse des Antragsgegners und der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung. Der Senat beschränkt sich insoweit nicht - wie das Verwaltungsgericht - auf eine                  4 summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache. Auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz nach                5 § 86 VwGO. Er tritt lediglich da zurück, wo eine Überprüfung ohne weitere Tatsachenermittlung der Eilbedürftigkeit der Sache geschuldet ist. BVerfG, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112; vgl. 6 auch Kopp, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rn. 24; Rixen, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 86 Rn. 52. Gerade in mehrseitigen ("multipolaren") Konfliktlagen - wie der vorliegenden - sind umso          7 höhere Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und den Grad der gebotenen richterlichen Überzeugung zu stellen, je stärker zu befürchten ist, dass das Recht eines der Beteiligten oder mehrerer Beteiligter durch Zeitablauf, vollendete Tatsachen oder zwischenzeitlich eintretende Rechtsfolgen weitgehend entwertet wird oder untergeht. Der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf eine tatsächlich und rechtlich wirksame Kontrolle verpflichtet die Gerichte, bei ihrer Entscheidungsfindung diejenigen Folgen zu erwägen, die mit der Versagung oder - in multipolaren Konflikten - auch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes für den Bürger verbunden sind. Je schwerer die sich daraus ergebenden Belastungen und Konsequenzen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie durch eine Hauptsacheentscheidung rückgängig gemacht werden können, um so weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der jeweiligen geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Dementsprechend sind die Gerichte gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gehalten, die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls dann auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, wenn das Ergebnis der Eilentscheidung zu schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen führt, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können. Vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 20. Juni 2005 - 8 B 940/05 -,                8 UPR 2005, 450 = NWVBl 2006, 55, unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233, 341/81 -, BVerfGE 69, 315 (363 f.), vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 (74 f.), und vom 25. Februar 2002 1 BvR 300/02 - , NJW 2002 2225; ferner Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 2. Au 2005, S. 604. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.                                                          9 Einerseits würde eine Versagung einstweiligen Rechtsschutzes dazu führen, dass sich              10 die durch die sofortige Vollziehung des Bescheides für die Antragstellerin entstehenden Folgen - Kenntniserlangung der Beigeladenen von den zugänglich gemachten Informationen - nach einem etwaigen Klageverfahren nicht rückgängig machen lassen. Andererseits würde eine Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes dazu führen, dass                 11 sich die Hauptsache für die Beigeladene im Hinblick auf die besondere Aktualität der begehrten Unterlagen faktisch erledigen würde. Insoweit sind für den Senat folgende Überlegungen maßgebend: Die dem Umweltinformationsgesetz zugrundeliegende Richtlinie 2003/4/EG des                       12 2 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, 26) enthält zwar keine besonderen Regelungen zur Rechtsschutzbeschleunigung im gerichtlichen Verfahren; Hess. VGH, Beschluss vom 30. November 2006 10 TG 2531/06 -, NVwZ 2007, 13 348, unter Hinweis auf Hess VGH, Urteil vom 4. Januar 2006 - 12 Q 2828/05 -, NuR 2006 239; Beschluss vom 16. März 2006 - 12 Q 590/06 -, NVwZ 2006, 951, und auf Bay.VGH, Beschluss vom 22. November 2000 22 ZE 00.2779 -, NVwZ 2001, 342; vgl. auch OVG Schl.-H., Beschluss vom 17. April 2007 - 4 MB 7/07 , juris Rn. 7, denn das in der Richtlinie vorgesehene und in § 3 Abs. 3 Nr. 1 des                                 14 Umweltinformationsgesetzes des Bundes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I, 3704) - UIG Bund - umgesetzte Beschleunigungsgebot (Frist zur Zugänglichmachung der beantragten Information von einem bzw. zwei Monaten) betrifft lediglich das Verwaltungsverfahren. Den gesetzlichen Fristenregelungen kann aber die Wertung entnommen werden, dass Informationen mit zunehmendem zeitlichen Abstand an Bedeutung verlieren. Dieser Gesichtspunkt ist auch im Rahmen der Anforderungen des Eilrechtsschutzes zu berücksichtigen; es ist zu untersuchen, ob die Hauptsache zu Lasten des die Information Begehrenden - wenn nicht im Rechtssinne, so doch immerhin faktisch - vorweggenommen wird, wenn die Informationsgewährung auf die Zeit nach Durchführung und rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens verlagert würde. Vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2005 - 8 B 940/05 -, UPR 2005, 450              15 = NWVBl 2006, 55 = juris Rn. 51. So liegt der Fall hier. Angesichts der Aktualität der begehrten Unterlagen käme eine               16 Informationsgewährung nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens für die Beigeladene zu spät. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen: Die Unterlagen, zu denen die Beigeladene Zugang begehrt, betreffen einen nordrhein-                17 westfälischen Umweltskandal größeren Ausmaßes, der in den letzten Monaten im Zentrum des öffentlichen Interesses gestanden hat und der aktuell auf seine konkreten Folgen für die nordrhein-westfälische Umweltpolitik untersucht wird. Es geht um die Behandlungsanlage für PCB-haltige Abfälle, die die Antragstellerin im E.                Hafen betrieben hat. Diese Anlage wurde Ende Mai 2010 vorläufig stillgelegt, nachdem erheblich erhöhte PCB-Werte bei Arbeitnehmern sowie eine erhöhte PCB-Immissionsbelastung in der Umgebung festgestellt worden waren. In der Folge wurde vorsorglich für benachbarte Kleingartenanlagen zum Verzicht auf den Verzehr einzelner Gemüsesorten geraten; Anfang 2011 verständigte man sich zudem für den E.           Hafenbereich auf ein Angelverbot. Für die Aufarbeitung des Falles haben die für Umwelt und Arbeit zuständigen Ministerien            18 des Landes Nordrhein-Westfalen inzwischen eine fachaufsichtliche Prüfung vorgenommen sowie zusätzlich zwei Gutachten vergeben, die sich mit Struktur- und Organisationsfragen bzw. immissionsschutzrechtlichen und abfallwirtschaftlichen Fragen befassen um zu klären, ob der illegale Betrieb der Anlage durch die zuständigen Überwachungsbehörden schon früher hätte festgestellt und unterbunden werden können, und um Schlussfolgerungen für künftige Fälle zu ziehen. Das Ergebnis der fachaufsichtlichen Prüfung wurde jüngst veröffentlicht. Vgl. "Der Fall F. /PCB in E.            . Fachaufsichtliche Gesamtbewertung" vom 19 7. April 2011, hrsg. vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen sowie Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, 3 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html Die Beigeladene hat als Pächterin eines in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem                     20 belasteten Betrieb gelegenen Kleingartens (Kleingärtnerverein I.              e.V.) sowie als im Rat der Stadt E.            tätiges Ratsmitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen ein erhöhtes persönliches Interesse an einer zeitnahen Information über den Vorgang geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund ist der Senat gehalten, eine eingehende Prüfung der Sach- und              21 Rechtslage vorzunehmen. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit               22 des Bescheides der Bezirksregierung B.                 vom 7. September 2010, soweit dieser noch in Streit steht (1). Bei der gebotenen Abwägung überwiegt das Interesse des Antragsgegners und der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Bescheids (2). 1. Der Bescheid der Bezirksregierung B.                vom 7. September 2010, der auf             23 vollständige Einsichtnahme der Beigeladenen in die Verwaltungsakten des Themenkomplexes F. /PCB gerichtet ist, begegnet - soweit er noch in Streit steht - keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. a) Der Anspruch der Beigeladenen auf Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des                    24 Themenkomplexes F. /PCB ergibt sich aus § 2 Sätze 1 und 3 des Umweltinformationsgesetzes Nordrhein-Westfalen (UIG NRW) vom 29. März 2007 (GV. NRW. 2007, 142) i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG Bund, auf das das nordrhein-westfälische Gesetz verweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG Bund hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Davon, dass es sich bei den begehrten Informationen um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Satz 3 UIG NRW i. V. m. § 2 Abs. 3 UIG Bund handelt, ist im vorliegenden Eilverfahren - in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten - auszugehen. Die Bezirksregierung B.                ist eine informationspflichtige Stelle i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 UIG NRW und verfügt auch über die fraglichen Informationen. b) Die Bezirksregierung B.              hat die vom Bescheid erfassten Akteninhalte inzwischen in 25 einer genauen Aufstellung präzise bezeichnet und schlagwortartig umrissen. Darüber hinaus hat sie Näheres zu den zunächst ausgenommenen Unterlagen zum betrieblichen Arbeitsschutz ausgeführt und insoweit klargestellt, dass diese Unterlagen inzwischen im Internet veröffentlicht worden sind (vgl. den Schriftsatz vom 16. Februar 2011). Etwaige Zweifel hinsichtlich der Bestimmtheit der angegriffenen Verfügung (vgl. hierzu den Beschluss des Verwaltungsgerichts, S. 4 unten) sind damit ausgeräumt. c) Soweit der Senat in seiner Verfügung vom 11. Februar 2011 darauf hingewiesen hat,              26 dass es sich bei einem Teil der Informationen (hier: bestimmte, in der Auflistung als kaufmännische Kennzahlen gekennzeichnete Angaben) um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handeln dürfte, für die ein Ablehnungsgrund nach § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG Bund in Betracht kommen könnte, haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich der verbleibenden Angaben vermag der Senat keine dem Anspruch der Beigeladenen entgegenstehenden Ablehnungsgründe zu erkennen: aa) Soweit die Angaben die Kapazitäten der Anlage (im weiteren Sinne) betreffen, liegt            27 ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG Bund nicht vor. Die Umweltinformationsgesetze enthalten keine Definition des Betriebs- und                        28 Geschäftsgeheimnisses. Allgemein werden als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die 4 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 7 C 18.08 -, NVwZ 2009, 1113 (unter         29 Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087, 2111/03 -, BVerfGE 115, 205 <230 f.>); Schoch, IFG, Kommentar, 2009, § 6 IFG Rn. 42. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt danach neben dem Mangel an                         30 Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 7 C 18.08 -, a. a. O., sowie Beschluss vom    31 19. Januar 2009 20 F 23.07 -, juris Rn. 11; Schoch, a. a. O., § 6 IFG Rn. 60. Ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis wird auch dann im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1            32 Nr. 3 UIG zugänglich gemacht, wenn die offengelegte Information selbst kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis enthält, aber auf ein solches Rückschlüsse zulässt. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 7 C 2.09 , BVerwGE 135, 34 (Leitsatz 33 4). Bei der Kapazität von Anlagen geht es nicht um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis.          34 Das ergibt sich aus den Wertungen, die der Gesetzgeber an anderer Stelle getroffen hat. Die Kapazität einer Anlage ist regelmäßig in den Unterlagen darzustellen, die bei einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag der Öffentlichkeit durch Auslegung zugänglich zu machen sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die konkret in Rede stehende Anlage in einem förmlichen Verfahren genehmigt worden ist. Maßgeblich ist allein die gesetzgeberische Wertung, dass ein für die Beurteilung der Anlage so wesentliches Datum wie die Kapazität der Anlage der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden soll, an ihm deshalb kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 , BVerwGE 135, 34            35 = NVwZ 2010, 189 = juris Rn. 52 f. Hiervon ausgehend ist bei den in der Aufstellung als "Durchsatzleistung,                       36 Aufnahmekapazität, Gesamtlagerkapazität" bezeichneten Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu verneinen. bb) Gleiches gilt in der Regel für Verfahrens- und Leistungsbeschreibungen von                 37 Anlagen(teilen), Aufstellungsplänen, Grundstücksplänen, Brandschutzkonzepten etc., die ebenfalls zu den üblichen Antragsunterlagen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens gehören (vgl. § 4a der 9. BImSchV). Diese Angaben stellen regelmäßig kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis dar, deren Offenbarung die Wettbewerbssituation nachteilig beeinflussen würde. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um schematische, bildliche oder textliche Darstellungen handelt. Dass im vorliegenden Fall etwas anderes gelten könnte, hat die Antragstellerin trotz entsprechender Aufforderungen in den Hinweisverfügungen des Senats vom 11. Februar und vom 6. Mai 2011 nicht näher dargelegt. Vgl. zur Substantiierungspflicht des Anlagenbetreibers Schiller, Der Schutz   38 5 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html von Anlagenbetreibern vor Informationsansprüchen nach dem UIG, I+E (Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel) 2011, 10 (13). Insoweit genügte insbesondere nicht der im Schriftsatz vom 13. Mai 2011 (dort auf S. 2)       39 enthaltene thesenhafte Hinweis, einige - genauer bezeichnete - Dokumente enthielten "ein Fließbild mit geschütztem Anlagenwissen", es werde "exklusives technisches Wissen in Bezug auf Maschinenaufstellungspläne preisgegeben" oder es seien "exklusive Informationen bezüglich der Apparateaufstellung enthalten". Diese Angaben genügen nicht, um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis anzunehmen. Die Antragstellerin war ausdrücklich gebeten worden, etwaiges exklusives technisches Wissen näher zu erläutern und auch vorzutragen, inwiefern die Offenlegung bestimmter Informationen ihre Wettbewerbssituation nachteilig beeinflussen könnte. Dass sich die Antragstellerin dessen bewusst war, zeigt ihre mehrfache Bitte um Fristverlängerung, um die "gewünschten detaillierten Angaben mitzuteilen". Ob eine Ausnahme hinsichtlich des speziellen LTR (Low Temperature Rinsing)-Verfahrens         40 in Betracht kommt und die Antragstellerin sich insoweit auf "exklusives technisches Wissen" berufen kann, kann dahinstehen; denn die Beigeladene hat inzwischen erklärt, dass sie an den Einzelheiten dieses Verfahrens nicht interessiert sei. Vor diesem Hintergrund haben die Beteiligten übereinstimmende Erledigungserklärungen in Bezug auf insgesamt 28 - genau bezeichnete - Seiten abgegeben, aus denen sich nach übereinstimmender Einschätzung der Antragstellerin und des Antragsgegners Details zu dem genannten Verfahren ergeben. cc) Soweit ein (kleiner) Teil der Informationen einen "Probebetrieb", "Versuchsbetrieb"       41 bzw. "befristeten Betrieb" betrifft, ist der Senat in der bereits erwähnten Hinweisverfügung vom 11. Februar 2011 davon ausgegangen, dass es sich hierbei um die Zulassung vorzeitigen Beginns im Sinne des § 8a BImSchG handele und dass die obenstehenden Ausführungen - kein Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses - auch bezüglich dieser Informationen gelten. Dem ist die Antragstellerin nicht entgegen getreten. dd) Sofern die Einsichtnahme nicht von der Erledigungserklärung erfasste                      42 "kaufmännische Kennzahlen" betrifft, geht es (nur) um Angaben im Zusammenhang mit der nachträglich angeordneten Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 4a BImSchG. Auch insoweit vermag der Senat einen mit der Bekanntgabe der Informationen verbundenen wirtschaftlichen Nachteil für die Antragstellerin nicht zu erkennen. Dass für die Berechnung der Sicherheitsleistung grundsätzlich Entsorgungskosten für           43 eine bestimmte Lagermenge zugrundegelegt werden, ist zwar richtig (vgl. Bescheid der Bezirksregierung B.             vom 7. September 2010, S. 5); - vgl. hinsichtlich der näheren Einzelheiten zur Anordnung einer           44 Sicherheitsleistung Senatsbeschluss vom 2. Februar 2011 im Verfahren 8 B 1675/10 - die Lagerkapazitäten sind aber nach den obigen Ausführungen ohnehin offen zu legen,           45 so dass sich auch unter diesem Gesichtspunkt kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis begründen lässt. Hinsichtlich der Bekanntgabe der Höhe der Sicherheitsleistung, die im Übrigen bereits Gegenstand der Presseberichtserstattung war, hat die Antragstellerin inzwischen ohnehin keine Bedenken mehr erhoben (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 28. Februar 2011, S. 2 unten). Soweit sich allerdings aus den Unterlagen Namen anderer Entsorgungsunternehmen und            46 konkrete Entsorgungspreise ergeben (vgl. hierzu Bescheid vom 7. September 2010, S. 5 oben), sind diese zu schwärzen. Hinsichtlich der Namen anderer Unternehmen wird dies 6 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html bereits im Bescheid selbst klargestellt, denn es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "personenrelevante Daten" - hierzu zählen unzweifelhaft Namen Dritter - weiterhin geschwärzt sind. Hinsichtlich der Entsorgungspreise ergibt sich die Pflicht zur Schwärzung aus dem insoweit ausdrücklich beschränkten Informationsbegehren der Beigeladenen (vgl. Schriftsatz der Beigeladenen vom 23. Februar 2011, S. 1, 3. Spiegelstrich). In diesem Zusammenhang weist der Senat - ausgehend vom Schriftsatz der                       47 Antragstellerin vom 13. Mai 2011 (dort S. 2 f.) - vorsorglich darauf hin, dass der Antragsgegner die Vollständigkeit der Schwärzung in Bezug auf personenbezogene Daten erneut überprüfen sollte. ee) Soweit die Antragstellerin im Verfahren 17 L 833/10 (vgl. Schriftsatz vom 3. August      48 2010, S. 5 f.) als Ausschlussgrund noch § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG (Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens) angeführt und geltend gemacht hat, die Einsichtnahme könne zu einer "Vorverurteilung" führen, ist sie auf diesen Gesichtspunkt im vorliegenden Verfahren (trotz ausdrücklicher Nachfrage in der Hinweisverfügung des Senats vom 11. Februar 2011) nicht mehr zurückgekommen. 2. Hiervon ausgehend überwiegen bei der gemäß §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO          49 anzustellenden Abwägung das in der Vollziehungsanordnung zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids sowie das private Interesse der Beigeladenen daran, ihren Informationsanspruch schon vor rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens verwirklichen zu können, das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils hat das Gericht gemäß § 161    50 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge dem Antragsgegner und der Beigeladenen je zur Hälfte aufzuerlegen, denn die in dem angefochtenen Bescheid vorgesehene Informationsgewährung dürfte in Bezug auf die von der Erledigungserklärung erfassten Angaben wegen Vorliegens eines Ablehnungsgrundes nach § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG Bund rechtswidrig gewesen sein. Bei den in Rede stehenden Angaben geht es zum einen um als kaufmännische Kennzahlen gekennzeichnete Informationen wie etwa den Betrag einer selbstschuldnerischen Bürgschaft oder bestimmte Kostenaufstellungen, zum anderen geht es um 28 Seiten mit Einzelheiten zum sogenannten LTR-Verfahren. Der Senat hat bereits in seiner Verfügung vom 11. Februar 2011 darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Angaben um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin handeln dürfte. Hiervon geht auch der angefochtene Bescheid aus (vgl. S. 4 f.), hält allerdings die (uneingeschränkte) Informationsgewährung aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen für gerechtfertigt. Der Senat hat in der genannten Hinweisverfügung bereits erläutert, dass das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Informationen nur dann im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG Bund überwiegt, wenn mit dem Antrag auf Zugang zu Informationen ein Interesse verfolgt wird, das über das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit hinausgeht, Zugang zu Informationen über die Umwelt zu erhalten. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 7 C 2.09 , a.a.O., Leitsatz 5 = juris 51 Rn. 62. Dass ein solches besonderes öffentliches Interesse gerade in Bezug auf die nunmehr           52 vom Informationsbegehren ausgenommenen kaufmännischen Kennzahlen und die 7 von 8
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_B_1729_10beschluss20110523.html Einzelheiten des LTR-Verfahrens bestand, hat weder der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid noch die Beigeladene im Nachgang zu der gerichtlichen Hinweisverfügung dargelegt. Hiervon ausgehend spricht nach jetzigem Sach- und Streitstand Überwiegendes für das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes, so dass der Aussetzungsantrag der Antragstellerin voraussichtlich insoweit Erfolg gehabt hätte. Die Kostenentscheidung beruht im Übrigen auf § 154 Abs. 1 und 3 und § 162 Abs. 3         53 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind billigerweise erstattungsfähig, weil sie sich mit der Rechtsmitteleinlegung einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat. Der Senat bewertet den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil mit einem Fünftel des 54 Streitwertes, so dass sich die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquotelung ergibt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Aufgrund   55 der Vorwegnahme der Hauptsache scheidet eine Reduzierung des Auffangwerts wegen des vorläufigen Charakters des Eilverfahrens nach Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. DVBl. 2004, 1525 = NVwZ 2004, 1327) aus. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3     56 Satz 3 GKG). 8 von 8
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